St. Mauritz (Münster)

St. Mauritz (Münster)
St. Mauritz zu Münster

Die katholische Stifts- und Pfarrkirche St. Mauritz ist der älteste Sakralbau in Münster (Westfalen). Die Gründung des Stifts St. Mauritz fand bald nach 1064 statt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Bedeutung

Rechtes Seitenportal
Innenansicht

Das Kollegiatsstift St. Mauritz galt nach dem Domkapitel des St.-Paulus-Doms als das bedeutendste Stift im Bistum Münster. Wann das Stift gegründet wurde, ist aufgrund der nicht mehr vorhandenen Gründungsurkunde unbekannt. Untersuchungen der romanischen Osttürme bei Grabungen im Jahre 1970 lassen aber vermuten, dass es um oder kurz nach 1064 errichtet wurde. Der Bau fiele damit in die Amtszeit Bischof Friedrichs I.. Möglicherweise stammten die Pläne zum Bau bereits von seinem Vorgänger Rudbert. Als Belege, dass Friedrich I. für die Errichtung verantwortlich zeichnete, dienen seine engen Verflechtungen zum St. Mauritius-Dom in Magdeburg, wo er zunächst Kanoniker war, dann zum Dompropst aufstieg, aber mit seinem Streben nach dem Amt des dortigen Erzbischofs scheiterte, sowie das daraus resultierende Mauritius-Patrozinium der St.-Mauritz-Kirche.

Der Abschluss der Bauarbeiten an der Stiftskirche erfolgte vermutlich unter dem Nachfolger Friedrichs I., Bischof Erpho. Auf ihn geht das Langhaus zurück, in dem Friedrich I. begraben liegt, sowie die Kirchweihe. Erweiterungen erfuhr das Stift offenbar durch den von 1098 bis 1118 amtierenden Bischof Burchard mit dem Kreuzgang, den Stiftsgebäuden sowie der Blasiuskapelle. Der münstersche Bischof Hermann II. stiftete die Dechanei und beauftragte 1177 den Ausbau des Kapitels. In diesen Zeitraum fallen auch der Bau des Westturmes und der Erphokapelle.

Bestimmte der Bischof von Münster bis ins 14. Jahrhundert hinein noch die Pröpste von St. Mauritz, änderte sich dies durch eine Verwaltungsreform gegen Ende des Jahrhunderts. Sie folgte vergleichbaren Veränderungen am Dom, nach denen die Rechte des jeweiligen Propstes eingeschränkt wurden. Zum Ausgleich erhielt das Stift allerdings das Recht der freien Propstwahl.

Im Jahre 1529 war das Stift St. Mauritz Ausgangspunkt der Entwicklung hin zum Täuferreich von Münster, als der damalige Kaplan Bernhard Rothmann dort anfing, reformatorisch zu predigen. Nachdem die Täufer 1534 die Kontrolle über die Stadt erlangt hatten, wurde es verwüstet und in Brand gesetzt, nach der Niederschlagung des Täuferreichs aber wiederhergestellt. Im Jahre 1811 erfolgte die Aufhebung des Stifts.

Gebäude

Das ursprünglich einschiffige romanische Langhaus wurde nach Plänen des münsterschen Diözesanbaumeisters Emil von Manger 1859–1861 durch ein dreischiffiges neuromanisches Langhaus basilikalen Querschnitts ersetzt. Nach weitreichender Zerstörung des St.-Paulus-Doms am 23. und 25. März 1945 war St. Mauritz zeitweilig die einzige benutzbare alte Kirche in Münster.

Die Akustik dieser Kirche wird als herausragend beschrieben. Sie besitzt eine nach Restaurierung intakte historische Orgel aus dem Jahre 1882 von Friedrich Fleiter. Das erste Instrument aus dem Jahr 1503 wurde von den Täufern vernichtet. Im Jahre 1476 fand die Weihe des neuen gotischen Chores statt. 1709 erhielt der Westturm eine Barockhaube.

Bauschmuck

Kunsthistorisch bedeutend sind die zehn Nischenreliefs der Osttürme von St. Mauritz, von denen sich heute drei im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster befinden. Sie gehören zu den sehr wenigen Reliefs am Außenbau einer Kirche im 11. Jahrhundert, welche überliefert sind. Vermutlich entstanden sie um 1090. Dargestellt sind zum Beispiel fünf männliche, kriegerische Figuren und eine weibliche Heilige. Als Vergleichswerke sind die ebenfalls im 11. Jahrhundert entstandenen Nischenreliefs der Westfassade von St. Pantaleon in Köln zu nennen.

Ausstattung

Für die Kirche schuf Johann Bockhorst aus Münster, ein enger Mitarbeiter von Peter Paul Rubens, im 17. Jahrhundert das Hochaltargemälde Christus am Kreuz. Es wurde lange Zeit als Arbeit von Anthonis van Dyck angesehen, wird inzwischen jedoch Bockhorst zugeschrieben.

Glocken

Die Basis des Geläutes bilden die drei großen Glocken des 16. Jahrhunderts, wobei die beiden Renaissanceglocken von 1550 deutliche Parallelen im Dekor zur älteren Klerusglocke erkennen lassen. Im Jahre 1989 ergänzte die Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock (Gescher) vier kleinere Cymbelglocken, die im Gegensatz zu den alten Glocken in schwerer Rippe konstruiert sind, so dass eine Einheit des Gesamtgeläutes nicht ganz erreicht wird. Die Glocken hängen in einem alten Holzglockenstuhl an Holzjochen.

Nr. Name Gussjahr Gießer Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
1 Mauritiusglocke 1550 Antonius van Utrecht 1240 1000 d1 +2
2 Johannesglocke 1550 Antonius van Utrecht 1090 800 f1 +13
3 Klerusglocke 1539 Wolter Westerhues 880 400 a1 +9
4 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 790 c2 +9
5 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 721 d2 +8
6 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 656 e2 +8
7 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 558 g2 +9

Literatur

  • Werner Dobelmann: Kirchspiel und Stift St. Mauritz in Münster. Ursprung und Werdegang eines Stadtviertels und seines Vorlandes, Münster 1971
  • Antonia Bösterling-Röttgermann: Das Kollegiatstift St. Mauritz-Münster. Untersuchungen zum Gemeinschaftsleben und zur Grundherrschaft des Stifts von den Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Mit einer Liste der Pröpste, Dechanten, Kanoniker, Vikare und Kapläne des Stifts. Münster 1990, ISBN 978-3-402-03836-9
  • Matthias Herkt: Anwendungsmöglichkeiten computergestützter Erfassungs- und Auswertungshilfen am Beispiel der Güter- und Einkünfteverzeichnisse des Kollegiatstiftes St. Mauritz in Münster, Bochum 1991, ISBN 3-88339-902-7
  • Matthias Herkt: Münster - Kollegiatstift St. Mauritz, in: Westfälisches Klosterbuch, Band 2, hrsg. v. Karl Hengst, Münster 1994, S. 39-45, ISBN 3-402-06888-5
  • Wilhelm Kohl: Das Kollegiatstift St. Mauritz vor Münster, Germania Sacra (Neue Folge 47), Berlin / New York 2006, ISBN 978-3-11-019235-3

Weblinks

51.9626666666677.64923611111117Koordinaten: 51° 57′ 46″ N, 7° 38′ 57″ O


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