- Speisepilze
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Speisepilz ist der küchensprachliche Oberbegriff für Fruchtkörper verschiedener Pilzarten, die genießbar und wohlschmeckend sind. Die meisten Speisepilzarten gehören in der mykologischen Systematik zu den Ständerpilzen. Es gibt mehrere hundert Arten von Speisepilzen in Mitteleuropa, von denen aber nur einige Dutzend allgemein bekannt sind und häufiger verzehrt werden.
In Österreich und mundartlich in Bayern werden sie auch Schwammerl genannt, in der Schweiz neben Pilz auch Schwümm.
Inhaltsverzeichnis
Nährwert
Speisepilze sind kalorienarm, eiweiß-, mineralstoff- und ballaststoffreich. Sie reichern jedoch auch Schwermetalle an, die infolge der Industrialisierung und besonders als radioaktive Isotope aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl in ihren Lebensraum gelangt sind. Dies gilt jedoch nur für im Freien gesammelte Pilze und ist wegen ihres seltenen Verzehrs kaum bedenklich. Pilze aus exponierten Lagen (Straßenränder und im Innenstadtbereich aus Rabatten u.ä.) sollte man jedoch nicht verzehren, der Schwermetallgehalt kann hier sehr hoch sein, ein typischer Vertreter ist der Stadtchampignon (A. bitorquis). Zuchtpilze sind dagegen besonders wenig belastet, weil sie unter möglichst sterilen, abgeschotteten Bedingungen ohne Einsatz von Agrargiften gezogen werden.
Anders als bei Pflanzen besteht das stützende Zellgerüst der Pilze aus Chitin, was zu ihrer teil schwereren Verdaulichkeit beitragen mag.
Speisepilze sollten frisch verarbeitet werden, da sich ihr Eiweiß schnell zersetzt und unbekömmlich oder sogar giftig werden kann. Einige Arten wie der Perlpilz sind roh giftig, einige enthalten Substanzen, die in Kombination mit Alkohol zu Beschwerden führen können.
Kulinarischer Wert
Das geschmackliche Spektrum der Speisepilze reicht von würzig oder scharf bis zu mild aromatisch oder gar fad. Die am meisten geschätzten Sorten verleihen einem Gericht, sei es als Hauptbestandteil oder als Zutat, eine charakteristische Note. Je nach Art werden Speisepilze am besten gebraten, geschmort, gekocht oder zuerst getrocknet, um eingeweicht oder gemahlen als Zutat beziehungsweise Gewürz zu dienen. Manche Speisepilzarten werden bei der Zubereitung schleimig, was durch vorheriges Entfernen von Huthaut und Lamellen, Mischen mit festeren Arten oder durch vorherige Trocknung vermindert werden kann. Nicht jeder stört sich daran.
Alle Speisepilze lassen sich nach gründlichem Säubern und Blanchieren einfrieren. Die traditionelle Methode zur Konservierung ist das Trocknen, wozu frische, madenfreie Exemplare feinblättrig geschnitten werden, um anschließend für einige Tage auf eine Schnur gezogen oder auf Papier ggf. auf einem Heizkörper ausgebreitet werden. Vollständig ausgetrocknet sind sie dann unter Luftabschluss jahrelang haltbar. Nicht alle Pilzarten sind für das Trocknen zu empfehlen; besonders gut geeignet sind Steinpilze und Maronenröhrlinge, die dadurch ein intensiveres Aroma entwickeln.
Speisepilze im Handel
Da die meisten Pilzarten als Symbionten oder Schmarotzer in enger Lebensgemeinschaft mit bestimmten Pflanzen leben, lassen sich nur wenige Arten mit Erfolg züchten und spielen dann in der Lebensmittelwirtschaft eine Rolle. Dazu gehören Zuchtchampignon, Austernseitling, Kräuterseitling, Shiitake, Stockschwämmchen und Judasohr („Mu-Err“ bzw. „Chinamorchel“) und seit neuerem auch der rotbraune Riesenträuschling (Stropharia rugosoannulata), auch mal als "chinesischer Mandelpilz" in den Supermarktregalen. Als Konserve findet man aus China auch eine Zuchtform des Samtfußrüblings, dort „Goldnadelpilz“ (Jīn Zhēn Gū) genannt und weltweit eine der am meisten angebauten Pilzarten.
