- Stammwähler
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Stammwähler sind Wähler, die konstant über viele Jahre hinweg die gleiche politische Partei wählen; dabei spielen oft Tradition und Gewohnheit eine größere Rolle bei der Wahlentscheidung als die tatsächlichen oder gerade aktuellen Leistungen der Partei.
Ursachen
Die enge Bindung von Wählern an eine politische Partei wird mit folgenden Faktoren erklärt:
- ein relativ einheitliches soziales Milieu (Familie, Arbeitsplatz, privates Umfeld)
- historische Erfahrungen einer bestimmten sozialen Schicht
- organisatorische Hintergründe, beispielsweise die Zugehörigkeit zu bestimmten Vereinen/Verbänden
Sowohl ein einheitliches soziales Milieu als auch gemeinsame historische Erfahrungen sind in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert etwa an der Verbundenheit der Industriearbeiterschaft zur SPD nachweisbar. Die deutliche Wirkung organisatorischer Hintergründe zeigt sich am Beispiel der Wahlorientierung gewerkschaftlich organisierter Arbeiter: Diese wählte in Deutschland deutlich häufiger die SPD als unorganisierte Arbeiter.
Neben der Zugehörigkeit zu einem beruflichen Milieu hat sich auch die Religionszugehörigkeit als prägend erwiesen. Ebenfalls bereits im 19. Jahrhundert ist vor allem für ländlich-katholische Gebiete eine Stammwählerorientierung zum Zentrum nachweisbar. Diese wurde verstärkt durch die gemeinsame historische Erfahrung des Kulturkampfes gegen die katholische Kirche. Auch heute noch wählen sowohl katholische als auch evangelische Christen, die häufig zur Kirche gehen (Kirchgangshäufigkeit), deutlich häufiger christliche Parteien wie CDU und CSU.
Bedeutung für Wahlforschung
Für Wahlprognosen spielt die enge Bindung der Stammwähler an eine Partei eine wichtige Rolle. Denn von der aktuellen politischen Stimmung zugunsten der Parteien, die in Umfragen erfasst wird, ist nicht automatisch auf die reale Wahlentscheidung zu schließen. Deshalb haben alle Meinungsforschungsinstitute eine eigene Formel, mit der sie das Ergebnis der aktuellen Stimmungswerte in das vermutliche tatsächliche Wahlverhalten umrechnen.
Beispiel: wenn die FDP hohe Stimmungswerte hat, weil die CDU sich in einem Stimmungstief befindet, gehen die Wahlforscher davon aus, dass ein bestimmter Anteil aktuell enttäuschter CDU-Stammwähler im Zweifel bei einer tatsächlichen Wahl doch wieder für die CDU und nicht für die FDP stimmen wird.
Die Erosion der Stammwählerpotentiale seit etwa Anfang der 90er Jahre macht es für die Wahlforschung zunehmend schwieriger, korrekte und exakte Prognosen zu erstellen (siehe auch Wechselwähler).
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