Die Meistersinger von Nürnberg

Die Meistersinger von Nürnberg
Werkdaten
Titel: Die Meistersinger von Nürnberg
Originalsprache: Deutsch
Musik: Richard Wagner
Libretto: Richard Wagner
Uraufführung: 21. Juni 1868
Ort der Uraufführung: Nationaltheater München
Spieldauer: ca. 4 1/2 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Nürnberg, Mitte des 16.Jhd.
Personen
  • Meistersinger
    • Hans Sachs, Schuster (Bass, Bariton)
    • Veit Pogner, Goldschmied (Bass)
    • Kunz Vogelgesang, Kürschner (Tenor)
    • Konrad Nachtigall, Spengler (Bass)
    • Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber (Bass, Bariton)
    • Fritz Kothner, Bäcker (Bass)
    • Balthasar Zorn, Zinngießer (Tenor)
    • Ulrich Eißlinger, Würzkrämer (Tenor)
    • Augustin Moser, Schneider (Tenor)
    • Hermann Ortel, Seifensieder (Bass)
    • Hans Schwarz, Strumpfwirker (Bass)
    • Hans Foltz, Kupferschmied (Bass)
  • weitere Rollen
    • Walther von Stolzing, ein junger Ritter aus Franken (Tenor)
    • David, Lehrbube Hans Sachs' (Tenor)
    • Eva, Pogners Tochter (Sopran)
    • Magdalene, Evas Amme (Mezzosopran)
    • Ein Nachtwächter (Bass, Bariton)
    • Lehrbuben (Alt, Tenor)

Die Meistersinger von Nürnberg ist eine Oper des Komponisten Richard Wagner in drei Akten. Die Uraufführung fand am 21. Juni 1868 in München statt. Die Spieldauer beträgt ca. 4 1/2 Stunden.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

1. Akt: Katharinenkirche in Nürnberg

Im Nürnberg der Reformationszeit hat der reiche Goldschmied Veit Pogner seine einzige Tochter Eva demjenigen zur Ehe versprochen, der bei einem Wettsingen am bevorstehenden Johannistag den Preis gewinnen würde. Bei einem Kirchgang trifft Eva einen jungen Ritter, Walther von Stolzing, wieder, der nach Nürnberg gezogen ist und sich ebenfalls für Eva interessiert. Beide hatten sich am Abend zuvor bei einem Besuch Walthers im Haus der Pogners kennengelernt. Walther erringt in der Kirche zunächst nur Evas Aussage, dass sie zwar zu freien sei, aber ihr Herz schon längst an ihn verschenkt habe, gäbe es da nicht die Bedingung des Vaters: „ein Meistersinger muss es sein.“ Walther von Stolzing wagt sich also daran und bewirbt sich, zuvor noch instruiert vom Lehrbuben des Hans Sachs, David, während der abendlichen Sitzung der Meister in der Katharinenkirche mit einem Probegesang, um die Meistersingerwürde und damit Evas Hand zu gewinnen.

Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber in Nürnberg, gehört der Zunft der Meistersinger an, in der er das Amt des „Merkers“ bekleidet. Er wähnte sich schon als sicherer Sieger des Wettstreits, weil er annehmen durfte, der einzige Teilnehmer zu sein. Bedenklich stimmte ihn nur die Regelung, dass Eva der Wahl zustimmen müsse. Seine Versuche, Pogner zu einer Änderung dieser Einschränkung zu bewegen, scheitern. Bedenken und Argwohn Beckmessers verstärken sich noch, als mit Walther von Stolzing ein neuer Bewerber und Konkurrent um den Meisterpreis auftritt. Die Regeln der Meistersinger erfordern, dass als erster Schritt zur Aufnahme in die Zunft ein Probegesang bestanden werden müsse. Als Merker hat Beckmesser ihn zu prüfen, und mit offenkundiger Parteilichkeit gelingt es ihm mühelos, die anwesenden Meister – ausgenommen Hans Sachs – zu überzeugen, dass der Bewerber wegen zahlreich begangener Fehler „versungen“ habe und als Mitglied und Meistersinger nicht geeignet sei. Der erste Akt endet im allgemeinen Tumult der von Beckmesser im Beharren auf strengster Regeltreue aufgewiegelten Meistersinger, wobei Walthers Lied, das er noch weiter zu singen versucht, dabei völlig untergeht. Der nachdenkliche Sachs aber erkennt die Intentionen Stolzings und argumentiert gegen die Vorurteile der etablierten Meister:

