- Renewable Energy Certificate System
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Das Renewable Energy Certificate System (englisch, Zertifizierungssystem für Erneuerbare Energien), kurz REC-System oder RECS, ist ein Zertifizierungssystem zum Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Energien in 15 europäischen Ländern, welches im Jahr 2002 eingeführt wurde.[1]
- Das RECS System zertifiziert keine Ökostrom-Produkte und ist kein Ökostrom-Label. Das RECS System selbst stellt, außer dass nur für erneuerbare Energien Zertifikate ausgestellt werden können, als Nachweissystem für die Produktion von erneuerbaren Energien im allgemeinen keine weiteren Anforderungen an die Erzeugungsanlagen; weder an das Anlagenalter, noch an ökologische Anforderungen.[1]
Jeder Strom aus erneuerbaren Energien besitzt unter marktstrategischen Gesichtspunkten einen ideellen Mehrwert. Dieser kann im RECS durch seinen Erzeuger vom physischen Strom abgespalten und in der Form frei konvertibler Zertifikate an einen internationalen Markt gegeben werden. Das RECS stellt damit ein mengengleiches Zertifizierungssystem dar. Die im Endverbrauchermarkt bestehende faktische Gleichstellung von RECS-Zertifikaten mit einer anderweitig zertifizierter Ökostrom-Provenienz, erlaubt den RECS-zertifizierten Stromanbietern die Vermarktung von sog. „Ökostrom“ ohne dessen physischen Erwerb und verbrauchszeitgleiche Einspeisung. Die entsprechend konsequent kontrollierte qualitative Abwertung des RECS-Stroms gegenüber anderen hochwertigeren Ökostromnachweisen findet auf den jeweiligen lokalen Märkten nicht statt. Insbesondere für den Endverbraucher werden die Qualitätsunterschiede der RECS-Zertifikate zu Ökostromkriterien anderer Label nicht deutlich. Dennoch soll das System laut Angaben der Träger den Ausbau regenerativer Energien in Europa fördern.[2]
Während der Ansatz des Emissionsrechtehandels Umweltverschmutzung mit zusätzlichen Kosten belegt, versucht RECS den ideellen Mehrwert erneuerbarer Energien mittels einer zusätzlichen Handelsplattform abzuschöpfen.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau des RECS
Struktur
Das RECS wird auf regionaler Ebene von voneinander unabhängigen Issuing Bodies (IB) verwaltet, welche für die Ausgabe und Entwertung der Zertifikate zuständig sind. Die einzelnen IBs sind wiederum zur internationalen Association of Issuing Bodies (AIB) zusammengeschlossen. Im Dezember 2002 gründeten RECS-Mitglieder die RECS International, einen Zusammenschluss nach belgischem Recht, welcher zur Wahrung der Interessen der Mitglieder und der Weiterentwicklung des RECS in Zusammenarbeit mit der AIB dienen soll.
RECS International hat derzeit über 200 Mitglieder aus 25 vorrangig europäischen Ländern, RECS Deutschland e.V. hat zurzeit 33 Mitglieder, vor allem große und mittlere Unternehmen aus der Energiewirtschaft. In der Schweiz sind es 14 und in Österreich 5 Mitglieder, ebenfalls fast alles Energieunternehmen. (Stand jeweils 02/2010).
