Shōgi

Shōgi
kleines Shōgibrett
Spielsteine

Shōgi (jap. 将棋, Hiragana: しょうぎ) ist die japanische Variante des Schachspiels.

Schach kam vom Kaiserreich China über Korea oder möglicherweise über Birma und Malaysia im 8. Jahrhundert nach Japan. Das Shōgi hat sich in Japan zu vielfältigen Varianten verändert. Es gab viele verschiedene Brettgrößen von drei mal drei bis hin zu 36 mal 36 Feldern und etwa achthundert Spielfiguren (Taikyoku-Shōgi; „Ultimatives Shogi“). Heute werden noch das unten vorgestellte Shōgi und die Varianten Chū-Shōgi („Mittleres Shōgi“) und Tori-Shōgi („Vogel-Shōgi“) gespielt. Die gebräuchlichste Brettgröße war und ist neun mal neun Felder groß.

Es gibt einige sehr markante Unterschiede zu allen anderen Schachspielen, allerdings auch einige Gemeinsamkeiten:

Die Shōgi-Spielsteine sind keiner Farbe zugeordnet: Ihre Zugehörigkeit zu einem Spieler wird durch die Richtung, in der sie auf dem Spielfeld stehen, angezeigt; wenn sie geschlagen wurden, können sie vom Gegner neu eingesetzt werden. Erreicht eine Figur den Startbereich des Gegners, kann sie befördert werden: der flache, fünfeckige Spielstein wird umgedreht, und die neue Figur mit erweiterten Zugmöglichkeiten erscheint auf der Rückseite.

Damit ergeben sich viele neue Möglichkeiten. Obwohl sich das japanische Schachspiel weit von den kontinentalasiatischen Schachspielen (indisches Schach Chaturanga, chinesisches Schach Xiangqi) entfernt hat, gibt es immer noch deutlich erkennbare Gemeinsamkeiten. Die Zugmöglichkeiten der Figuren König, Streitwagen (Turm), Pferd und Soldat (Bauer) ähneln stark denen aller anderen Schachspiele, und ihre Startpositionen sind nahezu identisch.

Inhaltsverzeichnis

Steine und Zugvorschriften

● Stein zieht beliebig weit in diese Richtung | ○ Stein zieht ein Feld in diese Richtung

Stein Japanischer Name Zug Stein Japanischer Name Zug
König 王将 (ōshō = König) und 玉将 (gyokushō = Juwelengeneral)
Alle angrenzenden Felder. - - -
Turm 飛車 (hisha = Fliegender Streitwagen)
   
   
Horizontal und vertikal beliebig weit Drache 龍王 (ryūō = Drachenkönig)
Turm + König.
Läufer 角行 (kakugyō = Schrägläufer)
 
   
 
Diagonal beliebig weit Pferd 龍馬 (ryūma oder ryūme = edles Ross)
Läufer + König
Goldener General 金将 (kinshō = Goldener General)
   
Horizontal, vertikal oder vorwärts diagonal - - -
Silberner General 銀将 (ginshō = Silberner General)
   
 
Diagonal oder vorwärts vertikal Beförderter Silber 成銀 (narigin = Befördertes Silber)
   
Wie ein Goldener General
Springer 桂馬 (keima = Lorbeerpferd)
 
     
   
Zwei Felder nach vorne und dann eines seitwärts, kann andere Figuren überspringen Beförderter Springer 成桂 (narikei = Beförderter Lorbeer)
   
Wie ein Goldener General.
Lanze 香車 (kyōsha = Wohlriechender Streitwagen)
   
   
     
Beliebig weit nach vorne Beförderte Lanze 成香 (narikyō)
   
Wie ein Goldener General
Bauer 歩兵 (fuhyō = Fußsoldat)
   
   
     
Ein Feld nach vorne Beförderter Bauer と金 (tokin = Vergoldeter)
   
Wie ein goldener General.

