Robert Reiss

Robert Reiss
Robert Reiss

Herrmann Robert Reiss (* 20. Dezember 1844 im ostpreußischem Groß Bubainchen/Pregel; † 11. November 1911 in Liebenwerda) war ein deutscher Erfinder und Firmengründer.

Reiss wuchs als Sohn eines Flussschiffers auf. Die Familie hatte eine kleine Landwirtschaft im Nebenerwerb. Er erlernte den Beruf des Landvermessers in Ostpreußen. Sein Beruf führte Reiss um 1864 nach Landsberg an der Warthe, wo er seine spätere Ehefrau Mathilde Pauline Charlotte Märten kennenlernte. Mit Ihr hatte er sechs Kinder. Zwischen 1868 und 1881 zog die Familie mit ihm zu den jeweiligen Einsatzorten, in denen er als Landvermesser tätig war. 1881 unterzeichnete er einen Zweijahresvertrag beim königlich preußischem Kataster-Amt in Liebenwerda. In seinem Vertrag war er verpflichtet, einen Teil seiner Büromaterialien wie Federn, Siegellack, Packmaterial und anderes von seinem Gehalt zu bezahlen. Reiss war somit gezwungen preisgünstiges Büromaterial zu besorgen. Im Jahr 1882 verstarben innerhalb weniger Tage drei seiner Kinder an einer Scharlachepedemie. Der Familie fehlt jedoch das Geld für die Bestattung der Kinder. Eine in der Stadt durchgeführte Sammlung von Spendengeldern half der Familie dann, die größte Not zu lindern. Durch Inkrafttreten eines Gesetzes, in dem für die Landvermessung eine Prüfung Bedingung ist, verschlechterte sich seine Lage, da er diese Prüfung nicht nachweisen konnte. Reiss versuchte nun neue Einkommensquellen für sich und seine Familie zu erschließen.

Firmenlogo auf einer Siegelmarke um 1900

Vermutlich als Nebenerwerb begann Robert Reiss 1882 mit dem Versandhandel von Waren für Landvermesser, aber auch Haushalts- und Kolonialwaren. Seine Erfahrungen als Landvermesser halfen ihm, besser als die etablierten Unternehmen auf die Kundenwünsche einzugehen. 1885 machte er seinen Versandhandel zum Hauptgeschäft und kündigte sein Angestelltenvertrag. 1889 begann er mit einer eigenen Produktion von Fluchtstäben. Reiss baute seine Produktion in den Folgejahren immer weiter aus. Zum einen um unabhängig von Lieferanten zu werden, zum anderen, um eine bessere Qualität liefern zu können. Neben Meß- und Nivellierlatten fertigte er auch Büromöbel. Bis 1896 kooperierte Reiss mit der Liebenwerdaer Firma Maibuhr und Hentschel bei der Produktion verschiedener geodätischer Instrumente. Reiss versuchte eine Massenproduktion von feinmechanischen Geräten mit seinen Partnern aufzubauen, fertigte diese aber nach einem Bruch der Geschäftsbeziehungen im eigenen Hause. Ende 1896 wurde die Firma in eine OHG Technisches Versandgeschäft R. Reiss Liebenwerda überführt. Gezielt warb Reiss hochqualifiziertes Personal an, um seine Produktion zu erweitern, bildete aber auch in der eigenen Firma aus. Innovationen, wie den ersten Steh-Sitz-Schreibtisch in Deutschland brachten dem Unternehmen weiters Wachstum.

Politisch war Robert Reiss als Stadtverordneter in Liebenwerda aktiv. Dabei setzte er sich für einen Ausbau der Infrastruktur ein. Aber auch die soziale und wirtschaftliche Situation seiner Angestellten versuchte er zu verbessern. So kam es 1900 zur Gründung einer Betriebskrankenkasse. Mitarbeiter in seinem Unternehmen hatten weitgehende Rechte. Durch den hohen Qualitätsanspruch, aber auch durch die sozial fortschrittliche Stellung seiner Mitarbeiter entstand ein Zusammengehörigkeitsgefühl welches sich in dem Ausdruck Reissianer widerspiegelte. So fanden regelmäßige kulturelle Veranstaltungen für die Mitarbeiter und deren Familien statt. Aber auch für die Bürger der Stadt Liebenwerda, insbesondere für die evangelische Kirchgemeinde spendete Robert Reiss ein beträchtlichen Teil seines Vermögens zu gemeinnützigen Zwecken.

Robert Reiss hatte bis 1911 seine Firma zu einem der weltweit größten Hersteller für feinmechanische Technik ausgebaut. 1909 wurde er zum Königlichen Hoflieferant in Rumänien ernannt. Zahlreiche Auszeichnungen und Medaillen auf internationalen Messen beschrieben den Ruf der Firma Reiss. Im Herbst 1911 erkrankte Robert Reiss an einer Lungenentzündung, an der er am 11. November 1911 in Liebenwerda verstarb. Hunderte von Liebenwerdaern, Geschäftspartnern und Angestellten nahmen am Trauerzug teil. Sein Sohn Paul Reiss übernahm das Unternehmen als Alleingesellschafter 1911.

Ehrungen

  • Am 22. November 2007, 125 Jahre nach der Gründung der Firma Reiss, wurden in Bad Liebenwerda die Grundschule und die Oberschule nach Robert Reiss benannt.

Quellen und Literatur

  • Tim S. Müller, Robert und Paul Reiss. "Exporteure nach allen Ländern der Erde", Bad Liebenwerda 2007 (Teil 1 der Unternehmensgeschichte der Firma Reiss).


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