Anfang 2000 wurde in Deutschland, Finnland und Schweden eine zweijährige Testphase gestartet, während der ca. 14 Millionen Zertifikate gehandelt wurden. 2002 folgte die Ausweitung des Systems auf insgesamt 15 Länder.[3] Die deutschen Mitglieder von RECS International haben am 12. Februar 2003 in Hamburg den RECS Deutschland e.V. gegründet.[2] Der deutsche Issuing Body ist das Öko-Institut, welches mit verschiedenen TÜVs als Produktion Registrars für die Überprüfung der Produktionsanlagen und als Auditing Bodies, zusammenarbeitet.[3]
Die von den Issuing Bodies ausgegebenen Zertifikate erhalten eine individuelle Nummer, Angaben zur Quelle der Stromproduktion unter Angabe der Produktionsform, eine Angabe des Produktionslandes und der Domäne in dem der Strom produziert wurde, eine Kennzeichnung, zu einer vorhandenen öffentlichen Förderung, die Angabe des ausstellenden Issuing Body oder dessen Agenten sowie Monat und Jahr der Ausgabe des RECS Zertifikats.[4]
Handel
Erzeuger regenerativer Energien, die ihre Anlagen in das RECS aufnehmen lassen wollen, müssen sich von einem unabhängigen Gutachter eine Renewable Energy Deklaration (RED) ausstellen lassen, woraufhin der Issuing Body die Anlage in die nationalen RECS-Registratur aufnimmt. Die Erzeuger können die erhaltenen RECS-Zertifikate dann an andere Marktteilnehmer, z.B. Stadtwerke, verkaufen. Diese verkaufen diejenige Strommenge als Erneuerbare Energie, für welche sie Zertifikate erworben haben. Verkäufe werden vom Issuing Body in der Registratur vermerkt.[5]
Kunden, die mittels ihres Tarifvertrages Ökostrom beziehen, bekommen mit dem RECS eine Garantie dafür, dass irgendwo in Europa die vom Kunden bezogene Jahresstrommenge in kWh regenerativ hergestellt wird. Eine Neubauverpflichtung regenerativer Anlagen besteht mit dem RECS nicht.
Aussichten
Ein wesentlicher Anteil der heute bereitgestellten erneuerbaren elektrischen Energie wird mittels Wasserkraft erzeugt. Dieser Anteil ist derzeit wesentlich höher als der von den Kunden nachgefragte Anteil an Ökostrom. Solange diese Nachfrage nicht steigt, bleibt der Preis für die RECS-Zertifikate niedrig, so dass jeder Anbieter jedem Kunden regenerativ erzeugten Strom ohne wesentliche Mehrkosten anbieten kann. Somit wird durch diese Zertifikate derzeit kein Anreiz geschaffen, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen.
Aus Sicht des Kunden bedeutet dieses lediglich eine rechnerische Verschiebung des Stroms aus erneuerbaren Energien vom normalen Kunden zum Ökostromkunden. Auf der anderen Seite können Verbraucher, die ihren Strom von Energieversorgern mit vielen regenerativen Quellen beziehen, in die Situation kommen, dass ihr persönlicher Strommix deutlich weniger regenerativ als angenommen ist. Dies ist der Fall wenn das EVU die Zertifikate an andere Erzeuger verkauft. Trotz Stromkennzeichnung bietet RECS den Energieversorgernn die Möglichkeit diese Umetikettierung zusätzlich zu verschleiern. (siehe Abschnitt Kritik).
Damit das RECS eine Auswirkung auf die Erzeugungskapazitäten haben kann, müssen die gehandelten Zertifikate einen signifikanten Preis haben. Dieses kann einerseits durch verstärkte Nachfrage der Kunden und andererseits durch Verknappung der Zertifikate (beispielsweise die Aberkennung der Zertifikate aus bestimmten Erzeugungsformen oder Anlagentypen) ermöglicht werden.
Energiearten
Zu den RECS-zertifizierbaren Anlagen zählen Windkraftanlagen, Wasserkraftwerke, Solaranlagen oder Anlagen für die Verfeuerung von Biomasse.[4] Anlagen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet werden, sind vom RECS-Handel ausgenommen.[6]
RECs in den USA
In den USA können RECs auch für die Energieerzeugung aus anderen Energiearten vergeben werden. Mögliche Produktionsformen sind hier:
- Solarenergie
- Windenergie
- Geothermische Energie
- Wasserkraftwerke kleineren Maßstabes (ohne Staudämme)
- Energie aus Biomasse
- Biodiesel
- Brennstoffzellen wenn der benötigte Wasserstoff mittels einer der anderen erlaubten Energieformen erzeugt wurde.