Ein Zuchtpilz mit wirtschaftlicher Bedeutung in Südostasien ist der Reisstrohpilz (thailändisch: „Het Fang“, เห็ดฟาง), eine Zuchtform des auch in Europa vorkommenden Schwarzstreifigen Scheidlings (Volvariella volvacea). Er wird auf Reisstrohsubstrat gezüchtet, in dem man die Pilzkulturen mit schattenspendenden Palmwedeln abdeckt und so ein wachstumsförderndes Mikroklima erzeugt. Die Art wird mittlerweile auch in Mitteleuropa als Konserve im asiatisch geprägten Lebensmittelhandel angeboten.[1] Dort werden auf den Märkten auch verbreitet „Zuchtpilze“ angeboten, die in der Natur gesammelt, dort aber von Termitenvölkern in einer Symbiose aktiv kultiviert werden, genannt „Termitenbau- oder Termitenpilze“ (Termitomyces albiceps, T. fuliginosus & T. striatus, thailändisch: „Het Kon“, เห็ดโคน bzw. „Hed Kha Kai“, เห็ดขาไก่). [2]
Im Sommer und Herbst kommen meist in den Wäldern Ost- und Südosteuropas gesammelte Speisepilze anderer Arten in größeren Mengen auf den Markt, vor allem Pfifferlinge, Steinpilze und Maronenröhrlinge, gelegentlich Semmelstoppelpilze und Riesenboviste. Eine Sonderrolle spielen die sehr seltenen und äußerst begehrten Trüffeln aus Frankreich und Italien.
Bis vor wenigen Jahren wurden auch Grünlinge verkauft, doch sie haben sich möglicherweise als latent giftig erwiesen, es gab noch ungeklärte Todesfälle in Frankreich, der Pilz sollte daher nicht mehr verzehrt werden.
Bei „am Straßenrand“ angebotenen Pilzen ist Vorsicht geboten. Wer diese Pilze nicht eindeutig identifizieren kann, sollte sie auch nicht kaufen. Das gleiche gilt für Trockenpilze, die zum Verkauf angeboten werden. Hier ist ebenfalls äußerste Vorsicht angebracht. In importierten Trockenpilzen aus Asien wurden schon geringe Bestandteile von äußerst giftigen Pilzen gefunden.
Sammeln und Bestimmen
Speisepilze können das ganze Jahr über gesammelt werden, die ergiebigste Jahreszeit ist allerdings die „Pilzsaison“ etwa von August bis Ende Oktober, in der die bekanntesten Arten ihre Fruchtkörper ausbilden. Günstig für deren Wachstum sind hinreichende Wärme und mäßige Feuchtigkeit. Bei anhaltender trockener Hitze oder auch kühler Nässe ist nur mit wenigen Funden zu rechnen.
Es gibt kein allgemeines Kriterium zur Unterscheidung von Speisepilzen und Giftpilzen. Daher sind genaue Kenntnisse über das Aussehen ihrer Fruchtkörper unabdingbar. Unbekannte oder nicht sicher bestimmte Pilze sollte man nicht verzehren.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass einige Pilze (zum Beispiel Grünling, Nebelgrauer Trichterling und Kahler Krempling), die vor einigen Jahrzehnten noch als Speisepilze galten, sich inzwischen als giftig herausgestellt haben. Bei der Bestimmung sollte also auf aktuelle Kenntnisse und Bücher zurückgegriffen werden.
Ausrüstung
Pilze sollten immer in luftigen, geräumigen Behältern wie Körben gesammelt und aufbewahrt werden, da sie sonst vorschnell verderben. Zum Ernten und Putzen wird ein handliches, scharfes Messer benötigt, möglichst ein Klapp- oder Taschenmesser. Schließlich sollte ein handliches, praxisorientiertes Pilzbestimmungsbuch mitgeführt werden, das vor allem Speisepilze und die mit ihnen verwechselbaren ungenießbaren oder giftigen Arten darstellt. Um sich lohnende Standorte für das nächste Jahr notieren zu können, sind Papier und Kugelschreiber von Nutzen.
