Richelieu (Schlachtschiff)

Richelieu (Schlachtschiff)
Geschichte
In Auftrag gegeben: 1935
Kiellegung: Oktober 1935
Werft: Arsenal Brest
Stapellauf: 10. Januar 1940
Indienststellung: Frühjahr 1940
Schicksal: verschrottet 1968
Technische Daten
Wasserverdrängung: 48.000 t
Länge: 247,90 m
Breite: 35 m
Tiefgang: 9,70 m
Antrieb: 6 Dampfkessel (Typ Indret)
4 Dampfturbinen (Typ Parsons)
mit insgesamt 150.000 Wellen-PS auf 4 Schrauben
Höchstgeschwindigkeit: 32 Knoten
Reichweite: 8500 Meilen
Besatzung: 70 Offiziere, 1550 Mann
Bewaffnung: 2 x 4 x 380 mm/15 (vorn)
3 x 3 x 152 mm/6 (achtern)
6 x 2 x 100 mm/3.9 Flak
14 x 4 x 40 mm Bofors Flak
48 x 20 mm Oerlikon Flak
Flugzeuge: 3 Wasserflugzeuge, zwei Katapulte
Panzerung: Gürtel: 345 mm
Hauptdeck: 170 mm
Unterdeck: 41 mm
Türme vorn: 429 mm
Türme hinten: 130 mm
Kommandoturm: 340 mm

Die Richelieu war ein nach dem französischen Staatsmann und Kardinal Richelieu benanntes französisches Schlachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie war das Typschiff der Richelieu-Klasse der Französischen Marine. Die Richelieu hatte eine sehr bewegte Geschichte, denn sie geriet mehrmals zwischen die Fronten, wurde jedoch nicht zerstört, da die Gegner stets an einer Übernahme des Schiffes interessiert waren.

Geschichte

Direkt „vom Reißbrett gebaut“, war sie ein konstruktionstechnisches Meisterwerk. Die Richelieu war Schlachtschiffen wie denen der Bismarck-Klasse oder der Iowa-Klasse gleichwertig. Den wenige Jahre älteren Schiffen der italienischen und englischen Marinen war sie deutlich überlegen. Das Schlachtschiff Richelieu (bzw. die Klasse) wurde als Antwort auf die ersten beiden Schiffe („1. Serie“) der italienischen Littorio-Klasse Littorio und Vittorio Veneto gebaut. Die Richelieu wurde 1935, also ein Jahr nach der Littorio-Klasse, auf Kiel gelegt. Als Antwort auf diese französischen Schiffe baute Italien die verbesserte „2. Serie“ der Littorio-Klasse, die Schiffe Roma und Impero (die Impero wurde jedoch nicht fertiggestellt), die technisch der Bismarck-Klasse, der Iowa-Klasse und der Richelieu in nichts nachstanden.

Äußerlich kennzeichnete sie die Konzentration der schweren Artillerie in den vorderen zwei Türmen sowie der mittleren Artillerie seitlich und hinter den Aufbauten. Diese Vierlingstürme waren eine Besonderheit und in ähnlicher Form zuerst einige Jahre zuvor bei den beiden Schlachtschiffen der Dunkerque-Klasse Dunkerque und Strasbourg realisiert worden. Zweck dieser Anordnung war es, die Länge des Gürtelpanzers (und damit sein Gewicht) so gering wie möglich zu halten. Dies barg jedoch das Risiko, dass beide schweren Türme durch einen unglücklichen Zufallstreffer gemeinsam außer Gefecht gesetzt werden konnten. Dennoch gehört die Richelieu mit ihrem erst Jahre später fertiggestellten Schwesterschiff Jean Bart zu den Schlachtschiffen mit dem prozentual größten Anteil der Panzerung an der Gesamtverdrängung.

