- Korrektor (Teleskop)
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Ein Korrektor ist eine spezielle Anordnung von Linsen oder Spiegeln, die Abbildungsfehler eines Fernrohrobjektivs vermindert oder Abbildungsfehler durch die atmosphärische Dispersion (chromatische Aberration) beseitigt.
Es gibt verschiedene Bauarten, die sich durch die Position des Korrektors im optischen System und infolge dessen auch des Korrektor-Durchmessers in Bezug auf die Apertur (Öffnung des Objektivs) unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Apertur-Position
Befindet sich der Korrektor in der Apertur Position, bildet er gleichzeitig die Blende des Teleskops. Bedeutende Beispiele sind
- die Schmidt-Platte einer Schmidt-Kamera oder eines Schmidt-Cassegrain-Teleskops,
- die meniskusförmige Linse des Maksutov-Teleskops,
- die zwei- oder dreilinsigen Houghton-Korrektoren
- und daraus weiterentwickelt die drei Linsen der Baker-Nunn-Kamera.
Diese ermöglichen die Verwendung eines sphärischen Hauptspiegels mit relativ großem Öffnungsverhältnis (im Bereich 1:3 bis 1:2) und ergeben einen nutzbaren Bildwinkel von mehreren Grad. Die aufwendige Baker-Nunn-Kamera, die spezielle Glassorten und asphärische Linsen einsetzt, erzielt einen Bildwinkel von 30° bei einem Öffnungsverhältnis von 1:1 und einem Linsendurchmesser von 50 cm.
Die Grundlagen dieser Korrektoren wurden in den 1930ern und 40ern entwickelt. Es sind afokale Linsen, die durch ihre besondere Gestalt achromatisch sind und eine Aberration erzeugen, die der des Hauptspiegels entgegengesetzt ist und diese kompensiert. Man erkannte, dass die optisch vorteilhafteste Position des Korrektors im Mittelpunkt der Krümmung des Hauptspiegels, der doppelten Brennweite, liegt. Daraus ergeben sich trotz der hohen Öffnungsverhältnisse relativ lange Teleskopabmessungen und der Hauptspiegel muss einen größeren Durchmesser als die Apertur bzw. der Korrektor aufweisen, um das Bild nicht zu vignettieren. Dies und die bei größeren Durchmessern schwierig zu fertigenden und stabilisierenden Linsen beschränken die Apertur typisch auf Durchmesser von etwa einem Meter. Die größten Aperturen werden mit der Schmidt-Platte erzielt, als Linse mit einem Durchmesser von 134 cm im Alfred-Jensch-Teleskop oder als Schiefspiegel im LAMOST mit einer Apertur von 4 m.
Wenngleich es sich nachteilig auf die optischen Eigenschaften auswirkt, sind davon ausgehend eine ganze Reihe verkürzte Varianten entwickelt worden, wie sie im Maksutov-Cassegrain-Teleskop und Schmidt-Cassegrain-Teleskop, wie dem Wright-Teleskop oder mit Strahlengängen ähnlich dem Newton-Teleskop realisiert sind. Besonders vorteilhaft ist hier der Houghton-Korrektor, da er aufgrund der weiteren Freiheitsgrade durch die Verwendung von zwei Linsen diese Positionsverschiebung besser kompensieren kann. Weiterer Vorteile des Houghton-Korrektors sind die einfachere Herstellbarkeit und die Vermeidung einer Bildfeldwölbung, die sich bei den anderen Korrektoren inhärent aus der Geometrie ergibt und durch einen gekrümmten Film oder einen zusätzlichen Bildfeldebner nahe dem Brennpunkt ausgeglichen werden.