Das Sammeln
Nur junge und weitgehend unversehrte Pilze mittleren Alters lohnt es zu sammeln. Ältere Exemplare sind häufig von Maden befallen, von schlechterem Geschmack und zerfallen sehr schnell. Allzu junge Fruchtkörper sollten ebenfalls stehengelassen werden, weil sie ein hohes Verwechslungsrisiko bergen. Es ist zu empfehlen, die Pilze sofort zu reinigen, also Stielansatz, madige Stellen, Schnecken, Blätter, Erde und Nadeln und gegebenenfalls Huthaut und Lamellen beziehungsweise Röhren zu entfernen. Später ist die Reinigung wesentlich aufwendiger, da sich im Sammelkorb die Verunreinigungen verteilen.
Ist ein Pilz nicht gleich eindeutig zu bestimmen, sollte er herausgedreht werden, möglichst ohne das im Boden befindliche Myzel zu zerstören – der Stielansatz kann wichtige Hinweise auf die Art geben. Genügt auch das nicht, sollte der Pilz weggeworfen oder ggf. ungeputzt in einem getrennten Behälter zur späteren Bestimmung mitgenommen werden.
Es wird immer wieder behauptet, man solle Pilze mit einem scharfen Messer abschneiden, da sonst die „Wurzeln“ - also das Myzel, der eigentliche Pilz - verletzt werden könnte. Dreht man den Pilz vorsichtig aus dem Boden, ist dies aber nicht zu befürchten und einige Pilzarten lassen sich nur schwer ohne die Stielspitze bestimmen (z.b. Knollenblätterpilze).
In einer mehr als dreißigjährigen Untersuchung auf verschiedenen Versuchsflächen kam die Schweizer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) 2005 zu dem Ergebnis, dass sich weder Methode (Schneiden oder Ausdrehen) noch Ausmaß des Pilzsammelns auf die Zahl und Artenvielfalt der Pilze auswirken. Dagegen wurde festgestellt, dass sich Stickstoffeintrag, also Düngung, negativ auf das Pilzwachstum auswirkt (s. auch Magerwiesen).
Anfänger sollten nach dem Sammeln einen örtlichen Pilzsachverständigen bitten, das Sammelgut zu beurteilen. Eine aktuelle Liste der zugelassen Sachverständigen für Deutschland findet man auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Mykologie.
Bestimmung
Zur Bestimmung werden Pilze zumeist in drei Gruppen eingeteilt (die nicht mit der mykologischen Systematik übereinstimmen):
- Röhrlinge und Porenpilze
- Blätter- oder Lamellenpilze
- Nichtblätterpilze (Gallert-, Bauch- und Schlauchpilze)
Dieser leicht erkennbaren Einteilung (oder einer ähnlichen, feiner abgestuften) folgen die meisten praxisorientierten Pilzbestimmungsbücher. Zur ersten Gruppe gehört als bekanntester Vertreter der Steinpilz. Charakteristisch bei Röhrlingen ist das schwammige, meist leicht ablösbare Röhrengewebe auf der Hutunterseite, das die Sporen enthält. In dieser Gruppe kommen nur sehr wenige ungenießbare oder giftige und keine tödlichen Arten vor; Anfänger sollten daher zunächst nur Röhrlinge sammeln.
In der zweiten Gruppe gibt es wesentlich mehr Arten, davon neben hervorragenden Speisepilzen viele ungenießbare und giftige. Bekanntester Vertreter ist der Champignon, berüchtigt sind die tödlich giftigen Knollenblätterpilze.
Die dritte Gruppe lässt sich nicht exakt beschreiben, sie umfasst so verschiedene Arten wie Pfifferlinge, Stäublinge, Glucken, Morcheln und Trüffeln. Zu dieser Gruppe gehören relativ viele nur jung genießbare oder ganz ungenießbare Pilze und einige giftige, von denen aber nur die Frühjahrslorchel tödlich ist.
