Papyrus Ebers

Papyrus Ebers
Abschnitt des Papyrus Ebers

Der Papyrus Ebers ist ein medizinischer Papyrus aus dem alten Ägypten. Er gehört neben dem Papyrus Edwin Smith zu den ältesten noch erhaltenen Texten überhaupt und ist zudem einer der ältesten bekannten Texte mit medizinischen Themen, wobei er unter anderem ein großes Spektrum an Beschreibungen von Krankheiten und deren Symptomen und Diagnosen beinhaltet. Des Weiteren enthält der Papyrus Anweisungen für Behandlungen sowie Zubereitung für Heilmittel, zum Beispiel gegen Verletzung, Parasiten und Zahnbeschwerden, aber auch gynäkologische Tipps, wie beispielsweise für die Empfängnisverhütung. Dazu werden Zaubersprüche zur Unterstützung des Heilerfolges angegeben. Zusätzlich wurde der heliakische Aufgang des Sirius im bürgerlichen Kalender mit 9. Epiphi (9. Ipip) im 9. Regierungsjahr des Amenophis I. vermerkt.

Traditionell wurde meist von einer Abfassung im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts v. Chr. ausgegangen und auf die Datierung von Richard Lepsius Bezug genommen. Letzter Vertreter dieser These war Kenneth Anderson Kitchen. Beide Ägyptologen beriefen sich bei ihrer Annahme auf den vermerkten Sirius-Aufgang. Zwischenzeitliche paläografische Untersuchungen haben ergeben, dass die medizinischen Eintragungen wahrscheinlich einige Jahrzehnte älter sind, in der Regierungszeit von Pharao Ahmose niedergeschrieben wurden und mögliche Abschriften von älteren Vorlagen repräsentieren.

Inhaltsverzeichnis

Fundort und Inhalt

Der Papyrus Ebers wurde im Winter 1872/73 von Georg Ebers in Theben mit den Geldern des Königs von Sachsen (15000 Taler) und Geld aus dem Universitäts-Reisestipendienfond (25000 Taler) erworben, in die Bestände der Universitätsbibliothek Leipzig eingegliedert[1][2] und ein Jahr später von Ebers veröffentlicht. Das Manuskript befindet sich bis heute in der Universitätsbibliothek Leipzig.

Medizinische Aufzeichnungen

Papyrus Ebers: Falldarstellung
"Tumor gegen die Gottheit Xenus"

Er wurde in hieratischer Schrift verfasst und stellt die größte Aufzeichnung über altägyptische Medizin dar. Der Papyrus Ebers ist der längste medizinische Papyrus und hat eine Gesamtlänge von 20 Metern. Die Schriftrolle bestand ursprünglich aus 108 Kolumnen, die von 1 bis 110 nummeriert sind (Nr. 28 und 29 sind ausgelassen). Während des Zweiten Weltkriegs erlitt der Papyrus erheblichen Schaden. So sind die Kolumnen 54, 56, 94 und 109 beschädigt oder liegen nur noch in Fragmenten vor. Die Kolumnen 48, 49, 55, 80-82, 93/110, 98/106, 99, 100/104, 101, 102/103 und 105 sind heute verloren. Die 108 Kolumnen sind unterteilt in 877 magische Formeln und Heilmittel. Obwohl er voller Beschwörungen zur Vertreibung krankheitsverursachender Dämonen ist, finden sich doch Beweise für empirische Behandlung und Beobachtung.

Der Papyrus enthält Kapitel über Darm-Erkrankungen und Parasiten, Augen- und Hautprobleme, Empfängnisverhütung und gynäkologische Erkrankungen, Zahnheilkunde, die operative Behandlung von Abszessen und Tumoren, das Richten von Knochen und Verbrennungen. Mit der Erwähnung der Staublunge der Steinmetze ist es mit das älteste Zeugnis der Arbeitsmedizin.

