Repetitorium

Repetitorium

Repetitorium bedeutet die Wiederholung von Wissen und Kenntnissen; meist, um eine Prüfung zu bestehen.

Inhaltsverzeichnis

Unterrichtsform

Zielrichtung

Als Unterrichtsform ist ein Repetitorium eine komprimierte Wissensvermittlung bzw. Wiederholung für Studierende oder sonstige Prüflinge, etwa Steuerfachangestellte. Sehr verbreitet ist diese Methode der Wissensaufbereitung im Fach Rechtswissenschaft. Es wird geschätzt, dass 90 % der Studenten, die sich zum ersten Staatsexamen anmelden ein Repetitorium besuchen.[1]Juristische Repetitorien versuchen in ihrem Unterricht, die Studierenden durch eine schnelle und intensive Wiederholung und Aufbereitung des Stoffes effizient auf die juristischen Staatsexamina vorzubereiten. Dabei sind die Unterrichtsveranstaltungen als Präsenzveranstaltungen organisiert. Um zeitraubende Rückfragen zu vermeiden sind Repetitorien nicht in Kleingruppen, sondern in Veranstaltungen für 40 bis 60 Teilnehmern organisiert.[1] Im Vergleich zur universitären Vorlesung ist der Unterricht in Repetitorien in der Regel straffer, verschulter und verzichtet weitgehend auf wissenschaftliche Fundierung, wo diese von Seiten der Repetitorien für das Examen nicht für notwendig erachtet wird. Verbreitet sind inzwischen auch Online-Angebote von Repetitorien zur Vorbereitung auf das erste juristische Staatsexamen.

Anbieter

Meist werden Repetitorien von privaten Veranstaltern gegen Entgelt angeboten; insofern hat sich ein umfangreicher und hart umkämpfter Markt entwickelt. An fast jedem Studienort gibt es mehrere Anbieter solcher Kurse. Die Marktführer in Deutschland arbeiten hierbei nach einem franchiseähnlichem Model: Die örtlichen Anbieter sind selbstständig und der Marktführer stellt Lehrmaterialen und Marke zur Verfügung.[1] Auch für Rechtsreferendare existieren Repetitorien zur Vorbereitung auf das Zweite juristische Staatsexamen.

Seit einigen Jahren gibt es aber auch viele Hochschulen, die selbst kostenlose Veranstaltungen zur Examensvorbereitung anbieten, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, den Stoff zu wiederholen und sich intensiv auf Klausuren vorzubereiten.[1]

Die durchschnittlichen Kosten für ein privat angebotenes Repetitorium liegen je nach Standort und Anbieter zwischen 100 und 200 € monatlich. Dadurch sowie durch ihre pragmatische Ausrichtung auf die Examensanforderungen grenzen sie sich auch zur universitären Wissensvermittlung ab. Eine qualitativ bessere Wissensvermittlung ist aber nicht selbstverständlich, sondern hängt im Einzelfall – wie an den Universitäten auch – von der pädagogischen Qualität der Dozenten und des Lehrmaterials ab, wenngleich die Motivation der Repetitoren – aus wirtschaftlichen Gründen – zur Zufriedenstellung der von ihnen betreuten Studierenden unter Umständen höher sein kann als die von Universitätsdozenten. Die Kurse laufen in der Regel - auch über die an der Universität bestehenden Semesterferien hinweg - über ein Jahr, einige Anbieter haben Halbjahreskurse konzipiert.

Kritik

Von den Universitäten wird an den Repetitorien vor allem kritisiert, dass dieses Angebot auch als Ausnutzung der Angst der Studenten vor Prüfungen verstanden werden könne und dass die universitäre Ausbildung letztlich die bessere Examensvorbereitung vermittle.

