Tamanduas

Tamanduas
Tamanduas
Nördlicher Tamandua im Nationalpark Corcovado in Costa Rica

Nördlicher Tamandua im Nationalpark Corcovado in Costa Rica

Systematik
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Nebengelenktiere (Xenarthra)
Ordnung: Zahnarme (Pilosa)
Familie: Ameisenbären (Myrmecophagidae)
Gattung: Tamanduas
Wissenschaftlicher Name
Tamandua
Gray, 1825

Die Tamanduas (Tamandua) sind eine Gattung mit zwei Arten aus der Familie der Ameisenbären (Myrmecophagidae). Manchmal werden sie auch als Kleine Ameisenbären bezeichnet. Mit ihrer teils bodenlebenden und teils baumbewohnenden Lebensweise vermitteln sie zwischen dem bodenbewohnenden Großen Ameisenbären und dem sich nur in Bäumen aufhaltenden Zwergameisenbären.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Mit einer Kopfrumpflänge von 60 cm und einem 50 cm langen Schwanz sind Tamanduas deutlich kleiner als ihr Verwandter, der Große Ameisenbär. Sie erreichen ein Gewicht von 3,2 bis 5,4 kg. Die Grundfarbe ist beige bis hellbraun. Darauf zeichnet sich eine schwarze Westenzeichnung ab, die an der Schulter beginnt und hinter den Vorderbeinen den Rumpf umschließt; diese Zeichnung ist beim Nördlichen Tamandua ausgeprägt und hebt sich deutlich von der Grundfarbe ab, beim Südlichen Tamandua ist sie undeutlicher und kann auch fehlen. Einen Geschlechtsdimorphismus gibt es nicht. [1][2]

Wie alle Ameisenbären sind sie durch die lange, enge Schnauze gekennzeichnet. Die Mundöffnung ist nur bleistiftgroß.[3] Sie sind zahnlos, haben aber eine lange und dünne Zunge, die mit klebrigem Sekret bedeckt ist und mit der sie ihre Nahrung aufnehmen.[4][5]

Tamanduas tragen an den Vorderfüßen vier Zehen, die alle mit scharfen Krallen ausgestattet sind. Die dritte Kralle ist stark vergrößert. Die Tiere laufen auf den Außenseiten der Vorderpfoten, um sich nicht an der eigenen Kralle zu verletzen. Die Hinterfüße haben fünf Zehen mit deutlich kleineren Krallen.[4][5]

Verbreitung und Lebensraum

Tamanduas kommen in Mittel- und Südamerika vor. Das Verbreitungsgebiet reicht vom südlichen Mexiko bis in das nördliche Argentinien. Obwohl sie bis in Höhen von 2000 m nachgewiesen worden sind, sind sie dort seltene Ausnahmen und bevorzugen das Flachland.[4][2]

Eine Vielzahl von Lebensräumen wird von diesen Ameisenbären besiedelt. Neben Regen-, Trocken- und Mangrovenwäldern sind dies auch Baumsavannen und Kulturland.[6][7]

Lebensweise

Aktivität

Tamanduas sind sowohl tag- als auch nachtaktiv, ruhen aber in der Mittagszeit[8]. Sie sind etwa acht Stunden am Tag aktiv. Dabei sind sie sowohl am Boden als auch in Bäumen aktiv, bewegen sich am Boden aber eher langsam und unbeholfen, vor allem im Vergleich zum mobileren Großen Ameisenbären[3]. Auch können Tamanduas schwimmen[9].

Als territoriale Einzelgänger markieren sie ihre Reviere mit einem Analdrüsensekret, das auf mehrere Meter einen strengen Geruch verströmt[6]. Der Aktionsraum eines Tamanduas kann je nach Region zwischen 25 und 375 Hektar schwanken.[6][7] Ruhezeiten verbringen die Tiere in Baumhöhlen oder verlassenen Tierbauen, zum Beispiel von Gürteltieren[10].

Ernährung

Nördlicher Tamandua

Die Nahrung der Tamanduas besteht fast ausschließlich aus Termiten und Ameisen. Während der Südliche Tamandua zu etwa gleichen Teilen Ameisen und Termiten verspeist, beträgt beim Nördlichen Tamandua der Anteil von Ameisen an der Nahrung ein Drittel (entspricht etwa 9000 Ameisen am Tag). Die Nester werden mit dem Geruchssinn erspürt, mit den scharfen Krallen der Vorderfüße aufgegraben und mit der Zunge geplündert. Dabei werden sowohl in Bäumen als auch am Boden befindliche Nester genommen. Der Nördliche Tamandua öffnet etwa fünfzig bis achtzig Nester am Tag und entnimmt jeweils nur eine relativ kleine Menge Insekten, so dass den Kolonien kein bleibender Schaden zugefügt wird. Neben Insekten verzehren Tamanduas gelegentlich als Beikost auch Früchte.[6][7]

