- Sonderzüge in den Tod
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Sonderzüge in den Tod ist der Titel einer Wanderausstellung, die an die Deportation hunderttausender Menschen durch die damalige Reichsbahn in die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager erinnert. Sie wurde 2006 in Frankreich und 2008 verändert in Deutschland vor allem in Bahnhöfen gezeigt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Konzept der Ausstellung
In Deutschland wurde die Ausstellung am 23. Januar 2008 im Zwischengeschoss des Bahnhofs Potsdamer Platz eröffnet[1]. Anschließend war die Ausstellung am Hauptbahnhof Halle (Saale) zu sehen. Zwischen dem 28. März und 10. April war sie am Hauptbahnhof Schwerin zu sehen.[2] Bis 12. Mai war die Ausstellung in Wittenberge zu Gast, vom 18. Mai bis 15. Juni folgt der Hauptbahnhof Münster[3]. Es folgten Stationen in Köln, Frankfurt am Main und Dresden und München. Vom 14. bis 26. November 2008 wird sie im Hauptbahnhof Mannheim gezeigt. Bis zum Jahresende 2008 werden rund 80.000 Besucher erwartet. 2009 soll die Wanderausstellung fortgesetzt und kostenlos an interessierte Städte verliehen werden. Die erste Station wird im Januar 2009 Hanau sein.[4] Ab 22. Januar 2009 wird die Ausstellung in Chemnitz gezeigt, ab 15. Februar im Jüdischen Museum in Dorsten.[5]
Die von der Deutschen Bahn in Zusammenarbeit mit Beate und Serge Klarsfeld gemeinsam mit einer Bürgerinitiative konzipierte Ausstellung integriert Elemente aus der Ausstellung Enfants juifs déportés de France, die über drei Jahre auf Bahnhöfen der französischen SNCF gezeigt wurde. Von insgesamt 40 Informationstafeln basieren 15 auf dieser Sammlung.
Bis April 2008 besuchten, nach Schätzungen der Deutschen Bahn AG, rund 30.000 Menschen die Ausstellung[3].
Diskurs um die Ausstellung
Der Ausstellung ging u. a. ein öffentlicher Streit zwischen den Klarsfelds und der DB AG voraus, nachdem sich das Unternehmen geweigert hatte, die in Frankreich gezeigte Ausstellung auch auf deutschen Bahnhöfen zu zeigen.
In einem Interview im November 2006 begründete DB-Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn seine Ablehnung der Wanderausstellung: „Auf Bahnhöfen herrscht Hast und Eile. Es sind keine Orte für ein derart ernstes Thema wie den Holocaust. Es kann dort keine seriöse, tiefgehende Befassung mit solch einem Thema geben. Wir kennen unsere Verkehrsstationen und die Menschen, die sich dort aufhalten. Ich bin sogar geneigt zu sagen, wenn man es doch täte, wäre das kontraproduktiv. ‚Shock and go‘ funktioniert nicht mehr.“.[6]
Er sagte ferner, die Deutsche Bahn habe sich „im Vergleich mit anderen großen Unternehmen geradezu vorbildlich mit [ihrer] Vergangenheit beschäftigt.“ Er verwies auf eine von 200.000 Menschen jährlich besuchte Dauerausstellung im DB-Museum Nürnberg, die Beteiligung am Entschädigungsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter, die Aufklärung der eigenen Auszubildenden und die Unterstützung des Films Der letzte Zug. Klarsfeld habe dem Unternehmen „ihre Ausstellung diktieren“ wollen. Nachdem der Konzern dies abgelehnt hatte, habe man aus der Zeitung erfahren, das Unternehmen versuche, die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit zu verdrängen. Mehdorn kündigte die Einrichtung einer Wanderausstellung an, die in der Nähe von Bahnhöfen gezeigt werden sollte.[6]
Die Einrichtung einer Wanderausstellung auf Bahnhöfen zu den Deportationen wurde zwischen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Mehdorn am 1. Dezember 2006 vereinbart.[7]
Rezeption
- Fever (Roman) insbes. S. 145ff. (Aufl. 2006): ...ob weitere Kontingente von der freien Zone in die besetzte Zone überführt werden können, um die von den Deutschen angeforderten Konvois auszulasten. Zur Erfüllung der Quote müssen 7000 Israeliten zusammengetrieben werden. Ein Maximum an Deportationen muss vor dem 1. November (1942) erfolgen, da nach diesem Datum keine Schienenkapazitäten von Drancy in Richtung Osten mehr zur Verfügung stehen... Zudem gibt es nicht genug ausländische Juden, um die Quote von 1000 Juden pro Konvoi zu erfüllen. Aus diesem Grund werden die Konvois mit französischen Juden aus den Internierungslagern aufgefüllt.
