- Kartoffel
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Kartoffel Blüten der Kartoffel (Solanum tuberosum)
Systematik Asteriden Euasteriden I Ordnung: Nachtschattenartige (Solanales) Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae) Gattung: Nachtschatten (Solanum) Art: Kartoffel Wissenschaftlicher Name Solanum tuberosum L. Die Kartoffel (Solanum tuberosum), in Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz auch als Erdapfel (Herdöpfel) oder Grundbirne (Grumbeer) und im restlichen deutschsprachigen Raum unter verschiedenen Regionalnamen bekannt, ist eine Nutzpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae), zu der auch Tomate, Paprika und Tabak gehören. Das Wort Kartoffel leitet sich von tartufolo, dem italienischen Wort für Trüffel ab, das wiederum vom lateinischen "terrae tuber" abgeleitet ist. Der Name der Süßkartoffel (Ipomoea batatas) leitet sich von der ähnlichen Verwendung und dem ähnlichen Aussehen der Knollen ab, nicht von einer Verwandtschaft. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird „Kartoffel“ für die unterirdischen Knollen verwendet. Über diese Knollen kann sich die Pflanze vegetativ vermehren.
Die Samen werden in tomatenähnlichen Beeren gebildet, welche wie alle grünen Teile der Pflanze und die Keime der Knolle, für Menschen ungenießbar bis leicht giftig sind.
Weltweit werden jährlich etwa 300 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet. Die Kartoffel ist das viertwichtigste Nahrungsmittel der Welt; daneben aber auch Futtermittel und Industrierohstoff.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Kartoffeln sind aufrecht oder kletternd wachsende, krautige Pflanzen, die über 1 m hoch werden können. Die Sprossachse ist manchmal vierkantig, teilweise sogar geflügelt. Unterirdisch oder knapp über der Oberfläche bildet die Pflanze knollentragende Stolone aus.
Die wechselständig stehenden Blätter sind unpaarig gefiedert, kurzstielig und werden 10 bis 30 cm lang und 5 bis 15 cm breit. Die Teilblätter sind leicht bis stark behaart, stehen sich gegenüber oder sind wechselständig, oft von unterschiedlichster Form und Größe. Die größeren Teilblätter besitzen zum Teil eigene Blattstiele, sind zwischen 2 bis 10 cm lang und 1 bis 6 cm breit. Sie sind eiförmig bis länglich-eiförmig, an der Spitze zugespitzt bis stark zugespitzt. Die kleineren Teilblätter besitzen eine stumpfere Spitze, mit einer eher herzförmigen Basis, meist eiförmig bis kugelförmig und besitzen einen Durchmesser von 2 bis 15 mm.
Die Blüten stehen in trugdoldenförmigen Blütenständen. Die Blütenstandstiele sind 5 bis 15 cm lang und behaart, die Blütenstiele sind ebenfalls behaart und 3 bis 35 mm lang. Der Blütenkelch ist glockenförmig, 5-lappig und hat einen Durchmesser von 1,5 bis 2 cm. Die Kelchlappen sind spitz bis stark zugespitzt. Die Kronblätter sind weiß bis blau, die Krone ist doppelt so lang wie der Kelch und hat einen Durchmesser von 3,5 bis 4 cm. Die gelben Antheren stehen frei, aufrecht und porig. Die Frucht ist eine gelblich-grüne, zweikammerige Beere mit vielen Samen.[1]
Die Keimung erfolgt epigäisch. Am Beginn treten nur die Wurzelanlage und das Hypokotyl aus der Samenschale hervor, während die Keimblätter zunächst noch in ihr verbleiben. Erst später verlassen auch sie die Samenschale, ergrünen und werden zu den ersten Assimilationsorganen. Die zunächst gebildeten Primärblätter sind noch einfacher gebaut als die später gefiederten Folgeblätter.[2]
An den basalen Teilen des Sprosses treiben Achselknospen aus, die in den Boden eindringen und dort waagrecht (plagiotrop) ausläuferartig weiterwachsen und zu den Stolonen werden. Anstatt Laubblättern tragen sie Schuppenblätter. Die Enden dieser Ausläufer verdicken sich und wandeln sich in die Knollen um. Es handelt sich hierbei um ein primäres Dickenwachstum. Es sind also Sprossknollen. Die Knolle besitzt nur kleine, schuppenartige Blätter, die jedoch hinfällig sind, also früh abfallen. In den Achseln der Blattnarben sitzen die Knospen (hier Augen genannt), aus denen die Knolle nach der Ruhephase wieder austreibt. Die Knolle ist polar differenziert: Die Basis, das der Mutterpflanze zugewendete Ende, wird Nabelende genannt. Es ist die Ansatzstelle des Ausläufers, der nach Reifung der Knolle zugrunde geht. An der Spitze sitzt die Endknospe in einer grubenartigen Vertiefung. Beim Wiederaustrieb wächst bevorzugt die Endknospe aus, die dann senkrecht (orthotrop) wachsend einen Luftspross bildet.[2]
In den grünen Pflanzenteilen der Kartoffel konzentrieren sich Alkaloide, unter anderen Solanin, die eine natürliche Abwehrbarriere zum Beispiel gegen Bakterien und Insekten bilden. Aus diesem Grund sind Kartoffeln, die im Licht gelagert grün geworden sind, nicht mehr genießbar.
Genom
Das Potato Genome Sequencing Consortium, ein Team aus 29 Forschungsgruppen aus 14 Ländern, begann im Januar 2006 mit der Arbeit an der Sequenzierung. Am 10. Juli 2011 wurde das Genom der Kartoffel in Nature veröffentlicht. Es enthält mehr als 39.000 Protein-kodierende Gene. Die Kartoffel hat 12 Chromosome. Einige Sorten sind tetraploid und andere diploid. Die Sequenzierung des Genoms soll es Züchtern ermöglichen, Ertrag, Qualität, Nährwert und Krankheitsresistenz zu verbessern. Auch soll die Zeit zur Kreation neuer Sorten (derzeit 10-12 Jahre) verkürzt werden. Die wichtigste Entdeckung sind über 800 Krankheitsresistenzgene, von denen jedes potenziell zur Bekämpfung wichtiger Krankheiten wie Goldnematoden oder Kartoffelfäule eingesetzt werden kann.[3][4]
Herkunft
Ursprüngliche Herkunft
Die heute kultivierten Kartoffeln stammen von verschiedenen Landsorten ab, die in den Anden vom westlichen Venezuela bis nach Argentinien und der Insel Chiloé bzw. dem Chonos-Archipel im Süden von Chile vorkommen. Auf Chiloé fand man die ältesten bekannten Spuren von wilden Kartoffeln, man schätzt ihr Alter auf 13.000 Jahre. Die chilenischen Landsorten stammen ihrerseits jedoch vermutlich von den peruanischen Andensorten (Solanum tuberosum ssp. andigena) ab, wahrscheinlich nach Hybridisierung mit der Wildart Solanum tarijense, die in Bolivien und Argentinien zu finden ist.[5] In dem lange Zeit als Ursprungsland der Kartoffel angesehenen Peru gibt es wiederum mehr als 3.000 endemische Kartoffelsorten. Die meisten können nur in den peruanischen Anden angebaut werden, weil sie aufgrund ihrer geologischen und klimatischen Ansprüche in anderen Weltgegenden nicht gedeihen.[6] Der Hauptunterschied der Andenkartoffel zu den in anderen Anbaugebieten kultivierten Sorten besteht darin, dass sie an andere Lichtverhältnisse (Tag- und Nachtzyklus) angepasst ist.