Halt, Meister! Nicht so geeilt!
Nicht jeder eure Meinung teilt. –
Des Ritters Lied und Weise,
sie fand ich neu, doch nicht verwirrt:
verließ er unsre Gleise
schritt er doch fest und unbeirrt.
Wollt ihr nach Regeln messen,
was nicht nach eurer Regeln Lauf,
der eignen Spur vergessen,
sucht davon erst die Regeln auf!

Dauer: etwa 90 Minuten

2. Akt: Straße in Nürnberg

Zu Beginn des zweiten Aktes, es ist Abend, genießt Sachs die laue Johannisnacht und poetisiert: Wie duftet doch der Flieder, so mild, so stark und voll! Mir löst er weich die Glieder, will, dass ich was sagen soll. –

Sachs macht sich Gedanken über den Liedvortrag des Junkers, konnte das, was er hörte, einerseits nicht behalten, andererseits auch nicht vergessen und auch nicht messen, denn keine Regel wollte da passen... „und war doch kein Fehler drin. – Es klang so alt und war doch so neu!“ Er erkennt nicht nur Neues der Liedkunst, sondern auch die Liebe zwischen Stolzing und Eva und verzichtet auf seine Ambitionen. Er findet sich zu alt, um sich mit der jungen Eva zu vermählen. Weiterhin auf „Freiers Füßen“ ist Beckmesser; er meldet seine Ambitionen auf Eva an und will ihr, die er am Fenster zu sehen glaubt - in Wahrheit hat Magdalene ihren Platz eingenommen - sein für das Wettsingen am nächsten Tag gedichtetes Lied vorsingen und sich auf seiner Laute begleiten. Aber der verliebte Stadtschreiber wird vom schusternden Sachs gestört. Sachs spielt nun den strengen „Merker“ und kommentiert die Verse und die nach den strengen alten Meisterregeln komponierte Melodie des Laute spielenden Werbers auf seine Weise, nämlich indem er mit dem Hammer auf die Schuhsohlen schlägt - eine Parallele zur Merkerszene des ersten Akts, bei der Beckmesser lautstark die Fehler Walthers auf einer Tafel mit Kreide anschrieb. Lautengezupfe, Minnegesang und Schustergeklopfe wecken die schlafenden Nachbarn und es kommt zu einer der originellsten und turbulentesten Chorszenen der Operngeschichte, die Prügelszene als große Chorfuge, einem musikalischen „Fugato“ von äußerster Raffinesse. Als arg zerzaustes Opfer verlässt der von David geprügelte Beckmesser am Ende des Aktes die Bühne. Im allgemeinen Tumult verhindert Sachs die Flucht Stolzings und Evas. Als der Nachtwächter auftaucht, ins Horn bläst und verkündet, dass die Glocke „Elfe“ geschlagen habe – kehrt in Nürnberg wieder Ruhe ein.

Dauer: etwa 60 Minuten

3. Akt, erste bis vierte Szene: Sachsens Schreibstube

James Rutherford als Hans Sachs bei den Bayreuther Festspielen 2011

Hans Sachs grübelt frühmorgens in seinem Lehnstuhl über den „Wahn“ der Welt (Wahnmonolog) und über die merkwürdigen Ereignisse der vergangenen Nacht. Im nächtlichen Tumult hat Hans Sachs Walther von Stolzing in sein Haus gerettet. Sachs ist von dem außergewöhnlichen Talent des jungen Ritters überzeugt, und so bringt er ihn am Morgen dazu, aus der Schilderung eines Traumes ein wahres „Meisterlied“, das auch den Regeln der Zunft standhalten würde, zu verfassen. Stolzing ist zuerst skeptisch: Wie soll aus seinem Traum ein Lied entstehen? Sachs antwortet:

Eugen Gura als Hans Sachs
Mein Freund! Das grad ist Dichters Werk
daß er sein Träumen deut und merk.
Glaubt mir, des Menschen wahrster Wahn
wird ihm im Traume aufgetan:
all Dichtkunst und Poeterei
ist nichts als Wahrtraumdeuterei...

