Warschauer Pakt

Warschauer Pakt
Flagge der Warschauer Vertrages
Gründung 14. Mai 1955
Auflösung 1. Juli 1991
Mitgliedstaaten Albanien 1946Albanien Albanien bis 13. September 1968
SowjetunionUdSSR UdSSR
Bulgarien 1971Bulgarien Bulgarien
Deutschland Demokratische Republik 1949DDR Deutsche Demokratische Republik bis 24. September 1990[1]
Polen VolksrepubliPolen Polen
Rumänien 1965Rumänien Rumänien
TschechoslowakeiTschechoslowakei Tschechoslowakei
Ungarn 1957Ungarn Ungarn
Hauptquartier Moskau und Lemberg, UdSSR
Die acht Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages

Der Warschauer Pakt – eine im Westen gebräuchliche Bezeichnung, im offiziellen Sprachgebrauch der Teilnehmerstaaten Warschauer Vertragsorganisation genannt – war ein von 1955 bis 1991 bestehender militärischer Beistandspakt des Ostblocks unter der Führung der Sowjetunion. Er wurde mit dem Warschauer Vertrag gegründet und bildete im Kalten Krieg das Gegenstück zum von den USA geführten NATO-Bündnis. Wirtschaftlich waren die Ostblockstaaten bereits seit 1949 im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe zusammengeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte und Gründungskonferenz

Eröffnung der „Konferenz europäischer Länder zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit Europas“ zur Vorbereitung des Warschauer Vertrages 1955
Der Ministerpräsident und stellvertretender Staatsratsvorsitzender der DDR, Otto Grotewohl, bei der Vertragsunterzeichnung in Warschau

Der Warschauer Pakt war ein Ergebnis der seit 1947 zunehmenden Spannungen zwischen den Alliierten des Zweiten Weltkrieges. Im Westen wurde die Expansion der Sowjetunion und die Bildung von Satellitenstaaten als massive Bedrohung für die westlichen Demokratien empfunden, die man durch die Gründung der NATO im April 1949 einzudämmen versuchte. Die Staaten des sozialistischen Lagers in Europa standen seit dem Einmarsch sowjetischer Besatzungstruppen 1944/1945 unter dem Einfluss der UdSSR.

Die Mitglieder des Brüsseler Paktes und Italien unterzeichneten mit der Bundesrepublik Deutschland am 23. Oktober 1954 die Pariser Verträge, die das Besatzungsstatut in Westdeutschland beendeten und zur Gründung des kollektiven militärischen Beistandspakts der Westeuropäische Union (WEU) führten. Die Westalliierten unterstrichen den Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung für Deutschland und traten zugleich für die Wiederbewaffnung Westdeutschlands ein; die Sowjetunion wollte den geplanten Beitritt der Bundesrepublik zur NATO verhindern. Nach mehreren diplomatischen Noten und Erklärungen reagierte sie mit einer Sicherheitskonferenz in Moskau, die vom 29. November bis 2. Dezember 1954 tagte und an der neben der sowjetischen Delegation Regierungsvertreter aus Albanien, Bulgarien, der DDR, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn teilnahmen. Zum Abschluss der Konferenz wurde die Moskauer Erklärung (auch: Moskauer Deklaration) verabschiedet. Darin warnten die Unterzeichner vor einer Ratifizierung der Pariser Verträge und gaben bekannt, ein eigenes Militärbündnis gründen zu wollen. Entsprechende Absichtserklärungen zur gemeinsamen Organisation der Streitkräfte sollten folgen.

Um die DDR in das Bündnis aufnehmen zu können, wurde der Kriegszustand formell zum 21. Januar 1955 beendet. Mit der Ratifizierung der Pariser Verträge in den Mitgliedsstaaten traten diese am 5. Mai 1955 in Kraft. Daraufhin wurde im polnischen Staatsratsgebäude in Warschau zum Abschluss der zweiten „Konferenz europäischer Länder zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit Europas“ vom 11. bis 14. Mai 1955 durch Albanien, Bulgarien, die DDR[A 1], die VR Polen, Rumänien, Ungarn, die Sowjetunion und die Tschechoslowakei der Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (kurz Warschauer Vertrag) durch die Ministerpräsidenten unterzeichnet; er bestand aus einer Präambel und elf Artikeln. Für die Volksrepublik China nahm Verteidigungsminister Peng Dehuai als Beobachter an der Konferenz teil.[2] Durch die Gründung des Militärbündnisses sicherte sich die Sowjetunion ihren Hegemonialanspruch in Osteuropa. Nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden durch alle Unterzeichnerstaaten bei der Regierung der Volksrepublik Polen trat der Warschauer Vertrag am 4. Juni 1955 in Kraft.[3]

