Sergei Michailowitsch Eisenstein

Sergei Michailowitsch Eisenstein
Sergei Eisenstein (um 1925)
Eisensteins Grab auf dem Nowodewitschi-Friedhof in Moskau.

Sergei Michailowitsch Eisenstein (russisch Сергей Михайлович Эйзенштейн, wiss. Transliteration Sergej Michajlovič Ėjzenštejn; * 10. Januarjul./ 22. Januar 1898greg. in Riga, heute Lettland; † 11. Februar 1948 in Moskau) war ein sowjetischer Regisseur. Sein bekanntestes Werk ist der Revolutionsfilm Panzerkreuzer Potemkin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater war der Rigaer Stadtarchitekt und Staatsrat Michail Eisenstein, der im Zentrum Rigas prächtige Jugendstilbauten errichtete.

Der in großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Sergei Eisenstein meldete sich 1918 freiwillig zur Roten Armee und wirkte bei einem Agitpropzug als Karikaturenzeichner. Als Bühnenbildner und Kostümzeichner setzte er seine künstlerische Laufbahn fort und sammelte dort auch Filmerfahrungen, die er in der Bühnenarbeit einsetzte (erstmals verwendete Eisenstein filmische Sequenzen auf der Bühne 1923 in einer Inszenierung von Ostrowskis Eine Dummheit macht auch der Gescheiteste). Mit dem Konzept der Attraktionsmontage begründete er zuerst theoretisch, dann in seinen Filmen den Versuch einer eigenständigen, revolutionär geprägten Kunstform.

Seinen internationalen Durchbruch als Regisseur hatte er mit dem Revolutionsfilm Panzerkreuzer Potemkin, der heute genauso zu den Klassikern der Filmgeschichte gezählt wird wie seine Filme Oktober und Iwan der Schreckliche. Seine späteren Filme wurden teilweise Opfer der Zensur.

Eisenstein arbeitete beispielhaft mit dem russischen Komponisten Sergei Prokofjew an zwei seiner Filme zusammen: Alexander Newski und Iwan der Schreckliche (Teil I und Teil II). Letzterer war als Dreiteiler geplant, jedoch konnte Eisenstein nur die ersten beiden Teile fertigstellen. Während der erste Teil von Iwan der Schreckliche 1945 mit dem Stalinpreis ausgezeichnet wurde, unterlag der zweite Teil wegen zu ungenauer Umsetzung sowjetischer Geschichtsbilder einem Aufführungsverbot, das erst drei Jahre später aufgehoben wurde.[1] Unabhängig davon wurde Eisenstein wegen seiner Leistungen im sowjetischen Filmbereich persönlich von Stalin geehrt. Zudem arbeitete Eisenstein seit seinem Film Streik mit dem Kameramann Eduard Tisse zusammen.

Am 11. Februar 1948 erlag Sergei Eisenstein einem Herzinfarkt, während er an einem Text zur Geschichte des sowjetischen Films arbeitete. Seine zahlreichen filmtheoretischen Schriften wurden erst ab den 1960er Jahren und nur in Teilen veröffentlicht, ebenso wie seine Memoiren. Eisenstein setzte sich kritisch mit der Ausdruckskunde Ludwig Klages’ auseinander.

Eisenstein gilt, obwohl in schwierigen Zeiten tätig, theoretisch wie handwerklich (insbesondere durch seine innovative Montagetechnik) als einer der größten Regisseure und Visionäre der Filmgeschichte.

Filmografie

  • Glumows Tagebuch (1923, Дневник Глумова – Dnewnik Glumowa)
  • Streik (1925, Стачка – Statschka)
  • Panzerkreuzer Potemkin (1925, Броненосец „Потёмкин“ – Bronenossez „Potjomkin“)
  • Oktober (1927, Октябрь – Oktjabr)
  • Sturm über La Sarraz (1929, verschollen)
  • Das Alte und das Neue / Die Generallinie (dt. Verleihtitel: Der Kampf um die Erde, 1929, Старое и новое / Генеральная линия – Staroe i nowoje – Generalnaja linija)
  • Romance Sentimentale (1930)
  • Erdbeben in Oaxaca (1931)
  • Que viva Mexico! (1931/32, unvollendet)
  • Beshinwiese (1935/37, unvollendet, Бежин луг – Beschin lug)
  • Alexander Newski (1938, Александр Невский – Alexandr Newski)
  • Ferganakanal (1939, unvollendet)
  • Iwan der Schreckliche (Иван Грозный – Iwan Grosny)
    • Teil 1 (1945)
    • Teil 2 (1946/1958)
    • Teil 3 (1946, unvollendet)

Filme über Sergei Eisenstein

  • Die verschiedenen Gesichter des Sergej Eisenstein (von Oksana Bulgakowa & Dietmar Hochmuth, 59 Min., arte/ZDF 1998, Produktion: SelbstFilm)

