- Goldschmiedekunst
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Goldschmiedekunst ist die künstlerische Herstellung oder Verzierung von Gegenständen aus den Edelmetallen Gold, Silber und Platin.
In der Goldschmiedekunst werden Gold sowie Silber wegen ihrer geringen Brinellhärte und der Möglichkeit zur Farbveränderung, sowie der Verbilligung hauptsächlich mit Kupfer und Silber legiert. Platin wird mit seinen Platingruppenmetallen Iridium oder Palladium legiert. Platin wird für Schmuckzwecke aber auch mit Kupfer (Juwelierplatin), Cobalt oder Wolfram legiert (hart für mechanische Teile). Weißgold stellt man durch das Legieren mit Palladium oder Nickel her. Besonders nickelarme, preiswerte Gusslegierungen werden auch mit Cobalt gebildet. Weitere Farbgoldlegierungen sind möglich wie zum Beispiel Grüngold, das mit Cadmium legiert für Grandelschmuck benutzt wird. Mitunter werden für Dekorationszwecke auch intermetallische Verbindungen verwendet. Diese Materialien sind jedoch hart und brüchig und werden meist wie Steine gefasst oder geklebt. Bekannt wurden vor allem das sogenannte Blaugold und das Rubingold. Letzteres wird mit Aluminium gebildet. Die erforderlichen Hartlote wurden unter Zugabe von Metallen wie zum Beispiel Zink und Cadmium für Goldlot, die den Schmelzpunkt der Legierung herabsetzen, gebildet, (auf Grund der gesundheitlichen Belastung heute mehr und mehr durch andere Zusatzmetalle zur Senkung der Schmelzpunkte ersetzt).
Inhaltsverzeichnis
Techniken
Die in der Goldschmiedekunst gebräuchlichen Edelmetalle (sprich: Metalle die keine chemische Verbindung mit Sauerstoff eingehen) lassen sich gießen wie andere Metalle. Gusstechniken wie Sandguß, Schleuderguß, Sepiaguß, Kokillenguß etc. finden sowohl im Handwerk wie auch in der Industrie Anwendung. Eine in der Kokille gegossene Platte – Plansche genannt – wird anschließend zu Blech oder Draht gewalzt, um dann mit spanabhebenden Werkzeugen (Feilen, Sägen) oder mit verformenden Techniken wie Treiben, Biegen, Hämmern oder mit Ziehprozessen weiter bearbeitet zu werden. Zu den gebräuchlichsten Verbindungstechniken zählen das Löten und das Nieten (in seltenen Fällen auch das Schweißen). Als finaler Arbeitsgang steht üblicherweise Schleifen und Polieren oder Mattieren.
Als Vergoldungs- und Versilberungstechniken kommen heute in der Regel die galvanischen Möglichkeiten zur Anwendung. Die Feuervergoldung (versilberung), basierend auf dem Abdampfen von Gold- bzw. Silberamalgam, wird nur von sehr wenigen Betrieben ausgeführt. Unter Einsatz modernster Umwelttechnologie und Einhaltung strenger Vorschriften werden für Museen, Kirchen und auch immer mehr für den Kunst- und Luxusmarkt Stücke restauriert und angefertigt.
Ziertechniken der Goldschmiedekunst sind Email, Niello, Filigran, Gravur, Granulation, Tauschierung, Punzierung und diverse Ätztechniken.
Gegenstände der Goldschmiedekunst sind häufig besetzt mit Edelsteinen, Perlen, Korallen, Kameen, Gemmen etc. sowie Niello und Email.
Werke der Gold- und Silberschmiedekunst sind nur lückenhaft erhalten, da die Kunstwerke wegen ihres reinen Materialwerts in Notzeiten häufig eingeschmolzen wurden.
Geschichte
Frühgeschichte
Zeugnisse der Goldschmiedekunst gibt es in Europa seit ca.3000 vor Christus, so aus der Zeit der Etrusker in Italien oder der Thraker im geographisch weitgefassten Gebiet des Balkan, wie zum Beispiel der Grabfund von Warna belegt. In der Bronzezeit wurden Goldschmuck, Prunkwaffen und Kultgeräte mit der gleichen Technik hergestellt wie Gegenstände aus Bronze. Kelten und Germanen hinterließen erstaunliche Goldschmiedearbeiten die oft im Zusammenhang mit ihren kultischen Gebräuchen und der Astronomie standen. Hervorragende Zeugnisse der außereuropäischen Goldschmiedekunst sind erhalten aus dem Neuen Reich Ägyptens, zum Beispiel die reichen Schmuckbeigaben im Grab Tutanchamuns, oder aus den Andenkulturen mit ihrem sagenhaften „Eldorado“.
