Satz von Eberlein–Šmulian

Satz von Eberlein–Šmulian

Der Satz von Eberlein–Šmulian (nach William Frederick Eberlein und Witold Lwowitsch Šmulian) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, der eine Aussage über Kompaktheitseigenschaften bezüglich der schwachen Topologie eines Banachraums macht.

In der Topologie wird die Folgenkompaktheit als Variante der Kompaktheit untersucht. Keiner dieser beiden Begriffe folgt aus dem jeweils anderen. Sei zum Beispiel X die Einheitskugel im Dualraum des Folgenraums \ell^\infty. Mit der schwach-*-Topologie ist X nach dem Satz von Banach-Alaoglu kompakt. X ist nicht folgenkompakt, denn ist E_n:\ell^\infty \mapsto {\mathbb K}, E_n((x_k)_k) := x_n, so ist (En)n eine Folge in X, die keine konvergente Teilfolge hat. Umgekehrt gibt es folgenkompakte Räume, die nicht kompakt sind.

Es ist ein bekannter Satz, dass in metrischen Räumen die Begriffe Kompaktheit und Folgenkompaktheit zusammenfallen. Da die schwache Topologie auf einem Banachraum nicht metrisierbar ist, außer im endlichdimensionalen Fall, ist der folgende Satz von Eberlein–Šmulian bemerkenswert.

Der Satz von Eberlein–Šmulian

Sei X eine nicht-leere Teilmenge eines Banachraums. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:

  • Der schwache Abschluss von X ist schwach-kompakt (d.h. kompakt bzgl. der schwachen Topologie).
  • Der schwache Abschluss von X ist schwach-folgenkompakt (d.h. folgenkompakt bzgl. der schwachen Topologie).

Bemerkungen

  1. Für schwach-abgeschlossene Teilmengen eines Banachraums fallen daher die Begriffe kompakt und folgenkompakt zusammen.
  2. Ein vergleichbarer Satz für die schwach-*-Topologie gilt nicht, wie das eingangs gegebene Beispiel der Einheitkugel in (\ell^\infty)^' zeigt.
  3. Šmulian hat 1940 gezeigt, dass schwach-kompakte Mengen in Banachräumen schwach-folgenkompakt sind. Die Umkehrung wurde erst 1947 von Eberlein gezeigt. Diese Umkehrung wurde 1952 von Alexander Grothendieck auf lokalkonvexe Räume, die bezüglich ihrer Mackey-Topologie quasivollständig sind, verallgemeinert.
  4. Ist X eine schwach-kompakte Teilmenge in einem Banachraum, so weist sie folgende Besonderheit auf: Eine Teilmenge Y\subset X ist genau dann schwach-abgeschlossen, wenn sie schwach-folgenabgeschlossen ist, d.h. wenn sie mit jeder konvergenten Folge auch den Grenzwert enthält. Es ist klar, dass abgeschlossene Mengen folgenabgeschlossen sind. Ist umgekehrt Y\subset X folgenabgeschlossen, so ist Y als Teilmenge des nach obigem Satz folgenkompakten Raumes X folgenkompakt und daher, wieder nach dem Satz von Eberlein-Šmulian, schwach-kompakt und damit schwach abgeschlossen.
  5. Da ein Banachraum genau dann reflexiv ist, wenn seine Einheitskugel schwach-kompakt ist, erhält man aus dem Satz von Eberlein–Šmulian ein weiteres Reflexivitätskriterium: Ein Banachraum ist genau dann reflexiv, wenn seine Einheitskugel schwach-folgenkompakt ist, und das ist äquivalent dazu, dass jede beschränkte Folge eine schwach-konvergente Teilfolge besitzt.

Literatur

  • Joseph Diestel: Sequences and Series in Banach Spaces. Springer, New York u. a. 1984, ISBN 0-387-90859-5.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Satz von Eberlein–Smulian — Der Satz von Eberlein–Šmulian (nach William Frederick Eberlein und Witold Lwowitsch Šmulian) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, der eine Aussage über Kompaktheitseigenschaften bezüglich der schwachen Topologie eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Šmulian — Witold Lwowitsch Schmulian (russisch Витольд Львович Шмульян, in anderer Transliteration auch Šmulian; * 29. August 1914; † 1944 in Praga (Warschau)) war ein russischer Mathematiker. Schmulian erzielte 1936 seinen ersten Abschluss in Mathematik… …   Deutsch Wikipedia

  • Witold Lwowitsch Šmulian — Witold Lwowitsch Schmulian (russisch Витольд Львович Шмульян, in anderer Transliteration auch Šmulian; * 29. August 1914; † 1944 in Praga (Warschau)) war ein russischer Mathematiker. Schmulian erzielte 1936 seinen ersten Abschluss in Mathematik… …   Deutsch Wikipedia

  • William Frederick Eberlein — (* 1917; † 1986) war ein US amerikanischer Mathematiker. Eberlein studierte von 1936 bis 1942 an der University of Wisconsin und an der Harvard University, wo er 1942 mit der Arbeit Closure, Convexity, and Linearity in Banach Spaces bei Marshall… …   Deutsch Wikipedia

  • Schmulian — Witold Lwowitsch Schmulian (russisch Витольд Львович Шмульян, in anderer Transliteration auch Šmulian; * 29. August 1914; † 1944 in Praga (Warschau)) war ein russischer Mathematiker. Schmulian erzielte 1936 seinen ersten Abschluss in Mathematik… …   Deutsch Wikipedia

  • Witold Lwowitsch Schmulian — (russisch Витольд Львович Шмульян, in anderer Transliteration auch Šmulian; * 29. August 1914; † 1944 in Praga (Warschau)) war ein russischer Mathematiker. Schmulian erzielte 1936 seinen ersten Abschluss in Mathematik an der staatlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Reflexiver Raum — Reflexivität ist ein Begriff aus der Funktionalanalysis und der Algebra. Inhaltsverzeichnis 1 Reflexive Räume 1.1 Definition 1.2 Beispiele 1.3 Reflexivitätskriterien …   Deutsch Wikipedia

  • Schwache Topologie — Der Begriff schwache Topologie bezeichnet in der Mathematik eine spezielle Topologie auf normierten Vektorräumen und gehört zu den wichtigsten Konzepten der Funktionalanalysis. Eine in der schwachen Topologie konvergente Folge wird als schwach… …   Deutsch Wikipedia

  • Banach-Saks-Eigenschaft — Die Banach Saks Eigenschaft, benannt nach Stefan Banach und Stanisław Saks, ist eine mathematische Eigenschaft aus der Theorie der Banachräume. Sie sichert zu einer beschränkten Folge die Existenz einer Teilfolge, die im arithmetischen Mittel… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”