Bezeichnung

Briefmarkenausgabe zum 20. Jahrestag des Warschauer Vertrages (DDR 1975)

Der Organisation lag der multilaterale Vertrag von 1955 zugrunde und das Militärbündnis hieß im Sprachgebrauch der DDR Warschauer Vertragsorganisation (WVO) oder im Westen meist Warschauer Pakt.

Die offizielle Bezeichnung in den Sprachen der Mitgliedstaaten war:

  • Albanisch: Pakti i miqësisë, bashkpunimit dhe i ndihmës së përbashkët, kurz Pakti i Varshavës
  • Bulgarisch: Договор за дружба, сътрудничество и взаимопомощ, kurz Варшавски договор
  • Deutsch: Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand, kurz Warschauer Vertrag
  • Polnisch: Układ o Przyjaźni, Współpracy i Pomocy Wzajemnej, kurz Układ Warszawski
  • Rumänisch: Tratatul de prietenie, cooperare și asistență mutuală, kurz Tratatul de la Varșovia bzw. Pactul de la Varșovia
  • Russisch: Договор о дружбе, сотрудничестве и взаимной помощи, kurz Варшавский договор
  • Slowakisch: Zmluva o priateľstve, spolupráci a vzájomnej pomoci, kurz Varšavská zmluva
  • Tschechisch: Smlouva o přátelství, spolupráci a vzájemné pomoci, kurz Varšavská smlouva
  • Ungarisch: Barátsági, együttműködési és kölcsönös segítségnyújtási szerződés, kurz Varsói Szerződés

Vertragsbestimmungen und -partner

Medaille des Warschauer Paktes: „Union des Friedens und des Sozialismus“

Bestimmungen

Der Wortlaut des zugrundeliegenden Vertrags ähnelt in weiten Teilen dem des Nordatlantikvertrages. Die Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages versicherten einander ihren Willen zur Friedenssicherung und zur gegenseitigen militärischen Hilfeleistung im Falle eines Angriffs auf einen oder mehrere der Teilnehmerstaaten (Artikel 4). Ein gemeinsames Kommando der nationalen Streitkräfte sollte die Effektivität des Bündnisses sichern (Art. 5). Man hatte sich unverzüglich zu beraten, wenn ein Angriff vorhersehbar war (Art. 3). Für den Fall des Abschlusses eines kollektiven Sicherheitspaktes für ganz Europa sollte der Vertrag seine Gültigkeit verlieren (Art. 11).

Die Interpretation dieser Bestimmungen unterschied sich jedoch grundlegend von denen des Nordatlantikvertrages. So unterstanden zum einen die Truppen des Warschauer Pakts fast vollständig dem Vereinten Oberkommando, welches wiederum vollständig dem Kommando des sowjetischen Generalstabes unterstand. Zum anderen wurden die Bestimmungen auch nach innen restriktiv interpretiert und mit Hilfe dieses Vertrages die sowjetische Kontrolle der Vertragsstaaten auch mit militärischen Mitteln durchgesetzt.

Im Gegensatz zum Nordatlantikvertrag, welcher in Artikel 2 auch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit festschrieb, war der Warschauer Vertrag ein reines Militärbündnis. Die zivilwirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten wurde im schon 1949 gegründeten Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) koordiniert.

Zielsetzungen

Der Warschauer Pakt diente als Stützpfeiler der offiziellen Politik der Sowjetunion durch die Bündnispartner. Die Stationierung sowjetischer Truppen in fast allen Mitgliedstaaten und das Vereinte Oberkommando unter sowjetischer Kontrolle sorgten dafür, dass die Herrschaft der jeweiligen kommunistischen Partei und die Treue gegenüber der Sowjetunion nicht in Frage gestellt werden konnten.

In Fällen, bei denen einzelne Teilnehmerstaaten den von Moskau vorgegebenen Kurs verlassen wollten, wurde dies als Angriff von außen auf das sozialistische Staatensystem ausgelegt und mit einer militärischen Intervention geahndet: Beispielsweise in Ungarn (Ungarischer Volksaufstand, 1956) und in der ČSSR (Prager Frühling, 1968) schlugen Truppen des Warschauer Pakts nationale Aufstände nieder. Bereits vor der Unterzeichnung des Vertrags war der Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR von der Sowjetarmee niedergeschlagen worden. Theoretisch und ideologisch untermauert wurde ein solches Vorgehen nach 1968 durch die Breschnew-Doktrin.

