Tay Bridge Disaster

Tay Bridge Disaster
Historische Abbildung der ersten Firth-of-Tay-Brücke

Die Firth-of-Tay-Brücke ist eine über 3 km lange Eisenbahnbrücke an der Mündung des Tays in die Nordsee in Schottland. Die darüber führende Bahnlinie verbindet die beiden schottischen Regionen Fife und Tayside. Sie stellt damit eine direkte Verbindung zwischen Edinburgh und Dundee her.

Inhaltsverzeichnis

Bau 1871–1877

Mit dem Bau der Brücke in den Jahren 1871 bis 1877 betrat man im Eisengussbau technisches Neuland, denn noch niemals zuvor hatte man sich an derartige Dimensionen herangewagt. Die Brücke musste eine Höhe von 30 m über der Hochwassermarke erhalten, um den damals größten Segelschiffen mit ihren Masten die Durchfahrt zu ermöglichen. Während des Baus der Brücke mussten verschiedene technische und finanzielle Probleme gelöst werden - der Bau der Brücke kostete rund 35.000 Pfund[1] -, deren Lösung das Aussehen der Brücke in verschiedenen Punkten entscheidend veränderte. Zum einen konnten wegen des problematischen Untergrundes nicht so viele Pfeiler aufgestellt werden, wie der ursprüngliche Entwurf forderte. Diese Veränderung zog eine Vergrößerung der Spannweite des Mittelteils der Brücke nach sich. Zum anderen mussten aus den gleichen Gründen die Pfeiler des Mittelbaues geschwächt werden, da die Fundamente am Meeresboden nicht wie ursprünglich geplant ausgeführt werden konnten.

Trotz all dieser Schwierigkeiten konnte die Brücke am 26. September 1877 vom ersten Zug befahren werden.

Zusammenbruch 1879

die eingestürzte Brücke

Am 28. Dezember 1879 um sieben Uhr abends befuhr während eines starken Sturmes der Postzug von Burntisland nach Dundee die Brücke. Als der Zug das Mittelteil erreichte, stürzte die Brücke durch die Last des Zuges und unter dem Ansturm des Windes ein. Bei der Katastrophe kamen 75 Menschen ums Leben.

Später stellte sich heraus, dass die Brückenkonstrukteure die Belastungen durch den Wind völlig unzureichend berücksichtigt hatten. Zudem erwies sich Gusseisen als Werkstoff für die Pfeiler als absolut ungeeignet. Der Konstrukteur der Brücke, der Ingenieur Thomas Bouch, der nach der Fertigstellung der Brücke zum Ritter geschlagen worden war, starb 1880 als gebrochener Mann. Neuere Forschungen zu den Unglücksursachen legen die Ansicht nahe, dass er zum Sündenbock gemacht wurde und Managementfehler der Erbauer- und Betreibergesellschaft North British Railway ebenfalls einen großen Anteil an der Katastrophe hatten.

Der deutsche Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth beschrieb den Bau und die technischen Probleme des Brückenunglücks am Tay in seinem Buch Hinter Pflug und Schraubstock in dem Kapitel Die Brücke über die Ennobucht aus Sicht des verantwortlichen Ingenieurs:

„Das Schlimmste war nicht die einfache Tragfähigkeit. … Aber in völligem Dunkel war man mit der Berechnung des Luftdrucks gegen die ganze Struktur. Bruce, der Konstrukteur der Brücke, wollte hiervon überhaupt nichts wissen. ,Wind! Wind!' rief er, wenn ich auf das Kapitel zu sprechen kam; ,was sechs schwere Lokomotiven freischwebend trägt, wirft kein Wind um!'“

– Max Eyth: Hinter Pflug und Schraubstock[2]

Die Brücke am Tay war ein relativ hohes Bauwerk, das dem Wind eine große Angriffsfläche bot und darum bei den ersten Winterstürmen einstürzte. Max Eyth lässt den verantwortlichen Ingenieur Stoß einräumen, dass man beim Bau viel zu wenig über den Luftdruck eines Sturms wusste und dass er seinem künftigen Schwiegervater, dem Konstrukteur der Brücke, nicht widersprechen wollte:

