- Phasenschiebergenerator
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Ein Phasenschieber ist eine elektronische Schaltung, die die Phase einer elektrischen Schwingung verschiebt. Der Grad dieser Verschiebung wird in Grad oder als Teil des Vollkreises (360°) angegeben. Abhängig von der Frequenz gibt es verschiedene Möglichkeiten für die technische Realisierung. Bei niedrigen Frequenzen werden Anteile von Blindwiderständen zur technischen Realisierung genutzt, die an Induktivitäten und Kapazitäten auftreten. Bei hohen Frequenzen werden Laufzeitunterschiede durch Umwegleitungen genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Arten
Im Prinzip lassen sich folgende Gruppen von Phasenschieber unterscheiden:
- Frequenzabhängige Phasenschiebung. Dabei wird durch eine zeitliche Verschiebung des Eingangsignals die Phasenverschiebung einer bestimmten Frequenz erreicht. Da unterschiedliche Frequenzen allerdings unterschiedlich lange Periodenzeiten aufweisen, ist die Phasendrehung je nach Frequenz unterschiedlich. Realisiert werden kann diese Form durch entsprechende Laufzeitglieder oder auch in Form von Allpässen.
- Frequenzneutrale Phasenschieber. Diese Schaltungen verschieben über ein Spektrum einheitlich um einen bestimmten Winkel. Das dabei entstehende Signal ist im Regelfall komplexwertig. Jene Phasenschieber werden auch als Hilbert-Transformatoren bezeichnet, und bedienen sich der so genannten Hilbert-Transformation. Dabei verursacht jeder Hilbert-Transformator eine Drehung des Spektrums um 90°. Die Hilbert-Transformation spielt in der Signalverarbeitung eine zentrale Rolle und findet unter anderem im Bereich der Modulationstechnik Anwendung.
Niedrige Frequenzen
Analog- und Energietechnik
In der Elektronik wird zur Phasenverschiebung meistens ein RC-Glied (oder ein Netzwerk aus RC-Gliedern) verwendet. Hierbei wird der am Kondensator zur Spannung zeitlich versetzte Stromfluss ausgenutzt. Der Strom eilt der Spannung um 90° voraus (siehe Phasenverschiebung am Blindwiderstand) und bewirkt somit bei einer Reihenschaltung aus Kondensator und Widerstand eine Phasenverschiebung der beiden an den Bauteilen anliegenden Spannungen zueinander.
Der Widerstandswert R und der Blindwiderstand jX des Kondensators müssen zur Ermittlung des Stromes vektoriell addiert werden. Der Grad der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung verringert sich durch die Reihenschaltung mit einem Widerstand auf <90°. Weil der Blindwiderstand des Kondensators frequenzabhängig ist, ist auch die Phasenverschiebung des RC-Gliedes frequenzabhängig.
Durch Verwendung von Potentiometern oder elektronisch steuerbaren Widerständen kann die Phasenverschiebung einstellbar gemacht werden. Prinzipiell kann statt eines Kondensators auch eine Spule mit vergleichbarem Ergebnis eingesetzt werden, wegen höherer Kosten wird das aber selten verwendet.
Ein Beispiel der Phasenverschiebung mit einem Kondensator ist die Erzeugung der Hilfsphase beim Kondensatormotor oder bei der Steinmetzschaltung. Eine Mischform aus digitaler und analoger Phasenverschiebung ist das CCD-Prinzip (Eimerkettenschaltung).
Digitale Phasenschieber
Digitalsignale können phasenverschoben werden, indem
- sie durch einen FIFO-Speicher geschoben werden (Schieberegister)
- man ihre Flanken um konstante Zeiten verzögert (nur möglich, wenn kürzeste Impulsdauer > Verzögerung)
- durch Zeitglieder (Monoflops) und eine Logikschaltung
- durch Erzeugen einer Dreieckschwingung und nachfolgende Komparatoren
Das letztere Verfahren wird zum Beispiel bei einer Art von Schaltnetzteilen (Phase Shifter) verwendet, um einen Transformator mit einer über die Impulsdauer in ihrem Effektivwert steuerbaren symmetrischen Rechteckspannung zu speisen.
