Taekgyeon

Taekgyeon
Taekgyeon
Korean martial art-Taekkyeon-01.jpg
Verbreitete Schreibung:
Hangeul: 택견
Revidierte Romanisierung: Taekgyeon
McCune-Reischauer: T'aekkyŏn
Südkoreanische Rechtschreibung:
Hangeul: 택견, 태껸
Revidierte Romanisierung: Taekkyeon
McCune-Reischauer: T'aekkyŏn

Taekgyeon, oft auch Taekkyon oder Taekyon geschrieben, ist eine traditionelle koreanische Kampfsportart und Kampfkunst und stellt eine der wenigen tänzerischen Kampfarten dar. Es hat kaum Gemeinsamkeiten mit dem Taekwondo, trotzdem wird Taekgyeon oft fälschlicherweise damit gleichgesetzt oder als dessen Vorläufer bezeichnet.

Taekgyeon umfasst eine große Zahl an Techniken, seine Spezialität sind jedoch vornehmlich tiefe Tritte zu den Beinen, Sprünge und athletische Fußtechniken.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Gemälde „Daekwaedo“ von 1846 zeigt im unteren Teil einen Taekgyeon-Kampf.

Taekgyeon hat sich über Jahrhunderte in Korea entwickelt. Wahrscheinlich wurde es zuvor Subak genannt, wobei Subak immer mit den entsprechenden Hanja (chinesischen Schriftzeichen) geschrieben wurde.

Die erste bekannte schriftliche Quelle, in der Taekgyeon namentlich in koreanischer Schrift (Hangeul) auftaucht, entstand um 1790 und heißt „Man-Mul-Bo“ (kor. 만물보, 萬物譜), auch bekannt als „Jae-Mul-Bo“ (재물보, 才物譜). Dort wird es Tak-gyeon (탁견) geschrieben. Im „Haedong Jukji“ aus dem Jahre 1921 wird die Idu-Schreibweise 托肩 für Tak-gyeon verwendet. Die Übersetzung von 托肩 ist „drücken-Schulter“, sie hat aber keine Bedeutung, sondern stellt eine Art Lautmalerei dar (sh. unter Idu).

Etwa um 1850 (es wird meistens 1846 genannt) entstand das Gemälde „Daekwaedo“ (대쾌도, 大快圖) von Hyesan Yu Suk (유숙, 劉淑), ein Maler, der von 1827 bis 1873 lebte. Es zeigt oben Ssireum und unten Taekgyeon.

Dieses Bild (um 1900) wurde von einem unbekannten Fotografen aufgenommen und zeigt Kinder beim Taekgyeon.

Zwischen 1905 und 1945 machten die Japaner Korea zu einer ihrer Kolonien, es viel unter japanische Herrschaft. In dieser Zeit verschwand Taekgyeon nahezu vollständig, da die japanischen Kolonialherren keine Versammlungen mit mehr als zehn Leuten zuließen. Der genaue Zeitpunkt ist unbekannt, jedoch sagte Song Dok-ki, einer der letzten lebenden Taekgyeon-kkun ("Kkun" bedeutet soviel wie "Spieler") nach dem zweiten Weltkrieg, dass es "wahrscheinlich vor 70 Jahren" verschwand[1]. Erst durch Shin Han-seung, der im Jahre 1971 durch einen Zeitungsartikel auf Song Dok-ki aufmerksam wurde, wurde die Kampfart wieder populärer. Bereits am 26. März 1958 wurde Taekkyon zwar zum Geburtstag des ehemaligen koreanischen Präsidenten Syngman Rhee vorgeführt. Diese Demonstration führte aber nicht zu einer Verbreitung der Kampfart.

Neben Song lebten um 1970 auch noch zwei bis drei weitere Taekkyon-kkun.[2] Durch sie wurde Taekgyeon überliefert, so dass es heute wieder etwa 15000 Aktive in drei koreanischen Verbänden gibt (Stand 2010).

Taekgyeon ist von der koreanischen Regierung als einzige koreanische Kampfkunst als „intangible cultural asset“ (immaterielles Kulturgut, Registrierungsnummer 76) ausgezeichnet worden. Diese Registrierung wurde offiziell am 1. Juni 1983 vorgenommen. In diesem Zusammenhang sei noch auf Ssireum (kor. Ringkampf) und Guk Gung (kor. Bogenschießen) hingewiesen, die ebenfalls genuin koreanisch sind, allerdings bislang keine derartige Registrierung erhielten.

