Renewable Energy Certificate

Renewable Energy Certificate

Mit der Einführung des RECS (engl. Renewable Energy Certificate System), auch RECS-System genannt, des Zertifikatssystems für erneuerbare Energien, in 15 europäischen Ländern im Jahr 2002 wurde ein Markt für den Handel von Grünstromzertifikaten (engl. Renewable Energy Certificates (RECs), Green tags, Renewable Energy Credits, oder Tradable Renewable Certificates (TRCs)) geschaffen.
Jeder Strom aus erneuerbaren Energien besitzt unter marktstrategischen Gesichtspunkten einen ideellen Mehrwert. Dieser kann im RECS-System durch seinen Erzeuger vom physischen Strom abgespalten und in der Form frei konvertibler Zertifikate an einen internationalen Markt gegeben werden. Die im Endverbrauchermarkt bestehende faktische Gleichstellung von RECS-Zertifikaten mit einer Ökostrom-Provenienz erlaubt den Stromanbietern die Vermarktung von Ökostrom ohne dessen physischen Erwerb und Einspeisung. Die entsprechend konsequent kontrollierte Abwertung des Nicht-mehr-Öko-Stroms auf den jeweiligen lokalen Märkten findet nicht statt.
Auf diese Weise soll laut eigenen Angaben der Ausbau regenerativer Energien in Europa gefördert werden.[1]

Inhaltsverzeichnis

Aufbau des RECS-Systems

Struktur

Das RECS-System wird auf regionaler Ebene von voneinander unabhängigen Issuing Bodies (IB) verwaltet, welche für die Ausgabe und Entwertung der Zertifikate zuständig sind. Die einzelnen IBs sind wiederum zur der internationalen Association of Issuing Bodies (AIB) zusammengeschlossen. Im Dezember 2002 gründeten RECS-Mitglieder die RECS International, einen Zusammenschluss nach belgischem Recht, welcher zur Wahrung der Interessen der Mitglieder und der Weiterentwicklung des RECS-Systems in Zusammenarbeit mit der AIB dienen soll.

RECS International hat derzeit ca. 200 Mitglieder aus 24 europäischen Ländern (Stand 01/2008), RECS Deutschland e.V. hat derzeit knapp 30 Mitglieder, vor allem Unternehmen aus der Energiewirtschaft, gemeinnützige Vereine, Umweltverbände und Forschungseinrichtungen. Anfang 2000 wurde in Deutschland, Finnland und Schweden eine zweijährige Testphase gestartet während der ca. 14 Millionen Zertifikate gehandelt wurden. 2002 folgte die Ausweitung des Systems auf insgesamt 15 Länder.[2] Die deutschen Mitglieder von RECS International haben am 12. Februar 2003 in Hamburg den RECS Deutschland e.V. gegründet.[1] Der deutsche Issuing Body ist das Öko-Institut, welches mit verschiedenen TÜVs als Produktion Registrars für die Überprüfung der Produktionsanlagen und als Auditing Bodies, zusammenarbeitet.[2]

Die von den Issuing Bodies ausgegebenen Zertifikate erhalten eine individuelle Nummer, Angaben zur Quelle der Stromproduktion unter Angabe der Produktionsform, eine Angabe des Produktionslandes und der Domäne in dem der Strom produziert wurde, eine Kennzeichnung, zu einer vorhandenen öffentlichen Förderung, die Angabe des ausstellenden Issuing Body oder dessen Agenten sowie Monat und Jahr der Ausgabe des RECS Zertifikats.[3]

Handel

Prinzip des RECS-Handels

Erzeuger regenerativer Energien, die ihre Anlagen in das RECS-System aufnehmen lassen wollen, müssen sich von einem unabhängigen Gutachter eine Renewable Energy Deklaration (RED) ausstellen lassen, woraufhin der Issuing Body die Anlage in die nationalen RECS-Registratur aufnimmt. Die Erzeuger können die erhaltenen RECS-Zertifikate dann an andere Marktteilnehmer, z.B. Stadtwerke, verkaufen. Diese verkaufen diejenige Strommenge als Ökostrom, für welche sie Zertifikate erworben haben. Verkäufe werden vom Issuing Body in der Registratur vermerkt.[4]

Kunden, die mittels ihres Tarifvertrages Ökostrom beziehen, bekommen mit dem RECS-System eine Garantie dafür, dass irgendwo in Europa die vom Kunden bezogene Jahresstrommenge in kWh regenerativ hergestellt wird. Eine Neubauverpflichtung regenerativer Anlagen besteht mit dem RECS-System nicht.

Aussichten

Ein wesentlicher Anteil der heute bereit gestellten erneuerbaren elektrischen Energie wird mittels Wasserkraft erzeugt, teilweise aus Altanlagen. Dieser Anteil ist wesentlich höher als der derzeit von den Kunden nachgefragte Anteil an Ökostrom. So lange die Nachfrage nicht steigt, bleibt der Preis für die Zertifikate niedrig, so dass jeder Anbieter jedem Kunden Ökostrom ohne wesentliche Mehrkosten anbieten kann. Somit wird durch diese Zertifikate derzeit kein Anreiz geschaffen, den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamt-Energie-Mix auszubauen.

Sofern ein Überangebot an RECS-Zertifikaten besteht, kann ein Kunde solchen Ökostrom beziehen, ohne dass dieses Auswirkungen auf die Erzeugerkapazitäten hat. Aus Sicht des Kunden bedeutet dieses lediglich eine rechnerische Verschiebung des Stroms aus Wasserkraft vom normalen Kunden zum Ökostromkunden.

