- Summa technologiae
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Summa technologiae ist ein Buch des polnischen Schriftstellers Stanisław Lem, das 1964 erstmals veröffentlicht und 1976 von Friedrich Griese ins Deutsche übersetzt wurde. Die bundesdeutsche Ausgabe erschien 1976 in gebundener Form im Insel-Verlag und 1981 als Taschenbuch bei Suhrkamp. Die DDR-Ausgabe erschien 1980 im Verlag Volk und Welt, Berlin. Eine englische Übersetzung dieses wichtigen Grundlagenwerks der Futurologie liegt bis heute nicht in vollständiger Form vor.
Der Titel des Werkes bezieht sich auf die großen „Summen“ der Theologie: „Summa Theologica“ von Thomas von Aquin bzw. „Summa Theologiae“ von Albertus Magnus. „Technologie“ wird von Lem als die Gesamtheit der materiellen Grundlagen unserer Zivilisation und Kultur verstanden. Der Autor nähert sich seinem Thema auf philosophische Weise. Er will aufzeigen, was wir überhaupt von Wissenschaft und Technik erhoffen dürfen. Die oft im Zusammenhang mit diesem Werk erwähnten Voraussagen Lems zur „virtuellen Realität“ sind eigentlich nur Nebenprodukte. Für die tatsächliche informationstechnische Entwicklung dürften diese Voraussagen – mangels englischer Übersetzung des Werks – ohne große Wirkung geblieben sein.
Bei diesen Voraussagen handelt es sich z. B. um die von Lem „Phantomatik“ genannte Virtual Reality oder um die Nanotechnologie, des Weiteren um die Künstliche Intelligenz, die er „Intellektronik“ nennt. Die Lem’schen Wortschöpfungen verweisen darauf, dass die heute gebräuchlichen Begriffe erst nach Erscheinen des Werks gebildet wurden.
Der Sinn dieses gattungsmäßig schwer einzuordnenden Buches ist mit diesen Trend-Voraussagen kaum erschöpfend zu erfassen. Von den typischen futurologischen Aussagen z. B. eines Herman Kahn, unterscheidet sich der Ansatz Lems durch die Grundsätzlichkeit der Fragestellungen. Lem stellt sich nicht die Frage, was in 30 oder 100 Jahren sein wird, sondern was sein wird, wenn wir alle Möglichkeiten der Technologie voll ausschöpfen, wo die Grenzen der heutigen Technologie liegen und wie diese überwunden werden können. Es geht Lem eher um eine Metatheorie technischer Evolution als um Futurologie: „Bewegt die Technologie uns oder wir sie?“ „Ist das Verhältnis ‚Menschheit – Technologie‘ immer dasselbe oder ändert es sich historisch?“ „Gibt es Technologien, die zwar denkbar, aber jetzt und für immer unrealisierbar sind? Läge der Grund dieser Unmöglichkeit in der Struktur der Welt oder in unseren Beschränkungen?“ „Gibt es für die Zivilisation außer der technologischen noch eine andere mögliche Entwicklungsrichtung?“ „Ist die Richtung, die wir eingeschlagen haben, etwas Typisches im Kosmos, ist sie die Norm oder ist sie eine Aberration?“ Von einem wissenschafts- oder technik-philosophischen Ansatz unterscheidet sich Lems Werk wiederum durch den Blickwinkel des Konstrukteurs, den die Machbarkeit einer Technologie interessiert.
Eine Voraussetzung der Summa technologiae ist die Ausweitung des Begriffs „Technologie“. „Technologien“ sind gemäß Lem „die Verfahren der Verwirklichung von Zielen, die sich die Gesellschaft gesetzt hat, aber auch solcher, die niemand im Auge hatte, als man ans Werk ging“. Als „Effektoren“ in solcher Verfahren kommen (in Anlehnung an den Kybernetiker Pierre de Latil) nicht nur einfache Apparate (Hammer, Schreibmaschine usw.) und rückgekoppelte Systeme (Computer, Tier, Mensch) in Frage, sondern auch sich selbst verändernde Systeme (z. B. eine lebende Tierart) oder sogar Systeme mit noch höherem Freiheitsgrad, bei denen die Auswahl oder sogar Erschaffung des Materials, mit dem das System sich selbst aufbaut, möglich ist.
Auf diesen Grundlagen kommt Lem zur Gegenüberstellung von technischer und biologischer Entwicklung. Beides sind materielle, sich selbst organisierende Systeme, in denen Entwicklung und Fortschritt möglich ist. Die Triebkraft dieser selbstregulativen Entwicklungsschemata ist das ihnen innewohnende Streben nach einem stabilen Zustand des Gleichgewichts. Lem verwendet hierfür den aus der Kybernetik stammenden Begriff der „Homöostase“.
Bibliographie
- Stanislaw Lem: Summa technologiae. übersetzt von Friedrich Griese, Insel Verlag, 1976, ISBN 3-458-15021-8.
- Stanislaw Lem: Summa technologiae. Verlag Volk und Welt, Berlin 1980.
- Stanislaw Lem: Summa technologiae. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-518-37178-9.
- Online text of a partially complete translation (by Dr. Frank Prengel) of Lem’s book
Werke von Stanisław LemScience-Fiction-Werke: 1951 Astronauci (dt. Der Planet des Todes, 1954) | 1955 Obłok Magellana (dt. Gast im Weltraum, 1956) | 1957 Dzienniki gwiazdowe (dt. Sterntagebücher, 1961) | 1960 Eden (dt. 1960) | 1961 Solaris | 1961 Powrót z gwiazd (dt. Transfer, 1974) | 1964 Niezwyciężony (dt. Der Unbesiegbare, 1967) | 1964 Bajki robotów (dt. Robotermärchen, 1969) | 1965 Cyberiada (dt. Kyberiade, 1983) | 1968 Głos Pana (dt. Die Stimme des Herrn, 1981) | 1969 Opowiadania (dt. Nacht und Schimmel, 1976) | 1971 Kongres futurologiczny (dt. Der futurologische Kongreß, 1974) | 1978 Terminus | 1981 Golem XIV (dt. Also sprach Golem, 1984) | 1982 Wizja Lokalna (dt. Lokaltermin, 1985) | 1987 Fiasko
Verschiedene: 1959 Śledztwo (dt. Die Untersuchung) | 1971 Doskonała próżnia (dt. Die vollkommene Leere, 1973; Das absolute Vakuum, 1984) | 1973 Wielkość urojona, (dt. Imaginäre Größe, 1976) | 1964 Summa technologiae (dt. 1976) | 1976 Katar, (dt. Der Schnupfen 1976)
Verfilmungen: 1960 Der schweigende Stern | 1972 Solaris | 1973 Die Untersuchung | 2002 Solaris | 2007/2011 Ijon Tichy: Raumpilot
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