Ausführung

Nal Chigi
Tae Jil
Eopeo Chigi

Die Bewegungen des Taekgyeon sind fließend und tänzerisch, wobei die Praktizierenden ständig in Bewegung sind. Von essentieller Bedeutung ist das ständige Wippen mit den Knien, welches „Gumshil“ (굼실) genannt wird. Außerdem werden alle Techniken im "Pumbabgi" (oder "Pumbalgi", auf koreanisch 품밟기) genannten Grundschritt trainiert. Pumbabgi bedeutet im übertragenene Sinne "Dreiecksschritt".

Die Techniken sind vielseitig, es werden nicht nur Tritte und Schläge, sondern auch viele Würfe, Hebel und weitere Techniken trainiert, die sich sonst in den populäreren modernen koreanischen Kampfkünsten wie Hapkido und Taekwondo nicht finden (z.B. Kopfstöße, Kneifen und weitere „Dirty Tricks“). Song Dok-kis Techniken waren so vielseitig, dass man davon ausgehen muss, dass vor der japanischen Kolonialregierung keinerlei Beschränkungen hinsichtlich des Technikrepertoirs existierten. Lediglich Bodenkampf wird nicht trainiert.

Die dominierenden Techniken im Taekgyeon sind Fußtechniken wie Fußfeger und Fußwürfe sowie Tritte in allen Körperhöhen (tiefe Tritte bis Sprünge). Besonders spektakulär sind Sprünge und Techniken, bei denen die Hände den Boden berühren (z.B. Nal Chigi, der "Radschlag"). Eine der Spezialitäten des Taekkyon ist "Gyeot Chigi" (in anderen Kampfkünsten als "gewundener Tritt" bekannt) der auch häufig im Wettkampf eingesetzt wird.

Wettkampf

Wettkampf (겨루기, Gyeorugi) war immer schon ein essentieller Bestandteil des Taekgyeon, weswegen man es gleichermaßen als Kampfsport und als Kampfkunst ansehen kann. Ziel ist es, den Gegner entweder mit dem Fuß am Kopf zu treffen oder ihn zu werfen. Man darf dazu auch versuchen, das Bein des Gegners festzuhalten, wenn dieser Tritte zum Kopf ausführt.

Die verschiedenen Verbände haben seit den 1980er Jahren auf der Grundlage der traditionellen Regeln unterschiedliche Regelwerke entwickelt, wobei sich diese nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Der hauptsächliche Unterschied besteht in der zugelassenen Härte der Tritte. In der "Kyeollyon Taekyun Association" pflegt man die traditionellen Regeln besonders, dazu wird alljährlich das Turnier "Taekyun Battle (TKB)" in Insadong ausgerichtet.

Atmung (Ki-hap)

Ki-hap (기합) wird häufig mit „Kampfschrei“ übersetzt, was allerdings eine sehr freie Interpretation darstellt. Wörtlich heißt es etwa „Energie harmonisieren“. Im Taekkyon ist der Laut, den man beim Ki-hap ruft, im Gegensatz zu den japanischen Budo-Arten (dort jap. „Kiai“ genannt) bzw. den davon abgeleiteten koreanischen Kampfkünsten wie Taekwondo und Hapkido, nicht willkürlich, sondern einheitlich. Dabei wird aus dem Unterbauch (Danjeon) geatmet.

Im Verband „Kyulyun Taekyun Association“ benutzt man die ursprüngliche Variante aus der Zeit von Song Deokki. Hierbei wird meistens bei den Kampftechniken und nur selten bei Schritten, „ick!“ oder „icku!“ gerufen. Da häufig im Dreierrhytmus („Pumbalbgi“ genannt) trainiert wird, bei dem man auf jeder dritten Zählzeit eine Technik ausführt, hört man immer auf dieser Zählzeit ein „ick!“.

In den beiden Verbänden, die von Shin Hanseung beeinflusst sind (der „Korea Taekkyon Association“ und der „Korea Traditional Taekkyon Association“) wird von den Praktizierenden auch bei Schritten ein Ki-hap benutzt, der je nach Übungsform und Bewegungsrhythmus dann „ick-eck" oder „ick, eck, eck“ usw. klingt. Bei kräftigen Techniken wird ein Vokal angehängt (z.B. „icka!“).

Im (Wett-)Kampf wird in allen Verbänden nicht vorgeschrieben, wann ein Ki-hap erfolgen soll. Er wird hier nur bei besonders starken Techniken und vergleichsweise selten angewendet.