Kultivierung
Wann, wie und durch wen die Kartoffel nach Europa kam, ist bis heute nicht genau geklärt. Auf ihrem Weg von Südamerika nach Spanien machte die Kartoffel Zwischenstation auf den (spanischen) Kanarischen Inseln. Dies ist bekannt, weil im November 1567 drei Fässer, die Kartoffeln, Orangen und grüne Zitronen enthielten, von Gran Canaria nach Antwerpen, und im Jahre 1574 zwei Fässer mit Kartoffeln von Teneriffa via Gran Canaria nach Rouen verschifft wurden. Geht man davon aus, dass mindestens fünf Jahre nötig waren, um so viele Kartoffeln zu erhalten, dass sie zum Exportartikel werden konnten, so fand die Einbürgerung der Pflanze auf den Kanaren spätestens 1562 statt.
Der früheste Beleg für die Kartoffel in Spanien findet sich in den Büchern des Hospital de la Sangre in Sevilla, das im Jahre 1573 Kartoffeln eingekauft hat. Man nimmt an, dass die Kartoffel Spanien frühestens 1564/65 und spätestens 1570 erreicht hat, da ansonsten der Botaniker Clusius, der das Land 1564 auf der Suche nach neuen Pflanzen bereiste, sie wohl bemerkt hätte. Von Spanien aus gelangte die Kartoffel nach Italien und breitete sich dann langsam auf dem europäischen Festland aus.
Auf die britischen Inseln soll die Kartoffel ohne den Umweg über Spanien gelangt sein. Wer die Kartoffel dorthin gebracht hat, ist nicht geklärt. Francis Drake war es jedenfalls nicht, wahrscheinlich auch nicht Walter Raleigh oder Thomas Harriot, Namen, die immer wieder in diesem Zusammenhang genannt werden. Erstmals belegt ist die Kartoffel in England im 1596 in London erschienenen Katalog der Pflanzen, die der Botaniker John Gerard in seinem Garten in Holborn züchtete.[7]
Nach Europa wurde die Kartoffel vielfach wegen der schönen Blüte und des üppigen Laubes als reine Zierpflanze importiert und als seltene Pflanze in botanische Gärten aufgenommen. Mitte des 16. Jahrhunderts tauchte sie in den Niederlanden, in Italien und in Burgund auf.
In Deutschland sollen die ersten Kartoffeln während der Regierung Ferdinand III. 1647 in Pilgramsreuth (Oberfranken) angebaut worden sein.[8] Im Kloster Seitenstetten in Niederösterreich verfasste der Benediktinerabt Caspar Plautz ein Kochbuch mit Kartoffelrezepten, das bereits 1621 in Linz erschien.[9] Der Anbau in großem Stil begann 1684 in Lancashire, 1716 in Sachsen, 1728 in Schottland, 1738 in Preußen und 1783 in Frankreich.
Außerhalb tropischer, arktischer und subarktischer Klimazonen wird die Kartoffel heute weltweit angebaut. Nachdem sich ihre Kultur in Europa durchgesetzt hatte und die Kartoffel zu einem Grundnahrungsmittel geworden war, brachten Europäer sie überall mit, wo sie später Fuß fassten. Im Einzelhandel werden heute neben den einheimischen Kartoffeln auch solche aus Sizilien, von den Kanarischen Inseln, aus Ägypten oder aus Südafrika angeboten. Auf Teneriffa oder auf Madeira wachsen Kartoffeln unter Palmen und neben Bananengärten. Dort sind zwei Ernten im Jahr möglich, der Export erfolgt vornehmlich in die Staaten der Europäischen Union. Aus Gründen des Ertrags werden Kartoffeln im Alpenraum nur noch selten bis auf 2.000 Meter Höhe angebaut. Eine dieser Anbauinseln ist der Lungau (Österreich), wo unter der Bezeichnung "Lungauer Eachtling" auf 150 ha verschiedene Sorten angebaut werden[10].
Systematik
Solanum tuberosum wird innerhalb der Gattung der Nachtschatten (Solanum) in die Sektion Petota eingeordnet. Zu dieser Sektion gehören schätzungsweise 190 Arten, von denen viele Wildarten sind, die ebenfalls knollentragend sind. Zudem existiert eine große Anzahl an südamerikanischen Landsorten, die zum Teil mit zu Solanum tuberosum gerechnet werden, andererseits jedoch auch in bis zu 21 eigene Arten aufgeteilt werden. Die nächsten wilden Verwandten der kultivierten Kartoffel werden im Solanum brevicaule-Komplex zusammengefasst. Aufgrund phylogenetischer Untersuchungen konnte die Herkunft der südamerikanischen Landsorten und damit auch der kultivierten Kartoffel auf die südperuanische Art Solanum bukasovii aus dem Solanum brevicaule-Komplex zurückgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung widerlegten damit die These, dass die kultivierten Kartoffeln mehrere Ursprünge besitzen.[5]
Kartoffelanbau
Wirtschaftliche Bedeutung
Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO [11] betrug im Jahr 2005 die Weltproduktion 322 Millionen Tonnen Kartoffeln.
