- Dualraum
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Der (algebraische) Dualraum ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Der Dualraum eines (im Allgemeinen endlichdimensionalen) Vektorraums V über einem Körper K ist der Vektorraum aller linearen Abbildungen von V nach K. Ist der Vektorraum V endlichdimensional, so hat er dieselbe Dimension wie sein Dualraum, die beiden Vektorräume sind somit isomorph.
In der Funktionalanalysis betrachtet man den topologischen Dualraum eines (im Allgemeinen unendlichdimensionalen) topologischen Vektorraums. Dieser besteht aus allen stetigen linearen Funktionalen.
Inhaltsverzeichnis
Der algebraische Dualraum
Definition und Begriffsbildung
Zu einem Vektorraum V über einem Körper K bezeichnet V * den zu V gehörigen Dualraum, das heißt die Menge aller linearen Abbildungen von V nach K. Seine Elemente werden je nach Kontext auch Funktionale, Linearformen oder auch 1-Formen genannt. Insbesondere in der Physik verwendet man gerne die Sprache der Tensoralgebra; dann heißen die Elemente von V kontravariante, die von V * kovariante Vektoren oder auch Kovektoren. Die Abbildung heißt duale Paarung und hat Analogien mit dem Skalarprodukt eines Hilbertraums.
Dualraum ist Vektorraum
Durch die nachfolgende Definition der Addition und der skalaren Multiplikation von K auf V * ist V * selbst ein Vektorraum über dem Körper K.
Hierzu definiert man die vektorielle Addition:
- durch für alle
und die skalare Multiplikation:
- durch für alle
Basis des Dualraums
Ist V ein n-dimensionaler Vektorraum so ist auch V * n-dimensional. Es gilt also dim KV * = dim KV = n.
Sei eine Basis von V, dann heißt mit
-
linear und =
die duale Basis zur Basis X und ist eine Basis des Dualraumes V * . Die Wirkung der Elemente von V * auf V kann als Bilinearform
aufgefasst werden. Damit lässt sich die Wirkung dualer Basisvektoren auf Basisvektoren übersichtlich mit dem Kronecker-Delta schreiben:
- .
Indem man jede Linearform f des algebraischen Dualraums mit ihrem Kern, also der Lösungsmenge der homogenen linearen Gleichung identifiziert, kommt man in der Projektiven Geometrie zu einer Dualität zwischen Punkten und Hyperebenen des projektiven Raumes. Diese Dualität wird im Artikel „Projektives Koordinatensystem“ dargestellt.
Ist V hingegen ein unendlichdimensionaler Vektorraum, so lässt sich auf diese Art und Weise im Allgemeinen keine duale Basis konstruieren. Ist nämlich eine Basis des unendlichdimensionalen Vektorraums V. Dann kann man die lineare Abbildung betrachten. Diese ist ein Element des Dualraums V * , jedoch lässt sie sich nicht als endliche Linearkombination der darstellen. Daher bilden die kein Erzeugendensystem von V * .
Der topologische Dualraum
Topologischer Dualraum eines normierten Raums
Falls der zugrundeliegende Vektorraum V ein normierter Vektorraum ist, kann man zusätzlich zum algebraischen auch den topologischen Dualraum betrachten. Dieser ist die Menge aller stetigen linearen Funktionale und wird in der Regel mit bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen algebraischem und topologischem Dualraum ist nur dann wichtig, wenn V ein unendlichdimensionaler Raum ist. In einem endlichdimensionalen Raum sind alle linearen Funktionale automatisch stetig, und somit sind der algebraische und der topologische Dualraum identisch. Wenn im Zusammenhang mit Banachräumen von einem Dualraum die Rede ist, ist meistens der topologische Dualraum gemeint. Das Studium der Dualräume von Banachräumen ist eines der Hauptgebiete der Funktionalanalysis.
Der topologische Dualraum ist wieder ein normierter Vektorraum mit der Norm .
Ist V ein Vektorraum über einem analytisch vollständigen Körper K (also z. B. oder ), dann ist der Dualraum immer vollständig, also ein Banachraum.
Besonders einfach ist der (topologische) Dualraum, falls V ein Hilbertraum ist. Nach einem Satz, den M. Fréchet 1907 für separable und F. Riesz 1934 für allgemeine Hilberträume bewiesen hat, sind ein reeller Hilbertraum und sein Dualraum isometrisch isomorph zueinander, siehe Satz von Fréchet-Riesz. Die Vertauschbarkeit von Raum und Dualraum kommt besonders deutlich in der Bra-Ket-Schreibweise von Dirac zum Ausdruck. Diese wird besonders in der Quantenmechanik verwendet, denn die quantenmechanischen Zustände werden durch Vektoren in einem Hilbertraum modelliert.
Da jeder endlichdimensionale Vektorraum über den reellen oder komplexen Zahlen isomorph zu einem Hilbertraum ist, sind endlichdimensionale Räume stets zu sich selbst dual.