Fortpflanzung

Männliche Tamanduas finden Weibchen über den Geruch. Ein fortpflanzungsbereites Männchen folgt einem Weibchen eine Weile. Dabei bleiben beide Partner immer wieder stehen und beschnuppern einander. Schließlich besteigt das Männchen das Weibchen, umklammert seinen Rumpf mit den Vorderbeinen und leitet die Kopulation ein. Hiernach geht das Männchen wieder seiner Wege. Über die Tragzeit gibt es widersprüchliche Angaben, die einerseits 130 bis 150 Tage, andererseits 160 bis 190 Tage nahelegen[6][7]. Es wird nur ein Junges zur Welt gebracht. Dies wird während der Ausflüge der Mutter meistens in einer Baumhöhle zurückgelassen, manchmal aber auch auf dem Rücken umhertransportiert.[8]

In Gefangenschaft wurden Tamanduas 9,5 Jahre alt.[6][7]

Feinde

Viele größere Raubtiere erbeuten gelegentlich Tamanduas, darunter der Jaguar und die Harpyie.[6][7] Wird ein Tamandua bedroht, stellt er sich mit dem Rücken zu einem Baum auf die Hinterbeine und versucht, den Angreifer mit Schlägen seiner scharfen Krallen abzuwehren.[8][10]

Systematik

Südlicher Tamandua

Der Tamandua wurde bis in die jüngste Vergangenheit für eine einzige Art gehalten. Carl von Linné beschrieb ihn 1758 als Myrmecophaga tetradactyla, den vierzehigen Ameisenbären, und setzte ihn in Gegensatz zu Myrmecophaga tridactyla, den Großen Ameisenbären mit drei Zehen an jeder Vorderpfote.[11] Der Gattungsname Tamandua wurde hingegen von John Edward Gray 1825 gebildet.[12] Er stammt aus dem Tupí und bedeutet wörtlich "Ameisenfänger".[11] Später kreierte Gattungsnamen für den Tamandua wie Uroleptes und Dryoryx sind ungültig.[11]

Der nächste Verwandte der Tamanduas ist der Große Ameisenbär, der ihr Schwestertaxon bildet. Die beiden Linien haben sich vor etwa 10 Millionen Jahren getrennt.[1]

Eine Teilung der Tamanduas in zwei Arten wurde erst 1975 üblich. Für diese Entscheidung ausschlaggebend waren vor allem anatomische Details im Schädelbau.[13]

Menschen und Tamanduas

Tamanduas sind in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebiets relativ häufig. Die IUCN stuft beide Arten als nicht gefährdet ein. Das Fell gilt als wertlos, das Fleisch wird lediglich von wenigen indianischen Völkern gegessen. Auch die Zerstörung des Regenwaldes bereitet Tamanduas wenig Probleme, da sie auch in Sekundärwäldern und Kulturlandschaften zurechtkommen. Recht häufig sterben Tamanduas allerdings auf Straßen, wo sie von Autos überfahren werden. Während Tamanduas insgesamt also häufig sind, sind sie in einzelnen Ländern doch selten genug, dass sie unter strengen Schutz gestellt wurden. Dies ist in Mexiko, Guatemala, Peru und Argentinien der Fall.[8][10]

Wenn Tamanduas im Zoo gehalten werden, versucht man sie mit Milch, Haferschleim und Vitaminpräparaten zu füttern. Diese unnatürliche Ernährung kann zu Mangelerscheinungen führen, zu denen Hyperostose des Skeletts und Taurinmangel gehören.[10]

Einzelnachweise

  1. a b Navarrete & Ortega 2011, S. 57
  2. a b Hayssen 2011, S. 66
  3. a b Nowak 1999, S. 156
  4. a b c Navarrete & Ortega 2011, S. 58
  5. a b Hayssen 2011, S. 67
  6. a b c d e f g Navarrete & Ortega 2011, S. 60
  7. a b c d e f Hayssen 2011, S. 69
  8. a b c d Navarrete & Ortega 2011, S. 61
  9. Helen Esser, Danielle Brown & Yorick Liefting: Swimming in the Northern Tamandua (Tamandua mexicana) in Panama. In: Edentata 2010, Nr. 11, S. 70-72
  10. a b c d Hayssen 2011, S. 70
  11. a b c Hayssen 2011, S. 65
  12. Hayssen 2011, S. 64
  13. R. M. Wetzel: The species of Tamandua Gray (Edentata, Myrmecophagidae). In: Proceedings of the Biological Society of Washington 1975, Nr. 88(11), S. 95–112

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
  • Daya Navarrete & Jorge Ortega: Tamandua mexicana. In: Mammalian Species 2011, Nr. 43, S. 56-63
  • Virginia Hayssen: Tamandua tetradactyla. In: Mammalian Species 2011, Nr. 43, S. 64-74

Weblinks

 Commons: Tamanduas – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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