Die führenden Anbauländer sind: (Produktion in Millionen Tonnen)
Land 1990 2000 2009 Ertrag 2009 (t/ha) China 32 66 69 14,5 Indien 15 25 34 18,8 Russland 34 31 36 14,3 Ukraine 20 20 13,9 Vereinigte Staaten 18 23 20 46,3 Deutschland 14 12 11 44,1 Polen 36 24 10 19,9 In Deutschland nahm die Anbaufläche in den vergangenen Jahren stark ab. Laut dem Statistischen Bundesamt liegt die bundesweite Anbaufläche bei rund 267.400 Hektar Kartoffeln. 1990 waren es noch 548.000 Hektar. Niedersachsen liegt mit insgesamt 114.100 Hektar an der Spitze der Bundesländer. Auf dem zweiten Platz kommt Bayern mit 52.700 Hektar[12]. Die Erntemenge stieg 2004 auf 12,6 Millionen Tonnen, gegenüber 9,2 Millionen Tonnen im Vorjahr. Deutschland ist zudem wichtigstes Importland für Frühkartoffeln, die überwiegend aus Frankreich, Italien und Ägypten kommen. Wichtige Exportländer sind neben Frankreich die Beneluxstaaten und für Kartoffelprodukte auch Deutschland. Der Selbstversorgungsgrad betrug 2001 in Deutschland rund 108 %.
Marktversorgung von Speisefrühkartoffeln 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Ernte in Tonnen 559.000 468.000 486.000 453.000 514.000 477.000 447.000 508.000 Importe in Tonnen 107.000 130.000 118.000 112.000 146.000 95.000 136.000 121.000 Quelle: Statistisches Bundesamt
Anbaubedingungen
Unter guten Anbaubedingungen können von einem Hektar Ackerland in subtropischen Gebieten zwischen 25 und 35 Tonnen geerntet werden, im tropischen Klima erreichen die Ernten 15 bis 25 Tonnen je Hektar.
Für kultivierte Kartoffeln liegen die optimalen Temperaturbedingungen bei einem Tagesmittel zwischen 18 und 20 °C. Um die Knollenbildung zu fördern, ist eine Maximalnachttemperatur von 15 °C erforderlich, für das Knollenwachstum ist eine Bodentemperatur von 15 bis 18 °C optimal. Sinken die Temperaturen unter 10 oder steigen sie über 30 °C, stellt die Pflanze das Wachstum nahezu ein.
Kultivierte Kartoffeln werden in frühe (90 bis 120 Tage), mittlere (120 bis 150 Tage) und späte (150 bis 180 Tage) Sorten unterteilt. Wird bei zu kalten Temperaturen gepflanzt, können sich diese Angaben jedoch noch erhöhen. Zum erfolgreichen Anbau früher Kartoffelsorten ist ein Langtag von 15 bis 17 Stunden erforderlich, spätreifende Sorten erzielen sowohl unter Kurztags- als auch Langtagsbedingungen gute Ernten. Siehe dazu Photoperiodismus.
Um die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen zu unterbinden, wird empfohlen, ein Feld nur alle drei Jahre mit Kartoffeln zu bestellen. Der pH-Wert des Bodens sollte zwischen 5 und 6 liegen, der Bedarf an Nährstoffen liegt bei 80 bis 120 kg Stickstoff je Hektar, 50 bis 80 kg Phosphor je Hektar und 125 bis 160 kg Kalium je Hektar. Der beste Ertrag für Sorten mit einer Reifezeit von 120 bis 150 Tagen wird bei einer Wassermenge von 500 bis 700 mm jährlichem Niederschlag erreicht.[13]. In Deutschland liegen die Erträge meist bei 30 bis 50 Tonnen je Hektar Anbaufläche[14]. Bei einzelnen Stärkekartoffelsorten wird bei Einsatz gezielter Bewässerung über 80 Tonnen Ertrag je Hektar berichtet[15].
Europa
Die Vorbereitung des Ackers auf den Anbau von Kartoffeln beginnt in der Regel mit einer wendenden Grundbodenbearbeitung durch Pflügen entweder im vorhergehenden Herbst, um vor allem bei schweren Böden den Effekt der Frostgare auszunutzen, oder im Frühjahr. Bei Herbstpflugfurche erfolgt im Frühjahr nochmals eine lockernde Bodenbearbeitung durch nichtwendende Geräte auf rund 15 cm Tiefe. Das Pflanzbett sollte abgesetzt, feinkrümelig, klutenfrei und trocken sein, um den Legevorgang der Pflanzkartoffeln, den Dammaufbau, etwaige mechanische Pflegemaßnahmen und die Ernte zu erleichtern. Der Boden sollte einen guten Luft-, Wasser- und Wärmeaustausch ermöglichen. Flache, große und zusammenhängende Flächen mit feinen, sandigen Böden ohne Steine eignen sich besonders für den Kartoffelanbau. Zudem sind Gebiete mit geringerer Luftfeuchtigkeit, z. B. in trockeneren Regionen oder in höheren Lagen wegen des reduzierten Krankheitsrisikos besonders interessant für den Kartoffelanbau. Die Kartoffeln werden in allen Systemen in Dämmen angebaut, was dem vorher erwähnten Anspruch an den Boden entgegenkommt. Die Pflanzendichte und -anordnung im Feld (Reihen- und Pflanzenabstände) sind abhängig vom Nutzungszweck: Größere Bestandsdichten sind typisch für die Erzeugung von Pflanzgut und haben kleinere Knollen zur Folge. Beim Anbau der Kartoffeln für Nahrungszwecke sind die Bestandesdichten geringer und die Knollen größer. Angestrebt werden zum Beispiel beim Anbau für Speisezwecke zwischen 40.000 bis 45.000 Pflanzen je Hektar, zur Erzeugung von Pflanzkartoffeln aber rund 60.000 Pflanzen je Hektar. Teils werden Kartoffeln rund zwei Monate vor der Pflanzung vorgekeimt, um einen frühen Reihenschluss sicherzustellen.
Das Setzen der Pflanzkartoffeln erfolgt durch spezielle Legemaschinen, welche die Knollen in eine Tiefe von 8 bis 10 cm setzen und anschließend den Boden wieder in Dammform schließen. Der Abstand der Reihen beträgt zwischen 60 bis 90 cm; in Hinblick auf Spurweiten und Reifenbreiten der verwendeten Maschinen ist in Deutschland ein Reihenabstand von 75 cm gebräuchlich. Der Abstand der Pflanzen zueinander in der Reihe variiert je nach angestrebter Bestandesdichte zwischen 25 und 40 cm.[16]
Die Unkrautregulierung kann durch mechanische Bekämpfungsmaßnahmen, thermische Verfahren, dem Einsatz von Herbiziden oder durch Kombinationen dieser Bekämpfungsmethoden erfolgen. Im konventionellen Landbau ist die Unkrautbekämpfung durch Herbizide üblich[17], im ökologischen Landbau hingegen werden mechanische oder thermische Verfahren eingesetzt. Die mechanische Unkrautbekämpfung kann mit folgenden Geräten betrieben werden: Hackgerät mit Gänsefußschar, Vielfachgerät, Rollsternhacke, Netzegge, Dammformer, Dammfräse, Dammstriegel oder gewöhnlicher Striegel. Ziel der mechanischen Bekämpfung ist es, dass das keimende Unkraut aus dem Boden gelöst wird und dadurch in der Sonne verdorrt. Diese Maßnahme muss bei entsprechendem Auflauf von Unkräutern so oft wie nötig wiederholt werden, bis die Kartoffelstauden den Boden vollständig abdecken.