Siehe auch
- Zug der Erinnerung; inhaltlich vergleichbares Projekt 2007 und 2008
- Mémorial de la Shoah, Paris
- Holocaustkenntnis von Zeitzeugen
Mahnmale in Deutschland:
- Denk-Mal Güterwagen, Hamburg-Winterhude
- Gedenkstätte am Nordbahnhof, Stuttgart
- Mahnmal Gleis 17, Bahnhof Berlin-Grunewald
- Obelisk im Bahnhof Wuppertal-Steinbeck (auf dem Bahnsteig)
Literatur
- Andreas Engwert und Susanne Kill: Sonderzüge in den Tod. Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn, Böhlau-Verlag, Köln/Weimar/Wien, 2009, ISBN 978-3-412-20337-5
- DB Museum Nürnberg (Hrsg.): Im Dienst von Demokratie und Diktatur. Die Reichsbahn 1920–1945. Katalog zur Dauerausstellung im DB Museum, Nürnberg 2002. 3-9807652-2-9
- Raul Hilberg: Sonderzüge nach Auschwitz. Mainz 1981. ISBN 3-921426-18-9
- Serge Klarsfeld: Le Mémorial des enfants juifs déportés de France. La Shoah en France. Bd 4. Gedenkband an die aus Frankreich deportierten Kinder. Édition Fayard, Paris 2001. ISBN 2-213-61052-5 (frz., Nennt alle Züge und die Zahl der darin deportierten Kinder und von der Mehrzahl auch die Personalien und Fotografien)
- Heiner Lichtenstein: Mit der Reichsbahn in den Tod. Massentransporte in den Holocaust 1941 bis 1945. Köln 1985. ISBN 3-7663-0809-2
- Alfred Gottwaldt, Diana Schulle (Hrsg.): Die »Judendeportationen« aus dem Deutschen Reich 1941-1945. Wiesbaden 2007. ISBN 3-86539-059-5 Beschreibt detailliert alle Züge samt Zugnummern und Anzahl der Insassen vom 15. Oktober 1941, Abfahrt, bis 15. April 1945, Ankunft, nebst diversen Faksimiles von Anweisungen der damaligen Behörden zur Durchführung der Transporte.
- Kurt Pätzold, Erika Schwarz: »Auschwitz war für mich nur ein Bahnhof«. Franz Novak - der Transportoffizier Adolf Eichmanns, Metropol Verlag, Berlin, 1994. ISBN 3-926893-22-2 (über Franz Novak)
- Janusz Piekalkiewicz: Die Deutsche Reichsbahn im Zweiten Weltkrieg. Transpress, Stuttgart 1998. ISBN 3-344-70812-0
- Berndt Rieger: Der Fahrdienstleiter des Todes. Franz Novak, der Transportexperte Eichmanns; eine Biographie, Verlag Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2001. ISBN 3-8311-2541-4
Film
- Wolfgang Schoen, Frank Gutermuth: Nach Fahrplan in den Tod - Europas Bahnen und der Holocaust. Dokumentation, D u. F, 90 Min, 2011 (Vor allem zur Kollaboration der SNCF)
Weblinks
- Ausstellung „Sonderzüge in den Tod“ eröffnet. RBB 22. Januar 2008 mit Videobeitrag
- DB zeigt auch 2009 die Ausstellung „Sonderzüge in den Tod“ Informationen der Deutschen Bahn
- Enfants juifs déportés – Broschüre zur Ausstellung 2004–2006 (PDF-File, 8 MB, frz.)
- MDR, Fernsehbeitrag im Magazin ttt, 27. Januar 2008
- Katharina Schuler: Eine Ausstellung erinnert nun an die Verstrickung der Deutschen Reichsbahn in den Holocaust. Der Eröffnung war ein langwieriger Streit vorausgegangen. In: ZEIT online 04/2008, 31. Januar 2008
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Bahn AG: Deutsche Bahn eröffnet Wanderausstellung zur Rolle der Reichsbahn während des Holocausts. Presseinformation vom 23. Januar 2008
- ↑ Deutsche Bahn AG: Deutsche Bahn zeigt Wanderausstellung zur Rolle der Reichsbahn während des Holocausts in Schwerin. Presseinformation vom 28. März 2008
- ↑ a b Wanderausstellung der DB stößt auf großes Interesse. In: DB Welt, Ausgabe Mai 2008, S. 4
- ↑ Deutsche Bahn AG: Wanderausstellung "Sonderzüge in den Tod" wird 2009 fortgesetzt. Presseinformation vom 10. November 2008
- ↑ DB zeigt auch 2009 Ausstellung über NS-Zeit. In: DB Welt, Ausgabe Januar 2009, S. 5
- ↑ a b Wir Bahner brauchen keine neue Ausstellung, wir haben eine.
- ↑ Deutscher Bundestag: auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Petra Pau, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 16/7875 –. 11. Februar 2008 (PDF-Datei, 4 Seiten)
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