- Rieser Bauernmuseum Maihingen
-
Das Rieser Bauernmuseum Maihingen ist ein vom Bezirk Schwaben getragenes Museum in Maihingen. Gelegen in einer barocken Klosteranlage, stellt es die Alltagskultur der Landbevölkerung im Nördlinger Ries in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Mit Blick auf die letzten 200 Jahre werden Landwirtschaft und Handwerk, Wohnen und Kleidung, Hand- und Hausarbeit sowie Warenversorgung und medizinische Betreuung in verschiedenen Dauer- und Sonderausstellungen thematisiert. Ein museumspädagogisches Programm sowie zahlreiche Sonderveranstaltungen runden das Angebot ab.
Inhaltsverzeichnis
Standort
15 km nördlich von Nördlingen, nahe der Romantischen Straße, liegt am Rande des Rieskraters das ehemalige Birgittenkloster Maihingen, welches 1472 gegründet wurde. Von 1607 bis zu seiner Aufhebung 1803 führten es die Franziskanerminoriten. Die barocke Anlage mit ihrer prächtig ausgestatteten Klosterkirche liegt in eine reizvolle Landschaft eingebettet. In zwei ehemaligen Gebäuden des Ensembles befindet sich heute das Rieser Bauernmuseum Maihingen.
Die langgestreckte ehemalige Klosterökonomie beherbergt heute die umfangreiche Dauerausstellung „Rieser Landwirtschaft im Wandel“, den Verwaltungstrakt sowie Werkstatt und ein Depot. Im ehemaligen Brauhaus, das nach der Säkularisation noch bis 1935 in Betrieb war, befindet sich die Dauerausstellung zum Wohnen und Arbeiten sowie ein Ausstellungsraum für die Sonderausstellungen. Insgesamt beläuft sich die Ausstellungsfläche auf ca. 2.400 m2.
Beim Museum beginnt der Dorf- und Flurlehrpfad Maihingen des Rieser Bauernmuseums- und Mühlenvereins, welcher rund um den Klosterberg und das Dorf führt. In der Scheune der ehemaligen Klostermühle betreibt der Verein seit 1997 ein Museum.
Chronik
- 1973: Gründung des Vereins Rieser Bauernmuseum
- 1978: Der Verein Rieser Bauernmuseum kauft den landwirtschaftlichen Teil der ehemaligen Klosterökonomie und sichert sich das ehemalige Klosterbrauhaus, mit dessen Sanierung er beginnt.
- 1984: Eröffnung des Brauhauses als Museum
- 1985: Der Bezirk Schwaben übernimmt die Museumsträgerschaft unter Beteiligung des Landkreises Donau-Ries.
- 1987: Bezirksheimatpfleger Hans Frei übernimmt die Museumsdirektion und damit die Leitung der vom Bezirk getragenen Museen in Maihingen und Oberschönenfeld.
- 1989: Erwerb der Klosterökonomie durch den Bezirk und Beginn der Sanierung
- 1994: Eröffnung der Klosterökonomie mit Sonderausstellungen
- 1998: Eröffnung der Landwirtschaftsausstellung in der Klosterökonomie
- 2001: Der Verein Rieser Bauernmuseum eröffnet den Dorf- und Flurlehrpfad. Die Sanierung und Umgestaltung des Brauhauses beginnt.
- 2004: Nach dem Ruhestand von Hans Frei 2002 wird 2004 die Museumsdirektion aufgelöst und die beiden Museen nun unabhängig geleitet. In Maihingen wird Ruth Kilian - seit 1987 als Wissenschaftlerin angestellt - offiziell zur Leiterin ernannt.
Ausstellungen
Dauerausstellungen
"Rieser Landwirtschaft im Wandel"
Die Ausstellung Rieser Landwirtschaft im Wandel spannt unter dem Motto „Vom Kuhgespann zum Traktor, von der Sichel zur Mähmaschine, vom Untertan zum Unternehmer, von der Gemeinschaftsarbeit zum Einmannbetrieb“ einen Bogen von 1800 bis 1950. In diesem Zeitraum vollzog sich ein grundlegender Wandel von der Handarbeit zur Vollmechanisierung.
