- Sophisma
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Der Sophismus (Mz. Sophismen) oder das Sophisma (Mz. Sophismata, griechisch: sophízesthai = „ausklügeln“, „aussinnen“ und: sophós = „geschickt“, „klug“) ist ein logischer Scheinbeweis, ein mit den Mitteln der Logik bewusst herbeigeführter Trugschluss. Derartige Sophismen zu ersinnen war im 5. Jahrhundert v. Chr. ein bevorzugtes Stilmittel der Sophisten, einer Gruppe altgriechischer Rhetoriker und Weisheitslehrer, mit deren Hilfe sie die von ihnen postulierte Subjektivität der menschlichen Erkenntnis zu untermauern suchten.
Ein unabsichtlicher Trugschluss wird als Paralogismus bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Konstruktionen
Logisches Denken ist, aus mehreren Gründen, für die Mehrzahl der Menschen schwierig. Oft erfordert es, (zu) viele Informationen gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis zu behalten. Hierfür gibt Johnson-Laird folgendes Beispiel:
- Entweder Ann sitzt auf dem Sofa und sieht fern, oder aber Eve steht am Fenster und beobachtet die Vögel.
- Ann sitzt auf dem Sofa. Sieht sie fern?[1]
Die meisten Menschen antworten „Ja“, obwohl dies nicht logisch folgt. (Es könnte zum Beispiel sein, dass Eve am Fenster steht und die Vögel beobachtet, während Ann auf dem Sofa sitzt und liest.)
Das Gehirn ist schlecht ausgerüstet, um logisch-deduktiv zu denken – diese Fähigkeit bietet ja auch keinen evolutionären Vorteil. Außerdem wird es nur von den wenigsten Menschen geübt. Diese menschliche „Schwäche“ ist die Grundlage von Sophismen, also dafür, dass man Andere mit Scheinargumenten recht leicht täuschen kann.
Eine häufig benutzte Methode, einen Sophismus zu konstruieren, ist die Ausnutzung der Doppeldeutigkeit eines Begriffes (siehe Aristoteles, Topik, I, 13 und Arthur Schopenhauer, Die Kunst, Recht zu behalten, Kunstgriff 2). Solch einen Sophismus nennt man auch Äquivokation. Antike Beispiele:
- Eine Katze hat einen Schwanz mehr als keine Katze. Keine Katze hat zwei Schwänze. Also hat eine Katze drei Schwänze.
- Diese Katze hat Junge, sie ist also eine Mutter. Diese Katze ist deine Katze. Also ist diese Katze deine Mutter.
- Was selten ist, ist teuer. Rothaarige sind selten. Also sind Rothaarige teuer.
Nutzt man diesen Kunstgriff im Rahmen eines klassischen Syllogismus, verwendet man also vier, statt der vorgeschriebenen drei Begriffe, so nennt man diesen Sophismus auch Quaternio terminorum. Die ältesten bekannten Beispiele sind die Sophismen des Eubulides.
Ein ebenfalls häufig angewendete Methode besteht darin, einen (logisch) nicht gültigen Schluss durch einen glaubwürdigen Inhalt insgesamt plausibel wirken zu lassen. Beispiel:
- Alle Schauspieler sind Menschen. Einige Menschen sind blond. „Also“ sind einige Schauspieler blond.
Zu weiteren Konstruktionen (Sophismus des kollektiven Mittelbegriffs, Sophisma illiciti processi u.a.) siehe logische Fehlschlüsse und Distribution der Terme.
Quelle
Sophismus des Euathlos
Der Sophismus des Euathlos ist ein bekanntes Paradoxon der altgriechischen Philosophie.
Euathlos ließ sich von Protagoras von Abdera (ca. 485–415 vor Chr.) ausbilden, dem berühmten Rhetoriker und herausragenden Lehrer der Sophistik. Sie vereinbarten, dass Euathlos seine Ausbildung erst dann bezahlen müsse, wenn er seinen ersten Gerichtsprozess gewonnen habe. Nun nahm Euathlos sich aber einen anderen Beruf, führte deshalb keine Prozesse, konnte folglich auch keinen gewinnen und wollte daher für seine Ausbildung nicht bezahlen. Daraufhin drohte Protagoras ihm mit Klage und argumentierte wie folgt: „Euathlos muss auf jeden Fall bezahlen: Entweder laut unserer Vereinbarung, weil er diesen Prozess gewinnt, oder aber, weil ihn das Gericht dazu verurteilt.“ Euathlos, von Protagoras gut ausgebildeter Sophist, hielt jedoch dagegen: „Ich muss auf gar keinen Fall bezahlen, denn entweder verliere ich den Prozess, dann war meine Ausbildung schlecht und es gilt weiter die Vereinbarung, oder aber das Gericht entscheidet zu meinen Gunsten.“
Aus Sicht der traditionellen Logik stellt dieser Sophismus nur ein scheinbares Paradoxon dar, weil in ihm der sogenannte Identitätssatz verletzt wird. Euathlos besitzt in diesem Zusammenhang nicht eine, sondern zwei verschiedene funktionale Identitäten: Zum einen ist er Anwalt in eigener Sache, zum anderen ist er Beklagter. Ob er zahlen muss oder nicht, hängt daher von der subjektiven Betrachtungsweise ab. Für die Anhänger der Sophisten ist dieses Beispiel daher von wunderbarer Eleganz. Die Verfechter traditioneller Logik stellen diesem Sophismus allerdings das klassische Beispiel des unauflösbaren eindeutigen Paradoxon gegenüber: „Ein Kreter behauptet, dass alle Kreter lügen...“
Varianten
Ein neuere Variante, das von Bertrand Russell beschriebene Barbier-Paradoxon, beruht auf derselben Idee: Der Barbier eines Dorfes soll alle Männer rasieren, die sich nicht selbst rasieren. Soll er sich selbst rasieren? Wenn er sich in seiner Rolle als Dorfbewohner nicht rasiert, muss er sich in seiner Rolle als Barbier rasieren – und umgekehrt. Weitere Varianten (dieselbe logische Konstruktion mit einer anderen Coverstory) kann man leicht daraus ableiten (Der Postbote bringt allen die Post, außer denen, die sie selbst vom Postamt holen. Wie kommt er an seine Post?).
Literatur
- Martin Cohen: 99 philosophische Rätsel. Campus Sachbuch, ISBN 3593366533
Weblink
- Eintrag in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
Siehe auch
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