Fokus-Position
Des Weiteren gibt es Korrektoren nahe der Bildebene, die im Englischen als Sub-Aperture Corrector bezeichnet werden. Deren Prinzipien wurden 1912–1914 von Ralph Allen Sampson publiziert[1] und seitdem in vielen Varianten entwickelt:
- Sampsons Korrektor für Newton-Teleskope[2] und für Cassegrain-Teleskope[3]
- Gascoigne[4], asphärisch, einlinsig, beispielsweise im Irenée du Pont- und Henrietta Swope-Teleskop,
- Rosin, zweielementig,[5][6]
- Ross[7], zwei- oder dreielementig, eingesetzt in den 60- und 100-Inch-Teleskopen des Mount-Wilson-Observatoriums,
- Wynne[8][9], dreielementig oder vierelementig, beispielsweise im 5-m-Hale-Teleskop und in den 2,3-m-Teleskopen des Vainu-Bappu-Observatoriums und des Wyoming Infrared Observatory
- Paul, ein konvexer und ein konkaver sphärischer Spiegel korrigieren Koma und Astigmatismus eines parabolförmigen Hauptspiegels.[10] Weiterentwickelt von Baker, der in dem Paul-Baker-Teleskop durch asphärische Spiegeloberflächen zudem die Bildfeldkrümmung beseitig. Diese Konfiguratiion kam in einem 1,8m Teleskop und kommt in abgewandelter Form im LSST zum Einsatz.[11]
- Paracorr, zwei Achromate für paraboloide Hauptspiegel[12]
Diese Korrektoren werden bspw. in Newton-Teleskop zur Erweiterung des Sichtfeldes eingesetzt. Besonders vorteilhaft lassen sich Korrektoren mit einem speziell dafür konstruierten Hauptspiegel und ggf. Sekundärspiegels kombinieren, ersterer hat dann anstelle der paraboloiden eine hyperboloide Form; entsprechende Teleskope werden auch als Hypergraph bezeichnet.[13]
Einige neuere Korrektoren dienen zur Aufwertung bestehender Großteleskope, um mit diesen Himmelsdurchmusterungen durchzuführen. Bedingt durch den großen Hauptspiegel und dessen nicht an den Korrektor angepasste Form erfordern sie große, beabstandete Linsen. Nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über deren Dimensionen. Eine detaillierte Diskussion findet sich in [11]
Name Teleskop Apertur Bildfeld Linsen Durchmesser Länge Kamera Datum WFI[14][15] 2.2-m MPG/ESO 2,2m 0,6° 6 ≈ 40 cm ≈ 35 cm 67 Mpix 1995 Megacam[16] CFHT 3,6 m 1,4° 4 81 cm 190 cm 340 Mpix 2003 WFCAM[17] UKIRT 3,8 m 1,0° 3 + 1 Spiegel 81 cm 16 Mpix 2004 DECam[18] Victor M. Blanco Teleskop 4,0 m 2,2° 5 93 cm 520 Mpix 2011 Hyper-Suprime-Cam[19] Subaru-Teleskop 8,2 m 1,5° 7 (inkl. ADC) 82 cm 185 cm 889 Mpix 2011 WIYN-ODI[20] WIYN-KPNO 3,5 m 1,4° 2 (+ 4 ADC) 63 cm 1024 Mpix 2011 Integrierter Korrektor SDSS 2.5-meter telescope[21] 2,5 m 3° Cassegrain + 2/3 72 cm - 126 Mpix 1998 Pan-STARRS[22] 1,8 m 3° Cass. + 3 50 cm - 1400 Mpix 2006 VISTA[23] 4 m 1,4° Cass. + 3 52 cm - 67 Mpix 2008 VST[24] 2,6 m 1,4° Cass. + 1 (+ 4 ADC)
oder Cass. + 246 cm
44 cm- 268 Mpix 2011 LSST[25] 8,4 m 3,5° Paul-Baker + 3 162 cm - 3200 Mpix 2014 Sphärischer Hauptspiegel
Eine andere Gruppe von Korrektoren ist für einfacher herzustellende sphärische Hauptspiegel entworfen:
Es zeigt sich, dass mit den einfachen Linsen nur bei kleineren Spiegeln bzw. Aperturen eine gute Korrektur möglich ist, bspw. für einen Durchmesser von 200 mm und einer Öffnung von 1:5; bei größeren Spiegeln, bspw. einem 800 mm F/4, ergibt sich auch im Zentrum kein scharfes Bild[27]. Während diese Linsen sphärische Aberrationen korrigieren, rufen sie meist zusätzlichen Astigmatismus, Koma und eine stärkere Bildfeldwölbung hervor[6]. Diese das Bildfeld begrenzenden Abbildungsfehler können durch weitere, räumlich separierte Glieder behoben oder vermindert werden:
- Jones-James[28][27]
- Eine streuende und fokussiernde Linse[29] oder Achromat[30]
- Pankratz Triplett und Dublett,[31] für einen Spiegel mit einer Apertur von 1:2.13 und einem Durchmesser von 75 cm erzielt eine Brennweitenverlängerung von 3.
