- Russenmütze
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Die Uschanka (russisch ушанка) ist eine auch für extreme kalte Wetterverhältnisse geeignete Kopfbedeckung. In unterschiedlichen Ausführungen wurde sie den verschiedenen Bedürfnissen angepasst. Die Bezeichnung Uschanka, eine Kombination aus "ushi" (у́ши, Ohren) sowie „schapka“ (шaпкa, Mütze), weist auf die Möglichkeit hin, die am Mützenrand eingenähten, nach oben aufgeschlagenen angebrachte Klappen bei großer Kälte zum Schutz von Ohren und Nacken und eventuell auch der Stirn herunter zu klappen. Das Vorbild für die Uschanka wurde in den 1930ern beim finnischen Militär eingeführt, hat sich aber nach 1941 durch ihre Adaption und Gebrauch als russische Militärmütze über die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes hinaus international verbreitet. Bis heute erfreut sie sich bei Privatpersonen, verschiedenen Berufsgruppen und Organisationen großer Beliebtheit. Im Deutschen ist die Uschanka zum Inbegriff einer Russenmütze geworden und wird vielfach auch so genannt.
Die im englischsprachigen Ausland, aber auch in Deutschland verbreitete Bezeichnung „Schapka“ (russisch шaпкa) bedeutet einfach nur Mütze, das Wort gibt somit den Sinn nicht vollständig wieder.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Die Uschanka ist ein eigenständiger Mützentyp. Die klassische Grundform der Kopfbedeckung, blieb seit ihrer Entstehung erhalten. Der Mützenkörper ist der Kopfform angepasst. Im Gegensatz zur sogenannten Bergmütze ist die militärische Version so ausgelegt, dass sie auch unter dem Stahlhelm getragen werden kann. Einen Mützendeckel gibt es deshalb nicht. An dem seitlichen und hinteren Mützenkörper kann ein weicher, umlaufender Nacken- und Ohren-Wangenschutz heruntergeklappt werden. Dieser zumeist aus Pelz gefertigte Schutz ist so breit gefertigt, dass er über die Ohren hinab auch die Wangen vollständig und zumindest Teile des Nackens abdeckt. Im Frontbereich der Mütze befindet sich bei neuzeitlichen Modellen eine zumeist festgenähte, nicht verwendungsfähige Zierklappe. Auf dieser Zierklappe, welche die Stirn bedeckt, ist bei militärischen und vielfach auch bei anderen Berufsgruppierungen ein Abzeichen angebracht.
Uschankas werden oft aus Pelz gearbeitet, vom preiswerten Kaninchenfell, über Schaf, Bisam und Fuchs bis hin zum hochwertigen Nerz oder sogar Zobelfell, es gibt auch Versionen in Kunstpelz, Leder, Kunstleder, Wollfilz sowie Cord. Zivile Modelle aus Webpelz werden vor allem an Touristen verkauft. Seit ein paar Jahren werden für preisgünstige modische Varianten auch vielfältige synthetische Materialien wie Thermostoffe verarbeitet. Zumeist werden bei jeder Mütze auch mindestens zwei der genannten Materialien verarbeitet. In diesem Fall sind die aufgeschlagenen, die Mütze schmückenden Teile meist aus Pelz oder Webpelz. Heruntergeschlagen liegen sie dann wärmend am Kopf an, Bänder aus Stoff oder Leder, modern Klettverschlüsse erlauben die Klappen unter dem Kinn oder auf dem Mützendach zu verbinden.
Die Ohrenklappen der Uschanka auch wirklich unten zu tragen, gilt in Russland als unmännlich. Es werden Trompe-l'oeil Uschankas mit festgenähten, nur zur Zierde dienenden Ohrenklappen hergestellt. Daneben gibt es auch Varianten, bei denen zum Ohrenschutz ein Strickbund herangezogen werden kann und so die bevorzugte Optik mit oben geschlossen Klappen erhalten bleibt.
Geschichte
Mögliche frühe Formen
Mützenformen mit flexiblen Seitenklappen als zusätzlichem Schutz finden sich schon in spätmittelalterlichen und barocken Darstellungen auch außerhalb Russlands. Die Uschanka geht auf den Zweiten Weltkrieg zurück.
1940–1945
Der russisch-finnische Winterkrieg von 1939, bei dem tausende russische Soldaten mangels geeigneter Ausrüstung und Organisation an Erfrierungen und Hunger starben, machte ein erneutes Überdenken der gesamten, erst 1936 eingeführten erdbraunen Uniformierung der Roten Armee notwendig. Die für die winterlichen Verhältnisse wesentlich besser ausgerüstete finnische Armee hatte 1936 mit der Turkislakki M36 eine Mütze eingeführt, die der späteren russischen Uschanka zum Verwechseln ähnlich sah. Das Nachfolgemodell Turkislakki M39 wurde bereits im Winterkrieg getragen und ist bis heute bei den finnischen Streitkräften in Gebrauch.
