Tannenberg (Schriftart)

Tannenberg (Schriftart)
Beispieltext der Schriftart „Tannenberg fett“, mit einigen Sonderzeichen und Ligaturen

Die Tannenberg ist eine gebrochene Schrift (gebrochene Grotesk) und wurde zwischen 1933 und 1935 von Erich Meyer für die D. Stempel AG in Frankfurt am Main entwickelt.

Auszug aus der Stuttgarter Erklärung
Verordnungs- und Nachrichtenblatt der EKD, Nr. 1 (Januar 1946)

Die Buchstabenformen sind angelehnt an die Formen der Textur. Sie wurden wie andere Gebrochene Grotesk-Schnitte analog zu den Prinzipien der Neuen Typographie gestaltet, die insbesondere die konstruierten Groteskschriften förderte („neue Sachlichkeit“). Meyer entwickelte sie, nachdem die Nationalsozialisten 1933 die „deutsche” Fraktur zu ihrer bevorzugten Schriftart erklärt hatten und ein entsprechender Bedarf entstanden war.[1] Die Tannenberg wurde bei der Schriftgießerei D. Stempel AG in Frankfurt am Main hergestellt, sie war sehr beliebt und rasch in der Buch- und Zeitschriftengestaltung, der Werbung und in der nationalsozialistischen Propaganda zu finden.[2][3] Sie wurde in den Schriftschnitten Tannenberg (1934), Tannenberg halbfett (1934), Tannenberg fett (1934), Tannenberg schmal (1933) und Tannenberg licht (1935) hergestellt. Sie ist eine Akzidenzschrift.

Die Schrift wurde nach der Schlacht bei Tannenberg benannt, in der 1914 deutsche Truppen unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff den Vormarsch russischer Truppen aufgehalten hatten. Wie alle gebrochenen Schriften wurde die Tannenberg seit 1945 kaum noch verwendet. Allerdings wurde noch 1946 unter anderem die „Stuttgarter Erklärung“ der EKD im „Verordnungs- und Nachrichtenblatt der evangelischen Kirche in Deutschland“ in der Tannenberg gesetzt.[4]

Zitat

„Die eigentlich, die typischen »deutschen« Schriften im Sinne der Nazis waren eher nicht die tradierten oder die neu geschaffenen Renaissance-Fraktur-Schriften; es waren vielmehr harte, pseudogotische Schriften, die mit Fraktur oder Schwabacher formal so gut wie nichts zu tun hatten. Sie verhielten sich zur sensiblen Textura wie die Grotesk zur Antiqua. Die Schriften trugen Namen wie »Tannenberg«, »National«, »Gotenburg« u.ä. Die Setzer nannten sie ironisierend »Schaftstiefelgrotesk«.“

Hans Peter Willberg[5]

Einzelnachweise

  1. Erich Meyer und die Tanneberg, auf: Internetseite schrift.biz
  2. Marcel Paul Rotter: Ätzende Bilder, beißende Worte": Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der semiotischen Struktur von Text- und Bildmotiven im deutschen Propagandaplakat des 20. Jahrhunderts, University of Wisconsin, Madison, 2004, S. 261
  3. Schriften unter dem Nationalsozialismus, in schrift.biz
  4. Gebrochene Groteskschriften, auf: Internetseite typografie.info
  5. Hans Peter Willberg: Die Fraktur und der Nationalismus, in: Die Gazette, Ausgabe Mai 2001

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