- Teilbare Gruppe
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In der Mathematik heißt eine Gruppe G teilbar oder dividierbar, falls man jedes Gruppenelement durch jede natürliche Zahl teilen kann. Gemeint ist damit: Zu jedem Gruppenelement g und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein Gruppenelement x, so dass
gilt. Hierbei wurde die Gruppenverknüpfung mit einem Stern
geschrieben.
Wird (wie bei abelschen Gruppen üblich) die Verknüpfung in der Gruppe als Addition geschrieben, so bedeutet die definierende Bedingung: Zu jedem
und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein
mit
.
Jedes Gruppenelement g ist also durch n teilbar.
Schreibt man die Verknüpfung wie bei allgemeinen Gruppen üblich als Multiplikation, so bedeutet die Bedingung: Zu jedem
und zu jeder natürlichen Zahl n gibt es ein
mit
Es existiert also eine n-te Wurzel aus g.
Hintergrund ist die naheliegende Frage: Wann ist eine Zahl y durch eine natürliche Zahl n teilbar oder dividierbar? Dies wird auf Gruppen verallgemeinert. Schon Euklid beschrieb das Problem: Für welche Zahlen y ist die Gleichung
lösbar. Welche Zahlen sind Vielfache einer gegebenen natürlichen Zahl. [1]
.
Ein auf den ersten Blick anderes Thema behandelt Euklid im 10. Buch und beweist: Es gibt keinen Bruch, welcher die Gleichung x2 = 2 löst. Für welche Zahlen y ist die Gleichung
lösbar? Drückt man diese beiden Fragen mit Hilfe von Abbildungen aus, so leuchtet der gemeinsame Hintergrund auf.
- Ist
, so ist die Abbildung
nicht surjektiv. Aber die Abbildung
ist surjektiv.
- Die Abbildung
ist nicht surjektiv. Aber die Abbildung
ist surjektiv.
Diese Beobachtung legt es nahe von den ganzen Zahlen und den Brüchen zu abstrahieren.
Inhaltsverzeichnis
Definition der teilbaren Gruppe
Für eine Gruppe G und eine natürliche Zahl n sind folgende Aussagen äquivalent:
- Für jedes
gibt es ein
mit y = xn.
- Für jeden Homomorphismus
gibt es einen Homomorphismus
mit
. Dabei ist
die Inklusionsabbildung.
Trifft eine der Aussagen und damit beide auf die Gruppe G zu, so heißt die Gruppe durch n teilbar. Die Gruppe heißt teilbar, wenn sie durch jede natürliche Zahl teilbar ist. In der englischen Literatur nennt man solche Gruppen divisible. Manchmal nennt man eine solche Gruppe auch dividierbar. Ist die Gruppe additiv geschrieben, so lautet die Bedingung 1.:
.
Beispiele
mit der Addition als Verknüpfung ist durch keine natürliche Zahl > 1 teilbar.
- Die Menge der reellen Zahlen mit abbrechendem Dezimalbruch wird zusammen mit der Addition eine Gruppe. Diese ist durch 2 und 5 teilbar, aber durch keine andere Primzahl.
- Das wichtigste Beispiel ist die additive Gruppe der rationalen Zahlen
. Hier ist das gesuchte Element sogar eindeutig.
- Die additive Gruppe jedes Vektorraums über den rationalen Zahlen ist teilbar, insbesondere gilt dies für
- Ein Gruppenhomomorphismus bildet teilbare Gruppen auf teilbare Gruppen ab, insbesondere sind Quotienten teilbarer Gruppen teilbar: z. B.
- Endliche Gruppen sind nicht teilbar, denn für n=|G| ist das Potenzieren mit n nicht surjektiv (außer G ist einelementig)
- Für jede Primzahl p ist die Prüfer-Gruppe
teilbar.
- die Einheitengruppe der Quaternionen
ist ein nichtkommutatives Beispiel einer teilbaren Gruppe.
- ein weiteres nichtkommutatives Beispiel ist die dreidimensionale spezielle orthogonale Gruppe
, die aus den Rotationen im
besteht.
Teilbare Abelsche Gruppen
Für eine abelsche Gruppe (Q, + ) sind die folgenden Aussage äquivalent.
- Q ist teilbar.
- Für alle Untergruppen
und alle Homomorphismen
gibt es einen Homomorphismus
, so dass
ist. Dabei ist
die Inklusionsabbildung. Das heißt folgendes Diagramm ist kommutativ.
- Zu jedem Monomorphismus
und jedem
gibt es ein
so dass
.
- Für alle Monomorphismen
ist die die Abbildung
ein Epimorphismus. Dabei ist
die Menge der Homomorphismen
.
Die Eigenschaft 2 oder 3 besagen, dass Q in der Kategorie der abelschen Gruppen ein injektives Objekt ist. Die Äquivalenz von 2. und 3. ist das Baersche Kriterium (nach Reinhold Baer).
