Rogerus von Helmarshausen

Rogerus von Helmarshausen

Theophilus Presbyter (Pseudonym des Rogerus von Helmarshausen; 12. Jahrhundert) war ein Benediktinermönch und Verfasser einer lateinischen Schrift, in der verschiedene Kunsthandwerkstechniken des Mittelalters ausführlich dargestellt werden.

Die von ihm zusammengestellte Schriftensammlung wird als „Schedula diversarum artium“ bezeichnet (auch „De diversis artibus“) und dürfte um zwischen 1100 und 1120 entstanden sein. Die ältesten erhaltenen Handschriftenexemplare befinden sich in Wien (Österreichische Nationalbibliothek., Cod. 2527) und in Wolfenbüttel (Herzog August Bibl., Cod. Guelf 69). Gotthold Ephraim Lessing entdeckte die Schrift als Bibliothekar in Wolfenbüttel neu. Eine erste deutsche Edition von Teilen des Werkes erschien 1874. Moderne Übersetzungen der Schedula existieren u.a. in englischer, französischer, polnischer, italienischer und ungarischer Sprache (19. oder 20. Jahrhundert).

Die Schedula des Theophilus ermöglicht detaillierte Einblicke in die Techniken des hochmittelalterlichen Kunsthandwerks. In insgesamt drei Teilen werden umfassend die Herstellung und Anwendung der Mal- und Zeichenmittel (Maltechniken, Farben und Tinten), insbesondere für die Buch- und Wandmalerei, die Herstellung von farbigem Glas und die Technik der Glasmalerei beschrieben sowie die verschiedenen Techniken der Goldschmiedekunst erläutert. Auch die Anleitung zum Bau von Orgeln und Glocken fehlt nicht. Nach dieser Anleitung gegossene Glocken werden als Theophilusglocken bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Identität

Aufgrund neuerer Forschungsergebnisse (insbesondere von Eckhard Freise) ist davon auszugehen, dass Theophilus mit dem Künstlermönch Rogerus von Helmarshausen identisch ist. Rogerus stammte vermutlich aus dem maasländischen Kloster Stavelot. Er wirkte zwischen 1100 und 1107 in St. Pantaleon in Köln und nach 1107 im Kloster von Helmarshausen als Künstler und Autor. Seine Lebensdaten sind nur näherungsweise bekannt (* um 1070, † nach 1125 in Helmarshausen).

Die Identität beider Personen ist jedoch lange Zeit wissenschaftlich umstritten gewesen und möglicherweise nicht abschließend zu belegen. Als Verfasser des „Praxis-Lehrbuches“ könnte Theophilus als der Theoretiker bezeichnet werden, der Mönch Rogerus gilt demgegenüber eher als ausgewiesener Praktiker des Handwerks und der Kunst. Als Hinweis für das Zusammenfallen beider Namen in einer Person sei erwähnt, dass die Beschreibung der Goldgewinnung des Theophilus nur am Rhein bei Köln so möglich war, wo Roger einige Zeit verbracht hat. Von ihm stammen vermutlich zwei Tragaltäre, die heute im Original in Paderborn (Domschatzkammer) zu sehen sind. Rogerus war der Begründer einer Kunstwerkstatt im Kloster Helmarshausen, aus der im 12. Jahrhundert bedeutende Werke der romanischen Kunst hervorgegangen sind, u.a. mehrere Codices/Buchmalereien, darunter das Evangeliar Heinrichs des Löwen, sowie Goldschmiedearbeiten und möglicherweise das bekannte Mindener Kreuz.

Werke

  • "De diversis artibus" oder "Schedula diversarum artium" (3 Bände, um 1125) [1]

Literatur, Übersetzungen der Schedula

  • G. E. Lessing: Vom Alter der Ölmalerey aus dem Theophilus Presbyter. Berlin 1774
  • A. Ilg (Hg): Theophilus Presbyter. Schedula diversarum artium. in: Quellenschriften für Kunstgeschichte. Bd. VII. Wien 1874
  • W. Theobald: Technik des Kunsthandwerks im 10. Jahrhundert Des T. Schedula Diversarum Artium, in Auswahl neu hg., übersetzt und erläutert. Berlin 1933 (Spätere Ausgaben 1953 u. 1981)
  • E. Freise: Roger v. Helmarshausen in seiner monastischen Umwelt, in: Frühmittelalterliche Studien 15, 1981
  • E. Brehpohl: Theophilus Presbyter und das mittelalterliche Kunsthandwerk. Köln 1999 (2 Bände)

Weblinks


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