- Tancredi
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Werkdaten Titel: Tancredi Originalsprache: Italienisch Musik: Gioachino Rossini Libretto: Gaetano Rossi Uraufführung: 6. Februar 1813 Ort der Uraufführung: Venedig, Teatro La Fenice Spieldauer: ca. 2,5 Stunden Ort und Zeit der Handlung: Syrakus im Jahr 1005 Personen Tancredi ist eine Oper in zwei Akten von Gioachino Rossini, Libretto von Gaetano Rossi, nach der Tragödie Tancrède von Voltaire. Sie wurde am 6. Februar 1813 im Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführt. Der Erfolg des Tancredi bedeutete für den zwanzigjährigen Rossini den Aufstieg in die erste Riege der Opernkomponisten Europas.
Auch wenn die Oper in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Rossinis besten Werken gezählt wurde, verschwand sie ab ca. 1850 vollständig von der Opernbühne. Heute wird sie nur selten aufgeführt.
Nur die Auftrittsarie des Tancredi „Di tanti palpiti“ zählt bis heute zum Standardrepertoire bedeutender Koloraturmezzosopranistinnen wie Marilyn Horne und Vesselina Kasarova. Im 19. Jahrhundert war die Arie eines der populärsten Musikstücke überhaupt. Richard Wagner parodierte die Melodie in seinen Meistersingern von Nürnberg im „Chor der Schneider“.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Die Oper spielt im sizilianischen Stadtstaat Syrakus im Jahr 1005. Die Stadt liegt im Krieg mit den sarazenischen Armeen unter dem General Solamir. Gleichzeitig ist sie im Inneren durch Bürgerkrieg zwischen den Familien der Edelleute Argirio und Orbazzano zerrissen.
Der Edelmann Tancredi ist im Verlauf des Bürgerkriegs enteignet und verbannt worden und lebt als Gast am Hof von Byzanz. Bei einem Besuch des syrakusischen Edlen Argirio hat Tancredi dessen Tochter Amenaide kennengelernt, und die beiden sind seitdem heimlich verliebt.
Es gibt jedoch noch zwei weitere Männer, die um die Gunst von Amenaide werben, der syrakusische Edelmann Orbazzano, Gegner von Argirio im Bürgerkrieg, und der sarazenische Heerführer Solamir.
Erster Akt
Zu Beginn der Oper („Pace, amore“) feiert die Bevölkerung der von den Sarazenen belagerten Stadt Syrakus das Ende des Bürgerkrieges. Die neugewonnene Einigkeit, so hoffen sie, wird ihnen zu neuer Stärke im Kampf gegen die Belagerung verhelfen.
Auf Bitten von Orbazzano entscheidet der Senat, dass Orbazzano als Preis für den Frieden die Güter des Verbannten Tancredi und die Hand von Amenaide erhält.
Amenaide besingt ihre Liebe zu Tancredi („Come dolce all'anima mia“). Argirio teilt seiner Tochter Amenaide die Entscheidung mit. Die entsetzte Amenaide hat derweil heimlich einen Brief an Tancredi geschickte, mit der Bitte, nach Syrakus zurückzukehren, um ihr zu helfen. Um den Empfänger zu schützen, trägt der Brief jedoch nicht den Namen des Empfängers.
Tancredi ist inkognito nach Syrakus zurückgekehrt. Er ist willens, für seine Liebe sein Leben zu riskieren („Oh patria“, „Di tanti palpiti“). Argirio, der von der Ankunft Tancredis durch Spione erfahren hat, glaubt, dass dieser sich den maurischen Belagerern im Krieg gegen die Stadt angeschlossen hat. Er drängt daher Amenaide, die Hand Orbazzanos anzunehmen, um die innere Einheit der Stadt zu sichern („Pensa che sei mia figlia“). Tancredi, der das Gespräch belauscht hat, schleicht sich zu Amenaide. Dass sie ihm zur Flucht rät, um sein Leben zu retten weckt seine Zweifel an ihrer Liebe („L'aura che intorno spiri“).
Derweil versammeln sich auf einem Platz die Edelleute der Stadt, um die Hochzeit Amenaides mit Orbazzano zu feiern. („Amori – scedente“) Als Argirio vorbeizieht, bietet ihm der verzweifelte Tancredi seine Dienste als Soldat an.
Noch bevor es zur Hochzeit kommt, erscheint Orbazzano. Aber anstatt sie als Braut zu begrüßen, fordert er den Tod von Amenaide. Seine Spione haben den Brief abgefangen, und da er keinen Empfänger trägt, vermutet Orbazzano, er sei an den feindlichen General Solamir bestimmt. Auch Tancredi, der schon Zweifel an Amenaides Liebe hat, glaubt dies. Amenaide wird in Ketten gelegt und abgeführt.
