Schwache Topologie

Schwache Topologie

Der Begriff schwache Topologie bezeichnet in der Mathematik eine spezielle Topologie auf normierten Vektorräumen und gehört zu den wichtigsten Konzepten der Funktionalanalysis. Eine in der schwachen Topologie konvergente Folge wird als schwach konvergent bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Die schwache Topologie auf einem normierten Vektorraum

Definition

Sind E ein normierter Vektorraum und E^\prime sein topologischer Dualraum, so nennt man die Initialtopologie von E bezüglich E^\prime die schwache Topologie auf E.

Die schwache Topologie ist also die gröbste Topologie, bezüglich der alle normstetigen linearen Funktionale stetig sind. Eine andere Formulierung ist, dass die Urbilder offener Mengen der normstetigen linearen Funktionale eine Subbasis der schwachen Topologie bilden. Konkret bedeutet dies, dass man die offenen Mengen auf E wie folgt konstruiert:

  • Bilde alle Urbilder \phi^{-1}(O) \subseteq E für \phi \in E^\prime und O \subseteq \mathbb{R} bzw. \mathbb{C} offen,
  • bilde alle endlichen Durchschnitte der Mengen aus dem ersten Schritt,
  • bilde alle Vereinigungen (auch unendliche) der Mengen aus dem zweiten Schritt.

Dies sind alle offenen Mengen der schwachen Topologie auf E.

Eigenschaften

  • Die schwache Topologie ist gröber als die durch die Norm induzierte Topologie (Normtopologie oder starke Topologie).
  • Die abgeschlossene Einheitskugel von E ist genau dann schwach kompakt, wenn E ein reflexiver Banachraum ist.
  • Der Raum E mit der schwachen Topologie ist ein Hausdorff-Raum.
  • Versieht man E mit der schwachen Topologie, dann bleiben Addition und Skalarmultiplikation stetige Verknüpfungen, und E ist ein lokalkonvexer Raum.
  • In lokalkonvexen topologischen Vektorräumen sind abgeschlossene und konvexe Teilmengen schwach abgeschlossen.
  • Der Satz von Eberlein–Šmulian stellt die Äquivalenz von Kompaktheit und Folgenkompaktheit bzgl. der schwachen Topologie auf Banachräumen fest.

Konvergenz in der schwachen Topologie

Definition

Eine Folge (x_n)_{n \in \mathbb{N}} in einem normierten Vektorraum E heißt schwach konvergent, wenn sie bezüglich der schwachen Topologie auf E konvergiert.

Eigenschaften

  • Da E bezüglich der schwachen Topologie ein Hausdorffraum ist, ist der schwache Grenzwert, falls er überhaupt existiert, eindeutig.
  • Jede stark konvergente Folge (konvergent in der Norm) ist auch schwach konvergent, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Ein Gegenbeispiel ist im Folgenraum l^p(\mathbb{K}) mit 1 < p<\infty die Folge \left(e_n\right)_{n \in \N}, wobei e_1 = (1,0,0,0,\ldots), e_2 = (0,1,0,0,\ldots), \ldots gilt. Ist nämlich \varphi \in \left(l^p\right)', so gibt es eine Folge \left(a_n\right)_{n \in \N} \in l^{q}, wobei \tfrac{1}{p} + \tfrac{1}{q} = 1, so dass \textstyle \varphi(x) = \sum_{n=1}^{\infty} a_n x_n für alle x = (x_n)_{n \in \N} \in l^p gilt. Damit gilt \varphi(e_n) = a_n \rightarrow 0 für n \rightarrow \infty, also konvergiert die Folge \left(e_n\right)_{n \in \N} schwach gegen 0. Da aber \|e_n\|_{l^p} = 1 für alle n \in \N, konvergiert die Folge nicht stark gegen 0. Aufgrund der beschriebenen Eindeutigkeit gilt sogar, dass keine Teilfolge von \left(e_n\right)_{n \in \N} stark konvergieren kann.
  • Jede schwache konvergente Folge eines normierten Vektorraums ist beschränkt. Diese Eigenschaft ist eine Folgerung aus dem Satz von Banach-Steinhaus.
  • In einem reflexiven Raum besitzt jede beschränkte Folge eine schwach konvergente Teilfolge. Da jeder Hilbertraum reflexiv ist, besitzt also eine beschränkte Folge in einem Hilbertraum immer eine schwach konvergente Teilfolge.