- GAnAs bestehend aus zwei asphärischen Platten und einer Meniskuslinse für einen 1m-Spiegel mit 5 m Brennweiteund ein Bildfeld von 0,5°. [32]
Für Teleskope mit einem Cassegrain-Strahlengang werden Korrektor-Linsen auch nahe dem Fangspiegel verwendet, wie im Klevtsov-Teleskop und im Argunov-Teleskop[33][34]. Auch für Gregory-Teleskope mit sphärischen Spiegeln sind eine Reihe von Korrektoren entwickelt worden.[35] Einen einfachen Korrektor für sphärische Aberration hat Baker 1978 entworfen, er besteht aus einer Linse im Brennpunkt und einem leicht gekippten ellipsoiden Fangspiegel, der das Bild neben den Brennpunkt projiziert; in dieser Anordnung, die Schupmann-Medial-Fernrohren ähnelt, werden zudem Koma, Astigmatismus, Bildfeldkrümmung und -verzerrung beseitigt.[36] Ebenfalls zum Ausgleich der sphärischen Aberration dienen der aus zwei Spiegeln konstruierte Mertz-Korrektor des Arecibo-Radioteleskops und die aus vier Spiegeln konstruierten Korrektoren des Hobby-Eberly-Teleskops und des Southern African Large Telescope;[37], diesem folgt erforderlichenfalls noch ein siebenlinsiger Korrektor zur Erweiterung des Bildfeldes.[38]. Ein neueres Design für das Hobby-Eberly-Teleskop verspricht durch einen Mertz-Korrektor, gefolgt von einer inversen Cassegrain-Anordnung, eine Korrektur über ein Bildfeld von 18 Bogenminuten durch 4 Spiegel.[39]
Durch einen gänzlich anderen Ansatz können auch mit sphärischen Hauptspiegeln sehr große Bildwinkel erzielt werden. Hierbei besteht der Korrektor aus vielen kleinen Segmente, die aus zwei paarweise angeordneten asphärischen Spiegeln zusammensetzen und die Bildfehler jeweils in ihrem kleinen Bereich ausgleichen. Damit ist es möglich, ein 30m-Teleskop mit 3° Bildwinkel zu konstruieren.[40]
Atmosphärische Dispersion
Werden mit einem Teleskop Beobachtungen außerhalb des Zenits durchgeführt, führt dies durch die Atmosphäre zu einer Aufspaltung des Lichts ähnlich der Farbaufspaltung eines Prismas. Das nebenstehende Bild verdeutlicht diesen Effekt für drei Wellenlängen. Die atmosphärische Dispersion wurde 1869 von Airy beobachtet; er und sein Assistent schlugen verschiedene Gegenmaßnahmen vor.[41] In modernen Teleskopen werden häufig Geradsichtprismen nach Amici eingesetzt, die durch gegenseitiges Verdrehen eine gegenteilig Dispersion hervorrufen und den Effekt kompensieren.[42] Diese sind, um eine kleine Baugröße zu ermöglichen, nahe dem Fokus angeordnet und sind gegebenenfalls dort mit weiteren Korrekturlinsen kombiniert.
Referenzen
- ↑ Ralph Allen Sampson: A New Treatment of Optical Aberrations. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series A, Containing Papers of a Mathematical or Physical Character. 212, 1913, S. 149–185 ([1], abgerufen am 13. Februar 2011).
- ↑ Ralph Allen Sampson: On correcting the field of a Newtonian telescope, 11913MNRAS..73..524S
- ↑ Ralph Allen Sampson: On a Cassegrain Reflector with Corrected Field, 1914RSPTA.213...27S
- ↑ Sidney Charles Bartholemew Gascoigne, Some Recent Advances in Astronomical Optics, 1968, Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society, Vol. 9, p. 98
- ↑ Seymour Rosin: Ritchey Chrétien Corrector System. In: Applied Optics. 5, Nr. 4, 1. März 1966, S. 675-676, doi:10.1364/AO.5.000675.
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- ↑ MegaPrime - Instrument Description
- ↑ UKIRT WFCAM - Optical Design
- ↑ K. Honscheid et al.:The Dark Energy Camera (DECam), 2008
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- ↑ What is Pan-STARRS? Diskussion der Eigenschaften des Korrektor des Pan-STARRS und eines weiterführenden Entwurfs. (engl.)
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- ↑ http://www.eso.org/sci/facilities/lasilla/instruments/feros/Projects/ADC/index.html
Weblinks
- CATADIOPTRIC TELESCOPES: Full-aperture and sub-aperture correctors (engl.)
- Historie (engl.)
- Optical Specification of the MMT Conversion(engl.) Beschreibt einen Korrektor für das 6,5m MMT, der wahlweise 1° Bild mit gekrümmter Bildfläche (für Spektroskopie) oder 0,5° mit ebener Bildfläche liefert.
Kategorien:- Optisches Teleskop
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