Rottgans

Rottgans
Ringelgans
Ringelgans (Branta bernicla bernicla)

Ringelgans (Branta bernicla bernicla)

Systematik
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Gänse (Anserinae)
Tribus: Echte Gänse (Anserini)
Gattung: Meergänse (Branta)
Art: Ringelgans
Wissenschaftlicher Name
Branta bernicla
Linnaeus 1758

Die Ringelgans (Branta bernicla) ist eine kleine, gesellig lebende Art der Gattung Meergänse (Branta) der Familie der Entenvögel (Anatidae). Sie ist die kleinste und dunkelste der Meergänsearten, zu denen neben die Ringelgans die Nonnengans, die Rothalsgans und die Kanadagans zählen. Ihr Brutareal ist die arktische Kältewüste und arktische Tundra Eurasiens und Nordamerikas. In Deutschland ist sie Wintergast an der Nordseeküste. Zu den Besonderheiten der Ringelgans zählt ihre enge Bindung an das Meer und die Meeresküste während des Zuges und der Überwinterung.

Der deutschen Name der Gans bezieht sich ebenso wie bei der Ringeltaube auf den weißen Halsring. Gelegentlich wird die Gans auch als Rottgans bezeichnet, was von dem dumpf klingenden Flugruf abgeleitet ist.

Inhaltsverzeichnis

Unterarten

Die Ringelgans wird in drei Unterarten aufgeteilt:

  • die dunkelbäuchige Ringelgans (Branta bernicla bernicla) ist die sogenannte Nominatform, die von Carl von Linné erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde. Sie ist düster schiefergrau und hat kleine weiße Bänder auf den Halsseiten.
  • die schwarzbäuchige Ringelgans (Branta bernicla nigricans) wird gelegentlich auch als Pazifische Ringelgans bezeichnet. Ihr Körpergefieder hat klare Schwarztöne und einen breiten, fast geschlossenen weißen Halsring.
  • die hellbäuchige Ringelgans (Branta bernicla hrota) hat ein aufgehelltes, bräunliches Körpergefieder mit schmalen weißen Halsbändern.

Aussehen

Eine Ringelgans im Flug

Ringelgänse sind schwarzgrau mit graubraunem Rücken und schwarz-weiß gebänderten Flanken gefiedert. Die ausgewachsenen Vögel haben am Hals schmale weiße Halbmondflecken, die je nach Unterart unterschiedlich groß ausgebildet sind. Ober- und Unterschwanzdecken sowie der Bauch sind weiß. Die Brustfärbung ist je nach Unterart entweder heller grau von der schwarzen Vorderbrust abgesetzt oder etwa dunkler grau und geht allmähnlich in das dunkle Brustgefieder über. Schnabel, Beine und Flügel sind schwarz gefärbt. Die Flügelspannweite beträgt 110 bis 120 Zentimeter, das Gewicht etwa 1 bis 1,5 Kilogramm. Im allgemeinen sind die Männchen etwa 150 Gramm schwerer als die Weibchen.

Die Küken sind im Daunenkleid an der Oberseite graubraun gefiedert, Kopf und Halsseiten sowie der Bauch sind hellgrau.

Stimme

Die Ringelgans ist keine sehr ruffreudige Gans. Ihre Stimme ist meistens dann zu hören, wenn sie sich in Trupps aufhält oder wenn sie den Ort wechseln. Bei Beunruhigung ist ein tiefer, dumpfes und nasaler „rott, rott, rott“ oder „rott rorott“ zu hören. Dieser kann auch kehlig ausfallen: „rronk“. Während des Fluges gibt sie ein kurzes und hartes „ack“ oder „ek“ von sich. In weidenden Trupps halten sie durch ständige, leise „bi bi bi“ miteinander Kontakt. Aggressive Ringelgänse geben Zischlaute von sich. [1]

Verbreitung

Die Ringelgans brütet im arktischen Eurasien und in der Arktis Nordamerikas. Ihr Verbreitungsgebiet wird deshalb auch als zirkumpolar holarktisch bezeichnet. Als Verbreitungsgrenzen gelten die Juli-Isothermen von 1 Grad Celsius im Norden und 7 Grad Celsius im Süden.

