Schulaufsicht

Schulaufsicht
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Die Schulaufsicht ist in demokratischen Gesellschaften eine Aufgabe staatlicher Kultusbehörden, die der Verwirklichung bildungspolitischer, pädagogischer, rechtsstaatlicher, personalwirtschaftlicher, disziplinarischer sowie gesundheitlicher Normen in der Schulpraxis dient. Es ist dabei zwischen Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht zu unterscheiden. Der größere Anteil dieser Aufgaben wurde traditionell von staatlichen Schulämtern oder gleichgesetzten Institutionen geprägt. Besondere Teilbereiche sind bei den zuständigen deutschen Landesministerien, dem österreichischen Unterrichtsministerium und den Bildungsdirektionen der Schweizer Kantone (Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren) eingegliedert. Seit den 1990er Jahren vollzieht sich eine Wandlung dieser Aufsichtsaufgaben von ausschließlich behördlichen Strukturen hin zu extern beteiligten Evaluationsgruppen mit auf wissenschaftlicher Basis gestützten Erfassungs- und Bewertungsgrundlagen. Damit orientiert man auf eine zunehmend beratende Funktion der Schulaufsicht für die Schulen mit ihren Leitungen und entfernt sich von dirigistischen Einflussnahmen der Ämter durch eine zunehmende Autonomie innerhalb des praxisnahen Schulmanagements. Die Ausgestaltung moderner Schulaufsichtsformen ist in Europa länder- und regionalspezifisch ausgeprägt, von unterschiedlichen Entwicklungstempi gekennzeichnet und soll auch Formen struktureller Bildungsbenachteiligungen entgegenwirken.

Inhaltsverzeichnis

Situation in Deutschland

In Deutschland ist die Schulaufsicht die staatliche Realisierung des Verfassungsgebots des Artikels 7 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“ Ähnliche Bestimmungen finden sich in allen deutschen Landesverfassungen.

Diese Verfassungsbestimmung geht historisch darauf zurück, dass man der kirchlichen Schulaufsicht, wie sie für das Volksschulwesen aus dem 19. Jahrhundert überkommen war, eine unwiderrufliche Absage (vgl. Kulturkampf) erteilen wollte. Bei der Realisierung bediente man sich der traditionellen Behördenstruktur.

In den Bundesländern ist die Schulaufsicht unterschiedlich organisiert. Allen gemeinsam ist jedoch, dass es sich dabei um staatliche Ämter handelt, in denen schulfachlich vorgebildete Beamtinnen und Beamte mit entsprechenden Amtsbezeichnungen wie Schulrätin oder Schulrat, Schulamtsdirektor/in, Regierungsschuldirektor/in etc. gemeinsam mit Verwaltungspersonal und Juristen die Aufsicht über die Schulen wahrnehmen. Dabei üben sie einerseits Kontrollfunktionen aus, andererseits sind sie gegenüber den Schulen weisungsberechtigt.

In letzter Zeit gerät die in Deutschland tradierte Form der Schulaufsicht als einer sog. „Eingriffsaufsicht“ immer stärker unter Druck. Dagegen verstärken sich die Bestrebungen, aus ihr eine „Beratungsaufsicht“ zu machen, nach dem Muster vieler anderer Länder wie den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Kanada, Finnland. Damit würde die Schulaufsicht zur Qualitätssicherung, wie sie international diskutiert wird, beitragen.

Vielfach ist die Schulaufsicht noch immer nach Schulformen organisiert. So gibt es in Nordrhein-Westfalen völlig unterschiedliche Strukturen für Gymnasien, Gesamtschulen, Realschulen und Berufskollegs und ab dem 1. Juli 2008 auch Hauptschulen und Förderschulen einerseits und für Grundschulen andererseits.

Oberste Instanz der Schulaufsicht ist in Deutschland stets das zuständige Kultus-Landesministerium; eine Bundeszuständigkeit ist - trotz des Artikels 7 GG - wegen der Kulturhoheit der Länder nicht gegeben.

Einen einzigartigen Sonderfall in Deutschland stellte die saudische König-Fahd-Akademie dar, die nicht unter deutscher Schulaufsicht stand.

Kritik

Die staatliche Schulaufsicht wird vielfach, vor allem aus klassisch-liberaler Sicht, kritisch beurteilt.[1] Die staatliche Erziehung sei „eine Einrichtung, um alle Menschen einander anzugleichen“ und ein „Despotismus der Geister“ (John Stuart Mill)[2]; sie produziere „eine Herde unwissender Fanatiker, die bereitstehen, auf Befehl in den Krieg zu ziehen oder staatliche Unterdrückungsmaßnahmen auszuführen“ (Bertrand Russell)[3]. Diese Einwände richten sich nicht gegen den Zwang zur Erziehung (→Bildungspflicht), sondern nur „gegen den Fall, dass der Staat die Erziehung selbst in die Hand nimmt, was freilich ein ganz anderes Ding ist“[4].

Einzelnachweise

  1. Friedrich August von Hayek, Die Verfassung der Freiheit, Tübingen, 4. Aufl. 2005, S. 493 ff. mit vielen Nachweisen.
  2. John Stuart Mill, Die Freiheit, Leipzig 1928, S. 146.
  3. Bertrand Russell, Vorlesung über John Stuart Mill, Proceedings of the British Academy, XLI, 1955, S. 57.
  4. John Stuart Mill, Die Freiheit, Leipzig 1928, S. 145.

Weblinks

Literatur

  • Markus Thiel: Der Erziehungsauftrag des Staates in der Schule. Grundlagen und Grenzen staatlicher Erziehungstätigkeit im öffentlichen Schulwesen. (Duncker & Humblot) Berlin 2000.

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