Steamcracking

Steamcracking

Steamcracken bzw. Dampfspaltung ist ein Verfahren der Petrochemie, bei dem durch thermisches Cracken längerkettige Kohlenwasserstoffe (Naphtha, aber auch Propan, Butan und Ethan, sowie Gasöl und Hydrowax) in Gegenwart von Wasserdampf in kurzkettige Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Es entstehen vor allem Wasserstoff, Methan, Ethen und Propen als Hauptprodukt, Butene, Pyrolysebenzin (engl. Pygas) sowie ein teerähnlicher Rückstand (ECR: Ethylen-Cracker-Rückstand, engl.:ethylene cracker residue). Ein Steamcracker zählt zu den kompliziertesten Anlagen der Petrochemie. Der Steamcracker dient der Herstellung von Rohstoffen, die hauptsächlich zu Kunststoffen, Lacken, Lösemitteln oder Pflanzenschutzmitteln verarbeitet werden.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf

Als Edukt dient normalerweise das in der Raffinerie anfallende Naphtha (bzw Naphthafraktionen). Der eigentliche Cracker ist ein Rohrreaktor mit einer Rohrschlange von etwa 90mm-120mm Innendurchmesser und 60-80m Länge. Das Rohr besteht aus einer Chrom/Nickel-Legierung und befindet sich in einem Ofen, der durch Flammen beheizt wird.

Das 100 °C heiße Sumpfprodukt wird bei etwa 12bar in der Konvektionszone des Ofens auf 550-600 °C vorgewärmt. In dieser Zone wird auch 180-200 °C heißer Prozessdampf zugegeben (daher der Name Steamcracking). Der Prozessdampf dient dazu, eine Partialdruckerniedrigung der einzelnen Reaktionsteilnehmer herbeizuführen. Zusätzlich verhindert er (durch sein eingenommenes Volumen) teilweise eine Aneinanderlagerung der fertigen Reaktionsprodukte (Polymerisation der Alkene) und kühlt in der Konvektionszone das Anwärmerbündel ab.

Nach der Konvektionszone erreicht das nunmehr vollständig gasförmige Sumpfprodukt die Strahlungszone. In dieser wird es bei circa 805 bis 850 °C nun zu den niedermolekularen Kohlenwasserstoffen gecrackt. Die Verweilzeit τ beträgt etwa 0,2-0,4s. Dabei entstehen wichtige Grundprodukte wie Ethen (Ethylen), Propen (Propylen), 1,2 und 1,3-Butadien, n- und i-Buten, Benzol, Toluol, Xylole. Ferner entstehen auch Wasserstoff, Methan, Ethin (Acetylen) sowie andere Nebenprodukte.

Damit sich nun die neugebildeten Reaktionsprodukte nicht wieder zu viel größeren Produkten zusammensetzen (Oligomerisierung), wird das heiße Spaltgas in einem Wärmeübertrager schlagartig auf ungefähr 350 bis 400 °C abgekühlt (hierbei handelt es sich vielfach um einen Hochdruck-Speisewasserkühler). Anschließend wird das heiße Spaltgas zusätzlich mit Quenchöl auf 150 bis 170 °C für die nachfolgende Fraktionierung abgekühlt.

Produkte

Ein typischer Naphtha-Steamcracker liefert folgende Produktzusammensetzung (in Massen-%)

Die Zusammensetzung des Spaltgases kann deutlich variieren, je nach Einsatz und Spaltbedingungen. Schwerere Feedstocks wie Gasöl oder Hydrowax erzeugen weniger Ethen und Wasserstoff, aber u.a. mehr Pyrolysebenzin und Ethylen Cracker Rückstand (bis zu 10% und mehr ECR).

Trennung der Produkte

Das Pyrolysegas enthält eine Vielzahl von Stoffen, die nun voneinander getrennt werden. Die Wertprodukte müssen dabei im allgemeinen in einer sehr hohen Reinheit erzeugt werden. Die Stoffe, die man nicht als Produkt gewinnen möchte, werden zum Cracker zurückgeführt, verbrannt oder an die Umgebung abgegeben. Die Aufarbeitung ist extrem komplex und wird hier stark vereinfacht dargestellt.

Die Aufarbeitung beginnt mit der Ölwäsche und der Wasserwäsche, in denen das noch heiße Gas weiter abkühlt und schwere Verunreinigungen wie Koks und Teer abgeschieden werden. Die wichtigsten Trennschritte sind Rektifikationen (mehrstufige Destillationen). Für die Trennung der leichten Kohlenwasserstoffe sind Tieftemperaturrektifikationen bei hohem Druck erforderlich. Dazu wird das Spaltgas zunächst stufenweise auf ca. 30 bar verdichtet. In einer Laugewäsche werden die sauren Gase absorbiert. Ein adsorptiver Trockner entfernt Wasser. Die Abtrennung von Acetylenspuren wäre äußerst schwierig, so dass stattdessen Acetylen katalytisch zu Ethylen hydriert wird.

Es folgt die stufenweise Kühlung des Spaltgases und eine Sequenz von Rektifikationen, in denen das Kohlenwasserstoffgemisch in Fraktionen unterschiedlicher Kohlenstoffzahl zerlegt wird. Die Reihenfolge der Trennschnitte ist von entscheidender Bedeutung für die Wärmeintegration, den apparativen Aufwand und damit die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. Je nach örtlichen Gegebenheiten, Spaltgaszusammensetzung und gewünschten Produkten sind hier ganz unterschiedliche Lösungen denkbar und sinnvoll. Die einzelnen Fraktionen werden in weiteren Destillationen in die gesättigten und ungesättigten Kohlenwasserstoffe aufgetrennt.

Die Wertprodukte, insbesondere Ethen und Propen, liegen nun in reiner Form vor. Die Butanderivate können für die unterschiedlichsten petrochemischen Verfahren verwendet werden (z.B. das iso-Buten zur Herstellung von MTBE bzw ETBE). Das Pyrolysebenzin ist Ausgangsstoff für die Benzol- und Toluolgewinnung. Fraktionen, die nicht als Produkt gewünscht werden, insbesondere Alkane, lassen sich zum Cracker zurückführen. Die nicht zum Cracken geeigneten Fraktionen wie Methan oder teilweise auch der Wasserstoff werden verbrannt und liefern den Energiebedarf des Verfahrens (Wasserstoff ist ein sehr wertvolles Zwischenprodukt und wird normalerweise an die Raffinerie zurückgeführt). Der teerähnliche Rückstand (ECR) wird entweder in einem Kraftwerk verbrannt oder als Bindemittel zur Herstellung von Graphitelektroden (für die Aluminiumproduktion) verkauft.

Sonstiges

  • Der Naphtha-Steamcracker (der Firma BASF FINA Petrochemicals Limited Partnership in Port Arthur, Texas) ist der größte Naphtha-Cracker der Welt. Er produziert seit Dezember 2001. Dieser Steamcracker hat eine Jahreskapazität von 920.000 Tonnen Ethen und ist damit der weltweit größte seiner Art. In der Anlage sind 210 Mitarbeiter beschäftigt.

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