Taekkyon ist eine der wenigen Kampfkünste, in der es einen derartigen Ki-hap gibt, vermutlich sogar die einzige. Zum einen gibt es sonst keinen regelmäßig artikulierten Laut (wiederholtes „ick-eck“) und zum anderen ist der Ki-hap in anderen Kampfkünsten zumeist nicht einheitlich.

Graduierungen

Ursprünglich gab es keinerlei Graduierungen oder Prüfungen im Taekgyeon und somit auch keine Titel wie „Meister“. Schüler sprachen ihren Lehrer mit „Herr Lehrer“ (kor. „Sonseng-nim“) an, wie es in allen Lehrer-Schüler Beziehungen in Korea auch immer noch üblich ist.

Shin Han-seung führte in den 1970er Jahren erstmalig ein Graduierungssystem ein, in dem „Dong“ der Grad für Schüler und „Jjae“ der Grad für Fortgeschrittene ist. So lange man eine Dong-Graduierung hat, trägt man hier einen weißen Gürtel. Ab dem Jjae wird dieser blau. Diese Begriffe und Farben für Graduierungen werden heute weiterhin von der "Korea Traditional Taekgyeon Association" verwendet, da dieser Verband den Stil von Shin bewahrt.

Die „Korea Taekkyon Association“ führte zunächst „Pum“ für Schüler und „Dan“ für Lehrer ein, wobei die Gürtelfarben aus dem System von Shin übernommen wurden. Seit 2000 heißen die Schülergraduierungen genau wie im Taekwondo „Geup“. In diesem Verband gibt es seit 2003 neun Geup- und neun Dan-Graduierungen, wobei sich sowohl die Gürtelfarbe als auch die Farbe des Oberteils mit den Graduierungen ändern. So ist der Gürtel für Geup-Graduierungen schwarz, das Gewand weiß. Ab dem ersten Dan ist der Gürtel orange und das Oberteil schwarz. Diese Farbkombinationen ändern sich mit den folgenden Dangraduierungen weiter.

Die „Kyulyun Taekyun Association“, welche sich sehr eng an Song Deok-ki's Stil orientiert, hat erst vergleichsweise spät ein Prüfungsprogramm entwickelt. Zur Zeit (2010) gibt es in diesem Verband die folgenden Stufen:

  1. Kyeollyeon Taekgyeon Kkun
  2. Bigag Taekgyeon Kkun
  3. Yet Beop Taekgyeon Kkun

Taekgyeon in Deutschland

Erst seit 2002 existiert in Deutschland der Deutsche Taekkyon Zirkel, bei dem man den Sport erlernen kann. Er entstand aus einer Hochschulsportgruppe der Fachhochschule Aachen.

Einzelnachweise

  1. Song, Interview 1984, siehe http://www.youtube.com/watch?v=gWCLMmEH_88 und http://taekkyon.de/download/song_interview_translation_EN_DE.pdf (englische und deutsche Übersetzung)
  2. Lee Yong-bok: Taekkyon, a Korean Martial Art (한국무예 택견). Hakminsa Publishing, Seoul 1990

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Taekgyeon — Taekkyon Taekkyon Le taekkyon (hangeul: 택견) (autres romanisations connues: taekkyon, taekgyeon, taekyun, taekyon, tae kyon...) est un art martial traditionnel de Corée. Comme la capoeira, il ressemble à une danse. Il est le seul art ma …   Wikipédia en Français

  • Taek-gyeon — Taekgyeon Verbreitete Schreibung: Hangeul: 택견 Revidiert …   Deutsch Wikipedia

  • Taek Kyon — Taekgyeon Verbreitete Schreibung: Hangeul: 택견 Revidiert …   Deutsch Wikipedia

  • Taekkyon — Taekgyeon Verbreitete Schreibung: Hangeul: 택견 Revidiert …   Deutsch Wikipedia

  • Taekyon — Taekgyeon Verbreitete Schreibung: Hangeul: 택견 Revidiert …   Deutsch Wikipedia

  • Choe Hong-hui — Choi Hong hi Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben… …   Deutsch Wikipedia

  • Choi Hong Hi — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Choi Hong-hi — Koreanische Schreibweise Siehe auch: Koreanischer Name Koreanisches Alphabet: 최홍희 Chines …   Deutsch Wikipedia

  • Korean martial arts — Not to be confused with Muhan Dojeon. Students from a Korean martial arts school in Calgary do a demonstration Korean martial arts (Hangul: 무술 or 무예, Hanja: 武術 or 武藝) are the martial arts that originated from Korea. Some well known Korean martial …   Wikipedia

  • Dobok — Koreanische Schreibweise Hangeul: 태권도 Hanja: 跆拳道 Revidiert: Taegwondo …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”