● Stein zieht beliebig weit in diese Richtung | ○ Stein zieht ein Feld in diese Richtung

Beförderung

Wenn eine Spielfigur die Zone der drei hintersten Reihen erreicht, in der die Figuren des Gegners gestartet sind, kann sie befördert werden. Spielfiguren, die in diese Zone eingesetzt werden, dürfen nicht direkt befördert werden. Erst beim nächsten Zug der Figur (selbst wenn die Zone mit dem Zug wieder verlassen wird) besteht die Option zur Beförderung.

Notation

Feldkoordinaten

Zum Aufschreiben von Shogipartien wird eine der Notation des internationalen Schachs angelehnte Kurznotation verwendet. Dabei werden die Reihen mit den Buchstaben von a - i und die Linien mit den Zahlen von 1 - 9 bezeichnet. Von Schwarz aus gesehen, wird das rechte Eckfeld mit "1i" bezeichnet, das Eckfeld links oben ist "9a".

Die Bedeutungen der weiteren Symbol wird anhand folgender Tabellen ersichtlich:

Symbol (deut. /eng.) Bedeutung
 : oder x schlägt auf
' oder * wird eingesetzt auf
+ wird befördert
= wird nicht befördert
- zieht nach
# Schachmatt
  • Anm.: Das Zeichen „-“ wird oft weggelassen.


Stein Symbol (deutsch) Symbol (englisch)
König K K
Turm T R
Läufer L B
Gold G G
Silber S S
Springer Sp N
Lanze La L
Bauer (B)* (P)*
Drache (beförd. Turm) D +R
Pferd (befördeter Läufer) P +B
befördeter Silber +S +S
befördeter Springer +Sp +N
beförderte Lanze +La +L
Tokin (beförderter Bauer) To +P

*Beim Notieren von Zügen wird das Symbol des Bauern normalerweise ausgelassen. Beispiele:

K5i (König zieht nach 5i)
G4i-5h (der Gold auf dem Feld 4i zieht nach 5h)
3f (Bauer zieht nach 3f)
Sp'4e (Springer wird auf 4e eingesetzt)
Sx3g+ (Silber schlägt auf 3g und wird befördert)
  • Anm.: Obwohl es eine deutsche Notation fürs Shogi gibt, haben es sich aufgrund der Internationalität der Shogiszene in Deutschland die meisten Shogispieler angewöhnt, die englische Notation zu verwenden.

Spielbetrieb in Europa

In Europa gibt es derzeit (1. Juli 2010) 400 aktive Spieler. Diese sind organisiert in 17 nationalen Verbänden, darunter Shogi Deutschland e. V. und der Österreichische Shogiverband. Den größten Landesverband stellt mit gut 80 Spielern die Ukraine. Hier spielen auch verhältnismäßig viele Kinder und Jugendliche. Es folgen die Verbände von Deutschland und Frankreich mit jeweils 60 bis 70 Spielern sowie Weißrussland, Schweden, Russland und die Niederlande mit 30 bis 40 Spielern.

Der Dachverband der nationalen Organisationen ist die FESA (Federation of European Shogi Associations). Ihre Aufgaben sind zum einen die Organisation der jährlichen Europameisterschaft (ESC European Shogi Championship) und einem parallel stattfindenden offenen Turnier (WOSC World Open Shogi Championship), zum anderen der Aufbau und die Aufrechterhaltung eines Ratingsystems mit ELO-Zahlen für die aktiven Spieler sowie die Vergabe von Rängen (20 Kyu bis 6 Dan).

Turniere

Die Landesverbände führen meist regelmäßig eigene Turniere durch. Das Problem der Shogiszene in Europa ist, dass es nur sehr wenige Spieler gibt. Für die Teilnahme an Turnieren sind daher oft weite Reisen erforderlich und es kommen verhältnismäßig wenige Teilnehmer zu einem Turnier. Ein Turnier mit 20 Teilnehmern ist schon ein größeres Ereignis und rund 40 Teilnehmer gibt es außerhalb der Ukraine nur einmal im Jahr, wenn die FESA ihr ESC/WOSC ausrichtet. An fast allen Turnieren nehmen Spieler aus mehreren Ländern teil.