Merkregel zum Begriff „schwach“ in der Funktionalanalysis

„Schwach“ bedeutet so viel wie „bzgl. aller stetigen Linearformen ...“.

Beispiele:

  • Eine Folge ist genau dann schwach konvergent, wenn sie bzgl. aller stetigen Linearformen konvergiert.
  • Eine Menge ist genau dann schwach folgenkompakt, wenn jede Folge daraus eine bzgl. aller stetigen Linearformen konvergente Teilfolge besitzt.
  • Eine Menge ist genau dann schwach beschränkt, wenn das Supremum aller beim Anwenden von stetigen Linearformen auf alle Elemente der Menge resultierenden Zahlen endlich ist (wegen des Satzes von Banach-Steinhaus ist jede schwach beschränkte Menge immer normbeschränkt).

Verwandte Begriffe

Literatur

  • Harro Heuser: Funktionalanalysis. Theorie und Anwendung. 3. durchgesehene Auflage. Teubner-Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-519-22206-X (Mathematische Leitfäden), dort
S. 348: Definition der Schwachen Topologie,
S. 331f: Schwache Konvergenz in normierten Räumen.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schwache Konvergenz — wird in der Mathematik in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: Für schwache Konvergenz in Stochastik und Maßtheorie: siehe Konvergenz (Stochastik) Für schwache Konvergenz in der Funktionalanalysis: siehe Schwache Topologie …   Deutsch Wikipedia

  • Schwache Operatortopologie — Der Begriff Linearer Operator wurde in der Funktionalanalysis (einem Teilgebiet der Mathematik) eingeführt und ist synonym zum Begriff der linearen Abbildung. Eine lineare Abbildung ist eine strukturerhaltende Abbildung zwischen Vektorräumen über …   Deutsch Wikipedia

  • Mackey-Topologie — Der Satz von Mackey Arens (nach George Mackey und Richard Friederich Arens) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, genauer aus der Theorie der lokalkonvexen Räume. Der Satz von Mackey Arens behandelt die Frage, in welchen… …   Deutsch Wikipedia

  • Indiskrete Topologie — topologischer Raum berührt die Spezialgebiete Mathematik Topologie ist Spezialfall von Mengensystem umfasst als Spezialfälle …   Deutsch Wikipedia

  • Schwach-*-Topologie — Die schwach * Topologie ist eine wichtige Topologie auf dem Dualraum eines normierten (oder allgemeiner lokalkonvexen) Raums. Die Bedeutung beruht u.a. auf dem Satz von Banach Alaoglu, wonach die Einheitskugel im Dualraum bezüglich dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Mackey-Raum — Der Satz von Mackey Arens (nach George Mackey und Richard Friederich Arens) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, genauer aus der Theorie der lokalkonvexen Räume. Der Satz von Mackey Arens behandelt die Frage, in welchen… …   Deutsch Wikipedia

  • Mackey-Toplogie — Der Satz von Mackey Arens (nach George Mackey und Richard Friederich Arens) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, genauer aus der Theorie der lokalkonvexen Räume. Der Satz von Mackey Arens behandelt die Frage, in welchen… …   Deutsch Wikipedia

  • Satz von Mackey — Der Satz von Mackey Arens (nach George Mackey und Richard Friederich Arens) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, genauer aus der Theorie der lokalkonvexen Räume. Der Satz von Mackey Arens behandelt die Frage, in welchen… …   Deutsch Wikipedia

  • Satz von Eberlein–Smulian — Der Satz von Eberlein–Šmulian (nach William Frederick Eberlein und Witold Lwowitsch Šmulian) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, der eine Aussage über Kompaktheitseigenschaften bezüglich der schwachen Topologie eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Satz von Mackey-Arens — Der Satz von Mackey Arens (nach George Mackey und Richard Friederich Arens) ist ein mathematischer Satz aus der Funktionalanalysis, genauer aus der Theorie der lokalkonvexen Räume. Der Satz von Mackey Arens behandelt die Frage, in welchen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”