Schiefspiegler

Schiefspiegler

Als Schiefspiegler werden Spiegelteleskope bezeichnet, bei denen der Fangspiegel (Sekundärspiegel) nicht in der optischen Achse des Hauptspiegels liegt und der Strahlengang durch die verkippten Spiegel um einige Grad schräg verläuft.

Der Sinn der Konstruktion ist es zu vermeiden, dass der Fangspiegel einen Teil des Hauptspiegels abschattet, wie es bei allen klassischen Systemen mit Ausnahme des Herschel-Teleskops der Fall ist. Dadurch fällt einerseits dieser geringe Lichtverlust weg, vor allem aber tritt keine störende Beugung an Fangspiegel und dessen Halterung auf.

Die bei der Verkippung auftretenden Abbildungsfehler (Astigmatismus und Koma) können durch langbrennweitige Auslegung der Optik reduziert werden und durch optische Korrektur am Fangspiegel bzw. eine Korrekturplatte weitgehend kompensiert werden. Ein kleiner Nachteil ist, dass der Tubus wegen des schrägen Strahlengangs teilweise offen sein muss. Dadurch kann es dort zu lokaler Luftunruhe und zeitweiligem Bildflimmern kommen.

Der (Kutter-)Schiefspiegler moderner Bauart wurde in den 1930er Jahren vom deutschen Maschinenbauingenieur Anton Kutter entwickelt, nachdem eine Vorgängerkonstruktion bereits 1877 von den österreichischen Optikern J. Forster und K. Fritsch gebaut worden war. Es gibt noch weitere moderne Schiefspiegler-Konstruktionen mit anderer Spiegelverkippung und Kugelspiegeln bzw. einem zweiten oder dritten Hilfsspiegel. Siehe

Alle vier Systeme sind neben den o. a. Vorteilen kontrastreicher als die klassischen Bauarten des Spiegelteleskops, allerdings auch aufwendiger in der Herstellung. Sie werden daher meist im Eigenbau von mechanisch versierten Spiegelschleifern hergestellt, wofür einige Astrovereine spezielle Bauanleitungen anbieten (vgl. auch Amateur Telescope Making).

Einen besonders einfachen Aufbau bei sehr guten Abbildungseigenschaften weist der Herrig-Schiefspiegler auf, der aus einem konvexen und einem konkaven sphärischen Spiegel besteht. Diese werden doppelt durchlaufen, wodurch Abbildungsfehler minimiert werden und sich ein 0,4° großes begrenztes Bild ergibt. Nachteilig an der Konstruktion sind die etwa das Anderthalbfache der Apertur durchmessenden Spiegel sowie schwer herzustellende große Radien der Spiegeloberfläche.[1][2] In einer Variante mit einem zweigeteilten Spiegel für die erste und dritte Reflexion wird er kommerziell angeboten.[3]

Buchroeder entwarf einen Tri-Schiefspiegler, der aus drei sphärischen Flächen besteht und ein beugungsbegrenztes Bild ebenfalls für ein Sichtfeld von 0,4° erreichen.[2] Einen besonders gut korrigierten[4] Tri-Schiefspiegler entwickelte David Stevick 1991[5], der das Prinzip des Paul-Korrektors wiederentdeckte und durch die Ausführung als Schiefspiegler dessen große Obstruktion vermeidet. Diese Ausführung, die aus einem Parabol-, einem konvexen und einem konkaven sphärischen Spiegel besteht, wobei letztere gleiche Radien haben, wird deshalb als Stevick-Paul-Teleskop bezeichnet.[2] Wenngleich der Fokus zugänglicher ist als bei einem Paul-Korrektor, ist für die Beobachtung mit einem Okular ein vierter, planer Spiegel erforderlich, der den Strahlengang nach Außen faltet. Andere gut korrigierte Vierspiegler mit außen liegendem Fokus wurde von Michael Brunn 1989 entwickelt, bei denen entweder drei sphärische und ein planer Ablenkspiegel oder ein ellipsoider Hauptspiegel und drei sphärische Spiegel verwendet werden. Für letztere sind Öffnungen bis etwa 1 m angedacht.[6][2]

Außerhalb des Amateur-Bereichs werden gekippte Spiegelanordnungen selten eingesetzt. Frühe Beispiele sind das Herschel-Teleskop und der nach dem gleichen Prinzip gebaute Leviathan, die das Prinzip nutzten, um mit nur einem Spiegel ein Teleskop zu konstruieren, da die im 18. und 19. Jahrhundert verfügbaren Metallspiegel eine geringe Reflektivität aufweisen. Brachyt-Schiefspiegler wurden um 1900 verkauft und ein Exemplar mit 32 cm Öffnung in der Sternwarte Pola installiert.[7] Moderne Verwendung findet das Prinzip im Satelliten Gaia, um eine kompakte Abmessung zu erreichen. Untersucht wurde das Prinzip auch zur Erweiterung des Sichtfeldes von Liquid-Mirror Zenith-Teleskopen.

