Schoenflies

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Arthur Moritz Schönflies (* 17. April 1853 in Landsberg an der Warthe (heute Gorzów Polen); † 27. Mai 1928 in Frankfurt am Main) war Mathematiker und wurde bekannt durch seinen Beitrag zur Kristallographie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er entstammte einer in Deutschland ansässigen jüdischen Familie. Seine Frau war Emma Levin, mit der er fünf Kinder hatte, von denen zwei im Holocaust ermordet wurden. Aus seiner Verwandtschaft sind folgende Persönlichkeiten bekannt: Walter Benjamin, Gertrud Kolmar, Gustav Hirschfeld, Julie Elias und Julius Elias.

Schönflies studierte bei Kummer und Weierstrass an der Universität Berlin von 1870 bis 1875. Er promovierte 1877, begann in Berlin als Lehrer zu unterrichten und habilitierte sich 1884. 1891 wurde er auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Angewandte Mathematik in Göttingen berufen. 1899 wechselte er als Prof. an die Universität Königsberg und wurde 1911 Professor an der Akademie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt. Schönflies beendete seine Karriere 1922 als Rektor der Universität Frankfurt, deren Mitgründer er war. Er war Mitglied der Leopoldina in Halle, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, Ehrenmitglied des Deutschen Wissenschafter-Verbands und einer der Gründungsväter der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.

1891 wies Schönflies aufgrund eines Hinweises von Felix Klein und zeitgleich mit Jewgraf Stepanowitsch Fjodorow nach, dass es gruppentheoretisch nicht mehr und nicht weniger als 230 Raumgruppen von Symmetrien der Kristallstrukturen gibt. Damit hatte er eine unerlässliche Grundlage für die Beschreibung der Mannigfaltigkeit von Kristallstrukturen geschaffen.

Weitere wichtige Erkenntnisse betrafen die Analysis und die Mengenlehre Cantors, die den Begriff der Erreichbarkeit und den Satz von Schönflies prägen. Schönflies wirkte neben Walther Nernst an einem Standardwerk der damaligen Zeit maßgeblich mit, dem Lehrbuch zur Einführung von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften ("Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaft", 1895; 11. Auflage 1931).

Anwendung

Die Überlegungen von Arthur Moritz Schoenflies zu Symmetrieebenen von Kristallen finden eine präzise Entsprechung bei der Programmierung von Automaten und ihren Freiheitsgraden. Ein Beispiel für die Anwendung im Bereich der Automation ist das Forschungsteam an der kanadischen McGill Universität in Montreal[1]:

Für „aufrechte“ Menschen die sich auf Flächen (etwa im Eiskunstlauf) bewegen gilt zumeist eine 4-dimensionale Option: Bewegen kann man sich nach vorne/hinten, rechts/links und oben/unten, noch dazu kann man Pirouetten um die eigene senkrechte Achse drehen. Das ist die 4-dimensionale Untergruppe einer 6-dimensionalen Form, welche noch dazu Saltos (Drehungen vorwärts und seitwärts) erlauben würde (etwa im Kunstspringen). Arthur Schönflies hat nachgewiesen, dass die 4-dimensinale Untergruppe die algebraische Struktur einer „Gruppe“ erfüllt[2], was eine Entsprechung findet in einer optimal den erforderlichen Aufwand minimierenden Programmierung der Bewegung von Automaten. So eine Einfachheit (simplicity) ist der Clou jedes erfolgreichen Designs. Genau auf dieser Grundlage arbeiten Roboter, die „mit beiden Beinen fest und aufrecht auf dem Boden stehen“, oder auf einer in der Ebene rollenden Plattform, und sich auch mal um die eigene senkrechte Achse drehen. Ein Anwendungsbeispiel sind die Handhabungsroboter für Chips und andere elektronische Komponenten, wie z. B. SCARA (Selective Compliance Assembly Robot). Diesen bezeichneten die Konstrukteure als einen SMG (Schönflies Motion Generator), weil er durch die genannten 4 Freiheitsgrade (3x Translation, eine Drehung) definiert ist.

Es gibt eine ganze Reihe von Kombinationsmöglichkeiten, seriell, parallel und hybrid, der grundlegenden Bewegungsmodule. Eine Variante ist, dass eine Plattform sich an der Decke bewegt und Roboterarme nach unten greifen, etwa mit motorbetriebenen Gelenken wie Schulter, Ellbogen und Hand, sowie einer Rotationsfähigkeit nur der Hand. Ein SMG mit 2 Motoren und Getriebe wird z. B. bei McGill entwickelt, um einen großen Flugzeugrumpf zu bearbeiten, etwa mit Farbe zu streichen. Die Hintereinanderschaltung von mehreren SMGs (ein Bewegungs-Roboter trägt einen anderen, welcher Handhabungen ausführt) erlaubt, sich großen komplexen Strukturen flexibel anzunähern, um dann am Rumpf präzise Arbeiten zu leisten, mit insgesamt 11 Freiheitsgraden (dof, degrees of freedom).

Das als „Schönfy-S“ bezeichnete Labormuster ist ein hybrider (seriell und parallel kombinierender) SMG mit einer Reichweite von etwa 3 Metern.

Werke

  • Entwicklung der Mengenlehre und ihrer Anwendungen, 1913
  • Theorie der Kristallstruktur, 1923

Literatur

  • J. J. Burckhardt, in: Archive for History of Exact Sciences, 1967
  • Rudolf Fritsch: Schoenflies, Arthur. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, S. 412 f.

Einzelnachweise

  1. Morozov, Alexei and Jorge Angeles: The Design of an Innovative Large Scale Schönflies-Motion Generator. Department of Mechanical Engineering & Centre for Intelligent Machines, McGill University, Montreal Canada. Text ohne Datum, ca 2004-2006, online
  2. siehe: Schönflies, A.M., (1886, 1887), „Über Gruppen von Bewegungen“, Math. Ann., Vol 28, pp. 319-324, & Vol. 29, pp. 50-80 und (1889). “Über Gruppen von Transformationen des Raumes in sich”, Math. Ann., Vol. 34, pp. 172-203

Weblinks


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