Sebastian Helber

Sebastian Helber

Sebastian Helber (* um 1530; † um 1598) war ein Schulmeister und kaiserlicher Notar im Breisgau und Verfasser eines Lehrbuches für das gemaine Teutsch.

Er stammte wahrscheinlich aus dem heutigen Bayern, genaue Informationen über Geburtsort und -jahr sind jedoch nicht überliefert. Nach den Archiven der Stadt Freiburg im Breisgau war Sebastian Helber Schulmeister der örtlichen Knabenschule und „Keiserischer Notar“. Von dieser Stadt wurde er auch beauftragt den Lehrplan der Schule zu reformieren und im Zuge dieser Arbeit verfasste er sein bekanntestes Werk, „Teutsches Syllabierbüchlein“, welches 1593 in Freiburg im Breisgau publiziert wurde.[1]

Inhaltsverzeichnis

Teutsches Syllabierbüchlein

Dieses Werk zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Helber keine künstlich kreierte einheitliche Grammatik und Ausspracheregeln für das Gemaine Teutsch aufzustellen versuchte, sondern detailliert die Unterschiede der verschiedenen frühneuhochdeutschen Schreibregionen darstellt. In seiner Einteilung unterscheidet er zunächst alle kontinentalwestgermanischen Idiome in vier Schreibregionen, dies sind:

Die oberdeutsche Sprache, welches er als seine Muttersprache bezeichnet, unterteilt er weiters in drei unterschiedliche Schreibregionen, nämlich:

  • Mitter Teutsch (Mitteldeutsch)
  • Donawisch (Österreich, Bayern, Schwaben)
  • Höchst-Reinisch (Schweiz, Alemannisch am Oberrhein)

Zu dieser Einteilung kommt Sebastian Helber durch die linguistische Analyse zahlreicher gedruckter Werke, wobei er vor allem die unterschiedlichen Mono- und Diphthonge untersuchte. Da es damals jedoch noch keine überregionale Standardsprache gab, entspricht seine lautgeographische Einteilung der gedruckten Sprache weitgehend den heute noch existierenden dialektalen Großregionen in der gesprochenen Sprache, wobei er Deutsch und Niederländisch noch ganz selbstverständlich als Teutsch zusammenfasst und somit synonym zum heutigen Fachterminus Kontinentalwestgermanisch verwendet.

Mit eigenen Worten beschreibt er seine Unterteilung wie folgt (zitiert nach Johann Christoph Gottsched, 1748):

Viererley teutsche Sprachen weiß ich, in denen man Teutsche Buecher druckt, die Cölnische und Gülichische, die Sächsische, die Flämmisch oder Brabantische, vnd die Ober- oder Hochteutsche. Vnsere gemeine Hoch-Teutsche wirdt auf drei weisen gedruckt: eine möchten wir nennen die Mitter-Teutsche, die andere die Donawische, die dritte Höchst-Reinisch; dan das Oberland nicht mehr breuchig ist. Die Drucker, so der Mittern Teutschen aussprach, als vil die Diphthongen ai, ei, au, ie. belangt, halten, verstee ich die von Meinz, Speier, Frankfurt, Würzburg, Hedelberg, Nörnberg, Straßburg, Leipsig, Erdfurt vnd andere, denen auch die von Cölen volgen, wan sie das Ober-Teutsch verfertigen. Donawische verstee ich alle in den Alt Baierischen und Schwebischen Landen, den Rehin vnberürt. (Alt Baierische seind die, so vorzeiten all vnder ein Fürsten waren, nämlich jeziges Herzogthumb Beiern, Ost- oder Oesterreich, nid vnd ob der Enns, Kärnten, Steier, Tirol, Krain, Saltzburgerland, samt der Ambergischen oder Obernpfaltz, mit ihren Anstößen.) Höchst Reinisch letztlich, die so vor jezigen Jahren gehalten haben im Drucken, die Sprach der Eidgenossen, oder Schweitzer, der Walliser, vnd etlicher Beigesessener im Stifft Costanz, Chur und Basel. [2]

Bewertung der Nachwelt

Zur Lebenszeit Sebastian Helbers gab es noch keinen aus praktischen oder auch nationalistischen Motiven angetriebenen Drang eine überregionale und einheitliche deutsche Sprache zu konstruieren oder herbeizureden. Diese Entwicklung wurde zwar durch die Bibelübersetzung von Martin Luther initiiert, begann sich aber erst im späteren 17. Jahrhundert zu intensivieren. Erst durch Johann Christoph Gottsched kam es ab 1748 zu einem überregionalen Standard-Hochdeutsch, das alle anderen Varietäten verdrängt hatte. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Gottsched selbst über Helber schrieb:

Was nun nach allen diesen Mundarten des Hochdeutschen für verschiedene Schreibarten damals im Schwange gewesen, das ist lustig zu lesen, auch in alten Büchern noch hin und wieder zu sehen. Gottlob! daß dieser Zwiespalt sich allmählich gehoben hat. Sowohl die donauischen Landschaften, als selbst die oberrheinischen, befleißigen sich itzo um die Wette, der obbenannten Mitteldeutschen in der Rechtschreibung immer näher zu treten. (Johann Christoph Gottsched, Sprachkunst, 1748)

Andererseits übernahmen selbst Johann Christoph Adelung und der sich auf diesen berufende Andreas Dominikus Zaupser die Einteilung des Hochdeutschen von Helber und fassten das Bayerische gemeinsam mit dem Österreichischen als Donau-Sprache zusammen, ein Begriff der heute komplett verschwunden ist.[3]

Werke

  • Sebastian Helbers Teutsches Syllabierbüchlein; hrsg. von Gustav Roethe, Akad. Verl.-Buchh. von Mohr: Freiburg im Breisgau, 1882 (Neuauflage des Originals von 1593)

Einzelnachweise

  1. Irmengard Rauch, Gerald F. Carr, Robert L. Kyes: On Germanic Linguistics; Kapitel 2.4.: Sebastian Helber (1530?–1598?)
  2. Johann Christoph Gottsched: Sprachkunst, I. Theil, II. Hauptstück; zitiert nach Ausgewählte Werke. Von Johann Christoph Gottsched, Phillip Marshall Mitchell, Herbert Penzl, siehe Google Books, S. 104
  3. Andreas Dominikus Zaupser: Versuch eines baierischen und oberpfälzischen Idiotikons. München: Joseph Lentner, 1789. (Bibliotheca Bodleiana, University of Oxford – Volltext-Download bei Google Books möglich)

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