Am Ende der Vegetationszeit stirbt das Kraut ab. Es wird verbreitet auch abgetötet, wenn die Knollen genügend groß sind, um das Wachstum bei der optimalen Knollenbeschaffenheit zu unterbrechen, die Erntefähigkeit durch Lösen der Knollen von den Stolonen und Festigung der Schalen herbeizuführen und die Ansteckung der Knollen durch Krankheiten zu verhindern. Für diese Abreifebehandlung gibt es verschiedene Methoden, welche vom Anbausystem abhängig sein können. Dazu gehören das mechanische Zerstören der oberirdischen Pflanzenteile durch Abschlegeln oder der Einsatz von Herbiziden (Sikkation).
Anbau weltweit
Dank der großen Anpassungsfähigkeit der Kartoffel wird diese heutzutage praktisch auf der ganzen Welt angebaut. Während der Anbau in entwickelten Ländern über die letzten zwei Jahrzehnte tendenziell abgenommen hat, war in Drittweltländern eine Zunahme zu beobachten, am deutlichsten in Asien. Diese Zunahme beruht sowohl auf der Ausdehnung der Anbauflächen wie auf der einfachen Einbeziehung der Kartoffel in bestehende Anbausysteme: Die Entwicklung von früh reifenden Sorten mit einer Vegetationszeit von 80 bis 100 Tagen erlaubt es z. B. in Indien, die Anbaupause zwischen Reis- und Weizenanbau ideal zu nutzen.
Die Anbautechniken in der Dritten Welt sind sehr unterschiedlich, je nach Wachstums- und Marktbedingungen. In den Anden, Zentralafrika und dem Himalaja werden Kartoffeln hauptsächlich von kleinen Subsistenzbetrieben von Hand angebaut. Ansonsten ist der Anbau in den meisten Regionen stark mechanisiert worden.
Anbaubeispiel Afrika – Äthiopien
In Äthiopien werden Kartoffeln hauptsächlich in Rotations- und Mischanbau („multicropping“)-Systemen während der großen Regenzeit angebaut. Die Saatbettbereitung wird vor der Regenzeit durchgeführt, meist ein bis zwei Monate vor dem Pflanzen. In vielen Regionen ist diese Feldbestellung noch mit Handarbeit oder mit Hilfe von Ochsen verbunden. Als Pflanzgut werden hauptsächlich ganze Knollen verwendet, da diese weniger anfällig auf Krankheiten sind und chemische Pflanzenschutzmittel kaum verwendet werden. Auch die Unkrautkontrolle wird hauptsächlich von Hand erledigt.
Anbaubeispiel Eurasien – Indien
Die Großzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Indien sind kleine Familienbetriebe. Die Kartoffelproduktion erfolgt während des Monsuns von Juli bis September, wie auch im Winter, allerdings nur bei Bewässerung. Je nach Region sind Rotationen von Mais-Kartoffel-Weizen bzw. mit Reis oder Jute üblich.
Anbaubeispiel Amerika – Peru
Peru liegt im Ursprungsgebiet der Kartoffel und noch heute gibt es viele wilde Sorten. Seit ungefähr 7.000 Jahren werden Kartoffeln angebaut und stellten lange Zeit das Hauptnahrungsmittel der Menschen dar. Der Hauptanteil der Kartoffelernte wird von Kleinbauern mit weniger als 3 ha Anbaufläche produziert. Grundsätzlich ist der Kartoffelanbau in zwei Zyklen aufgeteilt: das „frühe Pflanzen“ und das „große Pflanzen“. Je nach Gegend sind die beiden Zyklen unterschiedlich wichtig. In der Fruchtfolge folgen auf Kartoffeln zuerst meist andere südamerikanische Wurzel- oder Knollenfrüchte und danach Quinoa oder Gerste. [18][19][20]
Das Internationale Jahr der Kartoffel 2008
Einer Deklaration der UN-Generalversammlung vom November 2005 folgend[21], wurde am 18. Oktober 2007 in New York das Jahr 2008 als das Internationale Jahr der Kartoffel von den Vereinten Nationen eingeführt.[22]
Die Mission des Internationalen Jahrs der Kartoffel ist, das Bewusstsein für die Bedeutung der Kartoffel als Nahrungsmittel in den Entwicklungsländern zu steigern, Forschung und Entwicklung von kartoffelbasierten Systemen zu fördern und damit zum Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen beizutragen.[23] Die Kartoffel hat ein erhebliches Potenzial, bei der Bekämpfung der Unterernährung beizutragen.[24]
Aus Anlass des Jahrs der Kartoffel gab die Schweizerische Post zudem am 4. März 2008 eine Sonderbriefmarke[25] im Wert von 85 Rappen heraus.
Kartoffelsorten
Weltweit gibt es rund 5000 Kartoffelsorten. Diese sind aufgrund der vielen verschiedenen Verwendungszwecke und der geographisch weit auseinander liegenden Anbaugebiete gezüchtet worden. Zudem werden ständig weitere Sorten entwickelt. Die weltweit größte Gendatenbank mit zirka 100 wilden und 3800 in den Anden traditionell kultivierten Kartoffelsorten unterhält das internationale Kartoffelinstitut mit Sitz in Lima, Peru.
Die verschiedenen Sorten können nach der Reifezeit und dem Verwendungszweck unterschieden werden:
Reifezeit
Dieses Kriterium ist für den Produzenten von großer Wichtigkeit. Die Sortenwahl hängt von den klimatischem Bedingungen und der Dauer der Vegetationsperiode ab. Folgende Kategorien werden unterschieden:
- Die frühreifen Kartoffelsorten weisen eine Vegetationsperiode von 90–110 Tagen auf. Meist kann man sie im Juni-Juli ernten (wenn die Knollen im März-April gepflanzt worden sind). In Küstengebieten, welche schon früher frostfrei sind, ist sogar noch eine frühere Ernte möglich. Damit die frühreife Kartoffel bereits im Juni–Juli geerntet werden kann, muss schon früh die Anlage für die Knollen gebildet werden sowie auch das Wurzelwachstum schnell erfolgen. Dabei wird nicht nur der Ertrag, sondern auch die Stärkeeinlagerung in die Knollen reduziert, da diese verzögert zum Volumenwachstum erfolgt.