Der starke Dualraum eines lokalkonvexen Raums
Ist E ein lokalkonvexer Raum, so bezeichnet E' wie im Falle der normierten Räume den Raum der stetigen, linearen Funktionale. Die Auszeichnung einer geeigneten Topologie auf dem Dualraum ist aufwändiger. Folgende Definition ist so angelegt, das sich im Spezialfall des normierten Raums die oben beschriebene Normtopologie auf dem Dualraum ergibt:
Ist beschränkt, so definiert eine Halbnorm auf E'. Die Menge der Halbnormen pB, wobei B die beschränkten Mengen von E durchläuft, definiert die sogenannte starke Topologie auf E'. Man nennt E' mit der starken Topologie den starken Dualraum und bezeichnet ihn manchmal genauer mit Eb', wobei das tiefgestellte b für beschränkt (engl. bounded, frz. borné) steht.
Die schwach-*-Topologie ist ebenfalls eine häufig betrachtete Topologie auf E', diese fällt aber im Falle unendlichdimensionaler normierter Räume nicht mit der oben beschriebenen Normtopologie auf dem Dualraum zusammen. In der Theorie der lokalkonvexen Räume ist daher mit Dualraum in der Regel der starke Dualraum gemeint.
Bidualraum
Da der Dualraum eines normierten Raums nach obigem ein Banachraum ist, kann man den Dualraum des Dualraums, den sogenannten Bidualraum betrachten. Hier ist interessant, dass es eine kanonische Einbettung von in gibt, die durch gegeben ist. (Das heißt: jedes Element des ursprünglichen Raumes ist auf natürliche Weise auch ein Element des Bidualraums). Wenn sich jedes Element des Bidualraums durch ein Element aus darstellen lässt, genauer wenn die kanonische Einbettung ein Isomorphismus ist, dann heißt der Banachraum reflexiv. Reflexive Räume sind einfacher zu handhaben als nicht reflexive, sie sind in gewisser Weise den Hilberträumen am ähnlichsten. Im nicht-reflexiven Fall ist die kanonische Einbettung zwar nicht mehr surjektiv aber immer noch isometrisch, und man schreibt üblicher Weise . Demnach ist jeder normierte Raum in einem Banachraum enthalten; der Übergang von V zum topologischen Abschluss in ist eine Möglichkeit, die Vervollständigung eines normierten Raumes zu bilden.
Ein Beispiel für einen nicht-reflexiven Raum ist der Folgenraum c0 aller Nullfolgen mit der Maximumsnorm. Der Bidualraum kann in natürlicher Weise mit dem Folgenraum der beschränkten Folgen mit der Supremumsnorm identifiziert werden. Es gibt nicht-reflexive Banachräume, bei denen die kanonische Einbettung also kein Isomorphismus ist, es aber einen anderen Isomorphismus zwischen Raum und Bidualraum gibt. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte James-Raum, nach Robert C. James.
Beispiele
In der folgenden Aufstellung wird zu einem Banachraum V der ersten Spalte ein weiterer Banachraum W in der zweiten Spalte angegeben, der im Sinne der in der dritten Spalte angegebenen Dualität isometrisch isomorph zum Dualraum von V ist. Genauer bedeutet dies: Jedes Element aus W definiert durch die Formel der Dualität ein stetiges lineares Funktional auf V. Dadurch erhält man eine Abbildung , und diese ist linear, bijektiv und isometrisch.
Banachraum Dualraum Dualität Bemerkung c0 = Raum der Nullfolgen mit der Supremumsnorm = Raum der absolut summierbaren Folgen mit der Norm siehe Folgenraum c = Raum der konvergenten Folgen mit der Supremumsnorm = Raum der absolut summierbaren Folgen mit der Norm = Raum der absolut summierbaren Folgen mit der Norm = Raum der beschränkten Folgen mit der Supremumsnorm = Raum der in p-ter Potenz absolut summierbaren Folgen mit der Norm = Raum der in q-ter Potenz absolut summierbaren Folgen mit der Norm K(H) = Raum der kompakten Operatoren auf dem Hilbertraum H N(H) = Raum der nuklearen Operatoren auf dem Hilbertraum H siehe nuklearer Operator N(H) = Raum der nuklearen Operatoren auf dem Hilbertraum H B(H) = Raum der beschränkten Operatoren auf dem Hilbertraum H siehe nuklearer Operator N(E) = Raum der nuklearen Operatoren auf E B(E,E'') = Raum der beschränkten Operatoren E Banachraum mit Approximationseigenschaft, siehe nuklearer Operator = p-Schatten-Klasse auf dem separablen Hilbertraum H = q-Schatten-Klasse auf dem separablen Hilbertraum H Lp(X,μ) = Raum der in p-ter Potenz integrablen Funktionen mit der Norm Lq(X,μ) = Raum der in q-ter Potenz integrablen Funktionen mit der Norm (X,μ) Maßraum, , siehe Dualität von Lp-Räumen L1(X,μ) = Raum der integrablen Funktionen mit der Norm = Raum der wesentlich beschränkten, messbaren Funktionen mit der Norm (X,μ) σ-endlicher Maßraum = Raum der stetigen -wertigen Funktionen, die im Unendlichen verschwinden, mit der Supremumsnorm = Raum der regulären Borelmaße mit der totalen Variation als Norm X lokalkompakter Hausdorffraum Siehe auch
Literatur
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. Springer Verlag, 2005. ISBN 3-540-43586-7
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