Walther erzählt, singt, darauf seinen Morgentraum und findet wie von selbst die poetische Form. Sachs, der mitschreibt, ist beeindruckt und vermag davon - bei aller dichterisch-musikalischen Freiheit - die allgemeine Regel abzuleiten.

Beckmesser, der Sachs kurz darauf besucht, in Not wegen seines durchgefallenen Lieds und arg lädiert von der nächtlichen Prügelei, findet den Text und wirft dem Witwer Sachs vor, heimlich selbst um Eva werben zu wollen, obwohl er das stets bestritten habe. Sachs versichert erneut, nicht als Werber auftreten zu wollen, und schenkt Beckmesser das Lied, das dieser hocherfreut einsteckt. Mit einem Lied von Sachs könne nun nichts mehr schiefgehen, meint er. Inzwischen ist Eva, ebenfalls Rat suchend, bei Sachs eingetreten. Sachs, der selbst, obwohl er nicht um sie werben wollte, für Eva eine tiefe, an Liebe grenzende Sympathie empfindet, erkennt aber rechtzeitig, dass Walther von Stolzing der einzig Richtige und Eva für diesen die rechte Braut sei und entsagt selbst. Walther singt vor Sachs und Eva spontan eine weitere Strophe seines neu gedichteten Meisterliedes, Sachs spricht einen symbolischen Taufspruch darauf und nennt es Walthers „Selige Morgentraum-Deutweise“. Darauf erklingt in einem kontemplativen Moment, einem Sich-Besinnen, gleichsam Innehalten der Handlung bevor es auf die Festwiese geht, ein Quintett von Sachs, Eva, Walther, David und dessen Braut Magdalene. Sie preisen jeweils aus ihrer Sicht das Glück der Stunde. Eva singt: „Selig, wie die Sonne meines Glückes lacht...“.

3. Akt, fünfte Szene: ein freier Wiesenplan vor der Stadt Nürnberg

Eine musikalische Verwandlung führt von der Schusterstube zur Festwiese, auf der das Volk schon versammelt ist und den feierlichen Einzug der Meistersinger erwartet. Sachs wird hymnisch mit einem Choral begrüßt, dem berühmten: Wach auf, es nahet gen den Tag...

Darauf beginnt der Wettgesang des Johannisfests. Beckmesser stimmt das ihm von Sachs geschenkte Lied an, scheitert indes kläglich beim Vortrag, weil er den Text fehlerhaft entstellt und zu seiner eigenen unpassenden Melodie zu singen versucht. Wütend wirft er das Blatt zu Boden, erklärt der verwunderten Menge, das Lied sei gar nicht von ihm, Sachs habe ihm absichtsvoll ein schlechtes Lied aufgedrängt, und verlässt verlacht und gedemütigt die Bühne. Sachs erklärt, das Lied sei nicht von ihm und ruft Walther von Stolzing als Zeugen heraus, der durch richtigen Vortrag beweisen soll, dass er der Dichter des Liedes sei. Stolzing trägt sein Lied vor (Morgenlich leuchtend im rosigen Schein...), und überzeugt vollständig, auch alle anwesenden Meister, die ihn am Vorabend noch kritisiert hatten. Die Meister erklären feierlich seine Aufnahme in die Meistersingergilde, Walther aber lehnt dies zunächst ab – „will ohne Meister selig sein!“. Sachs belehrt Walther, doch die Tradition, auf der auch er selbst steht, nicht zu vergessen und ermahnt ihn: „Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst!“ Er versöhnt die Gegensätze und beschließt seine Ansprache mit einer eindringlichen Warnung:

was deutsch und echt, wüßt Keiner mehr,
lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr.
Drum sag ich Euch:
ehrt Eure deutschen Meister!
Dann bannt ihr gute Geister;
und gebt ihr ihrem Wirken Gunst,
zerging in Dunst
das heil’ge röm’sche Reich,
uns bliebe gleich
die heil’ge deutsche Kunst!

