Steinmetzschaltung

Steinmetzschaltung

Die Steinmetzschaltung, benannt nach Charles P. Steinmetz, ist eine elektrische Schaltung, mit der Drehstrom-Asynchronmotoren für den Betrieb an einem einphasigen Wechselstromnetz angepasst werden können. Die Schaltung wird nur bei kleineren Drehstrom-Asynchronmaschinen mit Kurzschlussläufer bis 2 kW angewendet.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Damit bei einem Drehstrommotor der Rotor eine Drehbewegung vollzieht, muss der Stator mit Drehstrom versorgt werden. Die drei Außenleiter erzeugen im Stator ein Drehfeld, das um 120° phasenverschoben ist. Fällt ein Außenleiter aus oder ist nur ein Außenleiter und der Neutralleiter vorhanden (alle Haushaltssteckdosen), so kann der Motor nicht aus eigener Kraft anlaufen, er müsste von Hand angeworfen werden. Mit der Steinmetzschaltung kann man einen Drehstromasynchronmotor mit Kurzschlussläufer selbsttätig anlaufen lassen.

Aufbau und Funktion

Zur Realisierung der Steinmetzschaltung muss die Schaltung des Motors, Stern- oder Dreieckschaltung, entsprechend der vorhandenen Netzspannung vorgenommen werden, in Europa sind das üblicherweise 230 V. Zusätzlich erfordert die Steinmetzschaltung einen Metallpapierkondensator, welcher an den dritten noch freien Anschluss des Motors und je nach gewünschter Drehrichtung wahlweise an den Außenleiter oder den Neutralleiter angeschlossen wird. Wird der Kondensator mit dem Außenleiter verbunden, so dreht sich der Motor nach rechts, bei Verbindung des Kondensators mit dem Neutralleiter nach links. DIN 48501 empfiehlt für jede Motorleistung und Betriebsspannung einen geeigneten Kondensator. Bei 230 V rechnet man je nach erforderlicher Leistung gemäß der Faustformel mit 60 µF – 80 µF je kW Motorleistung[1] (als Durchschnittswert 70 µF) und bei 400 V mit 20 µF – 22 µF je kW Motorleistung.


\mathrm{C \approx P \cdot \frac{70\ \mu F}{kW}}


Durch den Kondensator wird eine Hilfsphase erzeugt. Diese Hilfsphase hat allerdings nur eine Phasenverschiebung von weniger als 90°. Dadurch wird also nur ein elliptisches Drehfeld erzeugt. Dieses elliptische Drehfeld reicht jedoch aus, um dem Motor eine Drehrichtung vorzugeben, sodass er selbstständig anlaufen kann.[2] Allerdings hat der Motor dadurch elliptische Betriebseigenschaften. Bei der Steinmetzschaltung kann der Motor, je nach Spulenspannung, sowohl im Dreieck als auch im Stern betrieben werden. Allerdings wird die Dreieckschaltung bevorzugt verwendet.[3]

Der Kondensator und die Spule des Motors bilden zusammen einen Reihenschwingkreis. Im Betrieb entsteht am Kondensator trotz einer Netzspannung von 230 V eine Spannung von bis zu 320 V. Damit der Kondensator nicht zerstört wird, muss er für die größte auftretende Spannung bemessen sein. Da die verwendeten Metallpapierkondensatoren im Laufe der Jahre altern, wird ein Sicherheitszuschlag von 70 V – 80 V zugerechnet. Bei einer Netzspannung von 230 V wird somit ein Kondensator mit einer Spannungsfestigkeit von mindestens 400 V verwendet. Bedingt durch den Kondensator sind die Ströme in den einzelnen Strängen unterschiedlich groß. Der Anlaufstrom des Motors ist vom erforderlichen Drehmoment abhängig und beträgt ein Mehrfaches des Motornennstromes. Da es durch den Betrieb größerer Motoren zu verstärkten einphasigen Belastungen kommt, ist der Betrieb von Motoren mit Steinmetzschaltung je nach Versorger auf 1,5 kW bis maximal 2 kW begrenzt.