Nach Aufhebung der Grundherrschaft Mitte des 19. Jahrhunderts war der Landwirt selbst Eigentümer seines Landes und konnte in die Modernisierung seines Betriebes investieren, ohne höhere Abgaben befürchten zu müssen. Landwirtschaftsschulen, landwirtschaftliche Vereine, Literatur und Ausstellungen vermittelten den Bauern die neuen fachlichen und technischen Kenntnisse. Die Brache der Dreifelderwirtschaft wurde für den Anbau von Kartoffeln oder neuen Futterpflanzen wie Klee genutzt, der Ertrag insgesamt durch gezielte Düngung erhöht. Eiserne Geräte ersetzten nach und nach die hölzernen, die Eisenbahn erleichterte den Warentransport und Maschinen sparten Arbeitskräfte ein. Für die teuren Investitionen der Mechanisierung vergaben Spar- und Darlehenskassenvereine Kredite; auch Maschinen, Saatgut und Düngemittel wurden über Genossenschaftsvereine bezogen.
Am Beispiel des Rieses als bedeutende Agrarlandschaft Schwabens und Bayerns werden gesamtbayerische Entwicklungen aufgezeigt, die Verflechtungen von Technik-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Historische Fotos, Filme und Inszenierungen binden die Objekte in den früheren Gebrauchszusammenhang ein und Modelle laden zum Ausprobieren ein.
"Wohnen und Arbeiten im Ries"
Im ehemaligen Brauhaus wird auf fünf Stockwerken die Wohn- und Arbeitssituation im ländlichen Ries dargestellt. Eine umfangreiche Ausstellung bemalter Möbel zeigt Einblicke in bäuerliches Wohnen, eine Sammlung verschiedenster Handarbeiten, wie Frauen die Abendstunden verbrachten. "Von der Taufe bis zum Tod" wird die ländliche Bekleidung und Tracht präsentiert. Ferner wird die mühsame Bearbeitung von Flachs zur Leinenproduktion thematisiert.
Verschiedene komplett inszenierte Räume lassen vergangene Zeiten lebendig werden. Eine Schulstube vermittelt die Unterrichtssituation in einer kleinen Dorfschule, während eine Arzt- und eine Zahnarztpraxis aus der Zeit um 1950/60 auf die medizinische Versorgung verweisen. Einen besonderen Anziehungspunkt stellen ein dörflicher Kaufladen und eine städtische Milchhandlung aus den 1920er-Jahren dar. Beide sind vollständig eingerichtet mit alten Warenverpackungen und Werbeschildern.
Sonderausstellungen
In bislang über 40 Sonderausstellungen erforschte das Museum eine Themenbreite, die bereits vom Aberglauben bis zum Zahnarzt reichte und Objekte vom Adventskalender zum Zaumzeug einschloss. Kunstausstellungen haben das Ries, seine Dörfer und Menschen bisweilen mit ungewohnten Sichtweisen betrachtet und Weihnachtsausstellungen präsentierten in stimmungsvollem Ambiente historischen Christbaumschmuck, Papierantiquitäten, Puppenstuben, Spielzeug oder Krippen.
Auswahl bisheriger Sonderausstellungen
- „Hexenstich und Schiffchenspitze. Alte Handarbeiten im Ries“ (1987)
- „Ärbira, Ärbira … Die Kartoffel. Geschichte, Geräte, Produkte“ (1988)
- „Bilder im Bauernhaus. Populärer Wandschmuck um 1900“ (1989)
- „Puppenhäuser, Puppenstuben, Puppenküchen“ (1992)
- „Vornehm ausstaffiert. Ländliche Kleidung im Ries“ (1994)
- „Zum Tisch des Herrn will ich treten. Konfirmation und Kommunion im Ries“ (1996)
- „Federvieh. Gänse im Ries“ (1997)
- „Als Tante Emma noch bediente. Krämerladen und Milchhandlung im Ries“ (1999)
- „Zwischen Aberglaube und Volksfrömmigkeit“ (2001)
- „Bader, Hebammen und Ärzte. Über die Heilkunde im Ries“ (2002)
- „Weihnachten auf Papier“ (2002/03)
- „Schaukelpferd und Puppenwagen. Kinderwünsche zu Weihnachten“ (2003/04)
- „Verführerisch verpackt. Werbung und bunte Warenwelt“ (2005)
- „Kuh-Handel. Vom Umgang mit einem Nutztier“ (2006)
- „Reizend und zweckmäßig. Zur Kulturgeschichte der Unterwäsche“ (2007)
- „‚So geht’s leichter!‘ Technik im Haushalt“ (2008)
- „Die süße Verführung. Zucker, Schokolade & Co.“ (2009)
Aktuelle Sonderausstellungen
- „Vom Scheitel bis zur Sohle. Die Arbeit am guten Aussehen", 13. April bis 6. November 2011.