Die einzelnen Unterarten halten sich dabei im Sommer in folgenden Regionen auf:

  • die dunkelbäuchige Ringelgans (Branta bernicla bernicla) in Nordsibirien etwa zwischen dem 65. und 80. Breitengrad,
  • die schwarzbäuchige Ringelgans (Branta bernicla nigricans) von Ostsibirien nach Osten bis Nordwestkanada, etwa vom 160. bis zum 80. Längengrad und
  • die hellbäuchige Ringelgans (Branta bernicla hrota) in den dazwischenliegenden Gebieten Westkanadas, Nordgrönlands, Spitzbergens und des Franz-Joseph-Land.

Die Winterquartiere liegen

  • bei der dunkelbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla bernicla) an der europäischen Atlantik- und Nordseeküste von Südfrankreich bis nach Jütland sowie auf den Britischen Inseln. In Deutschland findet man Ringelgänse im Winterhalbjahr regelmäßig und in größeren Trupps im Wattenmeer der Nordsee. In geringer Zahl überwintert sie in der Wismarbucht der Ostsee. Im Binnenland ist die Ringelgans nur sehr selten anzutreffen.
  • bei der schwarzbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla nigricans) an der Pazifikküste von British Columbia bis Baja California,nur vereinzelt auch an den Küsten Japans und Chinas, sehr selten auch in Europa und
  • bei der hellbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla hrota) an der Küste Südostenglands.

Lebensweise

Zwei Ringelgänse am Boden

Die Ringelgans ist ein Zugvogel, der im Winter nach Süden zieht. Wenn sie auf ihrem Zug sind, bilden Ringelgänse nicht die charakteristische V-Formation, sie fliegen rasch, aber nicht in Formation. Die Wanderungsrouten der Ringelgänse sind nicht genetisch fixiert, sondern werden in den verschiedenen Teilpopulationen tradiert. Neben dem Zug in die Überwinterungquartiere gibt es einen so genannten Mauserzug der nicht brütenden Tiere zu bestimmten Mauserplätzen, vor allem auf die Taimyr-Halbinsel. Abgesehen von Paarungs- und Brutzeit leben Ringelgänse in großen Schwärmen. Für gewöhnlich zeigen Ringelgänse eine große Partnertreue, wobei sie sich jedoch bei Verlust des Partners neu verpaaren.

Die Brut beginnt sofort nach der Ankunft in den Brutgebieten im Juni. Ringelgänse brüten in Kolonien in der küstennahen arktischen Tundra. Die hellbäuchige Rasse verrichtet ihr Brutgeschäft häufig auf kleineren Inseln vor der Küste. Ringelgänse brüten in kleinen Kolonien und errichten ihre Nester auf trockenen, höhergelegenen Abschnitten der Tundra. Nicht selten befinden sich die Kolonien in unmittelbarer Nachbarschaft von Greifvögeln und Großmöwen. Allerdings ist diese Bindung nicht so ausgeprägt wie bei der Kaisergans. Gewöhnlich werden drei bis fünf Eier gelegt. Nach 24 bis 26 Tagen schlüpfen die Jungen, deren Aufzucht nur etwa 40 Tage dauert. Sobald die frisch geschlüpften Küken abgetrocknet sind, wechseln die Familien auf Seen, Flüsse und Flussmündungsgebiete im Brutareal über. Die Paarbindung lockert sich in dieser Zeit. Die Ganter sondern sich von den Familien ab und bilden selbständige Mausertrupps. Die Vollmauser setzt mit dem Schlüpfen der Küken ein. Der Schwingenwechsel, der bei Altvögeln Mitte Juli beginnt, dauert etwa bis zur Mitte des Augusts. Dies ist die Zeit, in der auch die Junggänse flügge werden.[2]

Ernährung

Ringelgänse leben von kurzer Gras-, Kräuter-, Moos- und Flechtenvegetation sowie von Meerespflanzen. Die Gänse sind bei der Nahrungssuche überwiegend an Flachküsten des Wattenmeeres gebunden. Ihre Nahrungssuche findet auf Seegras-, Grünalgen und Quellerflächen statt. Im Winter nutzen sie auch die Gras- und Wintersaatflächen des Binnenlands. Im norddeutschen Wattenmeer fürchteten die Landwirte im Vorland der Küste und auf den Halligen den Durchzug der Ringelgans, obwohl sie heute für die verursachten Schäden entschädigt werden. So fielen die Gänse in begrenzte Landstriche ein, wo sie die Vegetation in kürzester Zeit auf die Länge eines Englischen Rasens herunterfraßen, wobei sie das Andelgras der Salzwiesen bevorzugten.[3]