Mitgliedstaaten

Die NATO und der Warschauer Pakt im Kalten Krieg

Geschichte

Medaille 30 Jahre der Freundschaft und Zusammenarbeit im Warschauer Vertrag

Bilaterale Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand

Mit den bilateralen Bündnisverträgen wurde die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfeleistung unterzeichnet, um alle gewaltsamen militärischen Handlungen, die sich gegen die territoriale Integrität und Souveränität einer Vertragspartei richteten, zu verhindern. Den ersten dieser Freundschaftsverträge hatte die Sowjetunion schon während des Krieges am 12. Dezember 1943 mit der tschechoslowakischen Exilregierung abgeschlossen, der am 27. November 1963 für die Tschechoslowakei verlängert wurde. Von 1943 bis 1949 gab es bereits 23 bilaterale Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (VFZ) der ersten Generation in Osteuropa. Neben diesem Vertragssystem der gegenseitigen Verträge bestanden ab 1956/57 auch Truppenstationierungsabkommen der Sowjetunion mit der DDR (12. März 1957), Polen (17. Dezember 1956), Rumänien (15. April 1957) und Ungarn (27. Mai 1957) mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Aber bereits der Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion vom 20. September 1950 zur Grenzregelung enthielt eine Vereinbarung zur Stationierung von sowjetischen Truppen in der DDR.

Als die Sowjetunion mit der DDR am 12. Juni 1964 einen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand schloss, der die volle Einbeziehung der DDR in das bilaterale Bündnissystem vorsah, wurden in der Zeit von 1964 bis 1972 insgesamt 20 Bündnisverträge der zweiten Generation unterzeichnet:[4]

Mitgliedsstaat Bulgarien DDR Polen Rumänien Tschechoslowakei UdSSR Ungarn
Bulgarien 7. September 1967 6. April 1967 19. November 1970 24. April 1968 12. Mai 1967 10. Juli 1969
DDR 7. September 1967 15. März 1967 12. Mai 1972 17. März 1967 12. Juni 1964 18. Mai 1967
Polen 6. April 1967 15. März 1967 12. November 1970 1. März 1967 1. März 1967 16. Mai 1968
Rumänien 19. November 1970 12. Mai 1972 12. November 1970 16. August 1968 7. Juli 1970 24. Februar 1972
Tschechoslowakei 24. April 1968 17. März 1967 1. März 1967 16. August 1968 6. Mai 1967 14. Juni 1968
UdSSR 12. Mai 1967 12. Juni 1964 1. März 1967 7. Juli 1970 6. Mai 1967 7. September 1967
Ungarn 10. Juli 1969 18. Mai 1967 16. Mai 1968 24. Februar 1972 14. Juni 1968 7. September 1967

Die Hegemonie der Sowjetunion wurde durch die bilateralen Bündnisverträge noch verstärkt, da diese eine unmittelbare Beistandsverpflichtung bei einem bewaffneten Angriff vorsahen, die auch in den meisten Verträgen sich nicht nur auf Europa beschränkte.

In der dritten Generation der Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand erfolgte nach der Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) im August 1975 die Einbeziehung der Breschnew-Doktrin und der ökonomischen Integration. Zudem wurde die Laufzeit der Verträge auf 25 Jahre festgelegt. Die DDR unterzeichnete am 7. Oktober 1975 mit der Sowjetunion diesen neuen Vertrag sowie später weitere mit Ungarn (24. März 1977), Polen (29. Mai 1977), Bulgarien (14. September 1977) und der Tschechoslowakei (3. Oktober 1977).

Ungarischer Volksaufstand

Hauptartikel: Ungarischer Volksaufstand

Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten (inkl. Kontingente aus den USA und Kanada) und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1959
Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten (mit Kontingenten aus den USA und Kanada) und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1973

Durch den Reformkurs der ungarischen Regierung unter Imre Nagy und während des Volksaufstandes vom 23. Oktober bis zum 4. November 1956 proklamierte Nagy am 1. November 1956 die Neutralität Ungarns und den Austritt aus dem Warschauer Pakt. Drei Tage später intervenierte die Sowjetarmee und setzte Panzerverbände zur Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn ein. Bei den Kämpfen, die in Budapest bis zum 15. November dauerten, kamen etwa 20.000 Menschen ums Leben.