Referenzen

  1. Erwin Herrig: Kompakt-Schiefspiegler (Spiegelteleskop), 1996
  2. a b c d Herbert Gross, Fritz Blechinger, Bertram Achtner: Handbook of Optical Systems: Survey of optical instruments, Wiley-VCH Verlag, 2008
  3. Wolterscope
  4. Tilted Component Telescope
  5. The Stevick-Paul Telescope
  6. Michael Brunn: Silhouettierungsfreies Spiegelsystem für astronomische Teleskope vom Typ Schiefspiegler
  7. Karl Fritsch: Illustrirtes Preis-Verzeichnis der astronomischen und optischen Instrumente, Wien, 1882

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schiefspiegler — Schiefspiegler,   der Brachyt …   Universal-Lexikon

  • Kutter-Schiefspiegler — Der Kutter Schiefspiegler ist ein Spiegelteleskop vornehmlich zur Himmelsbeobachtung, das von Anton Kutter entwickelt wurde. Er stellt eine Abwandlung des Cassegrainschen Reflektors dar, wobei die Spiegel gegeneinander verkippt sind. Diese… …   Deutsch Wikipedia

  • Yolo-Schiefspiegler — Der Yolo Schiefspiegler ist ein astronomisches Fernrohr (Reflektor) mit zwei gegeneinander verkippten Spiegeln, wobei der Strahlengang gekreuzt, also etwa X förmig, verläuft. Diese Bauform erlaubt eine Abbildung ohne Abschattungen durch… …   Deutsch Wikipedia

  • Reflecting telescope — 24 inch convertible Newtonian/Cassegrain reflecting telescope on display at the Franklin Institute. A reflecting telescope (also called a reflector) is an optical telescope which uses a single or combination of curved mirrors that reflect light… …   Wikipedia

  • Anton Kutter — (* 13. Juni 1903 in Biberach an der Riß; † 1. Februar 1985 ebenda) war ein deutscher Regisseur, bekannter Amateurastronom und Konstrukteur eines neuen Spiegelteleskops, dem Kutter Schiefspiegler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Astronomie …   Deutsch Wikipedia

  • Reflektor-Teleskop — Spiegelteleskop „Leviathan“, um 1860 Ein Spiegelteleskop ist ein Fernrohr, das als Objektiv einen Hohlspiegel besitzt. Bei den meisten Bauformen sind auch andere optische Elemente des Teleskops als Spiegel ausgeführt. Im deutschen Sprachraum… …   Deutsch Wikipedia

  • Spiegelfernrohr — Spiegelteleskop „Leviathan“, um 1860 Ein Spiegelteleskop ist ein Fernrohr, das als Objektiv einen Hohlspiegel besitzt. Bei den meisten Bauformen sind auch andere optische Elemente des Teleskops als Spiegel ausgeführt. Im deutschen Sprachraum… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Fritsch (Optiker) — Original Fritsch Brachyt Karl Fritsch (* 22. August 1855 in Wien; † 2. Jänner 1926 ebenda) war ein österreichischer Optiker und Instrumentenbauer. Zusammen mit J. Forster konstruierte er 1876/77 ein neuartiges astronomisches Spiegelteleskop, bei… …   Deutsch Wikipedia

  • Spiegelteleskop — „Leviathan“, um 1860 Spiegelteleskope sind Teleskope, die als Objektiv einen Hohlspiegel besitzen. Bei den meisten Bauformen sind auch andere optische Elemente als Spiegel ausgeführt. Spiegelteleskope werden überwiegend für astronomische… …   Deutsch Wikipedia

  • Objektiv-Sonnenfilter — Selbst gebaute Sonnenfilter mit geeigneter Folie Kleines Spektiv mit aufsteckbarem Sonnenfilter Ein Sonnenfilter ist ein Zubehörteil eines optischen Instrumen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”