Rock gegen Krieg

Rock gegen Krieg

Unter den Mottos „Rock gegen Krieg“ bzw. „Rock für Deutschland“ finden seit 2003 im ostthüringischen Gera jährlich Neonazi-Veranstaltungen mit Festival-Charakter statt, bei der Redner aus dem Spektrum der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und der sogenannten Freien Kameradschaften sowie mehrere Rechtsrock-Bands und Liedermacher auftreten und die mehrere hundert rechtsextreme Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland anziehen.

Nachdem der thüringische Landesverband der NPD mit der Festivalreihe „Thüringentag der nationalen Jugend“ 2002 in Jena und 2003 in Gotha weitestgehend ungestört von Protesten und ohne Eingreifen der Polizei große Rechtsrock-Veranstaltungen mit mehreren hundert rechtsextremen Teilnehmern getarnt als politische Veranstaltungen abhalten konnte, wurde dieses Konzept 2003 erstmals durch den NPD-Kreisverband Gera aufgegriffen. Die Stadt Gera ist seit den 1990er Jahren eine Hochburg der rechtsextremen Musikszene, in der mehrere bekannte Bands wie Totenburg, Die Saat und Eugenik, Labels und Musikversände wie Donnerschlag Records (DSR), Ewiges Eis Records (vormals 88 Records = Heil Hitler-Records, siehe Rechtsextreme Symbole und Zeichen) oder Aufruhr Versand sowie Läden für Bekleidung und Devotionalien der Neonazisszene zu Hause sind. Ihre Mitglieder, Betreiber und Mitarbeiter sind häufig in der Szene der Freien Kameradschaften und/oder der NPD aktiv. Mehrere von ihnen, darunter Jörg Krautheim, Nico Hüfner, Gordon Richter, Martin Soa (Inhaber von dirty shirt) und Andre Berghold sind sogar im Vorstand des Landes- bzw. Kreisverbandes tätig. Daher lag es nahe, auch in Gera unter dem Schutz des Versammlungsrechtes ein als NPD-Parteiveranstaltung angemeldetes Open Air zu organisieren.

Erstmals fand eine solche Veranstaltung unter dem Motto „Rock gegen Krieg“ am 21. Juni 2003 im Geraer Park der Jugend (Knochenpark) statt. Als Veranstalter wurden der Kreisverband Gera-Greiz der NPD und Freie Nationale Kräfte Gera benannt. Neben dem Thüringer Landesvorsitzenden der NPD, Frank Schwerdt, als Redner traten die Rechtsrock-Bands Kommando Ost (Mecklenburg-Vorpommern), T.H.O.R. (Schneeberg/Sachsen), Confident of Victory (Brandenburg) und Eugenik auf. Das Konzert verfolgten weitgehend unbehelligt von Protesten bis zu 200 Rechtsextremisten. Da die NPD Gera dies als Erfolg werten konnte, kam es am 10. Juli 2004 zu einer Neuauflage, diesmal mit fünf Bands, darunter wiederum Eugenik und Blood Revenge (Westfalen). Mit etwa 150 Teilnehmern blieb die Besucherzahl jedoch weit unter den Erwartungen.

Der vorläufige Höhepunkt der Neonazi-Festival-Reihe war am 9. Juli 2005. In diesem Jahr galt das Konzert unter dem neuen Motto „Rock für Deutschland“ als offizieller Wahlkampfauftakt der NPD für die vorgezogene Bundestagswahl 2005 und wurde teilweise auch als Ersatzveranstaltung für das ausgefallen „Pressefest der Deutschen Stimme“ bezeichnet. Als Redner traten daher neben Frank Schwerdt und dem Neonazi Michael Burkert, der kurz zuvor zum Vorsitzenden des neu gegründeten NPD-Kreisverbandes Erfurt-Gotha aufgestiegen war, auch der Parteichef Udo Voigt und der bayerische NPD-Landesvorsitzende Ralf Ollert auf. Außerdem waren mit den Bands Kraftschlag, Propaganda und Legion of Thor Zugpferde der Rechtsrock-Szene angekündigt, die nicht selten enge Verbindungen zur verbotenen Organisation Blood and Honour haben. Die Band mussten ihre Auftritte jedoch zum Teil aufgrund von Auflagen der Stadt Gera absagen. Letztendlich spielten die Bands Radikahl, Hauptkampflinie und Eugenik vor etwa 500 bis 700 Gästen. Gegen das NPD-Open-Air demonstrierten 300 bis 400 junge Antifaschisten. Außerdem fand wie in den Vorjahren ein Bürgerfest mit mehreren demokratischen Parteien, Gewerkschaften, den Kirchen und anderen Organisationen und Vereinen statt, das etwa 600 Bürger besuchten.

Ähnliche Neonazi-Veranstaltungen sind in Gera auch für die folgenden Jahre vorgesehen. Wie auch das Projekt Schulhof-CD zeigen derartige Festivals die deutlichen Bemühungen der NPD, über Musik und rechten Lifestyle insbesondere Jugendliche anzusprechen, die über traditionelle Formen (nicht nur rechtsextremer) Politikvermittlung wie Kundgebungen und Demonstrationen kaum mehr zu erreichen sind.

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