Schachteldiagramm

Schachteldiagramm
Ein vertikaler Boxplot über einem Zahlenstrahl dargestellt

Der Boxplot (auch Box-Whisker-Plot oder deutsch Kastengrafik) ist ein Diagramm, das zur graphischen Darstellung der Verteilung statistischer Daten verwendet wird. Er fasst dabei verschiedene robuste Streuungs- und Lagemaße in einer Darstellung zusammen. Ein Boxplot soll schnell einen Eindruck darüber vermitteln, sowohl in welchem Bereich die Daten liegen, als auch wie sich die Daten über diesen Bereich verteilen. Deshalb werden alle Werte der sogenannten Fünf-Punkte-Zusammenfassung, also der Median, die zwei Quartile und die beiden Extremwerte, dargestellt.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Ein Boxplot besteht immer aus einem Rechteck, genannt Box, und zwei Linien, die dieses Rechteck verlängern. Diese Linien werden als „Whisker“ oder seltener als „Fühler“ oder „Antennen“ bezeichnet und werden durch einen Strich abgeschlossen.

Box

Die Box entspricht dem Bereich, in dem die mittleren 50 % der Daten liegen. Sie wird also durch das obere und das untere Quartil begrenzt und die Länge der Box entspricht dem Interquartilsabstand (interquartile range, IQR). Dieser ist ein Maß der Streuung der Daten, welches durch die Differenz des oberen und unteren Quartils bestimmt wird. Des Weiteren wird der Median als durchgehender Strich in der Box eingezeichnet. Dieser Strich teilt das gesamte Diagramm in zwei Hälften, in denen jeweils 50 % der Daten liegen. Durch seine Lage innerhalb der Box bekommt man also einen Eindruck von der Schiefe der den Daten zugrunde liegenden Verteilung vermittelt. Ist der Median im linken Teil der Box, so ist die Verteilung rechtsschief und umgekehrt.

Whisker

Box-Plot mit Whiskern der Länge 1,5×IQR
Box-Plot derselben Daten mit Whiskern vom Minimum bis zum Maximum der Daten

Durch die Whisker werden die außerhalb der Box liegenden Werte dargestellt. Im Gegensatz zur Definition der Box ist die genaue Definition der Whisker nicht einheitlich.

Eine mögliche Definition, die von John W. Tukey stammt, besteht darin, die Länge der Whisker auf maximal das 1,5-fache des Interquartilsabstands (1,5×IQR) zu beschränken. Dabei endet der Whisker jedoch nicht genau nach dieser Länge, sondern bei dem Wert aus den Daten, der noch innerhalb dieser Grenze liegt. Die Länge der Whisker wird also durch die Datenwerte und nicht allein durch den Interquartilsabstand bestimmt. Dies ist auch der Grund, warum die Whisker nicht auf beiden Seiten gleich lang sein müssen. Gibt es keine Werte außerhalb der Grenze von 1,5×IQR, wird die Länge des Whiskers durch den maximalen und minimalen Wert festgelegt. Andernfalls werden die Werte außerhalb der Whisker separat in das Diagramm eingetragen. Diese Werte können dann als ausreißerverdächtig behandelt werden oder werden direkt als Ausreißer bezeichnet.

Häufig werden Ausreißer, die zwischen 1,5×IQR und 3×IQR liegen, als „milde“ Ausreißer bezeichnet und Werte, die über 3×IQR liegen, als „extreme“ Ausreißer. Diese werden dann auch meist unterschiedlich im Diagramm gekennzeichnet.

Eine weitere mögliche Definition ist diese, dass die Whisker bis zum größten bzw. kleinsten Wert aus den Daten reichen. In dieser Darstellung sind dann keine Ausreißer mehr erkennbar, da die Box inklusive Whisker die gesamte Spannweite der Daten abdeckt.

In einer anderen Variante erfolgt die Berechnung des unteren Whisker als 2,5 % Quantil und die Berechnung des oberen als 97,5 % Quantil. Innerhalb der Whiskergrenzen liegen somit 95 % aller beobachteten Werte. In dieser Darstellung gibt es also (je nach Quantilsdefinition) ab einem bestimmten Stichprobenumfang immer einzeln dargestellte Punkte, die man nicht automatisch als Ausreißer interpretieren sollte.

Abwandlungen

Eine Abwandlung besteht darin, das arithmetische Mittel in einen Boxplot mit einzutragen. Es wird dabei meist als Stern eingetragen. Da der Box-Plot ansonsten nur robuste Streuungs- und Lagemaße enthält, sollte das arithmetische Mittel als nicht-robustes Lagemaß eigentlich nicht in einen Box-Plot aufgenommen werden.

In „notched Boxplots“ werden auch Konfidenzintervalle für den Median aufgenommen.

Zusammenfassung der Kennwerte

Der Vorteil eines Boxplots besteht darin, dass gewisse Kennwerte einer Verteilung direkt aus der graphischen Darstellung abgelesen werden können.