Bestandsentwicklung

Bestandsentwicklung insgesamt

Nachdem bis 1932 große Seegrasbestände durch einen Befall mit dem einzelligen Schleimpilz Labyrinthula eingingen, ging die Population in den europäischen Winterzuggebieten auf etwa 10 bis 25 Prozent der Populationszahlen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Neben dem Verlust an der Überwinterungsnahrung trugen aber auch eine intensivierte Bejagung sowie Melorationsarbein an den Überwinterungsplätzen zum Bestandsrückgang bei.[4] Zur Populationserholung trugen Schutzmaßnahmen, zu denen unter anderem ein Jagdverbot gehörte, bei. Die Restpopulationen der Ringelgänse stellten sich in ihrer Ernährung außerdem auf Pflanzen der Salzhaffwiesen um. In Westeuropa werden heute die Rastplätze der Ringelgans geschützt, um durch Vermeidung von Störungen den Energiehaushalt der Vögel zu optimieren.

Bestandsentwicklung der einzelnen Unterarten

  • Der Bestand der dunkelbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla bernicla) stieg von etwa 20.000 um 1955 auf etwa 250.000 bis 300.000 zu Ende des 20. Jahrhunderts.
  • Der Bestand der schwarzbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla nigricans) sank von einigen tausend Tieren um das Jahr 1900 auf wenige hundert in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, beträgt aber um die Jahrtausendwende wieder etwa 4000 Tiere.
  • Der Bestand der hellbäuchigen Ringelgans (Branta bernicla hrota) ist nur schwer zu quantifizieren. Er sank seit 1900 von insgesamt etwa 10.000 Tieren ab, um sich dann seit der Mitte des Jahrhunderts wieder zu erholen und lag 2003 wieder bei etwa 25.000 Tieren.

Die IUCN beziffert den Gesamtbestand der Art auf 570.000 Tiere.

Schutz

Um den Schutzgedanken für die Ringelgänse einer breiteren Öffentlichkeit Nahe zu bringen, veranstalten in Schleswig-Holstein u.a. NABU, Schutzstation Wattenmeer, WWF und Nationalparkservice gemeinsam die Ringelganstage auf den nordfriesischen Halligen im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.

Belege

Einzelnachweise

  1. Hans-Heiner Bergmann; Hans-Wolfgang Helb; Sabine Baumann; Die Stimmen der Vögel Europas – 474 Vogelporträt mit 914 Rufen und Gesängen auf 2.200 Sonogrammen, Aula-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89104-710-1, S. 37
  2. Uspenski, S. 29
  3. Klaus Janke/Bruno P. Kremer: Das Watt. Lebensraum, Tiere und Pflanzen, Stuttgart : Franckh 1990, S. 95, ISBN 3-440-06035-7
  4. Uspenski, S. 28

Literatur

  • Bergmann, Hans-Heiner, Helmut Kruckenberg & Volkhard Wille (2006): Wilde Gänse - Reisende zwischen Wildnis und Weideland, G. Braun Verlag, Karlsruhe
  • Madsen, J., G. Cracknell & Tony Fox (1999): Goose Populations of the Western Palearctic, Wetlands International, Wageningen.
  • Rutschke, Erich (1997): Wildgänse: Lebensweise - Schutz - Nutzung. Parey, Berlin, ISBN 3-8263-8478-4
  • Bergmann, Hans-Heiner, Martin Stock & Birgit ten Thoren (1994): Ringelgänse - arktische Gäste an unseren Küsten. - Aula, Wiebelsheim
  • Detlev Singer, Die Vögel Mitteleuropas, Kosmos Naturführer
  • Madge, Steve, Hilary Burn (1989): Wassergeflügel, Parey Verlag, Hamburg/Berlin
  • S. M. Uspenski: Die Wildgänse Nordeurasiens, Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft, Hohenwarsleben 2003, Nachdruck der 1. Auflage von 1965, ISBN 3-89432-7561

Weblinks


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