Risikoermittlung

Risikoermittlung

Die Risikoanalyse oder Gefahrenanalyse findet in allen Lebensbereichen Anwendung und stellt damit ein wichtiges Mittel zur Bewertung bestimmter Situationen, Vorhaben oder ähnlichem dar.

Allgemeine Übersichten finden sich in den Artikeln Gefahr und Risiko.

Risikoanalyse als Fachausdruck ist:

  • ingenieurwissenschaftlich eine Aussage über Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe möglicher Risiken, zum Beispiel auch in der Computersicherheit
  • eine Methode der Betriebswirtschaftslehre, die hier speziell behandelt wird

Inhaltsverzeichnis

Risikoanalyse in der Betriebswirtschaftslehre

Risikoanalyse ist in der Betriebswirtschaftslehre die Abschätzung der Kosten möglicherweise eintretender Risiken zwecks Risikomanagement und Ermittlung der Höhe kalkulatorischer Wagniskosten.

  • allgemeiner interpretiert ein systematisches Verfahren, um Risiken umfassender zu bewerten, komplexe Zusammenhänge transparent zu machen und Unsicherheiten oder Wissenslücken anzusprechen. Sie lässt sich in drei Teilschritte untergliedern:
    • Risikoidentifizierung – mit welchen Risiken ist mein Unternehmen konfrontiert
    • Risikobewertung – welche Risiken treten mit welcher Wahrscheinlichkeit ein; Risikoanalyse im engeren Sinne
    • Risikomanagement – Ursachenidentifikation, Maßnahmenplanung
  • eine statistische Datenanalyse: Es werden die in den verschiedenen Jahren (sogenannte Produktionsjahre) neu abgeschlossenen Verträge (sogenannte Produktion) in Segmente unterteilt. Innerhalb jedes Segments und pro Produktionsjahre werden die in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Verträge ermittelt. Die Segmente, bei denen für viele Produktionsjahre der jeweilige Anteil an in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Verträgen in Prozent höher ist als der Anteil in den Produktionsjahren, werden als riskant betrachtet. Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass zum einen die Anzahl Verträge ein hinreichend großes Volumen erreichen muss und zum anderen, dass das Ergebnis der Analyse immer nach inhaltlicher Stichhaltigkeit überprüft werden muss, um eine sachlich begründete Aussage zu liefern. Insbesondere ist die Frage zu beantworten, ob die erkannten Zusammenhänge auch in der Zukunft stabil bleiben. Solche Risikoanalysen helfen, die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten zu ermitteln. Diese Ergebnisse werden bei den neuen Eigenkapitalanforderungen für Banken von Basel II benutzt.

Phasen der Risikoanalyse

Risikoidentifizierung
In dieser Phase geht es um die Lokalisierung von Spannungsfeldern.
Risikobewertung
Die Risikobewertung umfasst die Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und der möglichen Schadenshöhe. Die Risikobewertung folgt einem strukturiertem Ansatz, das Risiko einzuordnen und einen Einblick in die das Risiko positiv oder negativ beeinflussenden Faktoren zu bekommen. Je höher die Wahrscheinlichkeit und die mögliche Schadenshöhe ist, umso stärker ist das Projekt gefährdet und muss radikal umgeplant werden. Für die Bewertung können verschiedene Beurteilungsmethoden verwendet werden.
Risikomanagement
Diese Phase wird von so genannten Risikomanagern durchgeführt. Diese Funktion kann ein externes Beraterunternehmen übernehmen bzw. ein Projektteam aus dem Unternehmen selbst. Sie entscheiden, ob eine Risikobewertung nötig ist, um ein Problem zu lösen, und unterstützen die Gutachter bei ihrer Arbeit. Wenn die Risikobewertung abgeschlossen ist, nutzen die Risikomanager die Ergebnisse, um über den Umgang mit dem Risiko zu entscheiden. In weiterer Folge ist es auch deren Aufgabe, die Ursachen des Risikos zu identifizieren, um darauf optimal reagieren zu können.
Wenn das Risiko reduziert werden muss, hat das Risikomanagement die geeignetste(n) Maßnahme(n) dafür zu wählen, dies können entweder Präventiv-Maßnahmen sein oder Korrektiv-Maßnahmen. Die Präventiv-Maßnahmen haben das Ziel, das Risiko schon im Vorfeld auszuschalten. Korrektive Maßnahmen befassen sich mehr mit der Schadensbegrenzung um ein realisiertes Risiko so gering wie möglich zu halten.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Problemfelder und Spannungsbereiche können schon frühzeitig entdeckt werden.
  • Durch ein rechtzeitiges Erkennen von möglichen Risiken können diese abgeschwächt oder sogar vermieden werden.