- Die mittelfrühreifen Kartoffelsorten weisen eine Vegetationsperiode von 120–140 Tagen auf.
- Die mittelfrüh-späten Kartoffelsorten weisen eine Vegetationsperiode von 140–160 Tagen auf.
Verwendungszweck
Speisekartoffeln werden nach ihren Kocheigenschaften unterschieden. Nach der Handelsklassenverordnung müssen alle im Handel (auch lose) angebotenen Kartoffeln nach diesen Kocheigenschaften eingeordnet werden. In der EU werden Speisekartoffeln in vier Kochtypen eingeteilt, die mit den Buchstaben A bis D sowie Kombinationen daraus bezeichnet werden. Deutsche Kartoffeln werden darüber hinaus mit einem farbigen Streifen auf der Verpackung gekennzeichnet.
- Kartoffel zu Speisezwecken
- Festkochende Speisekartoffeln
- Kochtypen: A und A-B
- Farbkennzeichnung: grün
- Sorten: Annabelle, Agata, Amandine, Anais, Belana, Charlotte, Cilena, Ditta, Filea, Hansa, Kipfler, Marabel[26], Linda, Nicola, Primura, Princess, Renate, Selma, Sieglinde, Spunta, Stella, Vitelotte
- Form: Länglich bis oval
- Konsistenz: fest, feinkörnig, feucht
- Kocheigenschaften: Kein Aufspringen
- Geschmack: mild bis angenehm kräftig
- Gerichte: Bratkartoffeln, Gratins, Kartoffelsalat
- Vorwiegend festkochende Speisekartoffeln
- Kochtypen: B-A und B
- Farbkennzeichnung: rot
- Sorten: Agria, Arkula, Astilla, Atica, Bamberger Hörnchen, Bolero, Christa, Colette, Désirée, Finka, Gala, Gloria, Grandifolia, Granola, Hela, Jelly, Laura, Leyla, Maja, Quarta (Kartoffel), Rosara, Saskia, Saturna, Secura, Solara, Satina, Tizia, Ukama
- Form: uneinheitlich
- Konsistenz: feinkörnig, mäßig feucht
- Kocheigenschaften: Geringes Aufspringen
- Geschmack: mild bis angenehm kräftig
- Gerichte: Salz- und Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, Suppen
- Mehlig kochende Speisekartoffeln
- Kochtypen: B-C und C
- Farbkennzeichnung: blau
- Sorten: Adretta, Afra, Arkula, Aula, Bintje, Blauer Schwede, Freya, Karat, Karlena, Koretta, Libana, Likaria, Lipsi, Mariella, Melina, Naturella, Schwarzblaue aus dem Frankenwald
- Form: uneinheitlich
- Konsistenz: grobkörnig, trocken
- Kocheigenschaften: häufiges Aufspringen
- Geschmack: angenehm kräftig
- Gerichte: Eintöpfe, Kartoffelpüree
- übrige Kochtypen
- Kochtypen: C-D und D
- dies sind keine Kochtypen im Sinn der Handelsklassenverordnung
- Konsistenz: stark mehlig, trocken
- Kocheigenschaften: besonders locker bis zerfallend.
- Festkochende Speisekartoffeln
- Sorten zur Weiterverarbeitung
- Veredlungskartoffel
- Pommes frites: Agria, Eba, Fontane, Innovator, Markies, Felsina
- Kartoffelchips: Erntestolz, Fontane, Hermes, Lady Claire, Lady Rosetta
- Kartoffelflocken: Saturna, Eba
- Wirtschaftskartoffel
- hoher Stärkegehalt
- Futterkartoffel
- Pflanzkartoffel
- Veredlungskartoffel
weitere Unterscheidungskriterien
- Stärkegehalt
- Schalenfarbe
- gelb: Karlena etc.
- rot: Rode Eersteling etc.
- blau: Blauer Schwede, Schwarzblaue aus dem Frankenwald, Vitelotte etc.
- Fleischfarbe
- weiß: Urgenta etc.
- hellgelb: Charlotte, Ostara etc.
- gelb: Bernadette, Gala, Donella etc.
- blau-violett: Blauer Schwede, Salad Blue, Schwarzblaue aus dem Frankenwald, Vitelotte etc.
- Knollenform
- lang: Bernadette etc.
- oval: Marabel, Donella etc.
- kugelrund: Gala, Adretta etc.
- nierenförmig
- Schalenbeschaffenheit
- glatt: Marabel etc.
Kartoffelsorten sind in Deutschland beim Bundessortenamt in Hannover registriert und unterliegen für dreißig Jahre einem Sortenschutz. Dies bedeutet, dass bei Anbau Lizenzabgaben an den jeweiligen Schutzrechtsinhaber fällig werden können. Dadurch kann es zu Konflikten mit Anbietern kommen, etwa wenn etablierte Sorten nach Ablauf der Schutzfrist vom Markt genommen werden – ein freier Verkauf von Saatgut ist nicht mehr erlaubt (siehe Kartoffelsorte Linda). Die Vermehrung aus eigenen Beständen und der Verkauf zum Verbrauch sind dagegen erlaubt.
In der Schweiz wird die Weiterentwicklung der Kartoffel von den Forschungsstationen Agroscope Changins-Wädenswil (ACW) und Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) betrieben. Die aktuelle Sortenliste umfasst 31 Sorten.