Direkte Produkte von teilbaren – also injektiven – abelschen Gruppen sind teilbar. Dies gilt in jeder Modulkategorie. Die direkte Summe teilbarer Gruppen ist teilbar. Im allgemeinen ist die direkte Summe von injektiven Moduln nicht injektiv. Das epimorphe Bild einer teilbaren Gruppe ist teilbar. Also ist mit
auch
teilbar. Dies ist eine besonders wichtige teilbare abelsche Gruppe.
Injektive Hülle
Es gibt genügend viele injektive Gruppen
ist eine Untergruppe der abelschen Gruppe
. Jede abelsche Gruppe kann monomorph in eine teilbare abelsche Gruppe eingebettet werden.[2] In der Kategorie der abelschen Gruppen gibt es genügend viele injektive. Daraus ergibt sich:
Für eine abelsche Gruppe sind folgende Aussagen äquivalent:
- G ist injektiv.
- Zu jedem Monomorphismus
gibt es einen Homomorphismus
mit
. Dabei ist
die Identität auf G.
Insbesondere ist eine teilbare Gruppe in jeder Obergruppe direkter Summand.
Injektive Hülle
ist in besonderer Weise in der injektiven Gruppe
enthalten. Ist
ein Monomorphismus in eine beliebige teilbare Gruppe, so gibt es ein
. Es ist
und daher
. Daher ist α * ein Monomorphismus.
ist also bis auf Isomorphie in jeder teilbaren Gruppe enthalten, welche
enthält.
ist die injektive Hülle von
. Die gibt es zu jeder abelschen Gruppe G. Um dies zu klären wird die große Untergruppe definiert.
Große Untergruppe
Eine Untergruppe
heißt groß in G, wenn {0} die einzige Untergruppe von G ist, welche mit U den Schnitt {0} hat. Damit sind die folgenden Aussagen äquivalent:
- Jeder Homomorphismus
mit
ist ein Monomorphismus.
- Für alle
gibt es ein
.
Ein Monomorphismus
heißt wesentlich, wenn α(G) groß in H ist.
Existenz injektiver Hülle
Es gilt der folgende Satz:
Zu jeder abelschen Gruppe G gibt es eine teilbare Gruppe D und einen wesentlichen Monomorphismus
. Dieses D ist bis auf Isomorphie eindeutig. Es heißt injektive Hülle von G und wird manchmal mit D(G) bezeichnet.
Diese Aussage gilt in allen Modulkategorien. Jeder Modul M über einem unitären Ring R hat eine injektive Hülle.
ist die injektive Hülle von
. Die Prüfer-Gruppe zur Primzahl p ist injektive Hülle jeder Gruppe der Art
.
Struktursatz teilbarer Abelscher Gruppen
Jede teilbare abelsche Gruppe ist isomorph zu einer (möglicherweise unendlichen) direkten Summe von
-Vektorräumen und Prüfer-Gruppen.
Die abelsche Gruppe
Eine besondere abelsche Gruppe ist
. Sie ist ein starker Helfer beim Aufbau der Theorie abelscher Gruppen.
ist als epimorphes Bild der teilbaren Gruppe
selber teilbar und daher injektiv.
ist isomorph zur Gruppe der Einheitswurzeln in
. Dies ist die Menge aller komplexen Zahlen
, für die es eine natürliche Zahl n gibt mit
.
enthält eine Kopie einer jeden zyklischen Torsionsgruppe. Das heißt: Zu jeder natürlichen Zahl n gibt es einen Monomorphismus
.
enthält also auch die injektive Hülle einer jeden einfachen zyklischen Gruppe
. Dabei ist p eine Primzahl. Das ist die Prüfergruppe. Der Endomorphismering von
ist isomorph zum Ring der P-adischen Zahlen.
- Zu jeder abelschen Gruppe A gibt es eine Indexmenge I und einen Monomorphismus
. Man sagt
ist ein injektiver Kogenerator in der Kategorie der abelschen Gruppen.
- Der Funktor
erhält nicht nur exakte Folgen, sondern entdeckt sie auch. Das heißt: Ist
ein Homomorphismus abelscher Gruppen und ist
ein Epimorphismus, so ist α ein Monomorphismus. Hieraus ergibt sich beispielsweise folgender interessante Zusammenhang zwischen teilbaren und torsionsfreien abelschen Gruppen: Eine Gruppe A ist genau dann torsionsfrei, wenn
teilbar ist.
- Jede endlich erzeugte Torsionsgruppe A ist isomorph zu ihrer in diesem Sinne dualen Gruppe A + .
Einzelnachweise
- ↑ Euklid "Die Elemente", Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1980 ISBN 3-534-01488-X
- ↑ Friedrich Kasch, Moduln und Ringe, Teubner, Stuttgart 1977, Seite 86
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