Damit das RECS eine Auswirkung auf die Erzeugungskapazitäten haben kann, müssen die gehandelten Zertifikate einen signifikanten Preis haben. Dieses kann einerseits durch verstärkte Nachfrage der Kunden und andererseits durch Verknappung der Zertifikate (beispielsweise die Aberkennung der Zertifikate aus abgeschriebenen Altanlagen) ermöglicht werden.

Energiearten

Zu den RECS-zertifizierbaren Anlagen zählen Windkraftanlagen, Wasserkraftwerke, Solaranlagen oder Anlagen für die Verfeuerung von Biomasse.[3]

RECs in den USA

In den USA können RECs auch für die Energieerzeugung aus anderen Energiearten vergeben werden. Mögliche Produktionsformen sind hier:

RECs werden in den USA von den Unternehmen Green-e und der Non-profit-Organisation The Climate Neutral Network vergeben.

Kritik

Das RECS-System wird von Verbraucherschützern und Energieexperten kritisiert, weil es ermöglicht, Atom- oder Kohlestrom in Ökostrom umzuetikettieren. Beispielsweise kann ein Stromversorger Strom aus Atomkraftwerken für 7 Cent je Kilowattstunde an der Strombörse kaufen. Anschließend „veredelt“ er den Atomstrom mithilfe eines RECS-Zertifikats für 0,05 Cent. Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes bezeichnet diese Praxis als "Täuschung des Verbrauchers".[5] Der Stromkunde, der von dem Stromversorger mit RECS-Ökostrom versorgt wird, glaubt, dass er mit seiner Stromrechnung den Ausbau von Strom aus erneuerbaren Energien fördert. Tatsächlich erhält der Ökostrom-Erzeuger, der das RECS-Zertifikat verkauft hat, vom Geld des Ökostrom-Verbrauchers nur ein Hundertvierzigstel dessen, was der AKW-Betreiber erhält (0,05 Cent bzw. 7 Cent/kWh).

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Deklarierung des vom Zertifikatverkäufer erzeugten Stroms. Dieser darf ja nun nicht mehr als Ökostrom verkauft werden, da die Herkunftsnachweise aus dieser Produktion separat vermarktet wurden. Für den zunächst „eigenschaftslosen“ Strom müssen nun die Regeln des VDEW-Leitfadens zur Stromkennzeichnung angewandt werden. Diese legen fest, dass der Käufer der RECS-Zertifikate dem Verkäufer im Austausch gegen die gekauften Zertifikate seine Zusammensetzung bzw. seine spezifische Stromkennzeichnung melden muss. Das heißt, der physikalische Strom hat dann per Definition die Zusammensetzung, die vorher der Strom des Zertifikatekäufers hatte. Wenn beispielsweise ein Stromversorger RECS-Zertifikate kauft, um 1.000 kWh seines spezifischen Strommixes als Ökostrom zu kennzeichnen, muss der Zertifikat-Verkäufer diese Menge an Strom in der Weise deklarieren, wie der Käufer sie ohne den Zertifikatezukauf hätte deklarieren müssen.[6]

Zudem halten sich die Verkäufer der RECS-Zertifikate angeblich teilweise nicht an die Vorgabe, ihre Stromkunden nach dem Verkauf eines Zertifikats darüber zu informieren, dass sie nicht mehr das Recht haben, ihren Strom als Ökostrom zu bezeichnen[7].

Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen empfehlen, bei der Auswahl eines Ökostrom-Anbieters darauf zu achten, welche Versprechen der Anbieter mit dem Ökostromangebot verbindet. Die Qualität ihres Stroms kennzeichnen die meisten Anbieter durch Verwendung von Gütesiegeln, wie z. B. dem ok-power Label, dem Grüner Strom Label oder verschiedenen TÜV-Plaketten. In Deutschland verzichten unter anderem Greenpeace energy[8] und die Naturstrom AG[9] auf den Einsatz von RECS-Zertifikaten, LichtBlick und EWS benutzen sie "lediglich als technisches Nachweissystem, also als Register".[10] Die mit dem Grüner Strom Label ausgezeichneten Anbieter (Naturstrom, energreen u. a.) dürfen keine RECS-Zertifikate verwenden, während das ok-power Label (Lichtblick, Naturenergie, Vattenfall, Stadtwerke) RECS-Zertifikate zulässt – das Öko-Institut, die deutsche Ausgabestelle (issuing body) für RECS-Zertifikate, ist eines der drei Gründungsmitglieder des ok-power Labels. Auch bei den Gütesiegeln des TÜV Süd sind RECS-Zertifikate unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen. Die Ökostrom-Vergleichsrechner von z. B. den gewerblichen Anbietern check24.de (Vergleichsrechner & Ökostrom) und verivox.de (Vergleichsrechner & Ökostrom) weisen neben dem Energie-Mix der Stromanbieter auch die unterschiedlichen Ökostrom-Zertifizierungen aus.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Ziele des RECS Deutschland e.V. 12/2002
  2. a b Erfahrungen und Ausblick RECS Deutschland
  3. a b RECS System RECS Deutschland
  4. Wie funktioniert das System? RECS Deutschland
  5. Hamburger Abendblatt 7. Januar 2008
  6. Leitfaden Stromkennzeichnung
  7. "Etikettenschwindel bei Ökostrom" - Kritik an Handel mit Umweltzertifikaten Tagesschau, 5. Januar 2008
  8. "Pauschalverdacht gegen Ökostrom falsch – Greenpeace-Energy-Chef Robert Werner lehnt umstrittene RECS-Zertifikate ab" – Greenpeace, 6. Januar 2008
  9. NATURSTROM zum Thema RECS-Zertifikate
  10. "Zertifikate sind geduldig – RECS-Zertifikate können Atom- und Kohlestrom grün färben, aber auch echten Ökostrom zählen" umwelt aktuell 03/2008

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