Zweiter Akt
Orbazzano ist durch die Abweisung Amenaides zutiefst gekränkt. Er will dafür sorgen, dass über sie die Todesstrafe verhängt wird. Argirio hingegen beweint das bevorstehende Ende seiner Tochter („Oh Dio – Crudel – qual nome“). Amenaides Freundin Isaura betet um göttliches Einschreiten („Tu che i miseri conforti“).
Im Gefängnis beklagt Amenaide ihren ungerechten Tod. Sie hofft, dass wenigstens Tancredi erfährt, dass sie unschuldig gestorben ist („Di mia vita infelice“ – „No, che il morir non è“). Die Edlen treten auf, unter ihnen der verkleidete Tancredi. Um ihr Leben zu retten, fordert er Orbazzano zu einem Gottesurteil durch einen Zweikampf auf, obwohl er von Zweifeln an Amenaides Treue zerfressen ist. Während Amenaide für Tancredi betet („Giust Dio che umilie adora“), erschlägt Tancredi Orbazzano. Obwohl Amenaide jetzt frei ist, kann Tancredi ihr kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Er zieht deshalb in den Krieg gegen den maurischen Belagerer, um im Kampf zu sterben.
Finale – zwei alternative Versionen
Rossini schrieb für die Oper zwei unterschiedliche Finale. Im Finale der Uraufführung in Venedig siegt Tancredi in der Schlacht und erfährt vom sterbenden Solamir, dass der Brief an ihn, Tancredi, gerichtet war. Das Paar wird glücklich vereint.
Im Finale für die Erstaufführung in Ferrara wird Tancredi in der Schlacht tödlich verwundet und erfährt erst, als er sterbend in den Armen von Amenaide liegt, dass der Brief an ihn gerichtet war.
Aufführungsgeschichte
Das Libretto von Gaetano Rossi war eine Adaption des Dramas Tancrède von Voltaire, uraufgeführt 1760. In dieser Vorlage stirbt der Held Tancredi auf dem Schlachtfeld und erfährt erst in seinem letzten Atemzug, dass Amenaide ihm treu war.
Um dem Geschmack des italienischen Publikums entgegenzukommen – dort waren Opern mit tragischem Ausgang zur Zeit der Uraufführung nicht besonders beliebt – schuf Rossi abweichend von der Vorlage ein glückliches Ende. Die Uraufführung der Oper mit Adelaide Malanotte in der Hauptrolle war für Rossini ein triumphaler Erfolg. Das Ende jedoch fand relativ kühle Aufnahme. Im selben Jahr wurde die Oper nochmals in Ferrara aufgeführt. Für diese Wiederaufnahme regte der Schriftsteller Luigi Lechi an, statt dem schwachen Schluss der ursprünglichen Version das originale Ende des Dramas von Voltaire zu komponieren.
Außer in Ferrara wurde im 19. Jahrhundert in der Regel das Finale von Venedig aufgeführt. Die Partitur des Ferrara-Finales wurde erst in der Mitte der 1970er Jahre wiederentdeckt und rekonstruiert. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte Tancredi zu den populärsten Opern Rossinis. Dann wurde Tancredi zusammen mit den anderen Opern des Seria-Faches durch die großen Opern Verdis und des Verismo von der Theaterbühne verdrängt. Der Grund dafür mag in der starren Abfolge von Arie und Secco-Rezitativ liegen.
Die Wiederentdeckung der Oper für die Bühne ist u. a. der Mezzosopranistin Marilyn Horne zu verdanken, die sich ähnlich wie Maria Callas intensiv für die Wiederbelebung der Opern des Belcanto einsetzte.
Diskographie
- Tancredi: Lella Cuberli (Amenaide), Marilyn Horne (Tancredi), Ernesto Palacio (Argirio), Nicola Zaccaria (Orbazzano), Bernadette Manca di Nissa (Isaura), Patricia Schuman (Roggiero) - Orchestra e Coro del Teatro La Fenice, Venedig - Ralf Weikert
- Tancredi (1995): Eva Mei (Amenaide), Vesselina Kaserova (Tancredi), Ramon Vargas (Argirio) - Münchener Sinfonieorchester, Chor des Bayerischen Rundfunks - Roberto Abbado
Literatur
- Partitur Tancredi: Ricordi, Mailand.
- Stendhal: Rossini, Athenäum Verlag, Frankfurt am Main 1988, S. 51–67.
- Ulrich Schreiber: Die Kunst der Oper, Band 2, Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main, 1991, S. 196–198.
Weblinks
Commons: Tancredi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Tancredi: Noten im International Music Score Library Project.
- Handlung von „Tancredi“ bei Opera-Guide
- Manuskripte und Aufführungen (1770–1830) von „Tancredi“ im DFG-Opernprojekt
- Diskographie zu „Tancredi“ auf Basis der MGG bei Operone
- Aktuelle Inszenierungen von „Tancredi“ bei Operabase (Produktionen, Besetzung, Kalender)
Kategorien:- Oper nach Titel
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