Dem wird wiederum entgegengehalten, dass es Studierenden allein mit dem in den universitären Vorlesungen vermittelten Stoff trotz häuslichen Fleißes kaum möglich ist, das Examen zu bestehen, weil für das Examen viel spezielleres Wissen und vor allem eine über die Universität nur ungenügend vermittelte methodische Fähigkeit zur Klausurlösung vorausgesetzt wird. Auch wird teilweise die mangelnde pädagogische Befähigung der Dozenten an der Universität ins Feld geführt. Unabhängig von den Meinungen, die Hochschulen und Repetitorien voneinander haben, steht jedenfalls der Erfolg dieser Einrichtungen bei den Studierenden fest. Inwieweit allerdings diejenigen Studierenden, die ein Repetitorium besucht haben, im Examen tatsächlich besser abschneiden, ist nicht belegt. Bislang existieren keine belastbaren Vergleiche über die Examensnoten von Teilnehmern mit bzw. ohne Vorbereitung mithilfe eines Repetitors. Jedenfalls lässt sich nicht bestreiten, dass in nahezu jedem Examenstermin Studierende sowohl mit als auch ohne Vorbereitung durch einen Repetitor in der gesamten Breite des Notenspektrums - vom Prädikatsexamen bis zum Nichtbestehen der Prüfung - vertreten sind.

Der wesentliche Grund für den bei den Studierenden nach wie vor ungebrochenen Zuspruch zu den Repetitorien (allgemein und insbesondere in den Massenfächern Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft) wird indes vielfach darin gesehen, dass Hochschullehrer an staatlichen Hochschulen in Deutschland einerseits für gute Forschung und für aktive Publikationstätigkeit eine Gratifikation erhalten (Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinde ihres Fachs, Gutachtenaufträge aus Politik und Wirtschaft, Rufe auf attraktiver ausgestattete bzw. dotierte Lehrstühle anderer Hochschulen), dass es dagegen andererseits keine entsprechend gewichtige Gratifikation für gute Lehre an den staatlichen wissenschaftlichen Hochschulen in Deutschland gibt.

In jüngster Zeit erscheinen auch vermehrt Bücher, die Möglichkeiten aufzeigen wollen, die juristischen Examina ohne Besuch eines Repetitoriums zu bestehen.

Geschichtliches

Die Geschichte der juristischen Repetitorien geht bis auf das Jahr 1794 zurück, als in Preußen das Allgemeine Landrecht eingeführt wurde. An zahlreichen Universitäten weigerten sich die Professoren, diese neue Rechtsmaterie zu lehren, und beschränkten sich stattdessen auf das überkommene Römische Recht und den Sachsenspiegel. Angehende Juristen wurden dadurch in private Repetitorien gedrängt, wären sie doch sonst in den staatlichen Prüfungen mit für sie völlig unbekannten Gesetzen konfrontiert worden.

Einer der bekanntesten Repetitoren war der ehemalige Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, der nach dem Bestehen seines Assessorexamens im Oktober 1934 bis Anfang 1945 als privater Rechtslehrer arbeitete. Hierbei ließ er durchaus Distanz zum nationalsozialistischen Regime erkennen und lehrte auch noch nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 unter Hinweis auf Thomas von Aquin das Widerstandsrecht.[2] 1946 wurde er Leiter eines juristischen Repetitoriums an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Literaturgattung

Der Begriff Repetitorium bezeichnet auch eine Gattung von Lehrbüchern, welche sich insbesondere zur Wiederholung und Prüfungsvorbereitung eignen.

Literatur

  • Gabriele Lingelbach (Hrsg.): Vorlesung, Seminar, Repetitorium: Universitäre geschichtswissenschaftliche Lehre im historischen Vergleich. München: Meidenbauer, 2006. ISBN 3-89975-566-9.
  • Wolfgang Martin: Juristische Repetitorien und staatliches Ausbildungsmonopol in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Duncker & Humblot, 1993. ISBN 978-3-428-07704-5.
  • Friederike Wapler / Matthias Lehnert / Philip Rusche / Thorsten Deppner: Examen ohne Repetitor - Leitfaden für eine selbstbestimmte und erfolgreiche Examensvorbereitung, Nomos Verlag: 3. Aufl. 2011. ISBN 978-3-8329-5754-4.
  • Mischa Täubner, Katja Kasten: Repetitorium: Das Geschäft mit der Prüfungsangst blüht. FAZ-Hochschulanzeiger vom 2. April 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Katrin Klette, Repetitorien für Jurastudenten: Recht verschlossen, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Mai 2011.
  2. Kurt Georg Kiesinger, Biografie basierend auf Philipp Gassert: Kurt Georg Kiesinger 1904-1988.

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