Intervention in der Tschechoslowakei und Austritt Albaniens

Hauptartikel: Prager Frühling

Nach dem Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakische Sozialistische Republik (ČSSR) im August 1968, an dem sich Soldaten aus der Sowjetunion, Polen, Ungarn und Bulgarien beteiligten und 98 Tschechen und Slowaken ums Leben kamen sowie etwa 50 Soldaten der Interventionstruppen, trat Albanien am 13. September 1968 unter Bruch der Vertragsbestimmungen formell aus dem Bündnis aus. Die Mitgliedschaft ruhte bereits seit dem 1. Februar 1962, als 1961 die diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion abgebrochen wurden. Nach dem Austritt aus dem Militärbündnis wurde Albanien zunehmend durch die Volksrepublik China gestützt.

Nuklearpläne

Am 13. September 2008 stellten Hans Rühle, der ehemalige Chef des Planungsstabes im Bonner Bundesministerium der Verteidigung, und Michael Rühle, der Leiter des Planungsstabes in der politischen Abteilung der NATO in Brüssel, in einem Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ Planungen für einen Ersteinsatz von Atomwaffen des Warschauer Paktes im Kriegsfall gegen die NATO in Westeuropa vor.

Laut Rühle waren diese Planungen überraschend, da man bisher davon ausging, dass der Warschauer Pakt zuerst konventionelle Waffen einsetzen würde. Aus freigegebenen polnischen und tschechoslowakischen Dokumenten sowie aus Dokumenten der Nationalen Volksarmee (NVA) werde laut den Autoren deutlich, dass der Warschauer Pakt ab dem Jahr 1961 einen präemptiven nuklearen Erstschlag gegen die NATO plante. Als Beispiel führen sie die Großübung Buria von 1961 an, bei der trainiert wurde, den Schlag präventiv drei Minuten vor einem beginnenden Angriff der NATO durchzuführen. Dabei sollten 422 nukleare Gefechtsköpfe auf westdeutschem Boden zur Explosion kommen.

Ab etwa 1964 plante der Warschauer Pakt einen begrenzten präventiven Nuklearkrieg mit über 1000 Nuklearwaffen gegen Westeuropa. Konventionelle Truppen sollten später Westeuropa innerhalb weniger Tage besetzen. Dabei wurden die Verstrahlung und die darauf folgende Kampfunfähigkeit der ersten Angriffswelle der eigenen Truppen hingenommen.[5]

Erst unter Gorbatschow wurden diese Kriegspläne 1986 geändert. „Einzig die DDR arbeitete auf alter Grundlage weiter. Noch in der Übung ‚Stabstraining 1989‘ plante sie die Verwüstung grenznaher Landstriche Schleswig-Holsteins durch 76 teilweise großkalibrige Nuklearwaffen.“[5]

Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa

Am 19. November 1990 wurde anlässlich des KSZE-Gipfeltreffens in Paris von den 22 Regierungschefs der Mitgliedsländer der North Atlantic Treaty Organization (NATO) und des Warschauer Paktes (WP) der Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) über gegenseitige Rüstungsbeschränkungen unterzeichnet. Am 17. Juli 1992 trat er vorläufig, am 9. November 1992 endgültig in Kraft, als der Warschauer Vertrag bereits aufgelöst war.

Auflösung

Am 26. April 1985 wurde der Warschauer Vertrag zuletzt um 25 Jahre verlängert und hätte sich auch um jeweils weitere zehn Jahre automatisch verlängert.

Im Zuge der von Gorbatschow in der UdSSR eingeleiteten Perestroika kamen zunehmend Zweifel an der Breschnew-Doktrin auf. Mit der sowjetischen Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde endgültig klar, dass Freiheitsbestrebungen in den anderen Warschauer-Pakt-Staaten nicht mehr gewaltsam unterdrückt werden konnten. Daraufhin begannen die anderen Mitgliedstaaten, auf einen Abzug der sowjetischen Truppen aus ihren Ländern und auf die Auflösung des Warschauer Pakts zu drängen. Obwohl die sowjetische Führung eine gleichzeitige Auflösung von NATO und Warschauer Pakt bevorzugt hätte, gab sie schließlich nach.