Die Bedenkzeiten für Turniere werden meist so gewählt, dass eine Partie etwa eineinhalb bis zwei Stunden dauert (beispielsweise 45 Minuten pro Spieler plus 30 Sekunden Byoyomi). So lassen sich drei bis vier Partien an einem Tag spielen. Viele Turniere werden an einem Wochenende mit fünf bis sieben Runden über zwei Tage oder vier Runden an einem Tag gespielt.

Die Szene in Deutschland

In Deutschland spielen (Stand: 1. Juli 2010) 68 Menschen organisiert Shogi. Aktive Spieler dürfte es einige Hundert geben, die mehr oder weniger regelmäßig über das Internet spielen. Im Gegensatz zur Schachszene gibt es außer dem Landesverband keine eingetragenen Vereine, sondern nur locker organisierte Clubs oder Spielabende mit jeweils etwa einem halben Dutzend Spieler. Die größte Gruppe ist als "Shogi Kurpfalz" mit rund 20 Spielern in Ludwigshafen aktiv.

Bis 2009 fanden in Deutschland drei bis vier Wochenendturniere pro Jahr statt. 2010 wurde mit dem Kurpfalz-Grand-Prix alleine in Ludwigshafen das Angebot auf neuen Turniere im Jahr ausgeweitet. Außerdem organisiert Shogi Deutschland e. V. eine Internetrangliste. Das wichtigste Turnier in Deutschland ist die jährliche offene Deutsche Meisterschaft (ODM), die im Oktober 2009 in Paderborn von Karl Wartlick gewonnen wurde. Im November 2009 wurde in Ludwigshafen erstmals eine Deutsche Damenmeisterschaft ausgetragen. Erste deutsche Meisterin der Damen ist Kirstin Auburger, die auch in der zweiten Damenbundesliga für die TSG Mutterstadt Schach spielte.

Shogi Deutschland e. V.

Shogi Deutschland e. V., kurz: ShD, ist der Shogi Dachverband Deutschlands. Er wurde kurz nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze im November 1989 in Heidelberg als Unterorganisation des Europäischen Shogiverbandes (FESA) unter Führung von Pieter Stouten (NL) gegründet. Hauptziel des Verbands ist die Bildung einer Plattform zwecks Verbreitung und Förderung des japanischen Schachs. Erster Vorsitzender ist aktuell Jochen Drechsler.

Das ESC/WOSC

Die wichtigste Shogiveranstaltung Europas ist das alljährlich im Sommer abgehaltene ESC/WOSC. ESC bedeutet European Shogi Championship und ist die über 5 Runden im KO-System ausgetragene Europameisterschaft. Qualifiziert sind die 32 nach ELO-Zahl stärksten am ESC/WOSC teilnehmenden europäischen Spieler. Das WOSC ist das World Open Shogi Championship, eine Art offene Europameisterschaft, an der auch Spieler von außerhalb Europas teilnehmen können. Das WOSC geht über neun Runden. Dabei sind die Runden des ESC in das WOSC integriert, die Spielergebnisse des ESC zählen also auch für das WOSC. Im dritten Turnier der Veranstaltung wird noch die Europäische Meisterschaft im Blitzshogi ausgespielt.

ESC/WOSC 2010
2010 fand die Veranstaltung erstmals in Ungarn am 16. und 17. April in der Debreceni Egyetem (Universität Debrecen) statt. Folgende Spieler erreichten jeweils die ersten drei Plätze[1]:

Platz ESC (European Shogi Championship) Europameisterschaft im Blitzshogi WOSC (World Open Shogi Championship)
1 Jean Fortin (Frankreich),
der erste Spieler,
der diesen Titel erfolgreich verteidigte
Laszlo Abuczki (Ungarn) Kimio Takahashi (Japan/München)
2 Gergely Buglyo (Ungarn) Michiel Boekschoten (Niederlande) Jean Fortin (Frankreich)
3 Thomas Leiter (Deutschland) Karolina Styczynska (Polen) Frank Rövekamp (Deutschland)