Des Weiteren enthält er eine Abhandlung über Herz und Gefäße. Obwohl die Ägypter wenig über die Existenz der Nieren wussten, und das Herz als Treffpunkt verschiedener Gefäße des Körpers - nicht nur Blut, sondern auch Tränen, Urin und sogar Sperma - betrachteten, erkannten sie nicht nur das Vorhandensein von Blutgefäßen im ganzen Körper, sondern auch die Funktion des Herzen als dessen Zentrum. Außerdem enthält er ein kurzes Kapitel über klinische Depressionen.

Medizingeschichtlich ergänzt wird das Papyrus Ebers durch das 1862 ebenfalls in Theben entdeckte Papyrus Edwin Smith, das auf das Ende der 12. Dynastie - etwa 1780 vor Christus - zurückgeht und sich vor allem mit Chirurgie beschäftigt.

Der Ebers-Kalender

Der spätere Eintrag des heliakischen Aufgangs von Sirius kann zweifelsfrei auf die Zeit zwischen 1531 v. Chr. und 1516 v. Chr. datiert werden und weist keinen Zusammenhang mit den medizinischen Berichten auf. Auf der Rückseite des Papyrus sind Kalender-Einträge bezüglich Amenophis I. vermerkt, die unter anderem den 9. Epiphi als Neujahrstag enthalten.

Anlass für den Zusatzeintrag eines aufmerksamen ägyptischen Schreibers mag die sehr seltene Konstellation gewesen sein, dass der heliakische Aufgang des Sirius am 1. Thot (Neujahrstag) des Sothis-Mondkalenders[A 1] in Kombination mit dem Thronbesteigungstag von Amenophis I. erfolgte.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Werner Fischer-Elfert (Hrsg.): Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15. - 16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig. Harrassowitz, Wiesbaden 2005 (Philippika, 7), ISBN 3-447-05209-0
  • Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens, Gerstenberg, Hildesheim 1985, ISBN 3-8067-8086-X (formal falsche ISBN)
  • Georg Möller: Hieratische Paläographie: Die ägyptische Buchschrift in ihrer Entwicklung von der fünften Dynastie bis zur römischen Kaiserzeit - Alle Bände: Bd. 1 Bis zum Beginn der achtzehnten Dynastie; Bd. 2 Von der Zeit Thutmosis' III. bis zum Ende der einundzwanzigsten Dynastie; Bd. 3. Von der zweiundzwanzigsten Dynastie bis zum dritten Jahrhundert nach Chr.; Bd. 4. Ergänzungsheft zu Band 1 und 2, Zeller, Osnabrück 1965
  • Richard-Anthony Parker: The calendars of ancient Egypt, Chicago Press, Chicago 1950
  • Reinhold Scholl: Der Papyrus Ebers: die größte Buchrolle zur Heilkunde Altägyptens. Univ.-Bibliothek, Leipzig 2002. ISBN 3-910108-93-8
  • Heinrich Joachim: Papyros Ebers: das älteste Buch über Heilkunde. aus dem Aegyptischen zum ersten Mal vollständig übersetzt, Georg Reimer, Berlin 1890. (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)

Weblinks

 Commons: Papyrus Ebers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Der heliakische Aufgang erfolgte am 27. Juni 1517 v. Chr. (gregorianischer Kalender), der dem 10. Juli 1517 v. Chr. (proleptischer Kalender) entspricht.

Einzelnachweise

  1. UB Leipzig – Papyrus Ebers.
  2. N. Quenouille / R. Scholl, ...Heureka!...", in: R. Scholl (Hrsg.), Vergraben, verloren, gefunden, erforscht. Papyrusschätze in Leipzig. Katalog zur Ausstellung, Universitätsbibliothek Leipzig, 18. Juni bis 26. September 2010, S. 6-9, hier S. 6. Vgl. auch R. Scholl, Der Papyrus Ebers. Die größte Buchrolle zur Heilkunde Altägyptens (Schriften aus der Universitätsbibliothek Leipzig 7), Leipzig, 2002, S. 32. Zur kompletten Erwerbungsgeschichte siehe ebenda.
  3. Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens, Gerstenberg, Hildesheim 1985, S. 116-118.

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