Antike und Mittelalter
Kenntnisse über Goldschmiedekunst und Formensprache der Antike und dem Hellenismus blieben in der byzantinischen Kunst erhalten und hatten durch die diplomatischen Beziehungen sowie die Handelsbeziehungen der Karolinger mit Byzanz Auswirkungen auf die romanische Kunst.
Aus der Zeit der Völkerwanderung sind zahlreiche Beispiele von goldenen Prunkwaffen, Fibeln, Schmuck, kunstvollen Beschlägen von Zaumzeug und Pferdesätteln etc. gefunden worden. Die Germanen versahen diese Gegenstände auch mit geschliffenen Glaseinlagen oder Almandinen.
Einzelne Funde sind aus dem Reich der Wikinger, das sich zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert zeitweise von Skandinavien bis Großbritannien und Russland ausdehnte, erhalten. Darüber hinaus hatten der Handel mit Bernstein bis weit in den Mittelmeerraum hinein einen großen Einfluss auf die Kunst und Kultur der Wikinger. Sie beherrschten die üblichen Techniken der Bearbeitung von Feinmetall sowie die Technik der Vergoldung von Bronze und Silber. Erhalten ist der Silberschatz von Cuerdale, Lancashire, der im 10. Jahrhundert vergraben worden ist mit Armreifen, Fibeln, Beschlägen etc., die relativ grob durch Punzieren und Gravieren bearbeitet sind. Von besonderer Kunstfertigkeit zeugen die mit Schnüren aus Goldfiligran bedeckten oder mit verschlungenen Ornamenten und Fabeltieren aus Goldfiligran oder in Niello-Technik geschmückten Broschen, Halsbändern und Anhänger, die ebenfalls in England gefunden wurden. Mit diesen Schmuckstücken wurde auch Handel getrieben. Auf diese Weise floss die von den Wikinger entwickelte Ornamentik in die Goldschmiedekunst und andere Bildkünste der Romanik ein.
Im frühen Mittelalter bildeten sich Zentren der Goldschmiedekunst in Trier, Lüttich, Magdeburg und Hildesheim. Aus dem frühen 12. Jahrhundert stammen drei Bücher des Benediktinermönchs Theophilus (Rogerus von Helmarshausen), in denen das künstlerisch-technische Universalwissen seiner Zeit überliefert ist (Schedula diversarum artium). Im dritten Buch dieser Sammlung wird die Goldschmiedekunst und die Metallbearbeitung behandelt. Flandern und das Rhein-Maasgebiet waren bedeutende Goldschmiedezentren des 12. Jahrhundert (s. Nikolaus von Verdun).
Neuzeit
Wurde im Mittelalter vor allem kultisches Gerät von den Goldschmieden hergestellt, so arbeiteten sie seit der Renaissance auch für die weltlichen Bedürfnisse der Herrscher nach Prunk und angemessener Repräsentation. Berühmtestes Beispiel dieser Zeit ist wohl ein Tafelaufsatz für Franz I. von Frankreich von Benvenuto Cellini, die sogenannte Saliera. Das Prunkbedürfnis barocker Herrscher äußerte sich in einem steigenden Bedarf an prächtigem Tafelsilber, Tafelaufsätzen und kostbaren Prunkgefäßen. Ein berühmter Goldschmied dieser Zeit ist Johann Melchior Dinglinger am Hofe August des Starken in Dresden. Das bedeutendste Zentrum des europäischen Gold- und Silberschmiedehandwerks war zu dieser Zeit aber Augsburg.
Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich die Künstler des Jugendstils, sowie des Art Déco, des Bauhaus, der englischen Arts & Crafts-Bewegung und des niederländischen De Stijl ebenfalls mit dem Entwurf von Schmuck und silbernem Tafelgeschirr befasst. Carl Fabergé in Sankt Petersburg bediente von dort aus die europäischen Monarchien ihrem Geschmack gemäß, zwar nicht mit gestalterischen Innovationen, aber dafür mit unübertroffenem Email-Handwerk. Konstant bis in die heutige Zeit bleibt der Bedarf der christlichen Kirchen an kultischem Gerät aus Edelmetallen für den Gottesdienst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich vor allem in Deutschland, Holland und Großbritannien der sogenannte Künstlerschmuck; München, Hanau, Pforzheim, Amsterdam und London sind diesbezüglich zu nennende Zentren.
Beispiele
- Schatz des Priamos, Troja, 2400–2300 vor Chr.
- Hildesheimer Silberschatz, silbernes römisches Tafelgeschirr von 50 vor Chr. bis 75 nach Chr., Schatzkammer des Antikenmuseums, Berlin
- Mölsheimer Goldfibel, merowingisch, 7. Jh.
- Codex Aureus, Deckelrelief aus dem Kloster St. Emmeran in Regensburg, zwischen 870 und 890, München, Bayerische Staatsbibliothek
- Limburger Staurothek, zwischen 948 und 976, Limburg an der Lahn, Dommuseum
- Goldene Madonna, älteste vollplastische Figur des Abendlandes, etwa 970/980, Essener Domschatz [1]
- Pala d’oro, vor 978 bis 1345, San Marco, Venedig
- Rogerus von Helmarshausen, Tragaltar, um 1110, Erzbischöfliches Diözesanmuseum Paderborn [2]
- Eilbertus von Köln, Tragaltar, um 1150/60, Kunstgewerbemuseum Berlin [3]
- Nikolaus von Verdun:
- Klosterneuburger Altar, 1181, Klosterneuburg bei Wien
- Dreikönigenschrein, 1181–1230, Dom, Köln
- Marienschrein von Tournai, um 1205, Tournai, Kathedrale
- Marienschrein [4], um 1220, und Karlsschrein im Aachener Dom
- Goldenes Rössl, um 1400, Altötting
- Silberaltar des Florentiner Baptisteriums, 1452, Museo dell'Opera di Duomo, Florenz
- Benvenuto Cellini: Saliera für Franz I. von Frankreich, Kunsthistorisches Museum Wien, 1540–1543
- Lüneburger Ratssilber, 208 Einzelteile, um 1550, Kunstgewerbemuseum, Berlin
- Carl Peter Fabergé: Ostereier für die Romanows, bis 1917
Museen und Sammlungen
- Museum im Goldschmiedehaus Ahlen [5]
- Goldmuseum. Bogotá
- Museo d'oro, Lima
- Domschatzkammer Köln [6]
- Domschatzkammer Essen [7]
- Schatzkammer der Residenz, München
- Schmuckmuseum Pforzheim [8]
- Grünes Gewölbe, Dresden [9]
- Die Neue Sammlung / Pinakothek der Moderne, München
- Museum für Angewandte Kunst, Köln
- Deutsches Goldschmiedehaus, Hanau
- St. Jakobus Schatzkammer, Neisse
Literatur
- Silber und Gold – Augsburger Goldschmiedekunst für die Höfe Europas, hrsg. von R. Baumstark und H. Seling, München, Hirmer Verlag 1994, Katalogbuch zur Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München, 692 S. mit 357 Abb., davon 172 farb., ISBN 3-7774-6290-X
Siehe auch
- Goldschmied mit einer Liste von Gold- und Silberschmieden
Weblinks
- Goldschmiedlexikon mit Angaben zu Legierungen und Methoden
- Römischer Schmuck Eine Ausstellung im Museum Burg Linn
Einzelnachweise
- ↑ Goldene Madonna im Essener Domschatz
- ↑ Tragaltäre im Diözesanmuseum auf nrw-stiftung.de
- ↑ Tragaltar des Eilbertus im Kunstgewerbemuseum Berlin
- ↑ Marienschrein im Aachener Dom
- ↑ Museum im Goldschmiedehaus Ahlen
- ↑ Domschatzkammer Köln
- ↑ Domschatzkammer Essen
- ↑ Schmuckmuseum, Pforzheim
- ↑ Grünes Gewölbe, Dresden
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