Hohe Frequenzen
Bei hohen Frequenzen werden auf einer leitungsgebundenen Übertragung die Phasenverschiebungen durch Umwegleitungen (Verzögerungsleitungen) mit definierter Länge erreicht. Die erforderlichen Leitungslängen lassen sich bei größeren Verzögerungszeiten (bis ca. 1 µs) nur durch Aufwickeln erreichen. Bei noch größeren Zeiten (zum Beispiel zur Zeilenfrequenz 180°-Phasenverschiebung des Bildsignales in Fernsehempfängern, d. h. 64 µs) werden Ultraschall- Verzögerungsleitungen verwendet.
Bei Koaxialleitungen oder Hohlleitern ist die Phasenverschiebung bis zu Verzögerungszeiten möglich, bei denen die erforderliche Länge noch eine beherrschbare Größe hat (ca. 3…5 ns pro Meter). Eine obere Grenzfrequenz wird bestimmt durch das Verhältnis von Wellenlänge zur Dicke des Kabels und der möglichen Präzision der Positionierung von Leitungsverbindungen im Mikrometerbereich. Bei Frequenzen bis zu 100 GHz ist diese Methode problemlos möglich.
Die Grafik zeigt einen Phasenschieber, der mit drei Bit in 45°-Schritten jeden Phasenwinkel zwischen 0° und 315° schalten kann. Die in der Grafik gezeigten Schalter werden in der Praxis durch PIN-Dioden realisiert, die hohe Leistungen in wenigen Nanosekunden umschalten können. Das Bild zeigt einen Phasenschieber, der mit Steuerleitungen mit vier Bit Breite in 22,5°-Schritten Phasenwinkel zwischen 0° und 337,5° schaltet. Die Länge der Umwegleitungen ist frequenzabhängig und auch abhängig von der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen in dem Medium, das heißt, in einem Kabel wird ein Verkürzungsfaktor wirksam. In einem Hohlleiter ist die Phasengeschwindigkeit größer, deswegen wird hier ein Verkürzungsfaktor größer als 1 wirksam.
Anwendungen
Phasenschiebergenerator
Für niederfrequente Oszillatoren werden auch rückgekoppelte Verstärker eingesetzt, die mit einer Phasenschieberkette ausgestattet sind. Alternativ arbeiten sie mit einer Wien-Brücke und wurden zum Beispiel als Niederfrequenz-Sinusgenerator (Laborgerät) realisiert. Bei diesen diente ein Drehkondensator zur Veränderung der Schwingungsfrequenz.
Zur Schwingungserzeugung müssen bei diesen Schaltungen zwei Bedingungen eingehalten werden:
- die Rückkopplung muss phasengleich geschehen, das heißt die Phasenverschiebung von Verstärker und dem Rückkopplungskreis muss insgesamt 0° (oder gemäß der Periodizität der Sinusfunktion n·360°) betragen;
- die Verstärkung des Systems muss 1 sein, das heißt die an eine Last abgegebene Leistung muss gleich der erzeugten Leistung sein.
Phasenbedingung
Das Schaltungsprinzip im Bild oben basiert auf einer invertierenden Verstärkerstufe (Phasenverschiebung 180°) mit einem Transistor (oder früher einer Elektronenröhre) und einem RC-Netzwerk mit phasenverschiebender Wirkung im Rückkopplungszweig. Die Frequenzabhängigkeit der RC-Glieder wird hier gezielt ausgenutzt. Ein RC-Glied hat nur bei einer Frequenz die Phasenverschiebung von 60°. Mit drei Gliedern erreicht man also 180°, die Schwingungsbedingung ist erfüllt, und die Schaltung schwingt exakt mit dieser Frequenz. Die Phasenschieberkette kann dreigliedrig (3·60°) oder viergliedrig (4·45°) aufgebaut sein, um die Phasenumkehr (180°) der Verstärkerstufe auszugleichen. Der letzte Widerstand der Phasenschieberkette kann gleich dem Eingangswiderstand des Verstärkers sein.
