Rekristallisationsglühen

Rekristallisationsglühen
Glühfarben [1]
Farbe Temperatur
 Dunkelbraun 550 °C
 Braunrot 630 °C
 Dunkelrot 680 °C
 Dunkelkirschrot 740 °C
 Kirschrot 780 °C
 Hellkirschrot 810 °C
 Hellrot 850 °C
 Gut Hellrot 900 °C
 Gelbrot 950 °C
 Hellgelbrot 1000 °C
 Gelb 1100 °C
 Hellgelb 1200 °C
 Gelbweiß >1300 °C

Unter Rekristallisationsglühen versteht man ein Glühen bei einer Temperatur im Rekristallisationsbereich (bei Stahl zwischen 550 und 700 °C) nach einer Kaltumformung. Das Rekristallisationsglühen wird hauptsächlich zwischen den einzelnen Verformungsstufen beim Kaltwalzen bzw. -ziehen von Blechen und Drähten angewandt.

Durch Kaltumformung (Ziehen, Walzen, Pressen, Stauchen) wird das Gefüge von Metallen in der Verformungsrichtung gestreckt, die Festigkeit steigt an. Die Verformbarkeit nimmt jedoch ab. Man bezeichnet dies als Kaltverfestigung. Nach einem bestimmten Verformungsgrad (werkstoffabhängig), muss nun ein Rekristallisationsglühen durchgeführt werden, um den ursprünglichen Gefügezustand wieder herzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Verfahren

Industriell werden zwei verschiedene Verfahren zum Glühen von Stahlband eingesetzt. In der Kontiglühe wird das Band abgewickelt und durchläuft kontinuierlich einen mehrere 100 m langen Ofen. Die Baulänge des Ofens begrenzt die Glühzeit hierbei auf etwa 3 Minuten. Beim Haubenglühen kommen mehrere Coils in einen geschlossenen Ofen. Die Glühdauern können bis zu mehreren Tagen betragen, allerdings sind die Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten begrenzt. Die möglichen Temperaturen beim Haubenglühen reichen von 280 bis ca. 700 °C, bei Miteinwicklung von Draht deutlich höher - allerdings muss in diesem Fall anschließend der Rand des Stahlbandes abgeschnitten und verschrottet werden.

Vor ca. 1940 wurde der Glühprozess in Durchlauföfen unter normaler Atmosphäre durchgeführt, die Folge war eine mehr oder weniger starke Verzunderung der Oberflächen. Die geglühten Teile mussten in einem Beizbad entzundert werden. Auch heute werden Stahlbänder oft noch unter normaler Atmosphäre geglüht. Dabei sind diese Kontilinien meist mit Beizen gekoppelt, um den im Ofen entstandenen Zunder im gleichen Durchlauf zu entfernen. Blankglühlinien werden nur zum Glühen von Bändern verwendet, bei deren Oberfläche es auf besonderen Glanz bzw. besonders hohen Reflexionsgrad ankommt. Hier entfällt die Notwendigkeit des Beizens und die damit verbundene Aufrauhung der Oberfläche.

Blankglühen

Ein modernes Verfahren ist das Blankglühen. Es erfolgt ebenfalls in einem Durchlaufofen, der allerdings unter Schutzgasatmosphäre steht. Das Schutzgas wird aus teilverbranntem Gas gewonnen und steht im Ofen unter leichtem Überdruck, der den Eintritt von Sauerstoff sicher verhindert. Die Beheizung dieser Durchlauföfen erfolgt durch Gas (in Heizstrahlrohren), seltener elektrisch. Heizstrahlrohre sind gegenüber der Ofenatmosphäre dichte Systeme mit Luft- und Gaszufuhr.

Die Verbrennung erfolgt im Brennrohr, die Abgasführung über das Abgasrohr. Über einen integrierten Rekuperator wird die Verbrennungsluft vom Abgas vorgeheizt. Nach dem Durchlauf durch eine Blankglühanlage, bestehend aus Eingabestation, Ofen, Kühlstrecke, Ausgabestation steht das Material blank zur Weiterverarbeitung (weitere Zieh- oder Walzvorgänge) oder als Fertigprodukt zur Verfügung. Das Rekristallisations- bzw. Blankglühen beschränkt sich nicht nur auf Stahl, sondern gilt auch bei Buntmetall-Legierungen z.B. Messing.

Rekristallisationsglühen von Stahl

Durch das Rekristallisationsglühen werden die Folgen der Kaltverformung beseitigt, ohne jedoch eine α-γ-Umwandlung (α-Ferrit - Austenit - Umwandlung) des Kristallgitters zu verursachen. Bei einem Verformungsgrad von 5 - 15 % (kritischer Verformungsgrad) entsteht wegen der geringen Keimzahl ein Grobkorn. Beträgt der Verformungsgrad mehr als 20 %, so entsteht das gewünschte Feinkorn. Das Rekristallisationsglühen dient der Feinkörnung deutlich über dem kritischen Umformgrad kaltverformter Teile und erfolgt knapp unter der A1-Temperatur:

  • bei dünnen Teilen um 700 °C (aber unter A1) für ca. 10 Minuten
  • bei dickeren Teilen bei 600 - 650 °C über eine Stunde.

Hohe Temperaturen sind dann gefährlich, wenn Verformungsgrade um den kritischen Verformungsgrad vorliegen, da hierbei durch Sekundärrekristallisation schnelles Kornwachstum eintreten kann.

Einzelnachweise

  1. Ulrich Fischer: Tabellenbuch Metall. 41. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer, 2001, ISBN 3-8085-1721-2, S. 128B.

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