Rechbrett

Rechbrett

Als Totenbretter (Leichenbretter, Reebretter oder Rechbretter) werden Holzbretter bezeichnet, auf denen Tote bis zum Begräbnis aufgebahrt und die zur Erinnerung an den Verstorbenen am Wegrand aufgestellt wurden.

Totenbrettergruppe auf dem Kalvarienberg in Regen

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Dieser Brauch war im 19. Jahrhundert im gesamten bairischen und alemannischen Raum verbreitet. Heute finden sie sich nur noch im Bayerischen Wald und im Oberpfälzer Wald sowie inselartig zwischen Lech und Ammersee, in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Landsberg und schließlich im Chiem- und Traungau sowie im Rupertiwinkel.

Entwicklung

restauriertes Totenbrett, ca. 1850, Wenigmünchen, Bayern, Inschriftansicht

In Bayern wurde die Bestattung der Toten in Särgen etwa um das 17./18. Jahrhundert eingeführt. Die Verstorbenen wurden in der Wohnstube auf Brettern aufgebahrt und auf diesen zu Grab getragen. Die Bretter wurden entweder mit dem in ein Leinentuch gewickelten Leichnam vergraben, verbrannt oder für weitere Todesfälle aufbewahrt.

restauriertes Totenbrett, ca. 1840, Wenigmünchen, Inschriftansicht

Im Bayerischen Wald und im Oberpfälzer Raum entwickelte sich der Brauch, das Brett mit einer Widmung versehen als Totenbrett aufzustellen. Die Erinnerungsinschrift entwickelte sich im Laufe der Zeit. Anfangs wurden nur drei Kreuze auf das Holz geschnitzt, gebrannt oder gezeichnet. Später finden sich ausführlichere Texte und Gedichte zum Lob des Verstorbenen. Mehr oder weniger aufwändige Schnitzereien und farbige Malereien wurden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls üblich.

Vermutlich wurden die Totenbretter ursprünglich waagrecht angebracht. In der Oberpfalz ist diese Form mancherorts noch heute zu sehen. Später stellte man die Bretter senkrecht auf; diese Änderung des Brauchtums ging vom Süden in Richtung Norden.

Zeitweise war die Aufstellung von Totenbrettern verboten.

Heute wird das Brauchtum fortgeführt. Allerdings werden dazu keine Bretter mehr verwendet, auf denen die Toten aufgebahrt waren.

Volksglauben

Die zunehmend künstlerische Ausgestaltung der Bretter im 19. Jahrhundert stellte eine Abkehr vom ursprünglich verbreiteten Volksglauben dar. Dieser besagte, dass die Seele des Toten erst Erlösung findet, wenn sein Totenbrett verfallen war. Um eine möglichst kurze Zeit im Fegefeuer zu erzielen, wurden die älteren Totenbretter aus Weichholz gefertigt und ungeschützt der Witterung ausgesetzt. Vereinzelt wird auch von Totenbrettern berichtet, die als Trittplanken oder Stege genutzt wurden.

Totengedenkbretter

Totengedenkbrett bei Grafrath. Die Inschrift:
"Die Toten rufen uns zu:
'Das was ihr seid,
das waren wir.
Und das was wir sind,
das werdet ihr noch sein.'"

Neben den „echten“ Totenbrettern mit bis zu 2 m Länge und 40 cm Breite hat sich - vor allem im südöstlichen Oberbayern (Chiemgau, Rupertiwinkel) – der Brauch entwickelt, kürzere, schmalere Gedenkbretter aufzustellen. Diese selten mehr als 150 cm langen und 30 cm breiten Bretter werden ebenfalls an Wegrändern aufgestellt. Auf ihnen finden sich Sinn- und Gedenksprüche, die jedoch nicht an eine bestimmte Person erinnern, sondern allgemein zum Totengedenken auffordern.

Japanische Totenbretter

In der buddhistischen Religion Japans besteht der Brauch, die Toten mit einem neuen Namen ins nächste Leben zu schicken. Dieser wird mit schwarzer Farbe auf ein Totenbrett, auch "Toba" genannt, geschrieben. Es handelt sich dabei um 0,9 bis 1,8 m lange, 8 cm breite und 10 mm starke Brettchen aus weißem und astfreiem Tannenholz. Da das traditionell verwendete Holz der einheimischen Tannen selten geworden ist, importiert Japan Tannenholz aus der ganzen Welt, so zum Beispiel Weißtanne aus dem Schwarzwald und dem Allgäu.

Literatur

  • Walter Hartinger: Das Totenbrett - Überlegungen zur Nomenklatur und Genese eines Brauchs. In Jahrbuch für Volkskunde, 6 (1982)
  • Walter Hartinger: Totenbretter im Bayerischen Wald und Böhmerwald – Überlegungen zu ihrer Entstehung und Funktion. In Ostbairische Grenzmarken, 32 (1990)
  • Walter Hartinger: Religion und Brauch; Darmstadt 1992; ISBN 3-5341090-0-7
  • Günther Kampfhammer: Brauch. In Der Landkreis Fürstenfeldbruck – Natur Geschichte Kultur; herausgegeben von Hejo Busly, Toni Drexler, Carl A. Hoffmann, Paul-E. Salzmann, Klaus Wollemann; Fürstenfeldbruck 1992, ISBN 3-9803189-0-7
  • Hans Roth: Zeugnisse des Totengedenkens in der Landschaft. In Die letzte Reise – Sterben, Tod und Trauersitten in Oberbayern; Herausgegeben von Sigrid Metken; München 1984
  • Reinhard Haller: Totenbretter – Brauchdenkmäler in Niederbayern und der Oberpfalz, Morsak Verlag Grafenau, ISBN 3-87553-362-3
  • Holzabsatzfonds: Splint 2007, Bonn 2007

Weblinks


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