Kennwert Beschreibung Lage im Boxplot
Minimum Kleinster Datenwert des Datensatzes Ende eines Whiskers oder entferntester Ausreißer
Unterers Quartil Die kleinsten 25% der Datenwerte sind kleiner oder gleich diesem Kennwert Beginn der Box
Zentralwert oder Median Die kleinsten 50% der Datenwerte sind kleiner oder gleich diesem Kennwert Senkrechter Strich innerhalb der Box
Oberers Quartil Die kleinsten 75% der Datenwerte sind kleiner oder gleich diesem Kennwert Ende der Box
Maximum Größter Datenwert des Datensatzes Ende eines Whiskers oder entferntester Ausreißer
Spannweite Gesamter Wertebereich des Datensatzes Länge des gesamten Boxplots (inklusive Ausreißer)
Quartilabstand Wertebereich in dem sich die mittleren 50% der Daten befinden Ausdehnung der Box

Anwendung

Aufgrund des einfachen Aufbau von Boxplots werden diese hauptsächlich verwendet, wenn man sich schnell einen Überblick über bestehende Daten verschaffen will. Dabei muss nicht bekannt sein, welcher Verteilung diese Daten unterliegen. Die Box gibt an, in welchem Bereich 50 % der Daten liegen und die Box inklusive Whisker gibt an, in welchem Bereich der Großteil der Daten liegt. An der Lage des Medians innerhalb dieser Box kann man erkennen, ob eine Verteilung symmetrisch oder schief ist. Weniger geeignet ist der Boxplot für bi- oder multimodale Verteilungen. Um solche Eigenschaften aufzudecken, empfiehlt sich die Verwendung von Histogrammen oder die grafische Umsetzung von Kerndichteschätzungen.

Boxplots mit Whiskern von maximal dem eineinhalbfachen Interquartilsabstand eignen sich auch, um eventuelle Ausreißer zu identifizieren oder liefern Hinweise darauf, ob die Daten einer bestimmten Verteilung unterliegen. Wenn der Boxplot stark unsymmetrisch ist, eine ungewöhnlich hohe Ausreißerzahl oder weit von der Box entfernte Ausreißer enthält, deutet das beispielsweise darauf hin, dass die Daten nicht normalverteilt sind.

Der wesentliche Vorteil des Boxplot besteht im raschen Vergleich der Verteilung in verschiedenen Untergruppen. Während ein Histogramm eine zweidimensionale Ausdehnung hat, ist ein Boxplot im Wesentlichen eindimensional, so dass sich leicht mehrere Datensätze nebeneinander (oder untereinander bei waagerechter Darstellung) auf derselben Skala darstellen und vergleichen lassen.

Beispiel

Beispiel für einen Boxplot

Dieses Beispiel beruht auf einer Messreihe mit den folgenden 20 Datenpunkten:

9, 6, 7, 7, 3, 9, 10, 1, 8, 7, 9, 9, 8, 10, 5, 10, 10, 9, 10 und 8

Ein Boxplot hilft dabei sehr schnell einen Überblick über diese Daten zu erhalten. So erkennt man direkt, dass der Median (durchgezogene Linie) genau bei 8.5 liegt und dass je 25% der Daten unter 7 und über 9.5 liegen, denn dies sind genau die Abmessungen der Box, in der 50% der Messwerte enthalten sind. Folglich ist auch der Interquartilsabstand, der der Länge der Box entspricht, genau 2.5.

Dieser Boxplot wurde mit Whiskern bis zu einer Länge des 1.5-fachen Interquartilsabstand erstellt. Diese sind also maximal 3.75 Maßeinheiten lang. Allerdings reichen Whisker stehts nur bis zu einem Wert aus den Daten, der sich noch innerhalb dieser 3.75 Einheiten befindet. Der obere Whisker verläuft also nur bis zu 10, da es keinen größeren Wert in den Daten gibt, und der untere Whisker nur bis 5, da der nächstkleinere Wert weiter als 3.75 vom Anfang der Box entfernt ist.

Die Werte von 1 und 3 werden im Boxplot als Ausreißer markiert, da sie sich nicht innerhalb der Box oder der Whisker befinden. Bei diesen Werten sollte untersucht werden ob es sich tatsächlich um Ausreißer oder um Tippfehler oder anderweitig auffällige Werte handelt.

Da sich der Median innerhalb der Box leicht rechts befindet, kann außerdem auf eine Linksschiefe der zugrundeliegenden Verteilung der Messdaten geschlossen werden. Diese Verteilung wird außerdem vermutlich keine Normalverteilung sein, da der Boxplot unsymmetrisch ist und vergleichsweise viele Ausreißer enthält.

Literatur

  • John W. Tukey: Exploratory data analysis. Addison-Wesley 1977 ISBN 0-201-07616-0
  • Falk et al., Foundations of statistical analyses and applications with SAS, 2002, Birkhäuser

Weblinks


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