„In den letzten Tagen, in denen die Berechnungen zum Abschluss kamen, auf denen das ganze Brückenprojekt aufgebaut ist, hatte ich noch einen lebhaften Kampf mit mir selbst. Welchem Sicherheitskoeffizienten darf ich trauen? Nicht bloß das Brückenprojekt, auch was ich damals für mein höchstes Erdenglück hielt und was es geworden ist, hing an der Antwort. Wenn ich so rechnete, dass Bruce die Sache annehmbar fand, konnte ich seine Tochter zur Frau erbitten. Ich entschied mich für einen niederen Koeffizienten. Am folgenden Tag waren Ellen und ich ein Brautpaar.“

– Max Eyth: Hinter Pflug und Schraubstock[2]

Als direkte Folge des Unglückes wurde der Bau der Forth Bridge, die vom selben Ingenieur geplant wurde, gestoppt. Diese Brücke wurde später deutlich überdimensioniert gebaut und ist heute ein Wahrzeichen Schottlands.

Neubau 1887

Die Brücke wurde ab 1887 komplett neu erbaut. Dabei wurde die neue Brücke flussaufwärts direkt neben Resten der alten Brücke gebaut, so dass die Fundamente der alten Brückenpfeiler zum Teil Wellenbrecher der neuen Stützpfeiler sind. Noch heute kann man bei Niedrigwasser die Fundamente der alten Brücke sehen.

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Die heutige Firth-of-Tay-Brücke. Neben den Pfeilern erkennt man die Fundamente der alten Brücke.
Die heutige Firth-of-Tay-Brücke. Neben den Pfeilern erkennt man die Fundamente der alten Brücke.

Einfluss auf die Literatur

Theodor Fontane hat die Katastrophe in der mythisierenden Ballade Die Brück am Tay verewigt, die aufgrund ihrer lyrischen Qualität berühmt wurde, die Umstände jedoch verzeichnet wiedergibt.

Auch der als „schlechtester Dichter aller Zeiten“ verspottete Brite William Topaz McGonagall wurde von dem Ereignis zu seinem Gedicht The Tay Bridge Disaster angeregt.

Literatur

  • Max Eyth: Die Brücke über die Ennobucht. In: Hinter Pflug und Schraubstock. 1899. (Online-Version beim Projekt Gutenberg-DE); Neuauflage: Reclam, Stuttgart 1955. - 170 S. (Reclams Universal-Bibliothek ; Nr. 5601/02)
  • Marion K. Pinsdorf: Engineering Dreams Into Disaster: History of the Tay Bridge. Business and Economic History, Volume Twenty-six, no. 2, Winter 1997, Download (PDF-Datei). Überblicksartikel, gibt u.a. den Stand der Forschung (Mitte der 1990er Jahre) zu den Unglücksursachen wieder
  • Peter R. Lewis: Beautiful Railway Bridge of the Silvery Tay: Reinvestigating the Tay Bridge Disaster of 1879, Tempus 2004, ISBN 0-7524-3160-9.
  • John Rapley, Thomas Bouch: The Builder of the Tay Bridge, Stroud, Tempus 2006. - 192 p. : ill. ; 25cm, ISBN 0-7524-3695-3

Einzelnachweise

  1. Zürische Freitagszeitung vom 02. Januar 1880
  2. a b Zitiert nach Edgar Neis: Interpretationen von 66 Balladen, Moritaten und Chansons

Weblinks

  • Nicolas Janberg: Firth of Tay-Brücke. In: structurae.de. Abgerufen am 23. Dezember 2008. (Knappe Informationszusammenstellung mit ausgiebigen Literaturangaben)
  • Tom Martin: Tay Bridge Disaster Web pages. Abgerufen am 23. Dezember 2008. (engl., Eine Analyse des Unglücks)
  • The Tay Bridge Disaster. In: forensic engineering. BBC Open2.net. Abgerufen am 23. Dezember 2008. (engl., Technisch hochwertige Analyse und Hintergründe zu dem Unglück)
  • Bernd Nebel: Der Einsturz der Taybrücke. In: Brücken. 28. Juni 2008. Abgerufen am 23. Dezember 2008. (Eine private Webseite mit Beschreibung der Geschichte und Fotos)


56.438333333333-2.98888888888897Koordinaten: 56° 26′ 18″ N, 2° 59′ 20″ W  


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