- Geschäftsverteilungsplan
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Ein Geschäftsverteilungsplan (GVP) ist ein Regelwerk, das bei aus mehreren Personen bestehenden Organen bestimmt, welche interne Einheit des Organs für die Bearbeitung eines konkreten Sachverhalts zuständig ist.
Inhaltsverzeichnis
Geschäftsverteilungspläne bei Gerichten
Der Geschäftsverteilungsplan wird in Deutschland bei jedem Gericht nach § 21e GVG vom Präsidium jedes Jahr im Voraus für die Dauer des Geschäftsjahrs beschlossen.
Im Geschäftsverteilungsplan wird die Besetzung der Spruchkörper bestimmt und die Vertretung geregelt. Ferner werden die Geschäfte nach allgemeinen Merkmalen auf die einzelnen Richter oder Spruchkörper verteilt. Dadurch ist schon bei Eingang einer Sache festgelegt, welcher Richter oder Spruchkörper dafür zuständig ist. Dies ist erforderlich, um dem Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zu genügen[1]; ebenso nach § 16 Satz 2 GVG.
Für die Verteilung der Geschäfte gibt es verschiedene Verfahren. So können die eingehenden Sachen einem bestimmten Richter oder Spruchkörper insbesondere zugewiesen werden
- nach Eingangszeit,
- nach Sachgebieten,
- nach dem Anfangsbuchstaben des Namens einer der Parteien,
- nach örtlichen Gesichtspunkten (Wohnort des Beklagten, Tatort der Straftat),
- bei Rechtsmitteln nach dem Spruchkörper oder Gericht, von dem das angefochtene Urteil stammt, oder
- der Reihe nach (z.B. jeder Spruchkörper bekommt nacheinander im Turnus 5 Verfahren).
Der Jahrgang der "Eingangszeit" bleibt im Aktenzeichen auch bei jahrelang andauernden Verfahren unverändert.
Der Geschäftsverteilungsplan kann während des Jahres nur in eingeschränktem Maß geändert werden. Er kann im Gericht von jedermann eingesehen werden (§ 21e Abs. 8 GVG) und bedarf somit der Veröffentlichung.
Von der Geschäftsverteilung des Gerichts (nach § 21e GVG) zu unterscheiden ist die Geschäftsverteilung innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers (nach § 21g GVG). Sie erfolgt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer durch Beschluss aller Mitglieder des Spruchkörpers (§ 21g GVG). Die Geschäftsverteilung innerhalb des Spruchkörpers hat keine Aussenwirkung. (siehe BayVerfGH NJW 1986, S. 1673-1675)
Der Zweck eines Geschäftsverteilungsplans der Gerichte ist der Schutz des Bürgers vor Manipulation und zur Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Gerichte vor allem gegenüber der Exekutive und der Justizverwaltung. [2] Gesetzliche Anforderungen an den Geschäftsverteilungsplan:
- Bestimmtheitsgrundsatz (Verweis an einen namentlich nicht benannten Richter ist verboten)[3]
- Prinzip der Abstraktion[4] und Vorausbestimmbarkeit[5] (Es muss im Vorwege klar sein und im Nachhinein überprüfbar sein, wer was wann bekommt.)
- Jährlichkeitsprinzip[6] (Ein GVP wird genau für ein Jahr beschlossen nicht für ein halbes und auch nicht für zwei Jahre.)
- erkennbare Vertretungsregelung[7] (Es muss klar sein, wer wen wann und aus welchem Grund vertritt.)
- Verhinderungsregelung[8] (Die Regeln bei einer Verhinderung sollte im Vorwege geklärt sein)
- Stetigkeitsprinzip[9] (Die Geschäftsverteilung darf nur in Ausnahmefällen geändert werden - Tod, Krankheit und Verrentung sind im Vorwege planbar)
- Vollständigkeit[10] (Es dürfen keine Fälle unberücksichtigt bleiben)
- Verbot der Rückwirkung [11] (Beschlüsse zur Geschäftsverteilung dürfen nicht zeitlich zurückliegende Verfahren betreffen)
- Verbot von Ausnahmegerichten und "Spezialabteilungen" soweit nicht gesetzlich vorgesehen[12]. (bsp. §95ff GVG für Handelssachen/UWG)
- Verbot der Überbesetzung von Spruchkörpern/Kammern/Abteilungen[13] (siehe auch BVerfGE 95, 322)
- Verbot des Verweisens an den Einzelrichters im Falle § 348 ZPO Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a-k
- Beschluss durch den Präsidialbeschluss zur Geschäftsverteilung[14] (Dieser muss im Original vom Vorsitzenden des Präsidiums und einem weiteren Mitglied gegengezeichnet werden.)
