- Schulpflicht
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Als Schulpflicht bezeichnet man die gesetzliche Verpflichtung für Kinder, ab einem bestimmten Alter, für Jugendliche und Heranwachsende bis zu einem bestimmten Alter, eine Schule zu besuchen. Diese muss im Fall der Minderjährigkeit der Schulpflichtigen durch die Erziehungsberechtigten (meist die Eltern) umgesetzt werden.
In den meisten europäischen Ländern besteht keine Schulpflicht, sondern Unterrichtspflicht, oder Bildungspflicht, das heißt, die Vermittlung von Wissen ist für das Kind nicht an den Besuch einer Schule (Schulpflicht im eigentlichen Sinne) gebunden. Das Wie und Wo der Bildung steht frei und wird staatlich nicht vorgegeben.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken führte 1592 als erstes Territorium der Welt (und damit auch Deutschlands) die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben ein.[2]
Anfang des 20. Jahrhunderts galten Gesetze zur Schulpflicht für ganz Deutschland, Österreich-Ungarn und Skandinavien, Frankreich (seit 1882). In den Jahren des Nationalsozialismus wurde 1938 ein Reichsschulpflichtgesetz[3] erlassen. In England war die Regelung der Schulpflicht den einzelnen Gemeinden, in den USA den einzelnen Staaten vorbehalten. Das erste Land mit gesetzlich geregelter allgemeiner Schulpflicht war Liechtenstein.
Schulpflicht nach Ländern
Schulpflicht in Deutschland
Nach Anfängen im 16. Jahrhundert (Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592, Straßburg 1598) wurde die Allgemeine Schulpflicht im 17. Jahrhundert in Sachsen-Gotha (1642), Braunschweig-Wolfenbüttel (1647) und Württemberg (1649) eingeführt. Im 18. Jahrhundert folgte Preußen (1717) . Zuletzt führte Sachsen 1835 die allgemeine Schulpflicht ein.
Im deutschen Bildungssystem ist die Schulpflicht – aufgrund der Kulturhoheit der Länder – in den einzelnen Landesverfassungen geregelt.
Die Vollzeitschulpflicht dauert in der Regel bis zum Abschluss des 9. Schulbesuchsjahres, in einigen Bundesländern bis zum Abschluss des 10. Schulbesuchsjahres. Der Begriff Schulbesuchsjahr ist nicht mit der Jahrgangsstufe zu verwechseln. Übersprungene Klassen werden hingegen anerkannt, so dass die Vollzeitschulpflicht dennoch nach Klasse 9 bzw. 10 enden kann. Die Berufsschulpflicht beginnt nach Ablauf der Vollzeitschulpflicht.
Die Schulpflicht erstreckt sich im Wesentlichen auf drei Bereiche: Teilnahme, Anmeldung und Schulwahl.
Unterrichtspflicht in Österreich
In Österreich ist im Schulpflichtgesetz eine Unterrichtspflicht festgelegt, die auch außerhalb von Schulen abgeleistet werden kann. Die Unterrichtspflicht beginnt mit dem auf der Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September, dauert neun Schuljahre und gilt für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten.[4]
Die Unterrichtspflicht kann durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule erfüllt werden (die öffentlichen Schultypen, die diese 9 Pflichtschuljahre abdecken, werden Pflichtschulen genannt)[5], sowie durch die Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht (in Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht, im häuslichen Unterricht oder in einer im Ausland gelegenen Schule). In Österreich kann ein Kind die Unterrichtspflicht durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht erfüllen, falls dieser jenem an einer zur Erfüllung der Schulpflicht geeigneten Schule (Plichtschule) gleichwertig ist. Voraussetzung ist die Ablegung einer Prüfung am Ende jedes Unterrichtsjahres vor einer staatlichen Kommission, welche zu prüfen hat, ob der Lehrplan erfüllt wurde. Aus diesem Grund wird die Schulpflicht in Österreich - wie in anderen Ländern, die solche Möglichkeiten zulassen - auch als Bildungs- oder Unterrichtspflicht bezeichnet.[1]
Die Unterrichtspflicht wurde bereits von Maria Theresia im Jahr 1774 für Österreich und die Kronländer generell eingeführt (Dauer damals: 6 Jahre).
Siehe auch: Bildungssystem in ÖsterreichSchulpflicht in anderen Ländern
In Schweden besteht regelmäßig Schulpflicht, Ausnahmen sind laut Gesetz möglich, werden aber nur sehr restriktiv erteilt.
In der Schweiz (bis auf 2 Kantone), Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Australien und den USA besteht anstatt der Schulpflicht eine Bildungspflicht oder Unterrichtspflicht, die statt durch Schulbesuch auch durch Hausunterricht oder Unschooling (selbstständiges Lernen) erfüllt werden kann.
Daten zur Bildungspflicht in allen Ländern der Welt sammelt und veröffentlicht die Unesco im Rahmen ihres Programms Education for All (EFA). Übersichtstabellen und Berichte zur Bildungspflicht und anderen Bildungsindikatoren im internationalen Vergleich können im Internet-Angebot der Unesco abgerufen werden (s. Weblinks).
Alternativen
Schulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft bieten eine Alternative zur staatlichen Schule. Einige der nicht-staatlichen Schulen setzen bewusst auf die Anwendung alternativer Unterrichtsprinzipien, wie die Waldorfpädagogik oder Montessoripädagogik. Die meisten Schulen in freier Trägerschaft erheben ein von den Eltern zu zahlendes Schulgeld, weil der Staat diese Schulen nur teilweise finanziert.
Außerhalb Deutschlands bietet die so genannte Bildungspflicht, die auch mit Hausunterricht oder dem so genannten Unschooling erfüllt werden kann, eine Alternative zur allgemeinen Schulpflicht: sie geht im positiven Sinne von einem vorhandenen Verantwortungsbewusstsein der Eltern und Erziehungsberechtigten aus.
International bekanntere Schulen, die eine Anwesenheitspflicht im Unterricht ablehnen, sind Summerhill, gegründet von dem Reformpädagogen A. S. Neill, in England und die Sudbury-Schulen (siehe auch Demokratische Schulen).
Siehe auch
Literatur
- Hermann Avenarius, Hans Heckel, Hans-Christoph Loebel: Schulrechtskunde. Ein Handbuch für die Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft. 7. Aufl., Luchterhand, Neuwied 2006, ISBN 3-472-02175-6.
Weblinks
- Unesco-Bericht zu Bildungspflicht und Bildungsstand in Westeuropa und Nordamerika (PDF-Datei)
- Unesco-Bericht zu Bildungspflicht und Bildungsstand in einigen (ost-)europäischen Ländern (PDF-Datei)
Einzelnachweise
- ↑ a b In Übersetzungen von Darstellungen der Situation im Ausland der Bundesrepublik Deutschland (selbst solchen des Auswärtigen Amtes) ist jedoch häufig von „Schulpflicht“ die Rede, wenn eigentlich „Bildungspflicht“ gemeint ist. Auch die Behörden Österreichs verwenden die Begriffe Unterrichtspflicht und Schulpflicht meist synonym
- ↑ Vgl. Emil Sehling (Begr.): Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Band 18: Rheinland-Pfalz I. Mohr-Siebeck, Tübingen 2006, S. 406.
- ↑ Reichsschulpflichtgesetz
- ↑ Österr. Schulpflichtgesetz
- ↑ Bildungswesen in Österreich: Überblick, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk)
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