Alle Mitwirkenden auf der Bühne: das Volk, die Meister und auch Stolzing, der nun die Meisterehre annimmt, stimmen Sachs euphorisch zu: „Heil! Sachs! Nürnbergs teurem Sachs!“.

Dauer: etwa 120 Minuten

Historischer Hintergrund

Das Werk hat im Gegensatz zu anderen Musikdramen Wagners keinen erkennbaren mythologischen Hintergrund. Die Oberfläche des Werks stützt sich ganz auf Historisches. Wagner lässt wirkliche Personen aus der Zeit Nürnbergs im Zeitalter der Reformation, im 16. Jahrhundert auftreten, darunter den Dichter Hans Sachs. Dieser in Nürnberg und ganz Süddeutschland geliebte und verehrte Dichter und Schustermeister (1494–1576) war mit über 6.000 Werken (ca. 4.000 Meisterlieder, ca. 1800 Spruchgedichte, ca. 200 Dramen, Fabeln und Schwänke) einer der produktivsten deutschen Dichter. Er war nicht nur der bekannteste Vertreter der Meistersänger, sondern auch ein sehr toleranter Mensch. So schlug er z. B. vor, die Beurteilung von Meisterliedern seiner Nürnberger Zunft nicht nur den vier Merkern zu überlassen, sondern dies mehrmals im Jahr der Zuhörerschaft zu übertragen.

Richard Wagner um 1862 (Portrait von Cäsar Willich)

Richard Wagner entnahm sein Wissen um die Regeln der Meistersinger (die „Tabulatur“) vor allem der 1697 erschienenen Nürnberg-Chronik mit einem Anhang „Von der Meister-Singer holdseligen Kunst“ Johann Christoph Wagenseils (1633–1705), der im übrigen dieses pedantische Regelwerk auf die strengen Regeln und Vorschriften des jüdischen Talmud zurückführt. Die angeblich bereits im 14. Jahrhundert schriftlich fixierte Tabulatur, welche die Musik der höfischen Minnesänger dem Bedarf ihrer bürgerlichen Nachfolger adaptieren sollte, gibt zugleich einen detaillierten Einblick in das damalige Leben der Handwerkermeister.

Wagner hat allerdings nur die Namen, Regeln und Meistersinger-Bräuche von Wagenseil übernommen. Die Handlung und die Berufe der Meister entspringen zum größten Teil Wagners Phantasie. Er benutzte auch eigene Erfahrungen, wie das Erlebnis eines nächtlichen Sängerstreits mit Prügelei, an der er selbst in jungen Jahren (1835 in Nürnberg) beteiligt war und literarische Vorlagen wie E.T.A. Hoffmanns „Meister Martin, der Küfner, und seine Gesellen“ aus der Novellensammlung Die Serapionsbrüder. Außerdem dürfte er Johann Ludwig Deinhardsteins Schauspiel Hans Sachs (UA 1827), sowie die darauf basierende Oper Hans Sachs von Albert Lortzing (UA 1840) gekannt haben.

Das Wort Meister-Singer besitzt eine doppelte Bedeutung. Einerseits waren alle Mitglieder der damaligen Gilden Meister in ihrem jeweiligen Beruf, andererseits bildeten die Meistersinger in vielen deutschen Städten eine eigene, angesehene Zunft, in deren fünfstufigem Rangsystem der Meistertitel analog zum Handwerkerberuf nur durch ein wirkliches Meisterstück errungen werden konnte. Wagner karikiert freilich einige Auswüchse - vor allem in der Person des strengen Stadtschreibers Beckmesser, dessen Name zum Synonym für engstirnige Pedanterie wurde.