- "Bäuerliche Arbeit im Ries heute", Fotoausstellung 16. März bis 6. November 2011
Sonderveranstaltungen
Während der Museumssaison stehen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm, die oft auch zum Mitmachen einladen: von Lesungen regionaler Dichter über Volksmusik-Nachmittage in der Adventszeit bis hin zu Vorführungen verschiedenster alter Handwerke.
Kräuterfest
Beim Kräuterfest dreht sich einen Tag lang alles um Wildkräuter und ihre diversen Verwendungsmöglichkeiten. Von einer Kräuterwerkstatt, Kräuterwanderungen, naturfloristischen Bastelaktionen bis hin zu Kräuterrätseln und Spielen für Kinder bieten Kräuterpädagogen ein buntes Programm.
Kartoffelfest
Beim Kartoffelfest stehen die „Ärbira“ ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit. Mit historischen Geräten werden Ernte und Feldbearbeitung vorgeführt. Besucher können selbst Kartoffeln ernten, historische Kartoffelsorten bestaunen, Kinder basteln Sachen aus der „tollen Knolle“ und in Wettbewerben werden die größte Kartoffel sowie der schnellste Schäler gesucht.
Schnitterfest
Beim Schnitterfest (früher zum Abschluss der Ernte gefeiert) können die Besucher erleben, wie die Getreideernte früher vonstatten ging. In verschiedenen Vorführungen kommen zunächst Gaukel, Sichel und Dreschflegel, später dann Bindemäher und Breitdreschmaschine zum Einsatz. Gepflügt wird sowohl mit Pferd als auch mit alten Schleppern. Eine Schau von Oldtimer-Traktoren ergänzt das Fest.
Museumspädagogisches Programm
Die Museumspädagogik will große und vor allem auch kleine Besucher anschaulich und vertiefend an geschichtliche und kulturelle Themen heranführen. Führungen allgemeiner Art oder zu speziellen Aspekten bilden nur eine von vielen Möglichkeiten. Mit verschiedensten Angeboten wendet das Rieser Bauernmuseum sich speziell an Kindergruppen und Schulklassen: Vom Brotbacken über „Schule vor 100 Jahren“ bis hin zum Buttern und Äpfelmosten kann alles selbst ausprobiert werden. Während der Sommerferien steht zusätzlich ein Ferienprogramm bereit. Auch für Kindergeburtstage hält das Museum Ideen bereit.
Publikationen
- Bruno Langner: Verführerisch verpackt. Bunte Warenwelt und Werbung. Maihingen 2005
- Ruth Kilian: Die Rieser Landwirtschaft im Wandel. Augsburg 2002
- Ruth Kilian: Blicke auf das Ries. Nördlingen 2000
- Anja Lippert: Federvieh. Gänse im Ries, Nördlingen 1997
- Ruth Kilian: Rieser Dörfer und Landleben vor 100 Jahren. Zeichnungen der Familie Geiß aus Ebermergen. Nördlingen 1996
- Friedhelm Brusniak (u. a.): Wege der Volksmusik. Beispiel Ries. Gessertshausen 1992
- Ruth Kilian, Eva Gilch: Märkte und Messen im Ries. Gessertshausen 1990
- Ruth Kilian: Die Kartoffel. Geschichte, Geräte, Produkte. Gessertshausen 1988
Weblinks
48.92888210.491402Koordinaten: 48° 55′ 44″ N, 10° 29′ 29″ OKategorien:- Museum in Bayern
- Agrarhistorisches Museum
- Maihingen
Wikimedia Foundation.