Recht auf einen gesetzlichen Richter

Recht auf einen gesetzlichen Richter

Das Recht auf den gesetzlichen (genauer: gesetzlich bestimmten) Richter ist in Deutschland in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) geregelt. Jedermann hat Anspruch darauf, dass im Voraus nach allgemeinen Merkmalen bestimmt wird, bei welchem Gericht und welchem Richter bzw. Spruchkörper innerhalb des Gerichts sein Gerichtsverfahren behandelt werden wird. Die (örtliche und sachliche) Zuständigkeit der Gerichte ist deshalb in Gesetzen geregelt. Die Zuständigkeit innerhalb der Gerichte bestimmt sich nach dem Geschäftsverteilungsplan, der von dem jeweiligen Gerichtspräsidium im Voraus, meistens für das Kalenderjahr, aufgestellt wird. Hierfür gibt es verschiedene Verfahren. So können die eingehenden Sachen nach Eingangszeit, nach Sachgebieten, nach dem Anfangsbuchstaben des Namens einer der Parteien oder nach ihrem Wohnort einem bestimmten Richter zugewiesen werden. In den zuletzt genannten beiden Fällen kommt man also, wenn man seinen Namen nicht ändert und nicht umzieht, immer zum selben Richter.

Wenn eine Entscheidung vom falschen Gericht oder vom falschen Spruchkörper innerhalb eines Gerichts gefällt wurde, verletzt sie das Recht auf den gesetzlichen Richter und ist in der Regel mit der Revision (Urteile) oder mit der (sofortigen) Beschwerde (Beschlüsse) anfechtbar.

Historischer Hintergrund des Rechts auf den gesetzlichen Richter ist die Kabinettsjustiz absolutistischer Zeiten. Der Monarch als oberster Gerichtsherr konnte damals für ein bestimmtes Verfahren ad hoc einen zuständigen Richter bestimmen oder ablösen oder auch die Sache an sich ziehen und selbst entscheiden und auf diese Weise Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen. Dies soll verhindert werden.

Heute hat das Recht auf den gesetzlichen Richter überwiegend andere Anwendungsbereiche: So darf ein Gericht selbst nicht willkürlich den Zugang einer Partei zu einem anderen Gericht, zum Beispiel zu einer an sich vorhandenen weiteren Instanz, verhindern. Auch wenn ein Gericht entgegen einer gesetzlichen Vorschrift eine Rechtsfrage nicht zur Entscheidung an ein anderes Gericht vorlegt, zum Beispiel an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) oder an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), kann Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt sein.

Einige andere Rechtsordnungen kennen das Recht auf einen gesetzlich bestimmten Richter nicht, dort ist nur wichtig, dass (irgend)ein Richter entscheidet. In Österreich ist das Recht auf den gesetzlichen Richter in den Art 83 Abs. 2 bzw. 87 Abs. 3 B-VG verankert.

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