Drehmoment und Leistung

Aufgrund des elliptischen Drehfeldes ist das Anzugsmoment eines Motors mit Steinmetzschaltung deutlich geringer als bei Drehstrommotoren, die mit Drehstrom versorgt werden. Je nach Größe des Betriebskondensators liegt das Anzugsmoment MA zwischen 10 % und 50 % – im Durchschnitt bei etwa 30 % – des Nennmoments MN. Die Leistung eines in der Steinmetzschaltung betriebenen Drehstrommotors liegt bei etwa 70 % der normalen Motorleistung. Soll das Drehmoment höher liegen, so schaltet man während der Hochlaufphase einen Anlaßkondensator CA parallel zum Betriebskondensator CB. Die Kapazität des Anlaufkondensators kann doppelt so hoch sein wie die Kapazität des Betriebskondensators. Nach dem Hochlaufen muss der Anlaufkondensator mittels Fliehkraftschalter oder Zeitrelais abgeschaltet werden, da ansonsten die Wicklung des Motors verbrennen würde. Durch den Anlaufkondensator kann das Anzugsmoment auf nahezu 100 % gesteigert werden.[4] In der Regel wird der Anlaufkondensator so bemessen, dass das Anlaufmoment bei 90 % liegt. Drehstrommotoren, die mit Steinmetzschaltung betrieben werden, sind aufgrund des geschwächten Anlaufmoments auch mit Anlaufkondensator nicht für Schweranlauf geeignet.

Anwendung der Steinmetzschaltung

Die Steinmetzschaltung ist als eine Art Notlösung für Haushalte ohne Drehstrom-Anschluss, oder für Maschinen, bei denen man sich den Aufwand für die Verkabelung mit drei Außenleitern ersparen will gedacht. Das dritte Anwendungsgebiet sind Maschinen, bei denen so günstig wie möglich eine Drehbewegung mit konstanter Geschwindigkeit erzeugt werden soll.

Der Nachteil der Steinmetzschaltung ist, dass das Anlaufdrehmoment auf ⅓ des Motor-Nennmomentes begrenzt wird. Um die gleiche Leistung zu erreichen, muss man einen größeren Motor einsetzen, was mehr kostet und mehr Platz beansprucht. Zudem ist der Wirkungsgrad mit ca. 70 % ziemlich gering.

Die Steinmetzschaltung war aus ökonomischen Gründen immer auf Motoren mit einer Leistung von weniger als zwei Kilowatt beschränkt. Mit dem Aufkommen der Drehstrom-Frequenzumrichter wurde das Anwendungsgebiet weiter eingeschränkt, denn dieser kann aus einer Gleich- oder Wechselspannung einen für einen Drehstrommotor benötigten Drehstrom erzeugen. Damit ist es ohne Einschränkungen möglich, einen Drehstrommotor an nur einem Außenleiter zu betreiben.

Drehstrommotoren, die in der Steinmetzschaltung betrieben werden, verwendet man zum Antrieb von Betonmischmaschinen, älteren Waschmaschinenmotoren und an Umwälzpumpen in Heizungsanlagen. Vielfach werden jedoch dort aufgrund der Einfachheit Kondensatormotoren verwendet.[5]

Literatur

  • Andreas Kremser: Elektrische Maschinen und Antriebe, Grundlagen, Motoren und Anwendungen. 2. Auflage, Teubner Verlag, Stuttgart, 2004, ISBN 3-519-16188-5

Einzelnachweise

  1. Steinmetzschaltung
  2. A. Senner: Fachkunde Elektrotechnik. 4. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, 1965
  3. Ernst Hörnemann, Heinrich Hübscher: Elektrotechnik Fachbildung Industrieelektronik. 1. Auflage. Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 1998, ISBN 3-14-221730-4
  4. Günter Boy, Horst Flachmann, Otto Mai: Die Meisterprüfung Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik. 4. Auflage, Vogel Buchverlag, Würzburg, 1983, ISBN 3-8023-0725-9
  5. Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, 1989, ISBN 3-8085-3018-9

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