Wichtige Krankheiten und Schädlinge
Pilzkrankheiten der Kartoffelpflanze
- Kartoffelfäule, auch als Kraut- und Knollenfäule bekannt (Phytophthora infestans)
- Dürrfleckenkrankheit oder Hartfäule (Alternaria solani)
- Weißhosigkeit, Kartoffelpocken, Wurzeltöterkrankheit (Rhizoctonia solani)
- Pulverschorf (Spongospora subterranea)
- Weißfäule (Kartoffel) (Fusarium coeruleum)
- Kartoffelkrebs (Synchytrium endobioticum)
- Silberschorf (Helminthosporium solani)
- Fusarium-Welke (Fusarium oxysporum)
- Colletotrichum-Welkekrankheit (Colletotrichum coccodes)
Durch Bakterien hervorgerufene Kartoffelkrankheiten
- Schwarzbeinigkeit und Nassfäule (Erwinia carotovora)
- Kartoffelschorf (Streptomyces scabies)
- Bakterienringfäule (Clavibacter michiganensis subsp. sepedonicus)
- Schleimkrankheit (Ralstonia solanacearum)
Durch Viren hervorgerufene Kartoffelkrankheiten
- Blattrollkrankheit, verursacht durch Blattrollvirus (Potato leafroll virus, PLRV)
- Strichelkrankheit, verursacht durch Y-Virus
- Mosaikkrankheiten: (Leichte Mosaik-Krankheit und Kräuselmosaik-Krankheit)
- Stängelbuntkrankheit, verursacht durch Tabakmosaikvirus
- Eisenfleckigkeit bzw. Tabak-Rattle-Virus (TRV) oder Tabak-Mosaik-Virus (TMV)
Insekten (Insecta)
- Saatschnellkäfer (Agrigotes obscurus)
- Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata)
- Blattläuse (Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae), Grüne Pfirsichblattlaus (Myzodes persicae))
- Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) resp. Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani)
- Wintersaateule (Agrotis segetum)
Asseln
Fadenwürmer (Nematoda)
- Goldnematoden (Heterodera rostochiensis)
- Stengelälchen (Ditylenchus dispaci)
Lagerung
Damit Kartoffeln das gesamte Jahr über angeboten werden können, werden diese nicht nur aus fernen Anbaugebieten importiert, sondern auch hierzulande eingelagert. Sie werden in dunklen, gut belüfteten Lagerstätten bei fünf bis zehn °Celsius und etwa 90 % Luftfeuchtigkeit aufbewahrt. Zum Teil kommen hierbei Keimhemmungsmittel und Fungizide zum Einsatz. Bei einer zu kalten Lagerung würden die Knollen „erfrieren“, die enthaltene Stärke wandelt sich dabei in Zucker um; bei zu warmen Temperaturen und Lichteinfall würden sie zu keimen beginnen und giftiges Solanin bilden. Zu trockene Lagerung lässt die wasserhaltigen Knollen welken, ebenso gilt es Schimmelbildung durch Feuchtigkeitsstau zu vermeiden. Des Weiteren verhindert eine niedrige Schütthöhe schädliche Druckstellen.[29] Das gemeinsame Lagern mit Obst (wie etwa Äpfeln) ist nicht empfehlenswert.
Verwendung
Kartoffeln finden Verwendung als Nahrungs- und Futtermittel sowie zur Herstellung von Stärke und Alkohol. Dabei werden beispielsweise in Deutschland fast 60 % der Kartoffelernte direkt als Nahrungsmittel genutzt. Etwa 30 % der Kartoffelernte wird für die Herstellung von Stärke und etwa 4 % für die Ethanolgewinnung genutzt. Von der verbleibenden Ernte fallen etwa 6 % als Saatgut und gerade mal 1,2 % als Futtermittel an.[30]
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges werden in Deutschland immer weniger Kartoffeln gegessen, der Verbrauch hat sich mehr als halbiert. Die Nahrungsmittelindustrie versucht immer mehr Fertiggerichte aus Kartoffeln auf den Markt zu bringen. Kartoffelchips, Pommes frites, Kroketten, Fertig-Rösti und Trockenflocken werden zwar immer mehr konsumiert, als Beilage zum Fleisch werden jedoch auch häufig Alternativen wie Reis und Teigwaren gewählt, die noch leichter zuzubereiten sind.
Der durchschnittliche Kartoffelverbrauch pro Bundesbürger und Jahr liegt etwa bei 50 Kilogramm.[31]
Futterkartoffel
Preisgünstigere Futterimporte, besonders von stärkereichen Futtermitteln, machen der Kartoffel auch als Viehfutter große Konkurrenz.
Seit dem 19. Jahrhundert werden in Mitteleuropa die Schweine mehrheitlich nicht mehr auf die Weide getrieben, sondern im Stall gehalten. Die früher von den Schweinen so geschätzte Eichel und andere Waldfrüchte wurden zuerst vor allem durch die kostengünstigere Kartoffel ersetzt. Eine Ausnahme sind nur Schweine, die zur Herstellung von Spezialitäten wie dem Jamón Ibérico de Bellota gehalten werden. In den letzten Jahrzehnten werden immer mehr Mastmittel auf dem Weltmarkt eingekauft. Gegen die niedrigen Weltmarktpreise des häufig in Entwicklungsländern produzierten Sojas hat die im Inland angebaute Kartoffel einen schweren Stand.
Stärkekartoffel
Neben Kartoffeln gibt es viele Stärkepflanzen, die Organe mit einem hohen Gehalt an Stärke besitzen. Stärke stellt oft einen wichtigen Bestandteil der menschlichen und tierischen Ernährung dar. Zudem ist sie ein nachwachsender Rohstoff (Nawaro), der sowohl stofflich als auch energetisch genutzt werden kann (Stärke als nachwachsender Rohstoff). In Deutschland wurden im Jahr 2008 rund 1,53 Millionen Tonnen (Europa: 9,4 Millionen Tonnen) Stärke produziert. Dabei stammten 42 % der produzierten Stärke aus der Kartoffel. In Europa ist der Anteil der Kartoffel an der Stärkeproduktion mit 16 % bzw. 1,5 Millionen Tonnen geringer.[32]
Ein Teil der Stärke wird in aufgereinigter Form gewonnen und vor allem in der Nahrungsmittelindustrie und für die stoffliche Nutzung verwendet. Stärke besteht - je nach Art - zu unterschiedlichen Anteilen aus dem verzweigten Amylopektin und der linearen (unverzweigten) Amylose. Da für die industrielle Verwertung vor allem Amylopektin benötigt wird, werden Stärkepflanzen mit möglichst hohem Amylopektingehalt bevorzugt. In Deutschland benötigt die Papier- und Wellpappeindustrie jährlich etwa 50.000 bis 60.000 Tonnen native Kartoffelstärke mit hohem Amylopektingehalt während mehr als 250.000 Tonnen für die Herstellung von modifizierten Stärken (vor allem Dextrine, Stärkeester und -ether) genutzt werden. Diese Modifikate werden zu etwa 50 % in der Papierindustrie als Papierstärke genutzt, weitere 17 % gehen in die Produktion von Pappen und Klebstoffen. Das verbleibende Drittel wird in der Lebensmittelindustrie genutzt, vor allem für Fruchtzubereitungen und Milchprodukte.
