Scalping

Scalping

Scalping (englisch to scalp: „skalpieren, das Fell über die Ohren ziehen“) bezeichnet das Vorgehen mancher Fondsmanager, Herausgeber von Börsenbriefen, Wirtschaftsjournalisten und anderer umgangssprachlich bisweilen „Börsengurus“ genannter Personen, zu einem günstigen Kurs marktenge Aktien meist kleiner Unternehmen zu kaufen und anschließend gezielt positive Meldungen über das Wertpapier auszustreuen und es in der Öffentlichkeit zum Kauf zu empfehlen. Durch die so gestartete große Nachfrage schnellt der Kurs zunächst in die Höhe, bis die Urheber des Scalping ihre Anteile wieder verkaufen und einen Kursgewinn einstreichen, der aus der Nachfrage der zum Kauf verleiteten Anleger resultiert. Da durch die raschen Verkäufe der Aktien durch die Täter die Kurse oft wieder stark sinken, erleiden die Anleger, die auf die positiven Nachrichten vertraut haben, nicht selten hohe Anlageverluste. So wird ihnen im übertragenen Sinn „das Fell über die Ohren gezogen“.

Der Begriff Scalping wird außerdem für eine legale Form des Daytradens verwendet. Der Anleger nutzt dabei kleinste Kursschwankungen eines Wertes. Der gekaufte bzw. verkaufte Wert wird oft wenige Ticks später wieder glattgestellt. Um mit dieser Handelsmethode erfolgreich an der Börse zu sein, sind große Kapitalbewegungen nötig. Deshalb findet man dieses Vorgehen sehr oft beim CFD- und Forex-Handel.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage

Bis 2003 vertraten die juristische Literatur und die Gerichte in Deutschland überwiegend die Rechtsauffassung, dass es sich beim Scalping um ein strafbares Insidergeschäft handle, das mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden könne. Im November 2003 stellte der Bundesgerichtshof in höchstrichterlicher Instanz jedoch fest, dass es sich dabei um eine verbotene Marktmanipulation nach § 20a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) handelt. Aufgehoben wurden somit die vom Landgericht Stuttgart in der Vorinstanz verhängten Freiheitsstrafen auf Bewährung gegen zwei Anlageberater, die in einen klassischen Fall von Scalping verwickelt waren.[1]

Je nachdem, ob die Manipulationshandlung des Scalping lediglich dazu geeignet ist, auf den Börsen- oder Marktpreis einzuwirken oder ob es tatsächlich zu einer Einwirkung kommt, erfolgt eine Sanktion als Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), die mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro belegt werden kann oder als Straftat (§ 38 Abs.2 WpHG), für die Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren droht.

Die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten des WpHG durch die BaFin wird erheblich dadurch erschwert, dass den Tätern ein Vorsatz zur Kursmanipulation meist nicht nachgewiesen werden kann und das „Schönreden“ bestimmter Wertpapiere an sich durch die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt ist. In den USA dagegen existieren deutlich schärfere Gesetze gegen das Scalping, hier können mehrjährige Freiheitsstrafen für überführte Täter verhängt werden. Die US-amerikanische Aufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) ist zu drastischeren Ermittlungsmethoden berechtigt als die deutsche BaFin. In den USA gilt der Grundsatz „Disclose or Abstain“ (Offenlegen oder sich heraushalten). Dies wurde vom BGH zitiert und gilt auch in Deutschland (BGH, Urteil vom 6. November 2003, Aktenzeichen 1 StR 24/ 03).

Der Empfehlende hat in seinem Börsenbrief/Aktienempfehlung die Interessenkollision offenzulegen oder sich herauszuhalten, damit ihm nicht Scalping vorgeworfen werden kann. Das Verbot des § 20a WpHG wird durch die aufgrund von § 20a Abs. 5 WpHG erlassene Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung - MaKonV näher konkretisiert. Dort heißt es:

§ 4 Sonstige Täuschungshandlungen
(1) Sonstige Täuschungshandlungen im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Wertpapierhandelsgesetzes sind Handlungen oder Unterlassungen, die geeignet sind, einen verständigen Anleger über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere Angebot und Nachfrage in Bezug auf ein Finanzinstrument, an einer Börse oder einem Markt in die Irre zu führen und den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments oder den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hoch- oder herunterzutreiben oder beizubehalten.
(2) Anzeichen für sonstige Täuschungshandlungen sind auch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge, bei denen die Vertragspartner oder Auftraggeber oder mit diesen in enger Beziehung stehende Personen vorab oder im Nachhinein
1. unrichtige oder irreführende Informationen weitergeben oder
2. unrichtige, fehlerhafte, verzerrende oder von wirtschaftlichen Interessen beeinflusste Finanzanalysen oder Anlageempfehlungen erstellen oder weitergeben.
(3) Sonstige Täuschungshandlungen sind insbesondere auch
1. die Sicherung einer marktbeherrschenden Stellung über das Angebot von oder die Nachfrage nach Finanzinstrumenten durch eine Person oder mehrere in Absprache handelnde Personen mit der Folge, dass unmittelbar oder mittelbar Ankaufs- oder Verkaufspreise dieser Finanzinstrumente bestimmt oder nicht marktgerechte Handelsbedingungen geschaffen werden;
2. die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchtes zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird.

Beispiel

Ein prominentes Beispiel ist Markus Frick. Er verschwieg bei seinen Aktien-Kaufempfehlungen seinen Interessenkonflikt und verkaufte für über 760 Millionen Euro Aktien. Deshalb wurde er zu einer Bewährungsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt.[2][3]

Weitere Formen der Börsenmanipulation

Literatur

  • Thomas Luther: Aktien & Co. Mit Strategie zum Börsenerfolg. Stiftung Warentest, Berlin 2004, S. 41, ISBN 3-937880-00-3

Einzelnachweise

  1. Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. November 2003, Aktenzeichen 1 StR 24/03
  2. ftd.de: „Leichtes Spiel für Markus Frick“, 14. April 2011
  3. faz.net: „Markus Frick zu Bewährungsstrafe verurteilt“
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