Rechtsmittel gegen die fehlerhafte Anwendung der Geschäftsverteilung oder einen fehlerhaften Geschäftsverteilungsplan bei Gericht
- Grundsätzlich ist die Zuständigkeit eines Falles vom Richter im Vorwege von Amts wegen zu prüfen. (BverfGE 40, 356)
- Rüge zur Vorbereitung der Revision (z. B. § 551 ZPO)
- Nichtigkeitsklage nach § 579 Nr. 1-3 ZPO
- Verfassungsbeschwerde nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG nach Erschöpfung des Rechtsweges[15]
Geschäftsverteilungspläne in der Verwaltung
Geschäftsverteilungspläne werden auch in der Verwaltung genutzt. Ähnlich den Plänen bei Gericht regeln Geschäftsverteilungspläne die funktionelle Zuständigkeit in der Verwaltung, d. h. welcher Amtsverwalter oder Sachbearbeiter konkret zuständig ist.[16] Hierbei handelt es sich um behördeninterne Regelungen, die keine Außenwirkung entfalten und so bspw. nicht die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes begründen.[17]
Geschäftsverteilungspläne in Unternehmen
Der Geschäftsverteilungsplan (Abk: GVPI) regelt die (Fein)verteilung von Zuständigkeiten innerhalb von Organisationseinheiten bis auf die Ebene einzelner Personen oder Kräftegruppen. Er dient u.a. als Basis für die Recherche „Wer macht was?".
Literatur
- Steffen Detterbeck: Allgemeines Verwaltungsrecht. Mit Verwaltungsprozessrecht 3. Aufl. 2005, C.H. Beck, München. ISBN 978-3-4065-3889-6
- Wolfgang Grunsky: Zivilprozessrecht 12., neu bearbeitete Auflage 2006, Luchterhand Verlag. ISBN 978-3-4720-6316-2
- Gerhard Lüke, Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG C.H.Beck, München. ISBN 3-406-34600-6
- Malte C.G. Marquardt: Die Rechtsnatur präsidialer Geschäftsverteilungspläne gemäß §21e GVG und der Rechtsschutz des Richters, Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-33310-2
Fußnoten
- ↑ Wolfgang Grunsky: Zivilprozessrecht 12., neu bearbeitete Auflage 2006, Luchterhand Verlag. Rn. 19.
- ↑ Wolfgang Grunsky: Zivilprozessrecht 12., neu bearbeitete Auflage 2006, Luchterhand Verlag. Rn. 19.
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG §21e GVG RN15-17
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN12
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN18
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN20
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG §21e GVG RN40-41
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN42-43
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN28
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN21
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN19
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN24
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN17 Satz3
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG § 21e GVG RN59
- ↑ Dr. Dr. Gerhard Lüke, Dr. Alfred Walchshöfer: Münchner Kommentar zur ZPO/GVG §21e GVG RN64
- ↑ Steffen Detterbeck: Allgemeines Verwaltungsrecht. Mit Verwaltungsprozessrecht 3. Aufl. 2005, C.H. Beck, München. Rn. 575.
- ↑ Steffen Detterbeck: Allgemeines Verwaltungsrecht. Mit Verwaltungsprozessrecht 3. Aufl. 2005, C.H. Beck, München. Rn. 575.
Weblinks
- BVerfGE 17, 294
- BVerfGE 95, 322
- BVerfGE 14, 156
- BVerfGE 19, 52
- BVerfGE 4, 412
- BVerfGE 9, 322
- BVerfGE 31, 145
- BVerfGE 40, 356
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