RECs werden in den USA von den Unternehmen Green-e und der Non-profit-Organisation The Climate Neutral Network vergeben.
Kritik
RECS-Strom ungleich Ökostrom
Ein Hauptkritikpunkt ist, dass im Zusammenhang mit RECS oft von „Ökostrom“ gesprochen wird. Richtigerweise sollte hier der Begriff Erneuerbare Energie verwendet werden, denn das „RECS ist kein Ökostrom-Label“[1] in dem Sinne, dass durch den Begriff „Ökostrom“ ein ökologischer Zusatznutzen im Vergleich zu „gewöhnlichem“ Strom impliziert wird. Insbesondere werden das Anlagenalter und besondere ökologische Anforderungen, wie etwa Schutz der umgebenden Natur, nicht berücksichtigt. Wird dann durch entsprechendes Marketing der ökologische Wert hervorgehoben, so können diese Methoden dem Greenwashing zugeordnet werden.
Geringer Effekt auf regenerative Energieproduktion
Das RECS wird von Verbraucherschützern und Energieexperten kritisiert, weil der Anbieter des regenerativen Stroms zur Zeit nur ca. 0,05–0,5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich zum Marktpreis an der Strombörse erhält [7], was nur einen sehr kleinen Anreiz zum Ausbau dieser Energieform bedeutet. Der Kunde bekommt den falschen Eindruck, er könne über RECS regenerative Energie wirksam fördern ohne dafür entsprechend zu bezahlen.
Verschleierung der Stromherkunft
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Deklarierung des vom Zertifikatverkäufer erzeugten Stroms. Dieser darf ja nun nicht mehr als Ökostrom verkauft werden, da die Herkunftsnachweise aus dieser Produktion separat vermarktet wurden. Für den zunächst „eigenschaftslosen“ Strom müssen nun die Regeln des VDEW-Leitfadens zur Stromkennzeichnung angewandt werden. Diese legen fest, dass der Käufer der RECS-Zertifikate dem Verkäufer im Austausch gegen die gekauften Zertifikate seine Zusammensetzung bzw. seine spezifische Stromkennzeichnung melden muss. Das heißt, der physikalische Strom hat dann per Definition die Zusammensetzung, die vorher der Strom des Zertifikatekäufers hatte. Wenn beispielsweise ein Stromversorger RECS-Zertifikate kauft, um 1.000 kWh seines spezifischen Strommixes als Ökostrom zu kennzeichnen, muss der Zertifikat-Verkäufer diese Menge an Strom in der Weise deklarieren, wie der Käufer sie ohne den Zertifikatezukauf hätte deklarieren müssen.[8] Dieses System eröffnet die Möglichkeit für den Zertifikatverkäufer zur Verschleierung der „neuen“ Herkunft seines Stromes. Strom wird an der Strombörse als „grauer Strom“ mit „unbekannter Herkunft“ mit den Eigenschaften des europäischen Strommixes (UCTE) gekennzeichnet[9]. Es ist nicht nachvollziehbar, ob Kohle,- Atom- oder andere Stromsorten mit den Zertifikaten zu Ökostrom umetikettiert wurden. Gleichzeitig kann der Verkäufer seinen nun „eigenschaftslosen“ Strom immer noch mit einer UCTE-Angabe verkaufen, statt beispielsweise einer 100%-Atomstromkennzeichnung.
Kein Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung
RECS fördert den Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung nur so lange, bis die explizite Nachfrage gedeckt ist. Darüber hinaus gibt es keinen weiteren Anreiz für eine nachhaltige Energieversorgung. RECS ermöglicht vielmehr auch Stromanbietern ohne eigene erneuerbare Kapazitiäten weiterhin den Verkauf ihres Stromes, jetzt jedoch mit regenerativem Herkunftsnachweis. Derzeit ist der Bestand und die Kapazität der vorhandenen Wasserkraftwerken mehr als ausreichend um die Nachfrage zu decken.