ESC/WOSC 2011
2011 findet diese Veranstaltung erstmals in Ludwigshafen zwischen dem 14. und 17. Juli statt. Durch gezielte Werbemaßnahmen und ein umfangreiches touristisches Zusatzprogramm (u. a. Vorträge und Workshops für Anfänger) empfiehlt sich Ludwigshafen den Spielern und Spielerinnen aus dem europäischen und nicht-europäischen Ausland (vornehmlich China und Japan)[2].

Handicapspiele

Im Gegensatz zu den meisten anderen Spielen der Schachfamilie ist es bei Shogi auch üblich mit Vorgabe (Handicap) zu spielen. Der stärkere Spieler gibt dabei dem schwächeren ein paar Figuren vor. Diese werden vor Beginn der Partie aus dem Spiel genommen und können nicht wie die geschlagenen Figuren wieder eingesetzt werden. Das System ist soweit etabliert, dass Handicappartien in Europa sogar zur Auswertung für die ELO-Zahlen herangezogen werden können. Ist die in ELO-Zahlen gemessene Differenz der Spielstärke zweier Gegner bekannt und nicht zu groß, kann durch die Auswahl der richtigen Vorgabe eine annähernde Chancengleichheit in einer Partie hergestellt werden. So können auch bei größerer Spielstärkedifferenz noch interessante Partien zustande kommen und Anfänger haben recht bald eine Chance gegen mittelstarke Spieler.

Varianten

Dōbutsu Shōgi

Dōbutsu Shōgi, international: Let's Catch the Lion!, ist eine Variante auf 3×4-Feldern, die erst 2009 entwickelt wurde, um kleine Kinder an das Shōgi-Spiel heranzuführen.

Chū-Shōgi

Grundstellung

Chū-Shōgi (jap. 中将棋) ist eine alte Shogivariante, die aber heute noch selbst in Europa gelegentlich gespielt wird. Es weist zu Shōgi folgende Unterschiede auf:

  • Das Brett ist größer (zwölf mal zwölf Felder groß).
  • Geschlagene Figuren werden nicht wieder eingesetzt.
  • Es gibt keine Springer.
  • Jeder Spieler hat zu Beginn 46 Figuren.

Literatur

  • Shogi Deutschland e. V. (Hrsg.): Shogi. 5. Auflage. Eigenverlag, Stuttgart 2006.
  • Frank Sölter, Shogi: Anfängerbuch ; das japanische Schach, 1. Aufl. Kassel. Wild. 1994. 125 S.. ISBN 3-928435-29-9 (kart.)
  • Dennis Schneider, Shogi - Das japanische Schach, 1. Auflage. Eigenverlag, 2010. http://shogi-ryu.npage.de/buch_36860242.html

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Shōgi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • [1] - Website der European Championship and World Open Championship 2011
  • ShogiDeutschland.de - Offizielle Website von Shogi Deutschland e.V.
  • shoginet.de - mit kleinem Anfängerkurs, ausführlichen aktuellen Turnierberichten und Rangliste der deutschen Spieler
  • shogi.de - mit deutscher Regelerklärung und Erläuterungen zur japanischen Szene
  • FESA - Homepage des europäischen Shogiverbandes (Federation of European Shogi Associations) (Englisch)
  • Shogi: Japanese Chess (the Chess Variant Pages) - Ausführliche Shōgi-Regelerklärung (Englisch)
  • Chushogi.de - German Chu Shogi Association mit vielen Beispielpartien und Berichten
  • shogi-ryu.de.to - mit deutscher Regelerklärung und englischsprachigen Lernvideos

Einzelnachweise

  1. Informationen zum Turnier unter results, abgerufen am 2. Juni 2011
  2. Informationen sind in der Webseite zum ESC/WOSC 2011 veröffentlicht, abgerufen am 1. Juni 2011

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