Nachteile:

  • Trotz guter Recherche müssen die Risiken geschätzt werden. Diese Schätzung birgt immer einen gewissen Unsicherheitsfaktor.

Anwendungsgebiete

Risikoanalysen werden allgemein zur Identifikation und Bewertung von Risiken eingesetzt, damit im Rahmen des Risikomanagements mögliche negative Ereignisse mit Präventionsmaßnahmen vermieden, reduziert oder auf Dritte abgewälzt werden können. Des Weiteren werden sie für die Kommunikation von Risikosituationen verwendet, um z. B. die Risikowahrnehmung zu fördern.

  • als Grundlage für die Projektplanung
  • Erhebung der Risikosituation von Unternehmungen
  • in Banken zur Bestimmung von risikobehafteten Kundensegmenten und zur Steuerung der Kreditvergabe oder -genehmigung
  • Identifikation von Risiken neuer Technologien, gesellschaftlicher Entwicklungen
  • Identifikation und Bewertung von Produktrisiken, insbesondere bei der Lancierung neuer Produkte, bzw. Abschluss von Produkthaftpflichtversicherungen
  • Feststellung korruptionsgefährdeter oder durch sonstige dolose Handlungen (Untreue, Unterschlagung, Betrug, Verrat von Dienst- Geschäftsgeheimnissen usw.) gefährdete Arbeitsabläufe in Verwaltungen und Betrieben und zur Überprüfung und Weiterentwicklung der bestehenden Internen Kontrollsysteme
  • Verhinderung von Unfällen bei sicherheitsrelevanten Systemen. Beispiele sind ALARP oder die Minimale Endogene Mortalität (MEM).

Risikoanalyse in anderen Bereichen

  • Bei Großveranstaltungen wird - der unterschiedlichen Gefahrenneigung Rechnung tragend - zur Berechnung der Stärke der Einsatzkräfte des Sanitätswachdienstes das Maurer-Schema angewandt.
  • Für Siedlungen im Gebirge und bei Großbauten sind die möglichen Naturgefahren (Bergrutsche, Lawinen, Muren, Setzungen, Sackungen etc.) abzuschätzen. Neben Methoden der Geotechnik wird oft auch die Geoseismik angewandt.
  • Bei der Maschinen und Anlagekonstruktion werden die von der Maschine / Anlage ausgehende Gefahr bestimmt und die Gegenmaßnahmen bestimmt.
  • In der Medizinwirtschaft und bei der Entwicklung von Medizinprodukten muss gemäß den Vorgaben der DIN EN ISO 14971 und den Regelungen des Medizinproduktegesetzes ein Risikomanagementprozess fortlaufend geführt und dokumentiert werden.

Literatur

  • Frank Romeike, Robert Finke (Hrsg.): Erfolgsfaktor Risiko-Management. Gabler, 2003, ISBN 3-409-12200-1.
  • Tom DeMarco, Timothy Lister: Bärentango. Hanser Fachbuch, 2003, ISBN 3-446-22333-9.
  • Axel Sitt: Dynamisches Risiko Management. ISBN 3-8244-0734-5. Buchinformation
  • Locher, Mehlau, Hackenberg, Wild: Risikomanagement in Finanzwirtschaft und Industrie. Download
  • Keil: Risikomanagement in einem interkulturellen dezentralen Projekt [1]
  • Koller: Wissensrisiken - Risiken aus Sicht des Wissensmanagements. [2]
  • Klaus-Rainer Müller: Handbuch Unternehmenssicherheit. Vieweg, 2005, ISBN 3-528-05889-7.
  • Manfred Schulte-Zurhausen: Organisation. Vahlen, 2005, ISBN 3-8006-2825-2.
  • Horst Harrant, Angela Hemmrich: Risikomanagement in Projekten. ISBN 3-446-22592-7.

Siehe auch

Weblinks


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