Biotechnologie
In der EU befand sich die gentechnisch veränderte Stärke-Kartoffelsorte Amflora seit 1996 im Zulassungsverfahren, deren Stärke fast ausschließlich aus Amylopektinen besteht.[33] Amflora wurde im März 2010 zum Anbau und als Futtermittel zugelassen. Daneben hat auch das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) mit dem TILLING-Verfahren eine Karoffelsorte gezüchtet, die ausschließlich Amylopektin enthält. TILLING steht für „Targeting Induced Local Lesions In Genoms“ und ist ein Züchtungsverfahren bei dem durch Zugabe von Chemikalien die natürliche Mutationsrate von Pflanzengenomen erhöht wird. Daher kommt dieses Verfahren ohne gentechnische Veränderung aus.[34]
Es wurden bereits mehrere Bt-Kartoffelsorten getestet, die resistent gegen den Kartoffelkäfer sind. Ihnen wird insbesondere in Osteuropa und Russland Potenzial vorhergesagt.
Volksmedizin
Kartoffelsaft wird in der Volksmedizin innerlich bei Magenbeschwerden und äußerlich bei Verletzungen oder Geschwüren angewendet.
Inhaltsstoffe, Nährwert und ökotrophologische Besonderheiten
Gepellte/geschälte Kartoffeln enthalten:[35]
- ca. 15 Prozent Kohlenhydrate (Stärke)
- ca. 2 Prozent Eiweiß
- ca. 0,1 Prozent Fett
- ca. 2,1 Prozent Ballaststoffe
- ca. 78 Prozent Wasser
- ca. 1 Prozent Mineralstoffe und Spurenelemente wie Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium, Phosphor und Eisen
- zahlreiche Vitamine, hauptsächlich Vitamin C, aber auch Vitamin A und Vitamine der B-Gruppe
- Stoffe, die für den Geschmack und den Geruch der Knolle verantwortlich sind; etwa 140 chemische Verbindungen wurden in rohen, gekochten oder dehydrierten Kartoffeln entdeckt. Die wichtigsten sind 1-Octen-3-ol, (E)-2-Octenol, (E)-2-Octanal und Geraniol, sowie 2-Isopropyl-3-methoxypyrazin, welches die erdige Note im Geruch und Geschmack hervorruft. Derivate des Pyrazin sind es auch, die das Aroma gebackener Kartoffeln ausmachen.[35][36]
Eiweiß liefert die Kartoffel zwar in bescheidener Menge, dafür ist es aber vergleichsweise hochwertig. Von allen pflanzlichen Eiweißlieferanten hat sie den höchsten Anteil an verwertbarem Eiweiß, das Kartoffeleiweiß verfügt also über eine hohe biologische Wertigkeit. Besonders reich ist das Knollengewächs an den Vitaminen B1, B2 und C.
100 Gramm frische Kartoffeln entsprechen einer Energiemenge von etwa 298 Kilojoule, das entspricht 70 Kilokalorien.[37]
Kartoffelschalen und grüne Kartoffeln enthalten gegenüber geschälten normalen Kartoffeln ein mehrfaches an Alkaloiden, allen voran das für die Gattung der Nachtschatten typische Solanin, welches in allen Teilen einer Kartoffelpflanze vorkommt. Aus diesem Grunde sollte man Kartoffelschalen und grüne Kartoffeln nicht in größeren Mengen für die Ernährung oder Fütterung verwenden. Der Solaningehalt von Kartoffeln war früher wesentlich höher als heute. Modernere Kartoffelsorten weisen einen Solaningehalt von 3 bis 7 mg/100 g in der Schale auf, der Gehalt im Kartoffelkörper ist wesentlich geringer. Die Dosis von 200 mg, bei der erste Vergiftungserscheinungen auftreten können, entspricht dem Genuss von mehr als 25 Kilogramm ungeschälter roher Kartoffeln. Durch Lagerung im Dunkeln, Schälung und Zubereitung wird der Gehalt an Solanin reduziert bzw. abgebaut. Die erhältlichen Kartoffelsorten haben unter den üblichen Bedingungen keinen gesundheitlich bedenklichen Glycoalkaloid-Gehalt.[38] Das gilt jedoch nicht unbedingt für ältere Sorten.
Neben Solanin enthalten grüne Knollen und Keimlinge Chaconin und Leptine.
Regionale Namen
Es haben sich zahlreiche Regionalnamen für die Kartoffel entwickelt, darunter Arber, Ärpel, Bramburi (im Norden Niederösterreichs, vermutlich aus dem tschechischen von Lilek brambor abgeleitet), Erdapfel (Erdtoffel), Erdbirn, Flezbirn, Grübling, Grundbirn, Knulle (im Süden von Brandenburg), Krumbiir, Krumbeer, Nudel, Schucke, Bulwe, Kästen und Erpfel. Im Plattdeutschen wird sie Tüfte, Tüffel oder Pipper genannt. In Franken verwendet man noch vereinzelt die Bezeichnung Potacken oder, näher an der Aussprache, Bodaggn. In Teilen von Rheinland-Pfalz (hauptsächlich der Pfalz) und dem Saarland nennt man die Kartoffeln Grumbeere oder Grumbiere, so auch in den benachbarten Nordelsass, der Kurpfalz und Nordbaden. In Luxemburg sagt man Gromper; in Trier wird Gromper aber eher als Krumpa ausgesprochen. Dafür wird in Schwaben das ähnliche Wort Grombiera verwendet (Herleitung: grom, ähnlich Krume oder Boden, und biera, ähnlich Beere(n), zusammen also Erdfrucht). Im österreichischen Deutsch heißen sie Erdäpfel (Alemannisch Härdöpfel, Berndeutsch Härdöpfu), im Salzburger Lungau sagt man Eachtling dazu. Auf Grund unterschiedlicher Dialektvarianten können die Namen bereits von Ort zu Ort wechseln: Ebbiera und im Nachbarort heißen die Kartoffeln schon: Eaberra.
Der Wortstamm Grumbier hat sich auch in den südslawischen Sprachen verbreitet: auf serbokroatisch heißt die Kartoffel Krumpir.
Ähnlich ist Kumpir, ein türkisches Fastfood-Gericht, es besteht vor allem aus großen Kartoffeln.
Im Russischen und Polnischen wurde dagegen „Kartoffel“ als Fremdwort übernommen, wobei in Polen auch der Begriff ziemniak (Erdling) verbreitet ist. Der tschechische Begriff brambor leitet sich von Braniborsko (Brandenburg) ab, von wo aus die Kartoffel einst nach Böhmen eingeführt wurde.
