Schistosomiasis

Schistosomiasis
Klassifikation nach ICD-10
B65 Schistosomiasis (Bilharziose)
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Schistosomiasis – auch als Bilharziose bezeichnet – ist eine Wurmkrankheit, die in warmen Binnengewässern durch Schnecken als Zwischenwirt verbreitet wird.

Inhaltsverzeichnis

Erreger

Kreislauf der Erreger

Krankheitserreger sind so genannte Pärchenegel (Schistosoma), eine 1–2 cm lange Saugwürmergattung (Trematoda). Die von den Schnecken freigesetzten Larven dringen bei Kontakt in verunreinigtem (kontaminierten) Wasser durch die Haut des Menschen ein und wandern über Lymph- und Blutgefäße in die Leber, wo sie sich weiterentwickeln. Dann verbreiten sie sich über die Venen vor allem in Harnblase, Darm, Leber, Lunge und Gehirn, sowie über die Ausscheidungen in Oberflächengewässer. Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist ausgeschlossen.

Es sind unterschiedliche Erreger der Bilharziose bekannt: Schistosoma haematobium ist der Erreger der Blasenbilharziose, bei der vornehmlich die ableitenden Harnwege und die Harnblase befallen sind. Im Gegensatz hierzu verursachen die S. mansoni, S. intercalatum, S. japonicum und S. mekongi einen Darmbefall. Eine äußerst lästige Infektion mit unterschiedlichen Trichobilharzia-Arten (parasitiert Wasservögel) ist als Cerkarien- oder Zerkariendermatitis bekannt, wobei für Trichobilharzia regenti eine Schädigung der Neuronen und des Zentralnervensystems auch für Menschen nicht ausgeschlossen werden kann.[1][2]

Historisches

Die Blasenbilharziose taucht bereits im altägyptischen Papyrus Ebers als a-a-a-Krankheit auf.[3] Der Name der Krankheit geht auf den deutschen Tropenarzt Theodor Bilharz zurück, der den Erreger bei Obduktionen in einer Kairoer Klinik 1851 entdeckt hatte. Zunächst wurde der Parasit deshalb nach seinem Entdecker Bilharzia genannt.

Epidemiologie

Der Arzt, Bakteriologe und Begründer der Paläopathologie Marc Armand Ruffer konnte Anfang des 20 Jahrhunderts bei seinen systematischen Untersuchungen von Tausenden Mumien, Mumienresten und Skeletten nachweisen, dass die Bilharziose schon im alten Ägypten in der 20. Dynastie verbreitet war. [4] Möglicherweise war sie mit der Aaa-Krankheit identisch.

Die Krankheit ist heute vor allem in Japan, China, den Philippinen, Afrika, der arabischen Halbinsel, Südamerika, der Karibik und dem Nahen Osten verbreitet. Es wird geschätzt, dass etwa 250 bis 300 Millionen Menschen von dem Parasiten befallen und 600 Millionen gefährdet sind. Durch Staudammbauten (z.B. Assuan-Staudamm in Ägypten) und Bewässerungsprojekte nimmt das Erkrankungsrisiko zu.

Krankheitsverlauf und -anzeichen

Die ersten Symptome sind Juckreiz an der Eintrittsstelle der Larven und die Bildung eines Hautausschlages, die sogenannte Zerkariendermatitis. Die Zerkarien können allerdings auch unbemerkt durch gesunde Haut eindringen.

Schistosoma Haematobium wandert dann durch das Gewebe und nach ca. 3-4 Wochen in die Lunge, welches zu einer allergischen Reaktion mit Ödembildung, Quaddelbildung, Husten und Fieber führen kann, dem sogenannten Katayama-Fieber. Die Zerkarien von Schistosoma Haematobium nisten sich dann in der Blasenwand ein und geben Eier in das Gewebe ab. Diese Eier können das Gewebe in Richtung Blasen-Lumen durchdringen und werden dann mit dem Urin wieder ausgeschieden. Bei dem Gewebedurchtritt bewirken die Eier eine zelluläre entzündliche Reaktion in der Blasenwand und es entstehen sogenannte Eigranulome. Da die Schistosomen bis zu 20 Jahre im in der Nähe der Blasenwand befindlichen (perivesikulärem) Gewebe überleben können und durchgehend Eier ablegen, führt die chronische Entzündung zu Miktionsbeschwerden, Blut im Urin, Narbenbildung und die Elastizität der Blasenwand geht langsam zugrunde. In seltenen Fällen können durch die chronische Infektion Plattenepithel-Karzinom (Blasenkrebs) entstehen, wodurch die Infektion dann eine Präkanzerose darstellt.

Die Zerkarien von Schistosoma Mansoni wandern in die Darmwand und führen dort zu einer ähnlichen Reaktion. Die Eier führen auch hier zu Eigranulomen in der Darmwand und zu einer chronischen Entzündung und Polyposis.

Hepatolienale Schistosomen Arten führen zu einer Leberzirrhose und Milzvergrößerung.

Lebensbedrohliche Krankheitsverläufe können in allen Stadien der Erkrankung auftreten.

Behandlung

Zur Therapie kommen relativ nebenwirkungsarme Medikamente zum Einsatz, sehr gebräuchlich ist eine Ein-Tages-Behandlung mit dem Wirkstoff Praziquantel. Aufgrund der wenigen wirksamen Medikamente besteht jedoch die Befürchtung von Resistenzbildungen.[5]

Forschung

Im Jahr 1989 erhielten Aklilu Lemma und Legesse Wolde-Yohannes für ihre Erforschung der Eigenschaften der Endod-Pflanze (Phytolacca dodecandra, siehe: Kermesbeeren) als preiswertes Vorbeugungsmittel gegen Bilharziose sowie für ihren Kampf zur Überwindung der Voreingenommenheit der westlichen Medizin gegenüber der Forschung der Dritten Welt den Right Livelihood Award. 2008 wurde die Wirksamkeit von Oxadiazol-Derivaten gegen den Pärchenegel entdeckt.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kolářová L. et. al.: Histopathology of CNS and nasal infections caused by Trichobilharzia regenti in vertebrates. Parasitology Research, Aug. 2001, Vol. 87, Nr. 8, S. 644-50, doi:10.1007/s004360100431
  2. L. Lichtenbergová et. al.: Trichobilharzia regenti: Host immune response in the pathogenesis of neuroinfection in mice. Experimental Parasitology, August 2011, Vol. 128, Nr. 4, S. 328-335, doi:10.1016/j.exppara.2011.04.006
  3. H. Hof & R.Dörries: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2005, S. 562.
  4. Marc Armand Ruffer: Note on the presence of "Bilharzia haematobia" in egyptian mummies of the twentieth dynasty [1250-1000 B.C.] British Medical Journal, Jan. 1910, Vol. 1, Nr. 2557, S. 16, doi:10.1136/bmj.1.2557.16-a
  5. Ein Hoffnungsschimmer im Kampf gegen Bilharziose. In: Neue Zürcher Zeitung 26. März 2008
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