Doppeltvermarktung
Verkäufer der RECS-Zertifikate halten sich angeblich teilweise nicht an die Vorgabe, ihre Stromkunden nach dem Verkauf eines Zertifikats darüber zu informieren, dass sie nicht mehr das Recht haben, ihren Strom als Ökostrom zu bezeichnen[10].
Empfehlung von Umweltorganisationen
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen empfehlen, bei der Auswahl eines Ökostrom-Anbieters darauf zu achten, welche Versprechen der Anbieter mit dem Ökostromangebot verbindet. Die Qualität ihres Stroms kennzeichnen die meisten Anbieter durch Verwendung von Gütesiegeln, wie z. B. dem ok-power Label, dem Grüner Strom Label oder verschiedenen TÜV-Plaketten.
In Deutschland verzichten unter anderem Greenpeace energy[11] und die Naturstrom AG[12] auf den Einsatz von RECS-Zertifikaten, LichtBlick und EWS benutzen sie "lediglich als technisches Nachweissystem, also als Register".[13] Die mit dem Grüner Strom Label ausgezeichneten Anbieter (Naturstrom, energreen u. a.) dürfen keine RECS-Zertifikate verwenden, während das ok-power Label (Lichtblick, Naturenergie, Vattenfall, Stadtwerke) RECS-Zertifikate zulässt – das Öko-Institut, die deutsche Ausgabestelle (issuing body) für RECS-Zertifikate, ist eines der drei Gründungsmitglieder des ok-power Labels. Auch bei den Gütesiegeln des TÜV Süd sind RECS-Zertifikate unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen. Diverse Ökostrom-Vergleichsrechner weisen neben dem Energie-Mix der Stromanbieter auch die unterschiedlichen Ökostrom-Zertifizierungen aus.Weblinks
- Fokus Ökostrom: Bestandsaufnahme und Perspektiven Greenpeacestudie, Februar 2009 (PDF-Datei; 360 kB)
- Lars Lange: Die Ökostrom-Lüge Telepolis, 23. November 2007
- RECS Deutschland
- RECS International
- Wolf von Fabeck: RECS gefährdet das EEG Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 5. Januar 2005
Einzelnachweise
- ↑ a b c laut offizieller RECS-Deutschland Homepage, zuletzt abgerufen am 23. März 2011
- ↑ a b Ziele des RECS Deutschland e.V. 12/2002
- ↑ a b Erfahrungen und Ausblick RECS Deutschland
- ↑ a b RECS RECS Deutschland
- ↑ Wie funktioniert das System? RECS Deutschland
- ↑ http://www.recs-deutschland.de/v2/recs-und-oekostromlabel.html
- ↑ [1] Dominik Seebach vom Öko-Institut in einem Interview von check24.de
- ↑ Leitfaden Stromkennzeichnung
- ↑ BDEW-Leitfaden „Stromkennzeichnung“ Überarbeitete Fassung Stand: 3. November 2009 Kapitel 6.7.4
- ↑ "Etikettenschwindel bei Ökostrom" – Kritik an Handel mit Umweltzertifikaten (nicht mehr online verfügbar) Tagesschau, 5. Januar 2008
- ↑ [backPid=97&cHash=662d8c9734 "Pauschalverdacht gegen Ökostrom falsch – Greenpeace-Energy-Chef Robert Werner lehnt umstrittene RECS-Zertifikate ab" – Greenpeace, 6. Januar 2008]
- ↑ NATURSTROM zum Thema RECS-Zertifikate
- ↑ "Zertifikate sind geduldig – RECS-Zertifikate können Atom- und Kohlestrom grün färben, aber auch echten Ökostrom zählen" umwelt aktuell 03/2008
- Das RECS System zertifiziert keine Ökostrom-Produkte und ist kein Ökostrom-Label. Das RECS System selbst stellt, außer dass nur für erneuerbare Energien Zertifikate ausgestellt werden können, als Nachweissystem für die Produktion von erneuerbaren Energien im allgemeinen keine weiteren Anforderungen an die Erzeugungsanlagen; weder an das Anlagenalter, noch an ökologische Anforderungen.[1]
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