Neben einer fortschrittlichen Kälteschutzbekleidung, der Telogreika, welche aus produktionstechnischen Gründen erst 1941 schrittweise eingeführt wurde, erhielten die ersten russischen Soldaten 1940 eine neue, wärmende Kopfbedeckung ähnlich den finnischen Turkislakki. Die Uschanka ersetzte dabei die noch aus der Revolutionszeit stammende spitze und hohe Budjonowka. Diese war aus Wollfilz gefertigt worden und hatte ebenfalls einen Ohrenschutz besessen. Die Nachteile der Budjonowka waren jedoch ihr hoher Aufbau, der Soldaten zur Zielscheibe machen konnte, sowie der nur bei gemäßigten Witterungsbedingungen wirksame Stoff. Außerdem konnte man mit der Budjonowka keinen Helm tragen, was nun möglich war.[1]
Offiziere trugen Uschankas aus echtem Pelz; für die Soldaten und Unteroffiziere wurden von Anfang an billigere Modelle mit Fellimitaten aus Wollplüsch und einer weiteren Stofflage gefertigt, die man abwertend als „Fischpelz“ bezeichnete.[2]
Statt eines auffälligen großen roten Sterns wie bei der Budjonowka gab es für die neue Mütze nur einen kleinen roten Stern aus Email, der auf der Stirnklappe angebracht war. Ab dem Zweiten Weltkriegs bis zum Ende der Roten Armee wurden auch billigere Varianten des Abzeichens aus khaki gestrichenem Metall ausgegeben.[3]
Wie andere sowjetische Kälteschutzbekleidungen wurde auch die Uschanka sehr schnell bei den deutschen Soldaten als inoffizieller Ausrüstungsgegenstand an der russischen Front beliebt[4], da in Deutschland lange nicht an einer wirksamen Armeebekleidung für sehr tiefe Temperaturen gearbeitet worden war. Erst ab Winter 1943/44 wurden dem russischen Klima entsprechende Anzüge ausgegeben.[5] Kriegsbedingt und aufgrund der teils komplizierten Herstellungstechniken fanden aber nur viel zu wenige dieser Bekleidungen den Weg zur Front. 1943/44 wurde auf deutscher Seite auch damit begonnen, die Uschanka zu kopieren[6].
Nach 1945
Wie beispielsweise beim Trenchcoat, wurde die Uschanka nach 1945 nicht mehr nur als Uniformstück verwendet, sondern auch für die zivile Nutzung nachgebaut.
Trotz der positiven Erfahrungen fand die Uschanka nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Eingang in die westdeutsche Bundeswehr oder andere westdeutsche Behörden und Organisationen. Nur im zivilen Bereich erfreute sie sich einer gewissen Beliebtheit. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch bei anderen NATO-Staaten während des Kalten Krieges, was sicherlich auf ideologische Gründe zurückzuführen ist.
Im Gegensatz dazu wurde und wird die Uschanka in verschiedenen Varianten auch in vielen Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes und weiterer kommunistisch regierter Ländern wie China und Nordkorea getragen.
Im Laufe der 1980er Jahre wurde die Uschanka auch im Westen häufiger und beliebter, wobei die Herkunft aus den fast baugleichen finnischen Turkislakkis aus Unwissenheit nicht beachtet wurde. Im Norden der USA fand die Mütze ab 1991 auch durch osteuropäischen Einwanderer eine breitere Aufnahme und wird seit den 1990er Jahren u.a. bei einigen amerikanischen und kanadischen Polizeistellen eingesetzt.
In der russischen Armee sind Nachfolgemodelle der Uschanka M40 bis heute Bestandteil der Winterbekleidung von Offizieren und Soldaten.
Die finnische Turkislakki M39 hingegen wird auch heute noch unverändert von den finnischen Streitkräften getragen. Daneben gehört auch eine leicht modifizierte Variante, die Turkislakki M87 zur Ausstattung.
Einzelnachweise
- ↑ Laurent Mirouze: Infanteristen des Zweiten Weltkriegs, Verlag Karl-Heinz Dissberger, Düsseldorf, ISBN 3-924753-27-X, S. 28
- ↑ Zaloga, Steven J. Red Army of the Great Patriotic War 1941-5. Osprey Publishing, 1989. ISBN 0-85045-939-7. p. 43
- ↑ Laurent Mirouze: Infanteristen des Zweiten Weltkriegs, Verlag Karl-Heinz Dissberger, Düsseldorf, ISBN 3-924753-27-X, S. 52
- ↑ Mathias Färber: Zweiter Weltkrieg, Unipart-Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 3-8122-3001-1, S. 556
- ↑ Andrew Steven, Peter Amodio: Waffen-SS – Uniformen in Farbe, Verlag Karl-Heinz Dissberger, 2. Auflage, Düsseldorf 1992, ISBN 3-924753-44-X, S. 58
- ↑ Andrew Steven, Peter Amodio: Waffen-SS – Uniformen in Farbe, Verlag Karl-Heinz Dissberger, 2. Auflage, Düsseldorf 1992, ISBN 3-924753-44-X, S. 63
Weblinks
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