Am 24. September 1990 unterzeichnete Rainer Eppelmann als Minister für Abrüstung und Verteidigung (MfAV) der DDR und der Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Pakts, der sowjetische Armeegeneral Pjotr G. Luschew, in Ost-Berlin ein Protokoll über die Herauslösung der Nationalen Volksarmee aus der militärischen Organisation des Bündnisses. Nur wenige Tage später wurde am 2. Oktober 1990 die NVA aufgelöst.

Die militärischen Strukturen des Bündnisses wurden am 31. März 1991, der Warschauer Pakt hierzu selbst am 1. Juli 1991 offiziell aufgelöst. Die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn stationierten sowjetischen Truppen wurden abgezogen; in Deutschland blieb auf ehemaligem DDR-Gebiet dagegen bis Ende Oktober 1994 die sowjetische (ab 22. Dezember 1991 russische) Westgruppe der Truppen (WGT, vormals GSSD) stationiert.

Organisation

Tagung des Warschauer Paktes in Ost-Berlin, 1987 – v.l.n.r.: Gustav Husak (ČSSR), Todor Schiwkow (VRB), Erich Honecker (DDR), Michail Gorbatschow (UdSSR), Nicolae Ceaușescu (SRR), Wojciech Jaruzelski (VRP) und Janos Kadar (UVR)

Politischer Beratender Ausschuss (PBA)

Die Leitung und Koordinierung des Warschauer Pakts war die Aufgabe des einmal jährlich in Moskau tagenden Politischen Beratenden Ausschusses (PBA), der sich auch als „WP-Gipfeltreffen“ darstellte, als höchstes Entscheidungsgremium des Bündnisses. Der Generalsekretär des PBA war zugleich Leiter des Vereinten Sekretariats, das als Exekutivorgan angesehen wurde und unterstützt wurde durch ständige Kommissionen, darunter auch eine Verbindungsstelle zum Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).

Die Mitgliedstaaten wurden im PBA vertreten durch:

  • die Ersten bzw. Generalsekretäre der Zentralkomitees (ZK) der sozialistischen und kommunistischen Parteien,
  • die Regierungschefs und
  • die Außenminister.

Der Vorsitz wechselte.

Die erste Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses wurde vom 27. bis 28. Januar 1956 in Prag abgehalten.

Komitee der Verteidigungsminister

Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings, die auch als ein Grund für den Austritt Albaniens aus dem Bündnis gesehen wurde, wuchs auch der Druck auf die Sowjetunion, den Mitgliedstaaten mehr Mitspracherechte zu gewähren. Ab 1969 wurde hierzu das Komitee der Verteidigungsminister als Koordinierungsstelle für militärische Fragen gebildet. Dem Komitee gehörten – neben den Verteidigungsministern als stellvertretende Oberbefehlshaber – der sowjetische Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte und zugleich 1. Stellvertreter des Verteidigungsministers der Sowjetunion sowie deren Generalstabschef an.

Militärrat des Vereinten Oberkommandos

Dem Komitee angegliedert waren ein Militärrat des Vereinten Oberkommandos unter der Führung des Oberbefehlshabers der Vereinten Streitkräfte und der stellvertretenden Verteidigungsminister, die regelmäßig zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte tagten und berieten, sowie ein Technisches Komitee.

Vereintes Oberkommando

Mit der Gründung des Warschauer Paktes 1955 wurde ein Beschluss zur Schaffung eines Vereinten Kommandos der Streitkräfte der Teilnehmerstaaten gefasst. Zum ersten Oberkommandierenden der Vereinten Streitkräfte wurde der Marschall der Sowjetunion Iwan Stepanowitsch Konew ernannt. Der Oberkommandierende war stets ein sowjetischer General, der zugleich die Funktion des ersten Stellvertreters des sowjetischen Verteidigungsministers ausübte und somit diesem direkt unterstand. Der Stab der Vereinten Streitkräfte wurde von einem Stellvertreter, gleichfalls einem sowjetischen General, geführt. Das Hauptquartier des Vereinten Oberkommandos befand sich ab 1972 in Moskau und in Teilen auch in Lemberg (Lwiw).