Wahl des historischen Nürnberg als Schauplatz für die Oper

Nürnberg entwickelte sich im Laufe des 15. und 16. Jh. zu einem der wichtigsten deutschen Handelszentren und erlebte ,,zur Zeit von Hans Sachs ihre wirtschaftliche, politische und kulturelle Blütezeit.” Zur Mitte des 16. Jh. sei es mit 40‘000-50‘000 Einwohnern ,,neben Köln und Augsburg die einzige ,Weltstadt’ Deutschlands” gewesen. Diese wirtschaftliche Blüte habe es dem Handwerkerstand ermöglicht, ,,ein eigenes Selbstbewusstsein zu entwickeln”. Nürnberg war Zentrum des Buchdrucks und Buchhandels und wurde durch gute internationale Handelsbeziehungen ,,wichtigste ,Nachrichtenzentrale‘ des Deutschen Reiches”. Die Rolle Nürnbergs als ,,reformatorische Avantgarde habe auch den ,kleinen Mann‘ herausgefordert, ,,sich mich öffentlichen Angelegenheiten, seien es politische oder religiöse, zu beschäftigen”.[1]

Entstehung

Gedenktafel in Biebrich
Landhaus am Rhein in Biebrich

Die erste Skizze zur Oper verfasste Wagner 1845 bei einem Kuraufenthalt in Marienbad. Seine Absicht war, damit ein heiteres Gegenstück im Sinne eines Satyrspiels zum tragisch endenden Tannhäuser zu schaffen. Der Entwurf blieb jedoch zunächst unverarbeitet liegen. Erst 1861 erinnerte Wagner sich wieder daran, als er einen neuen Opernstoff für ein schnell zu realisierendes Erfolgsstück suchte, um sich aus akuter Geldnot zu retten. Bei einem kurzen Aufenthalt in Venedig soll ihn der Anblick eines Marienbilds von Tizian so bewegt haben, dass er spontan beschloss, die „Meistersinger von Nürnberg“ nun auszuführen. Eine Inspirationslegende, die stark anzuzweifeln ist.

Wagner begann jedoch gleich anschließend tatsächlich mit der Vorbereitung und fertigte einen neuen Entwurf, den er seinem Mainzer Verleger Franz Schott anbot, der ihn dann kurzfristig mit der Fertigstellung beauftragte und einen ansehnlichen Vorschuss an Wagner zahlte. Wagner begab sich sofort nach Paris, wo er in völliger Zurückgezogenheit in nur 30 Tagen die Dichtung schrieb.

Anfang Februar 1862 reiste er nach Mainz und las im Verlagshaus Schott den Text vor.[2] Um in Ruhe komponieren zu können, bezog er ein am Rheinufer gelegenes Landhaus in Wiesbaden-Biebrich. Die Ouvertüre der „Meistersinger" entstand, abgesehen von einigen losen musikalischen Gedankenskizzen, in wenigen Wochen nach Fertigstellung des Textes zwischen Palmsonntag und Ostern (13. bis 20. April) 1862. Diese als „Vorspiel" bezeichnete Orchestereinleitung wurde schon im Jahr der Entstehung, und bevor die ganze Oper fertig war, bei einem Konzert unter Wagners Leitung in Leipzig dem Publikum vorgestellt. Erst nachdem Wagner in König Ludwig II. von Bayern einen Förderer gefunden hatte, konnte er die Komposition seiner „Meistersinger“ beenden, die schließlich am 21. Juni 1868 in München zur Uraufführung kamen. Am Pult stand Hans von Bülow, der 1865 bereits Tristan und Isolde erstmals an gleicher Stelle dirigiert hatte.

Außer seinem frühen, nur selten aufgeführten Werk „Das Liebesverbot“ ist „Die Meistersinger von Nürnberg“ die einzige komische Oper, die Wagner schrieb - er hat sie jedoch selbst nicht als solche bezeichnet, enthält sie doch durchaus auch dunkle, melancholische Zwischentöne. Nach der ekstatischen musikalischen Handlung von „Tristan und Isolde“, in welcher Wagner die bis zum Schluss vergebliche Sehnsucht nach Liebe formulierte, schuf er hier eine Atmosphäre, die von der festlich-feierlichen Tonart C-Dur und zahlreichen Chorälen und Fugen dominiert wird. „Die Meistersinger“ feiern die Kunst selbst und ihre religiöse Überhöhung. Wagner zitiert in diesem Werk auch altertümliche musikalische Formen und bezeichnete sein Werk selbst als „angewandten Bach“.

