- Richter-Fenster (Kölner Dom)
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Die Richter-Fenster sind vom Kölner Künstler Gerhard Richter entworfene Fenster, die im Südquerhaus des Kölner Doms am 25. August 2007 mit einer Messe eingeweiht wurden. Die abstrakte Ausführung wurde begeistert aufgenommen, aber auch massiv kritisiert.
Inhaltsverzeichnis
Vorgängerfenster
Ursprünglich waren im Südquerhaus 1863 Fenster mit der Darstellung von weltlichen und christlichen Herrschern des Königlichen Glasmalerei-Institutes in Berlin-Charlottenburg eingebaut worden, die das preußische Königshaus der Kathedrale schenkte. Die Fenster wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1948 durch eine schlichte Ornamentverglasung von Wilhelm Teuwen ersetzt, die mittlerweile revisionsbedürftig war. Wegen ihrer Farblosigkeit blendete das einfallende Licht, was als sehr störend empfunden wurde.
Vorschläge, Auswahl, Entscheidung für Richter
2003 entschloss sich das dafür zuständige Domkapitel, das Fenster erneuern zu lassen. Die ursprünglichen Entwürfe aus dem 19. Jahrhundert wurden wie die Malereien selbst im Zweiten Weltkrieg zerstört und standen somit nicht mehr zur Verfügung. Man plante daraufhin, den deutschen Märtyrern des 20. Jahrhunderts wie Edith Stein und Maximilian Kolbe damit ein Denkmal zu setzen und an den Holocaust zu erinnern. Die bildlichen Entwürfe der beauftragten Künstler Egbert Verbeek und Manfred Hürlimann konnten das Domkapitel aber nicht überzeugen, sondern der abstrakte Entwurf von Gerhard Richter, den die Dombaumeisterin persönlich um einen solchen gebeten hatte. Er hatte eine Fotografie seines Bildes „4096 Farben“ aus dem Jahr 1974 zerschnitten und hinter das Maßwerk der Fenster geklebt. 2005 erteilte das Domkapitel Richter zunächst den Auftrag, den Entwurf weiter zu bearbeiten und er wurde 2006 endgültig beauftragt. Es war Richters erstes Kirchenfenster.
Fakten
- 113 m² Fensterfläche
- 11.263 Farbquadrate von 9,6 cm x 9,6 cm
- Aus einer Palette von 800 Farben wählte Richter 72 aus, die in den mittelalterlichen Farbfenstern des Doms und denen des 19. Jahrhunderts verwendet worden sind.
- 370.000 Euro Herstellungskosten wurden durch etwa 1200 Spender gezahlt, Gerhard Richter selbst arbeitete kostenlos für den Dom.
- Die farbigen Quadrate wurden von den Derix Glasstudios[1], Taunusstein mit Zwei-Komponenten-Silikon auf Fensterglas geklebt statt wie früher die einzelnen Scheiben in Blei einzufassen, weil das nach der Ansicht Richters die Farben optisch zu stark trennte. Diese Technik wurde u.a. von Markus Lüpertz, der Fenster für die Kölner Kirche St. Andreas entworfen hat, als zu wenig haltbar kritisiert, was der Hersteller dementiert hat und auch von der Materialprüfungsanstalt in Braunschweig nicht bestätigt wurde.
Umsetzung
Per Zufallsgenerator wurden die Farbquadrate verteilt. Vorgegeben waren Wiederholungen und Spiegelungen, die Bahnen 1 und 3, 2 und 5 sowie 4 und 6 spiegeln sich. An wenigen Stellen hat Richter die Verteilung korrigiert, zum Beispiel dort, wo die Pixel Darstellungen bestimmter Inhalte erahnen ließen, z.B. im unteren Bereich die Ziffer „1“. Richter sagt dazu: „Ich habe mich selbst eher zurückgenommen. Ich wollte, dass das Fenster etwas Selbstverständliches hat, etwas Alltägliches, jedenfalls sollte es kein ‚Farbrausch‘ werden. Nicht zu warm, nicht zu kalt, zurückhaltend, so neutral wie es geht.“
Kommentare
Georg Imdahl schrieb im Kölner Stadt-Anzeiger: „In den 60ern hatte Richter seine ersten farbigen Rasterbilder gar als Angriff gegen die Falschheit und die Gläubigkeit gemalt, wie Abstraktion zelebriert wurde, mit verlogener Ehrfurcht; regelrecht gewettert hatte er gegen ‚Andachtskunst’ und ‚Kirchenkunstgewerbe’, als welche das Raster zelebriert wurde.“
Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner: „Glasmalerei geht nur an Ort und Stelle.“ Erste Entwürfe hatten einen „Badezimmer-Touch“ oder hätten das Licht einer „Wirtshausverglasung“ ausgestrahlt. Richter selbst sprach bei einem Entwurf von „zu weihnachtlich“.
Massiv hat der Kölner Kardinal Joachim Meisner, der nicht dem Domkapitel angehört, das Fenster kritisiert: „Das Fenster passt eher in eine Moschee oder ein anderes Gebetshaus. Wenn wir schon ein neues Fenster bekommen, soll es auch deutlich unseren Glauben widerspiegeln. Und nicht irgendeinen.“ Im Islam sind bildliche Darstellungen von Menschen (als Gottes Ebenbild) verboten. Die Aussage wurde zwar durch den Sprecher des Erzbistums relativiert, es kam aber trotzdem zu bundesweitem Aufsehen in den Medien.
Zukunft
Das Fenster fand auch den Zuspruch der Verantwortlichen in der Kathedrale von Reims, die ebenfalls Richter für den Entwurf eines Fensters beauftragten. Im Kölner Dom werden die Obergadenfenster aus dem 19. Jahrhundert wieder eingebaut, die 1939 in Sicherheit gebracht worden waren.
Literatur
- Gerhard Richter – Zufall. Das Kölner Domfenster und 4900 Farben. Verlag Kölner Dom, Köln 2007, ISBN 978-3-86560-298-5.
Einzelnachweise
Weblinks
- Kölner Dombau Verein
- „Die göttlichen Farbpixel“ – Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger vom 24. August 2007
- „Ein Ozean aus Glas im Kölner Dom“ – Werner Spies in der FAZ vom 25. August 2007
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