  • Oktober 1935: Kiellegung in Brest.
  • 10. Januar 1940: Fertigstellung. Manöverbereit war sie wegen des Fehlens diverser Ressourcen und einer erfahrenen Mannschaft jedoch noch nicht.
  • bis 13. Juni 1940: Probefahrten. Munitioniert und getankt (oder mit vergleichbarem Ballast gebunkert) erreichte sie eine Maximalgeschwindigkeit von 32 Knoten und war somit eines der schnellsten Schlachtschiffe aller Zeiten. Jedoch standen Munition und Treibstoff nur sehr eingeschränkt zur Verfügung, da der Richelieu im Krieg gegen Deutschland keine hohe Priorität zugeordnet wurde.
  • 18. - 23. Juni 1940: Aufgrund des zu erwartenden Einmarsches deutscher Truppen erfolgte die Verlegung von Brest nach Dakar. Bezeichnenderweise hat die deutsche Luftwaffe die französische Marine nie ernsthaft angegriffen. Vermutlich wollte man ein Überlaufen nach England verhindern. Daneben war die Luftwaffe an anderen Fronten gebunden. Da die Richelieu sich nicht im besetzten Frankreich aufhielt, stand ihre Übergabe an Deutschland im Waffenstillstandsabkommen mit dem Vichy-Regime nicht zur Disposition.
  • 23. Juni 1940: Der Kommandant verlegte ohne entsprechende Anweisungen das Schiff nach Casablanca. Dabei wurde es ständig von englischen Einheiten verfolgt und aufgefordert, sich in einen englischen Hafen zu begeben und dort zu kapitulieren.
  • 28. Juni 1940: Auf ausdrücklichen Befehl kehrte das Schiff in den Hafen von Dakar zurück. Es müssen explizite Absprachen mit der Exilregierung in London und Vichy-Frankreich stattgefunden haben, sodass sie vorerst nicht von den Alliierten angegriffen wurde.
  • 8. Juli 1940: Die französische Marine galt in England als unzuverlässig und deutschfreundlich. Sie wurde daher in mehreren Kommandooperationen empfindlich dezimiert. (Dies wurde zur Entlastung für das Überlaufen französischer Einheiten zur Kriegsmarine in den Kollaborations-Prozessen nach Kriegsende angeführt.) Mit einem Torpedoschnellboot wurden bei Nacht Wasserbomben unter das Heck geworfen, um die Ruderanlage zu zerstören. Wenige Stunden später griffen Torpedobomber der HMS Hermes die Richelieu an und trafen sie in den Sektionen P und Q. Wenngleich dadurch diese Sektionen geflutet wurden, was zu einer erheblichen Schlagseite führte, sank das Schiff nicht.
  • 12. Juli 1940: Nach Reparaturarbeiten war die Richelieu mit 13 Knoten Restgeschwindigkeit wieder manövrierfähig.
  • 23. September 1940: Die in Dakar liegende Richelieu wurde im Zuge des Unternehmens „Menace“ u. a. von den englischen Schlachtschiffen HMS Barham und HMS Resolution sowie Flugzeugen der HMS Ark Royal beschossen. Viele direkte Treffer zerstörten mehrere Artillerieeinrichtungen, die Flugabwehr und die Funkmesseinrichtungen. Die Richelieu selbst konnte den Angriff nur sehr eingeschränkt abwehren, da die Batterien nur teilweise bemannt waren und für das 38 cm-Kaliber nur wenig Munition zur Verfügung stand. Um von den Deutschen nicht aufgespürt zu werden, wurde der Angriff der Alliierten abgebrochen. Das Schiff wurde daher nicht versenkt.
  • 24. April 1941: die Richelieu war provisorisch wieder seetüchtig und bemannt. Nur 14 Rohre waren feuerbereit (darunter drei 38 cm Geschütze), Munition nur sehr begrenzt vorhanden und Treibstoff ebenso sehr knapp. Wegen der Kriegsentwicklung in Nordafrika und des nicht gefechtsbereiten Zustands geriet sie anscheinend in Vergessenheit.
  • 30. Januar 1943: Das Schiff wurde in Dakar von den anglo-amerikanischen Truppen entsetzt und nach New York verlegt, wo es repariert und aufmunitioniert wurde. Die Besatzung wurde nicht interniert. Jedoch wurde das Schiff aufgrund seiner „Unzuverlässigkeit“ in den Westpazifik verlegt und im Kampf gegen Japan eingesetzt. Anschließend wurde es, da viele britische Schlachtschiffe überholt werden mussten, der englischen Homefleet unterstellt. Erst nach der Befreiung Frankreichs wurde das Schiff wieder der französischen Marine überstellt. In der gesamten Zeit war die Munition sehr knapp, da die Granaten ein metrisches Kaliber hatten, das weder von der britischen noch von der US-Marine verwendet wurde.

Einsatz nach 1945

Nach dem Krieg wurde die Richelieu im Indochinakrieg und während der Suezkrise eingesetzt. Angesichts von Flugzeugträgern, U-Booten und Raketen(kern)waffen haben Schlachtschiffe mit ballistischen Geschützen heute eine geringe Bedeutung. Daher wurde das Schiff 1967 außer Dienst gestellt und, nicht ohne Widerstreben, 1968 in La Spezia (Italien) abgewrackt.

Der im April 2001 in Dienst gestellte französische Flugzeugträger Charles de Gaulle wurde zuerst auf den Namen Richelieu getauft, jedoch schon bald umbenannt.

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