Siehe auch
Literatur
- Horst Eichhorn (Hrsg.): Landtechnik. 7. Auflage. S. 357 ff., Ulmer, Stuttgart 1952, 1999, ISBN 3-8001-1086-5
- Klaus-Ulrich Heyland (Hrsg.): Spezieller Pflanzenbau. 7. Auflage. S. 219 ff., 283 f., Ulmer, Stuttgart 1952, 1996, ISBN 3-8001-1080-6
- FAO: INTERNATIONAL YEAR OF THE POTATO 2008: New light on a hidden treasure. Rom 2009, ISBN 978-92-5-306142-8 (formal falsche ISBN). online verfügbar
Einzelnachweise
- ↑ James A. Duke: Solanum tuberosum L. In: Handbook of Energy Crops. 1983, unveröffentlicht.
- ↑ a b W. Troll: Praktische Einführung in die Pflanzenmorphologie. Erster Teil. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1954, S. 226-230. (ohne ISBN)
- ↑ “Potato Genome Sequence is the cover story in the journal Nature”. Potato Genome Sequencing Consortium, 10. Juli 2011.
- ↑ Chloe McIvor: All eyes on the potato genome. Nature, 10. Juli 2011.
- ↑ a b David M. Spooner, Karen McLean, Gavin Ramsay, Robbie Waugh, und Glenn J. Bryan: A single domestication for potato based on multilocus amplified fragment length polymorphism genotyping. In: Proceedings of the National Academy of Science of the United States of America. Volume 102, 2005. Seiten 14694-14699. doi:10.1073/pnas.0507400102
- ↑ Centro Internacional de la Papa: Papas nativas poseen ventajas comparativas que deben ser aprovechadas (2006)
- ↑ Jos. A. Massard: 300 Jahre Kartoffel in Luxemburg: (I) Europa entdeckt die Kartoffel. (II) Grundbirne, Grompir, Gromper: die Kartoffel erobert Luxemburg. (III) Die Kartoffel in Luxemburg im 19. Jh. Lëtzebuerger Journal 2009, [I] Nr. 15 (22. Jan.): 23; Nr.16 (23. Jan.): 10, Nr. 17 (24./25. Jan.): 11; [II] Nr. 18 (27. Jan.): 23, Nr. 19 (28. Jan.): 21; [III] Nr. 20 (29. Jan.): 9, Nr. 21 (30. Jan.): 21. Text mit Referenzen.
- ↑ Erster feldmäßige Kartoffelanbau in Bayern. historisches-franken.de, abgerufen am 27. Mai 2007.
- ↑ Honorius Philoponus [= Pseudonym von Caspar Plautz], Nova Typis Transacta Navigatio. Novi Orbis Indiae Occidentalis ..., [Linz] 1621.
- ↑ Lungauer Eachtling
- ↑ Statistik der FAO
- ↑ Henke, Detlef: Kartoffel-Anbau-Rangliste der Bundesländer basierend auf den Daten des Statistischem Bundesamtes(Daten Juni 2009)
- ↑ AGLW Water Management Group: Crop Water Management - Potato. FAO. Online Resource, abgerufen am 13. Juni 2007.
- ↑ Landwirtschaft MLR Baden-Wuerttemberg
- ↑ Landwirtschaft.Sachsen.de, Seite 37
- ↑ Bodo Frahm, BGJ Agrarwirtschaft, 4. Auflage, Ulmer, Stuttgart, 1980, 1991, ISBN 3-8001-1049-0, S. 459
- ↑ Anbauhinweise der Landwirtschaftskammer NRW
- ↑ CIP-Forschung
- ↑ Beukema, van der Zaag: Introduction to Potato Production. Pudoc Wageningen 1990
- ↑ Paul M. Harris: The potato crop. Chapman and Hall 1992
- ↑ United Nations Declaration gefunden am 29. Februar 2008
- ↑ Launching of the International Year gefunden am 29. Februar 2008
- ↑ IYP concept gefunden am 29. Februar 2008
- ↑ Die Kartoffelchance 1999
- ↑ Kartoffel-Sondermarke
- ↑ Sorte Marabel
- ↑ Umfangreiche Beschreibungen der Kartoffelkrankheiten
- ↑ oekolandbau.de
- ↑ Toffi KISS-Projekt, begleitende Webseite zur Ausstellung über die Kartoffel, Wilfried Ahrens, Fachhochschule Weihenstephan
- ↑ Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2007. Landwirtschaftsverlag Münster-Hiltrup 2008; Zahlen für Deutschland 2005/6 (in 1000 t): Inlandsverwendung insgesamt: 9687; Saatgut 602; Futter: 108; Verluste: 287; Verwendung für Stärkeherstellung: 2964 (ergibt 710 kt Stärke); Verwendung für Alkoholherstellung: 156 (ergibt 177 khl Alkohol); Nahrungsverbrauch: 5572
- ↑ Zum Weitersagen! Wussten Sie eigentlich, dass…. In: Südkurier vom 23. März 2011
- ↑ Zahlen und Daten zur deutschen Stärkeindustrie. Angaben vom Fachverband der Stärke-Industrie e. V.
- ↑ www.bioSicherheit.de: Gv-Stärkekartoffel als Nachwachsender Rohstoff: Amflora - eine Kartoffel für die Industrie. Abgerufen am 8. April 2009.
- ↑ Fraunhofer-Gesellschaft: Turbo-Züchtung schafft Super-Kartoffel, Presseinformation vom 8. Dezember 2009
- ↑ a b Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (Hrsg.): Die Kartoffel. (PDF)
- ↑ G. Reineccius: Sourcebook of Flavors. 2. Auflage. Springer 1993. ISBN 978-0-8342-1307-4. S. 362
- ↑ Souci/Fachmann/Kraut. Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, 5. Auflage, 1994.
- ↑ Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz: Solanin (Glycoalkaloide) in Kartoffeln
Weblinks
Commons: Kartoffel – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienWiktionary: Kartoffel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenWikibooks: Kochbuch, Gerichte mit Kartoffeln – Lern- und LehrmaterialienWikiquote: Kartoffel – Zitate- Kartoffelsortenliste des deutschen Bundessortenamts (2007) (PDF-Datei; 303 kB)
- International Potato Center/Centro Internacional de la Papa (Internationales Kartoffelforschungszentrum, englisch/spanisch)
- Encyclopedia of Life: umfassende Informationen zur Pflanze (englisch)
- United Nations International Year of the Potato 2008 (englisch)
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