Ein weiteres Schaltungsprinzip ist der Wien-Brücken-Generator[1]; bei diesem arbeitet im Rückkopplungszweig einer nicht invertierenden Verstärkerstufe eine Reihenschaltung aus R und C auf eine RC-Parallelschaltung. Sind die R- und C- Werte jeweils gleich, ergibt sich bei genau einer Frequenz die Phasenverschiebung null, sodass zusammen mit der nicht invertierenden Verstärkerstufe die Phasenbedingung erfüllt ist.
Leistungsbedingung
Kritisch ist bei dieser Schaltung die Auslegung des Verstärkungsfaktors der Verstärkerstufe. Ist er zu groß, schwingt sich der Verstärker auf und wird in einen Bereich mit einem Arbeitspunkt getrieben, in welchem die Verstärkung wieder kleiner ist (oberer Begrenzungsbereich). Damit wird zwar die Leistungsbedingung wieder erfüllt, aber in diesem Begrenzungsbereich wird keine Sinusform mehr erzeugt, sondern eher eine Rechteck-ähnliche Schwingung mit vielen Oberwellen.
Ist der Verstärkungsfaktor zu klein, wird durch die Last (dazu zählt auch der Widerstand zwischen Kollektor und Betriebsspannung) zuviel Energie entnommen, und es kann keine Schwingung entstehen. Wird in diesem Fall der Generator fremderregt, so antwortet er mit gedämpften Schwingungen. Solche Generatoren sind daher immer mit einer Amplitudenregelung ausgestattet[2]. Bei vielen solcher Generatoren bestand diese Regelung aus einem als Gegenkopplung ausgebildeten Kaltleiter (kleine Glühlampe), der sich bei steigender Amplitude aufgrund des höheren Effektivstromes erwärmt und dadurch seinen Widerstand und die Gegenkopplung erhöht.
Das Signal muss möglichst hochohmig ausgekoppelt werden, um nicht durch mögliche Überlast die Schwingungen abklingen zu lassen. Oft wird dem Oszillator deshalb zur Entkopplung ein Emitterfolger nachgeschaltet.
Ringoszillator
Die Frequenz eines Ringoszillators wird durch die Laufzeit eines Signals in einer Kette von Verstärkern bestimmt und liegt meist bei einigen 100 MHz. Anwendung ist die Bestimmung der Laufzeit von neu entwickelten Logikbausteinen.
Hochfrequenzanwendungen
- Phasenschieber werden in großer Anzahl in Phased-Array-Antennen eingesetzt und werden von einem zentralen Computer aus zur Formgebung und zur Schwenkung des Antennendiagramms gesteuert. Bei aktiven Antennen können sie schon vor dem Endverstärker eingesetzt werden und brauchen deswegen nur eine sehr kleine Leistung zu schalten, was die Baugruppe kleiner und kompakter werden lässt.
- Für Kontroll- und Messanwendungen werden HF-dichte mechanische Konstruktionen verwendet, die eine Einspeisung oder Auskopplung an einem Kabelabschnitt ermöglichen. Die mechanische Position der Auskopplung lässt sich auf dem Kabelabschnitt verschieben. Somit kann eine stehende Welle auf der Leitung nachgewiesen werden (Lecher-Leitung) oder eine Einspeisung eines Messsignals in ein HF-System mit definierter Phasenlage erfolgen.
Weblinks
- www.spicelab.de
- www.radartutorial.eu (Beispiel der Hochfrequenzanwendung im Radartutorial)
Referenzen
- Edgar Voges: Hochfrequenztechnik, Dr. Alfred Hüthig Verlag, Heidelberg 1987, Abschnitt 13 „Zweitoroszillatoren“, ISBN 3-7785-1270-6.
- Helmut Vogel, Physik, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 17.Auflage, Seite 433ff
- ↑ http://www.e-technik1.uni-rostock.de/deutsch/edu/schalt2/wienbr.pdf Grundschaltung Wien-Brücken-Oszillator
- ↑ http://www.e-technik1.uni-rostock.de/deutsch/edu/schalt2/wienbr.pdf Theorie des Wien-Brücken-Oszillators (ab Seite 2)
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