Schriften

  • Sergej Eisenstein: Ausgewählte Aufsätze Mit einer Einführung von R. Jurenew. Aus dem Russischen übersetzt von Lothar Fahlbusch. Berlin(O): Henschelverlag 1960
  • Sergej Eisenstein: Über mich und meine Filme, hrsg. von Lilli Kaufmann, übersetzt von Christiane Mückenberger, Lothar Fahlbusch und Lilli Kaufmann. Berlin(O): Henschelverlag 1975
  • Sergej Eisenstein: Eine nicht gleichmütige Natur, hrsg. von Rosemarie Heise, übersetzt von Regine Kühn. Berlin(O): Henschelveröag 1980
  • Sergej Eisenstein: YO. Ich selbst. Memoiren, übersetzt von Regine Kühn und Rita Braun, hrsg. von Naum Klejman und Walentina Korschunowa. Einleitung Sergej Jutkewitsch, 2 Bde, Berlin(O): Henschelverlag 1984
  • Sergej Eisenstein: Schriften, hrsg., übersetzt und kommentiert von Hans-Joachim Schlegel. München: Carl Hanser Verlag 1973ff: Bd. 1: >Streik<; Bd. 2: >Panzerkreuzer Potemkin<; Bd. 3: >Oktober. Mit den Notaten zur Verfilmung von Marx 'Kapital'<; Bd. 4: >Das Alte und das Neue< (<Die Generallinie<) Mit den Notaten eines Vertongsplanes und einem Briefwechsel mit Wilhelm Reich im Anhang.
  • Sergej Eisenstein: Lehrprogramm für Theorie und Praxis der Regie, übersetzt von Hans-Joachim Schlegel und Gabriele Hübner. "Filmkritik"-Sonderheft 18, München 1974
  • Sergej Eisenstein: Das dynamische Quadrat. Schriften zum Film, hrsg. von Oksana Bulgakowa und Dietmar Hochmuth. Leipzig: Reclam; Köln: Röderberg, 1988, 19932
  • Sergej Eisenstein: Jenseits der Einstellung. Schriften zur Filmtheorie; hrsg. von Felix Lenz und Helmut Dieterichs; Frankfurt a.M.: suhrkamp, 2009
  • Sergej Eisenstein: Entdeckung in Sturm und Gewitter (Notizen zur Geschichte des audiovisuellen Kontrapunkts), übersetzt von Hans-Joachim Schlegel. In: Petra Maria Meyer(Hrsg.): acoustic turn. München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 489-507

Literatur

  • Anna Bohn: Film und Macht: Zur Kunsttheorie Sergej M. Eisensteins 1930-1948; München, diskurs film Bibliothek, 2003; ISBN 3-926372-66-4
  • Beispiel Eisenstein. Zeichnung. Theater. Film, hrsg. von Naum Klejman und Ulrich Krempel, Düsseldorf 1983 (Ausstellungskatalog der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf)
  • Oksana Bulgakowa: Sergej Eisenstein. Eine Biographie; Berlin: PotemkinPress, 1998; englische Ausgabe in San Francisco, 2001
  • Oksana Bulgakowa: Sergej Eisenstein. Drei Utopien – Architekturentwürfe einer Filmtheorie; Berlin: PotemkinPress, 1996
  • Ronald Bergan: Eisenstein: A Life in Conflict; Overlook Press, 1999
  • David Bordwell: The Cinema of Eisenstein; Harvard: University Press, 1994
  • Film Form: Essays in Film Theory; Hartcourt
  • The Film Sense; Hartcourt
  • Sang-Kyong Lee: Die Filmtheorie Sergej Eisensteins und das Kabuki-Theater; in: Wiener slawistischer Almanach, Band 15; Wien 1985.
  • Felix Lenz: Sergej Eisenstein. Montagezeit – Rhythmus, Formdramaturgie, Pathos; München: Wilhelm Fink, 2008.
  • Der „Panzerkreuzer Potemkin“ beginnt seine Fahrt. Unbekannte Texte zur Moskauer Premiere vor sechzig Jahren, hrsg., übersetzt und kommentiert von Hans-Joachim Schlegel. Berlin 1986 ("Kinemathek" 21/67)
  • Werner Sudendorf: Sergej M. Eisenstein. Materialien zu Leben und Werk, unter Mitarbeit von Naum I. Klejman und Hans-Joachim Schlegel. München: Carl Hanser Verlag 1975
  • Eckhard Weise: Eisenstein; Reihe rowohlts monographien; Reinbek: Rowohlt, 1975.
  • Ulrich Wünschel: Sergej Prokofjews Filmmusik zu Sergej Eisensteins Alexander Newski; Sinefonia 3; Hofheim: Wolke-Verlag, 2005; ISBN 3-936000-63-8
  • Hartmann Schmige: Eisenstein, Bazin, Kracauer. Zur Theorie der Filmmontage; Hamburg: Medienladen, 1977
  • Леонид Школьник: Интеллектуальное кино Сергея Эйзенштейна; Еврейский журнал, 23. Januar 2007
    Leonid Schkolnik: Das intellektuelle Kino Sergej Eisensteins; Jüdische Zeitschrift vom 23. Januar 2007
  • Robert Robertson: Eisenstein on the audiovisual : the montage of music, image and sound in cinema; London u.a.: Tauris, 2009; ISBN 978-1-84511-839-6
  • Hans-Joachim Schlegel: Eisenstein und die >Zweite literarische Periode des Films<. Zur Theorie und Praxis filmsemiotischer Literaturinteressen, in: Literaturverfilmungen, hrsg. von Franz-Josef Albersmeier und Volker Roloff; Frankfurt a.M.: suhrkamp 1989

Weblinks

 Commons: Sergei Eisenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Леонид Школьник: Интеллектуальное кино Сергея Эйзенштейна, «Еврейский журнал» (online)

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