Die Teilnehmerstaaten waren verpflichtet, Teile ihrer nationalen Streitkräfte für die Vereinten Streitkräfte bereitzustellen. Zu Beginn des Bündnisses stellte die Sowjetunion mit rund 75 Prozent des Personals das größte Kontingent zur Verfügung, da die weiteren Teilnehmerstaaten sich erst in der Phase des Aufbaus und der Modernisierung ihrer Streitkräfte befanden. Kontingente der DDR wurden ab den 24. Mai 1958 den Vereinten Streitkräften zugeordnet, da deren Nationale Volksarmee erst am 1. März 1956 gegründet wurde und sich ebenfalls noch im Aufbau befand.

Im Frieden umfasste der Aufgabenbereich:

  • die Führung und Koordination von multinationalen Manövern
  • die operative Planung und Dislozierungsentscheidungen,
  • die Organisation von Ausbildung, Ausrüstung und Führungskontrolle
  • die enge Zusammenarbeit mit dem sowjetischen Generalstab, der die Kontrolle über die komplette Luftverteidigung und Versorgung ausübte.

Dem Vereinten Oberkommando unterstellt waren:

In Kriegszeiten hatte das Vereinigte Oberkommando keine operativen Aufgaben; die vollständige Befehlsgewalt über alle Land-, Luft- und Seestreitkräfte der Mitgliedstaaten hätte der Generalstab der Sowjetunion übernommen.

Oberkommandierender der Vereinten Streitkräfte

Name von bis
1. Marschall der Sowjetunion Iwan Konew 14. Mai 1955 1960
2. Marschall der Sowjetunion Andrei Gretschko 1960 Juli 1967
3. Marschall der Sowjetunion Iwan Jakubowski Juli 1967 30. November 1976
4. Marschall der Sowjetunion Wiktor Kulikow 1977 2. Februar 1989
5. Armeegeneral Pjotr Luschew[6][7] 2. Februar 1989 1991

Generalstabschef der Vereinten Streitkräfte

Name von bis
1. Armeegeneral Alexei Antonow 1955 16. Juni 1962
2. Armeegeneral Pawel Batow 1962 1965
3. Armeegeneral Michail Kasakow 1965 1968
4. Armeegeneral Sergei Schtemenko 1968 1976
5. Armeegeneral Anatoli Iwanowitsch Gribkow 1976 1989
6. Armeegeneral Wladimir Lobow 1989 1990

Siehe auch

Literatur

  • Vojtech Mastny, Malcolm Byrne (Hrsg.): A Cardboard Castle. An Inside History of the Warsaw Pact, 1955–1991. Central European University Press, Budapest 2005, ISBN 963-7326-08-1.
  • Frank Umbach: Das rote Bündnis. Entwicklung und Zerfall des Warschauer Pakts, 1955–1991. Christoph Links, Berlin 2005, ISBN 3-86153-362-6.
  • Wilfried Düchs: Die Organisation der Warschauer-Pakt-Staaten als „Partieller Bundesstaat“? Univ. Diss., Würzburg 1976.
  • Gottfried Zieger: Der Warschauer Pakt. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung, Hannover 1974.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schlussakt zum Protokoll über die Herauslösung der NVA aus der Militärorganisation des Warschauer Vertrages; am 2. Oktober 1990 endete die fast 35-jährige Existenz der NVA. Näher dazu Rüdiger Wenzke in: Der Warschauer Pakt. Von der Gründung bis zum Zusammenbruch 1955 bis 1991 (= Militärgeschichte der DDR; Bd. 16). Im Auftrag des MGFA hrsg. von Torsten Diedrich, Winfried Heinemann und Christian F. Ostermann, Ch. Links, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-504-1, S. 109 f.
  2. Bundesarchiv (PDF)
  3. GBl. DDR 1955 S. 381, 392
  4. Sicherheit und Frieden. Handbuch der militärischen Verflechtungen – Militärbündnisse, Rüstungen, Strategien – Analysen zur Sicherheitspolitik, ISBN 3-813-20266-6, S. 39 ff.
  5. a b Hans Rühle, Michael Rühle: Der Warschaupakt plante den nuklearen Überfall auf Westeuropa. In: Neue Zürcher Zeitung-Online vom 13. September 2008, S. 9. Abgerufen am 22. August 2010.
  6. http://www.osaarchivum.org/files/holdings/300/8/3/pdf/143-4-97.pdf
  7. http://www.chroniknet.de/daly_de.0.html?year=1989&month=2

Anmerkungen

  1. Erklärung des Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl, auf der ersten Sitzung der Warschauer Konferenz vom 11. Mai 1955 (Bundesarchiv; PDF)

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Synonyme:

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