Zur genaueren Bestimmung müssen Farbe, Form und Struktur des Huts, des Stiels und der Lamellen beziehungsweise der Röhren anhand eines Handbuchs verglichen werden. Vorhandensein und Eigenschaften von Ring oder Scheide sind bei Blätterpilzen ebenfalls ein wichtiges Merkmal. Weitere können der Geruch und der Geschmack sein, wobei Geschmacksproben nur bei mit Sicherheit ungiftigen Pilzen erfolgen dürfen (Ausnahme: Täublinge und Milchlinge). Bei vielen Pilzarten verfärbt sich das Fleisch des Fruchtkörpers durch Verletzungen (Madenfraß, Druckstellen oder Zerschneiden) auf charakteristische Weise, was zur Unterscheidung sehr nützlich sein kann. Ebenso die Farbe der Flüssigkeit, die bei einigen Arten nach Verletzungen austritt.
Die Sporenfarbe – ein weiteres Unterscheidungsmerkmal – lässt sich bestimmen, indem man einen nicht zu ausgereiften Hut auf ein Blatt Papier legt, mit einem Glas o. ä. abdeckt, und einige Stunden wartet. Anschließend sind Lamellenstruktur und Sporenfarbe auf dem Papier deutlich zu erkennen. Eine genaue Untersuchung der Sporen erfordert ein Mikroskop mit etwa 1000-facher Vergrößerung. Solche Sporenuntersuchungen sind jedoch für normale Pilzsammler meist nicht notwendig, sondern eher von pilzkundlichem Interesse.
Notrufnummern bei Pilzvergiftungen
- Deutschland: Landesberatungsstelle für Vergiftungserscheinungen, Tel. +49(0)30-19 240
- Österreich: Vergiftungsinformationszentrale, Tel. +43(0)1-406 43 43
- Schweiz: Tox-Zentrum, Tel. +41(0)44-251 51 51; Vergiftungs-Notruf: 145
Literatur
- Gottfried Amann: Pilze des Waldes. Neumann-Neudamm, Melsungen 2003, ISBN 3-7888-0763-6
- Rose Marie Dähncke: 200 Pilze für die Küche und ihre giftigen Doppelgänger. Ein Bestimmungsbuch für den Speisepilzsammler. EBG-Verlags-GmbH/Bertelsmann-Club, Kornwestheim und Gütersloh 1987
- Ewald Gerhardt: Pilze sammeln, aber richtig. Unsere besten Speisepilze und ihre giftigen Doppelgänger. BLV, München, Wien und Zürich 2004, ISBN 3-405-16818-X
- Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln. Reihe Kleine Philosophie der Passionen. dtv, München 2000, ISBN 3-423-20365-X
- Hans E. Laux: Eßbare Pilze und ihre giftigen Doppelgänger. Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 2005 (Erstauflage 1985), ISBN 3-440-10240-8
- Walter W. A. Pätzold, Hans E. Laux: 1 mal 1 des Pilzesammelns. Kosmos-Naturführer. Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09692-0
- Roger Phillips: Der große Kosmos-Naturführer Pilze. Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 1998 (Erstauflage 1982), ISBN 3-440-07501-X
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft für Mykologie: Verbraucherschutztafeln, Liste der Pilzsachverständigen
- "Verordnung über Speisepilze" - in der Schweiz offiziell als marktfähige Speisepilze zugelassene Arten (PDF)
- Text und eine Liste von Speisepilzen von www.pilze.ch
- Ein Auszug aus der Liste der Speisepilze der "Französischen Gesellschaft für Mykologie"
- Deutsche Pilz Seite mit vielen Infos
Einzelnachweise
- ↑ Artikel auf Fundkorb.de vom 03. Januar 2008 "Thailands beliebtester und meistverzehrter Speisepilz", bei Nichtanzeige dort auf „FundGroup" klicken
- ↑ Englische Seite zu "Termite mushrooms"
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