Mit „Die Meistersinger von Nürnberg“ wurde am 21. August 1901 auch das zweite Münchner Opernhaus, das Prinzregententheater, das eine verkleinerte Kopie des Bayreuther Festspielhauses darstellt und diesem Konkurrenz machen sollte, in München eingeweiht. Auch als das neue Nürnberger Opernhaus im Jahre 1905 eröffnet wurde, spielte man – wohl nicht zuletzt aufgrund des lokalen Bezuges – „Die Meistersinger“. Ebenso in Leipzig 1960 zur Eröffnung des einzigen Opern-Neubaus der DDR, in München 1963 zur Wiedereröffnung des im Krieg zerstörten wiederaufgebauten Nationaltheaters und 1988 in Essen zur Eröffnung des Aalto-Theaters.

Szenische Umsetzung und Intentionen Richard Wagners

Wagner wollte mit seiner Kunst die „dekadenten“ Theater reformieren. Anstelle seichter Unterhaltung, die er insbesondere während seines Aufenthaltes in Paris kennengelernt hatte, sprach er sich für anspruchsvolle Kunsterziehung aus und entwickelte daraus schließlich auch seine Festspielidee. Seine Idealvorstellung war eine vom Volk ausgehende und von diesem getragene „Deutsche Kunst“, wobei er das Nationale nur als dekoratives Element verstanden wissen wollte: "so soll das Kunstwerk der Zukunft den Geist der freien Menschheit über alle Schranken der Nationalitäten hinaus umfassen; das nationale Wesen in ihm darf nur ein Schmuck, ein Reiz individueller Mannigfaltigkeit, nicht eine hemmende Schranke sein." Auch der viel kritisierte und oft als nationalistisch interpretierte Schluss-Satz des Hans Sachs am Ende der Oper sagt nichts anderes, als dass die deutsche Kunst überleben würde, wenn auch das Deutsche Reich unterginge: Zerging im Dunst das heil'ge röm'sche Reich, uns bliebe gleich die heil'ge deutsche Kunst. Wagners revolutionäre Kunst-Ideen stießen allerdings zu seiner Zeit eher auf Ablehnung im konservativen Kunstbetrieb.

In den „Meistersingern“ nimmt Wagner mit viel Humor und Originalität Menschen und Strukturen der etablierten Gesellschaft und des Kunst-Establishment aufs Korn. Er lässt den für Neues offenen Schusterpoeten Hans Sachs und den „Kunst-innovativen“ Ritter Walther von Stolzing für seine Ideale kämpfen, für die künstlerische Freiheit an sich. Während Walther für das revolutionär Neue steht, tritt Sachs - bei all seiner Toleranz - doch auch für die Bewahrung des Überkommenen in der Kunst ein und ermahnt Walther: verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst.... In Sachs sieht Wagner die letzte Erscheinung des künstlerisch produktiven Volksgeistes und konfrontiert ihn mit der im Formalismus starrer Regeln gefangenen meistersingerlichen Spießbürgerschaft. Stolzing ist der „Erneuerer“ (Kunst-Revolutionär), als der sich Wagner letztlich auch selbst sah.

Zur Figur des Beckmesser

Hauptartikel: Beckmesser

Einspielungen (Auswahl)

Historische Dokumente:

Spätere Aufnahmen:

Ehrungen

1968 gab die Deutsche Bundespost eine Briefmarke zum einhundertsten Jahrestag der Uraufführung heraus.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Feuerstein, Ulrich/Schwarz, Patrik: Hans Sachs als Chronist seiner Zeit - Der Meisterliedjahrgang 1546, in: Stephan Füssel (Hg.): Hans Sachs im Schnittpunkt von Antike und Neuzeit, Nürnberg 1995, S. 83-107 (Pirckheimer Jahrbuch 10 - Akten des interdisziplinären Symposions vom 23./24. September 1994 in Nürnberg).
  2. http://www.schott-musik.de/about/history/wagner_years/index.html

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